Hotelfachmann/Hotelfachfrau
Einleitung
BBNE und BNE - Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung) . Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die Materialien der Projektagentur
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in novellierten Ausbildungsordnungen in Berufen mit großer Relevanz für wichtige Themen der Nachhaltigkeit wie z. B. dem Klimaschutz werden wichtige Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen nicht genannt – obwohl die Berufe deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten könnten. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030. Das Impulspapier ist spezifisch für einen Ausbildungsberuf erstellt, fasst aber teilweise spezifische Ausbildungsgänge zusammen (z. B. den Fachmann und die Fachfrau zusammen mit der Fachkraft sowie die verschiedenen Fachrichtungen)
- BBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS) und Handreichung (HR): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten. Das Material liegt auch als Handreichung (HR) mit der Folie und Notizen vor.
Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) meint eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen (BMBF o. J.). BBNE ist somit nur ein Teil von BNE, der an alle Bürger*innen adressiert ist. Eine Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn Menschen weltweit, gegenwärtig und in Zukunft würdig leben und ihre Bedürfnisse und Talente unter Berücksichtigung planetarer Grenzen entfalten können. … BNE ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen (ebd.).
Grundlage für BNE ist heutzutage die Agenda 2030 mit ihren 17 SDG (Sustainable Development Goals). Die 17 Ziele bilden den Kern der Agenda und fassen zusammen, in welchen Bereichen nachhaltige Entwicklung gestärkt und verankert werden muss (ebd.). Die Materialien der Projektagentur sollen Lehrkräften an Berufsschulen und Ausbildende dabei helfen, die Ideen der SDG in die Bildungspraxis einzubringen. Sie sind somit ein wichtiges Element insbesondere für das Ziel vier “Hochwertige Bildung”: “Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, …” (ebd.).
Während die Grundlage in den Impulspapieren die Ausbildungsordnungen und die Rahmenlehrpläne der beruflichen Bildung waren, die mit den SDG vernetzt wurden, geht das Hintergrundpapier den umgekehrten Weg: Wir betrachten die SDG im Hinblick auf ihre Bedeutung für die berufliche Bildung und stellen uns der Frage, welche Anforderungen ergeben sich aufgrund der SDG und deren Unterziele an die Berufsbildung? Die folgenden Beschreibungen haben deshalb immer die gleiche Struktur:
- Es wird das SDG beschrieben.
- Es werden relevante Unterziele benannt.
- Es wird (wissenschaftlich) ausgeführt, was diese Unterziele für das jeweilige Berufsbild bedeuten.
Glossar
Folgende Abkürzungen werden in diesem Dokument verwendet:
Abkürzung | Bezeichnung |
AO | Ausbildungsordnung |
BMUV | Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit |
Care | Segment der AHV, hier: Krankenhäuser, Pflegeheime |
CO2-Äq | Kohlendioxid-Äquivalente |
FS | Foliensammlung |
HGM | Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial) |
IP | Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial) |
KI | Künstliche Intelligenz |
ÖPNV | Öffentlicher Personennahverkehr |
RLP | Rahmenlehrplan |
SBBP | Standardberufsbildposition |
SDG | Sustainable Development Goals |
THG | Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq) |
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/17281
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.a): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.b): Ausbildung gestalten. Online: BIBB / Reihen / Ausbildung gestalten
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE? Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
SDG 2 Kein Hunger
“Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern”
Das SDG 2 zielt primär auf die Welternährung im Kampf gegen den Hunger vor allem durch eine nachhaltigere Landwirtschaft ab. Zwei Unterziele sind (Destatis o. J.):
2.1 … sicherstellen, dass alle Menschen, insbesondere die Armen und Menschen in prekären Situationen, einschließlich Kleinkindern, ganzjährig Zugang zu sicheren, nährstoffreichen und ausreichenden Nahrungsmitteln haben
2.2 … alle Formen der Fehlernährung beenden… (s. SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen).
Diese beiden Unterziele lassen sich am besten mit zwei Positionen der Standardberufsbildposition verbinden, denn für alle Berufe, die mit der Ernährung zu tun haben, sind Lebensmittelreste immer ein Thema, da diese kaum vermeidbar sind. Ein vergleichende Analyse des Vereins United Against Waste mit Hotellerie, Unternehmenskantinen, Gesundheitswesen (Care), Schulverpflegung und Systemgastronomie mit 300 teilnehmenden Betrieben zeigte rund 150 g Abfall pro Mittagsmahlzeit (abfallmanager-medizin 2019). “Abfall” ist eine eigene Position 3d in der Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit:
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
Hunger und Armut
Nach Angaben der “Aktion Deutschland hilft” leiden weltweit rund 830 Millionen Menschen unter chronischem Hunger (ebd. o. J.). Mehr als die Hälfte von ihnen lebt in Asien und ein Drittel in Afrika. “Hunger” in Deutschland ist vermutlich kein originäres sondern eher ein Einzelfallproblem.
Eigentlich sollte das deutsche Sozialsystem mit einem Grundrecht auf Unterstützung durch den Staat diesen Zustand vermeiden. Die finanziellen Sozialleistungen sind im Prinzip so ausgestaltet, dass jeder Empfänger sich (gut?) ernähren kann. Aber gerade Corona, die Ukraine-Krise und die Inflation von 2022 mit einer Folge des Verlustes von Minijobs und sehr hohen Energie- und Lebensmittelpreisen zeigen, dass es Situationen gibt, bei denen sich Menschen zwischen einer warmen Wohnung oder einem warmen Essen entscheiden müssen. Ein Beleg dafür sind die Statistiken der Tafeln in Deutschland (ebd. 2020). In 2019 hatten die Tafeln 1,65 Millionen Kunden und Kundinnen. 30 Prozent der Kunden und Kundinnen der Tafeln waren Kinder, 44 Prozent Erwachsene und 26 Prozent Senioren und Seniorinnen. Die drei größten Gruppen waren Empfänger:innen von Arbeitslosengeld II (47 Prozent), Rentner:innen (26 Prozent) sowie Bezieher:innen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (20 Prozent).
Gastbetriebe können hier durch die Weitergabe von verzehrfähigen Speisen und Lebensmitteln einen Beitrag leisten, der zugleich dem Klimaschutz nutzt: In Hotels fallen in der Regel Essensabfälle an: Küchenreste, Ausgabereste und Tellerreste. Beim Catering kommen noch Buffet-Reste hinzu. Vollständig lässt sich dies nicht vermeiden, Tellerreste müssen fachgerecht entsorgt werden und viele Küchenreste sind nicht verwertbar. Aber Essensabfälle bedeuten, dass diese die gesamte Produktionskette umsonst durchlaufen haben. Damit wurden alle hierbei verursachten Treibhausgase unnötigerweise emittiert. Die Ernährung ist für rund 15 bis 20 Prozent der Emissionen unseres Lebens verantwortlich. Allein auf den Abfall entfallen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg rund 20 Prozent der Emissionen (vgl. Scharp 2019). Deutschlandweit waren es 2020 rund 11 Mio. t (BMEL 2022). Im KEEKS-Projekt (vgl. Scharp, 2019) stellte die Minimierung der Abfälle nach der Reduktion von Fleisch und Fleischprodukten die zweitwichtigste Maßnahme zur Reduktion der THG-Emissionen dar. 10 Prozent der Gesamtemissionen einer Schulküche lassen sich durch Abfallreduktion vermeiden. Umgerechnet auf die möglichen Einsparungen von 45 Prozent der Emissionen, sind dies 24 Prozent. Ein Viertel der Emissionen lassen sich somit nur durch Abfallreduktion erreichen.
Speiseabfälle
Speiseabfälle sind dem Abfallschlüssel (AS) 200108 – biologisch abbaubare Küchen- und Kantinenabfälle – zuzuordnen und zu entsorgen. Laut der Länder-Gemeinschaft Abfall (LAGA nach abfallmanager-medinzin 2022) sind Küchen- und Speiseabfälle aus tierischer Herkunft aus Küchen und Kantinen „getrennt von anderen Abfällen zu erfassen und einer Entsorgung durch registrierte Betriebe zuzuführen“. Damit wird sowohl Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe l der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte) als auch § 4 Abs. 1 der Verordnung über die Durchführung des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (TierNebV) Rechnung getragen. Seit dem 1. November 2006 sind diese Speisereste nicht mehr zur Verfütterung an Tiere zugelassen und werden stattdessen als Biomasse zur Energieerzeugung in Biogasanlagen verwendet. Andere Speiseabfälle sind gemäß den Regelungen der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) zu entsorgen. Diese müssen entsprechend § 3 Abs. 7 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) insbesondere getrennt gesammelt und befördert sowie in zugelassenen Bioabfallbehandlungsanlagen verwertet werden. Noch verpackte Lebensmittelabfälle sollten vor der Entsorgung ihrer Verpackung entnommen werden, um eine hochwertige Entsorgung zu gewährleisten. (ebd. 2022).
Lebensmittelabfälle sind insofern für den Klimaschutz relevant, als dass alle im Produktionsprozess erzeugten Emissionen unnötig angefallen sind. Mit der Biogas-Verwertung wird nur ein kleiner Teil der Energie zurückgewonnen. Besonders kritisch sind tierische Lebensmittelabfälle zu sehen, da diese die höchsten THG-Werte aufweisen. Aber auch hoch-fetthaltige Soßen oder zu viel Reis als Sättigungsbeilage führen zu unnötigen THG-Emissionen. Bei der Außer-Haus-Verpflegung fallen 17 Prozent (1,9 Mio. Tonnen) der Abfälle an (Thünen 2020).
Minderung des Abfallaufkommens
Die Herausforderung für das Gastgewerbe liegt darin, innerhalb seines Wirtschaftssystems diesen Anteil zu minimieren. Verschiedene Projekte des IZT haben ergeben, dass die Rahmenbedingungen, die in der Außer-Haus-Verpflegung (AHV) gesetzt werden, bedeutend für die Möglichkeiten zur Reduktion von Lebensmittelabfällen sind (z. B. bei Cook & Hold in der Schulverpflegung in Berlin, vgl. Schmidthals et al 2022). Die Forschung belegt, dass es viele Möglichkeiten gibt, Abfälle zu vermeiden (vgl. Welthungerhilfe o. J.; Kuntscher et al. 2020 sowie 2022). Ein gutes Abfallmanagement stützt sich auf mehrere Maßnahmen.
- Ein großer Teil der Lebensmittelabfälle “vor der Theke” kann durch eine verbesserte Organisation vermieden werden. Kontinuierliches Monitoring der Angebote, Beachtung von Wetter- und Haltbarkeitsdaten, kreativer Umgang mit nutzbaren Küchenresten (Resteangebote), optimale Technik für das Gemüseputzen, Methoden zur verbesserten Haltbarkeit u.a. sind nur einige Möglichkeiten.
- Kleinere Buffetgebinde oder zwei kleinere Teller können Lebensmittelreste beim Catering minimieren, wenn sie nacheinander aufgelegt werden.
- Auch in Gastbetrieben kommt dem Nudging eine wichtige Rolle zu. Nudging ist eine Steuerungsmethode, bei der der Konsument und die Konsumentin nicht merken, dass ihre Entscheidungen beeinflusst werden. Im positiven Sinne dient dies dazu, dass die Gäste besonders nachhaltige Speisen wählen. Beispielsweise können diese auf Speisekarten umfangreicher oder als besonders gesund hervorgehoben werden.
- Hygienisch unbedenkliche Lebensmittel sollten unbedingt an Tafeln gespendet werden. Der Aufwand für den Gastbetrieb besteht nur in der Kontaktaufnahme, der Verpackung und der Weitergabe.
- Eine weitere Maßnahme wäre eine intelligente und hygienisch kontrollierte Resteküche.
Quellenverzeichnis
Abfallmanager-medizin.de (2022b): Abfälle aus Küche und Kantine entsorgen. Online:
https://www.abfallmanager-medizin.de/abfall-abc/abfaelle-aus-kueche-und-kantine-entsorgen/
Aktion Deutschland hilft (o. J.): Online: aktion-deutschland-hilft.de/de/fachthemen/natur-humanitaere-katastrophen/hungersnoete/infografik-hunger-weltweit/ sowie https://www.youtube.com/watch?v=37enBQ5Fg8Y
BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2022): Lebensmittelabfälle in Deutschland. Online: bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/studie-lebensmittelabfaelle-deutschland.html
Kuntscher, Manuela, Goossens, Yanne; Golub, Benjamin; Schmidt, Thomas (2022): Effiziente Vermeidung von Speiseabfällen in der Außer-Haus-Verpflegung. Online: https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn065553.pdf
Kuntscher, Manuela, Goossens, Yanne; Schmidt, Thomas (2020): Lebensmittelabfälle in der Außer-Haus-Verpflegung – Ursachen, Hemmnisse und Perspektiven. Online: https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn063075.pdf
Scharp, Michael (Hrsg. 2019): Das KEEKS-Projekt – Eine klimafreundliche Schulküche. Online: keeks-projekt.de (Materialien: https://elearning.izt.de/course/view.php?id=118)
Schmidthals, Malte; Scharp, Michael (2021): Abschlussbericht zum Projekt KEEKS-Rheinland-Pfalz.
Tafeln Deutschland (2020): Faktenblätter. Online: tafel.de/fileadmin/media/Presse/Hintergrundinformationen/2022-05-25_TAFEL_Faktenblaetter.pdf
Thünen-Institut für Marktanalyse (2020): Thünen paper 161, Lebensmittelabfälle in der Außer-Haus-Verpflegung – Ursachen,
Welthungerhilfe / Hummel, Anne-Catrin (o. J.): Lebensmittelverschwendung – Ursachen und Fakten. Online: https://www.welthungerhilfe.de/lebensmittelverschwendung
SDG 3 Gesundheit und Wohlergehen
“Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern”
Für Deutschland sind die im SDG 3 benannten Themen – Mütter- und Kindersterblichkeit, übertragbare Krankheiten wie AIDS oder TBC vermeiden, Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, selbstbestimmte Familienplanung – eher von geringerer Bedeutung. Zudem gibt es nationale Standards für die Systemgastronomie, z. B. für die Kita- und Schulverpflegung, die zwar sehr gesundheitsorientiert, aber nicht verpflichtend ist. Deutlich schwieriger hingegen ist z. B. die Individualverpflegung im Gastgewerbe, in denen die Kundenwünsche an vorderster Stelle stehen. Allerdings zeigt die Risikobewertung in Deutschland deutliche Defizite in Bezug auf eine gesunde Ernährung auf (BfR o. J.), weshalb die Ziele
SDG 2.2 … alle Formen der Fehlernährung beenden…
SDG 3.4. Bis 2030 die vorzeitige Sterblichkeit aufgrund von nichtübertragbaren Krankheiten durch Prävention und Behandlung um ein Drittel senken
gerade hier ihre Relevanz haben. Ernährung ist eben mehr als nur “satt zu werden”. Ernährung bestimmt unser Wohlergehen, damit können die ernährungsbezogenen Berufe essentiell zu einem guten Leben beitragen. Die Schnittmenge für das SDG 3 ergibt sich aus den Nummern a und e der Standardberufsbildposition (BGB 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Gesundheit in Deutschland
Laut Gesundheitsbericht des RKI (rki 2016) wird der Gesundheitszustand der Bevölkerung ganz wesentlich durch die Lebensbedingungen und das Gesundheitsverhalten beeinflusst. Dabei sind Gesundheitschancen und Krankheitsrisiken sozial ungleich verteilt. Menschen mit niedrigem Sozialstatus sind häufiger von chronischen Krankheiten, Beschwerden oder Behinderungen betroffen und schätzen ihre eigene Gesundheit schlechter ein. Dieser Zusammenhang stellt sich vielfach als sozialer Gradient dar, der in allen Altersstufen sichtbar ist: je niedriger der soziale Status, desto mehr Gesundheitsprobleme und Krankheitsrisiken. Frauen und Männer mit geringem Einkommen, niedriger Bildung oder Berufen, in denen schlechte Arbeitsbedingungen herrschen, haben letztendlich auch eine geringere Lebenserwartung als sozial bessergestellte Teile der Bevölkerung. Zwischen der niedrigsten und der höchsten Einkommensgruppe in Deutschland werden heute Unterschiede in der Lebenserwartung (bei Geburt) von 8,4 Jahren bei Frauen und 10,8 Jahren bei Männern berichtet. Auch für die Lebenserwartung ab dem Renteneintritt mit 65 Jahren (rki 2016) bestehen erhebliche soziale Differenzen. Schon die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen wird durch den Sozialstatus ihrer Familie geprägt. Bereits während der Schwangerschaft und in den ersten Monaten nach der Geburt zeichnen sich soziale Unterschiede ab: Der Anteil der Mütter, die während der Schwangerschaft rauchen, sinkt mit zunehmendem Sozialstatus, während der Anteil der Mütter, die während der Schwangerschaft Alkohol trinken, mit zunehmendem Sozialstatus ansteigt.
Gesundheit und Ernährung
“Ernährung” im Gastgewerbe ist ein komplexes Thema mit vielfältigen Akteuren, unterschiedlichen Rahmenbedingungen sowie ordnungsrechtlichen Vorgaben. Aber auch wenn Grundlegendes geregelt ist, so ist es noch ein weiter Weg bis zur gesunden Ernährung. Und Vieles liegt in den Händen der Verbraucher und auch der (verantwortungsbewussten) Gastronomen. “Nach den neuesten Angaben der Weltgesundheitsorganisation litten 2016 etwa 1,9 Milliarden Menschen über 18 Jahre an Übergewicht” (Weltagrarbericht, 2021). Dies sind mittlerweile mehr als das Doppelte der unterernährten Menschen, die laut Statistischem Bundesamt 768 Mio. ausmachen (deStatis, 2022).
Das Fachblatt “The Lancet” hat von 1990 – 2017 eine globale Ernährungsstudie durchgeführt, die ergab, dass jährlich circa elf Millionen Menschen durch ungesunde Ernährung sterben (The Lancet 2019, zitiert nach nutrition-impact 2022). Das Hauptproblem sei ein zu niedriger Konsum von Vollkornprodukten. Deutschland liegt auf Platz 38 von 195 Staaten und verzeichnet etwa 160.000 Todesfälle jährlich (ebd.). Nicht berücksichtigt wurden Todesfälle, die auf Mangelernährung, Hunger oder Alkoholmissbrauch zurückzuführen sind.
Folgende Aspekte lassen sich im (Aus)Bildungskontext thematisieren:
- Lebensmittelallergien: Zwischen 2 bis 3 Prozent der Erwachsenen und 4 Prozent der Kleinkinder reagieren allergisch auf spezielle Lebensmittelinhaltsstoffe (BfR o. J.). Allergene müssen von allen gastronomischen Betrieben gekennzeichnet werden (EU-Verordnung 2011). Nach einer Feststellung der Auslöser sollte eine allergenfreie Ernährung möglich sein, da Allergene in Lebensmitteln auf Verpackungen oder Speisekarten aufgeführt werden müssen. Die globale Produktion von Lebensmittel führt aber auch dazu, dass die Vermeidung von allergenen Spuren kaum noch realisierbar ist. Von Lebensmittelallergien zu unterscheiden sind Lebensmittelunverträglichkeiten, die meistens sehr individuell sind. Während eine Allergie meistens eine Reaktion des Immunsystems in Form von Hautausschlag, Juckreiz u.a. ist, liegt eine Lebensmittelunverträglichkeit häufig in einer eingeschränkten Fähigkeit des Darms zugrunde, bestimmte Lebensmittelbestandteile abzubauen (Melzer 2019). Die wichtigsten Unverträglichkeiten sind Fructose-Intoleranz, Lactose-Intoleranz und Glutenunverträglichkeit (Zöliakie), Histamin-Intoleranz.
- Adipositas liegt vor, wenn der Body-Mass-Index BMI größer als 30 ist. Adipositas ist europaweit endemisch geworden, mehr als 50 der erwachsenen Bevölkerung hat Übergewicht (BMI > 25) oder ist adipös (BfR o. J.). Die Ursachen sind klar zu benennen – eine falsche Energiebilanz: Zu viel Essen, zu viel Fett und zu viel Zucker bei zu wenig Bewegung.
- Diabetes Mellitus ist die Störung der körpereigenen Insulinproduktion, sie betrifft mehr als 7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung (fast 6 Mio. Menschen, BfR o. J.). Diabetes Mellitus ist häufig eine Folge von Übergewicht und Adipositas.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Diese sind deutschlandweit die häufigste Zivilisationskrankheit und die häufigste Todesursache (BfR o. J.). Die wichtigste Erkrankung hierbei ist die koronare Herzkrankheit; durch Ablagerungen verengen sich die Herzkranzgefäße. Weitere Krankheiten sind Schlaganfall und Bluthochdruck. Hoher Salzkonsum und Zutaten mit Transfettsäuren gelten neben dem Bewegungsmangel ebenfalls als wesentliche Ursachen.
Die Ursachen dieser Erkrankungen liegen sehr häufig in einer falschen Ernährungsweise (das Ungesunde zu viel essen) und einem Bewegungsmangel (zu viel Essen bei zu wenig Bewegung). Die DGE hat Regeln aufgestellt, was eine gesunde Ernährung ist (DGE o. J.):
1. Lebensmittelvielfalt genießen 2. Gemüse und Obst – nimm “5 am Tag” 3. Vollkorn wählen 4. Mit tierischen Lebensmitteln die Auswahl ergänzen 5. Gesundheitsfördernde Fette nutzen | 6. Zucker und Salz einsparen 7. Am besten Wasser trinken 8. Schonend zubereiten 9. Achtsam essen und genießen 10. Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben |
Das Gastgewerbe kann oder könnte einen wesentlichen Beitrag zum SDG 3 in Hinsicht auf Adipositas, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen leisten, indem sie gesunde Speisen anbietet und bewirbt. Im Prinzip ist dies im Education- und Care-Bereich umgesetzt, im Business-Bereich (Kantinen) und in der Individualverpflegung ist es deutlich schwieriger. Denn dort gibt es einen gewichtigen Zielkonflikt: Die Wünsche der Tischgäste. Dieses Problem gibt es auch in der Schulverpflegung, für die es eindeutige Kriterien gibt, wie maximal 2 mal Fleisch pro Woche. Liegt ein Angebot von Wahlmenüs vor, so werden Burger und Pommes viel eher gewählt als vegetarische Bio-Gerichte von hoher Qualität (vgl. Scharp et mult. al. 2019). “Die Dosis macht das Gift”, sagt Paracelsus. Nicht das einzelne Essen, das der Gastronom serviert, schadet unserer Gesundheit, sondern die Summe der ungesunden Speisen. Letztendlich bleibt dem Gastgewerbe nur übrig, ein großes, attraktives Angebot an gesunden Speisen zu erstellen und die Tischgäste gut zu beraten. Aber was bestellt wird, bleibt trotz dessen letztlich in der Verantwortung der Tischgäste.
Lebensmittelskandale
Deutschland hat eine lange Tradition von Lebensmittelskandalen (vgl. Welt o. J., Spiegel Online o. J., BMEL 2013). Die Ursachen lassen sich klar benennen: Möglichst preiswert produzieren, da Verbraucher und Verbraucherinnen “billig” einkaufen wollen (vgl. Schulten und Specht 2021). Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass der Preisniveauindex in Deutschland bei 104,5 Prozent des EU-Durchschnitts (100 Prozent, vgl. statista 2022) liegt, in Dänemark bei 120 Prozent und in Luxemburg bei ca. 125 Prozent – und das obwohl das Durchschnittseinkommen mit 3.715 Euro (vgl. statista 2022 b) das Dritthöchste nach Dänemark (5.000 €) und Luxemburg (4.672 €) aufweist.
Das preiswerte Produzieren erfolgt in verschiedenen Bereichen der Wertschöpfungskette:
- In der Landwirtschaft durch Produktionsmethoden, die einen maximalen Ertrag mit den oben genannten Folgen sicherstellen sollen.
- In der Verarbeitungsindustrie, wo insbesondere die Fleischskandale der Jahre 2021/2022 ein erschreckendes Bild auf die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen geworfen haben (Stichworte: Corona-Ausbrüche und gekennzeichnetes Separatorenfleisch).
- Die Arbeitskosten in den Industrieländern führen zu nicht-nachhaltigen Arbeitsprozessen. Krabben aus der Nordsee werden z. B. zum Pulen nach Marokko transportiert, um dann zu den Kund*innen zurückgefahren zu werden.
- Autokratische Systeme, z. B. in Afrika, haben Fischfang-Lizenzen zu Lasten der einheimischen Küstenfischerei verkauft. Hierbei ist oft Korruption lokaler Politiker im Spiel. Die lokalen Fischer verlieren damit ihre Lebensgrundlage (DFK 2022).
Quellenverzeichnis
BfR Bundesinstitut für Risikobewertung (o. J.): Ernährungsbedingte Erkrankungen. Online: https://www.bfr.bund.de/de/ernaehrungsbedingte_erkrankungen-54472.html
BGBl (2022): Verordnung zur Neuordnung der Ausbildung in den Hotel- und Gastronomie- berufen. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 8, Bonn, März 2022. Online: bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl122s0314.pdf
BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2013): Die mediale Wahrnehmung von Lebensmittelskandalen in Deutschland zwischen 2000 und 2012. Online: https://buel.bmel.de/index.php/buel/article/view/95/Kohne%2C%20Ihle.html
deStatis (2022): 768 Millionen Menschen weltweit haben nicht genug zu essen. Online: https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/landwirtschaft-fischerei/Unterernaehrung.html#:~:text=768%20 Millionen%20 Menschen%20 weltweit%20 galten,vierte%20 Jahr%20in%20 Folge%20 zugenommen.
DFK Deutschlandfunk Kultur (2022): Kameruns Fischer leiden. Online: https://www.deutschlandfunkkultur.de/afrika-fischerei-kamerun-100.html
DGE (o. J.): Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE. Online: umweltberatung.at/welche-getraenkeverpackung-ist-umweltfreundlich www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/
EU-Verordnung (2011): Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) Verordnung (EU) Nr. 1169/2011. Online: https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:304:0018:0063:de:PDF
Melzer, Martina (2019): Lebensmittelunverträglichkeiten: Ein Überblick. In: Apotheken-Umschau. Online: apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/magen-und-darmerkrankungen/lebensmittelunvertraeglichkeiten-ein-ueberblick-737737.html
nutrition hub (2022): Essen mit Verantwortung und Leidenschaft: Die 10 TOP Ernährungstrends 2022. Online: nutrition-hub.de/post/trendreport-ernaehrung-10-top-ernaehrungstrends-2022
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Scharp, Michael (Hrsg. 2019): Das KEEKS-Projekt – Eine klimafreundliche Schulküche. Online: keeks-projekt.de (Materialien: https://elearning.izt.de/course/view.php?id=118)
Schulten, Thorsten; Specht, Johannes (2021): Ein Jahr Arbeitsschutzkontrollgesetz – Grundlegender Wandel in der Fleischindustrie? Online:bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/fleisch-2021/344835/ein-jahr-arbeitsschutzkontrollgesetz/
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The Lancet (2019): A systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017, The Lancet (4.4.2019). Online: https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(19)30041-8/fulltext
Verbraucherzentrale (2021): Convenience Food: Inhaltsstoffe und Lebensmittelkennzeichnung. Online: verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/kennzeichnung-und-inhaltsstoffe/convenience-food-inhaltsstoffe-und-lebensmittelkennzeichnung-30449#2
Welt (o. J.): Die schlimmsten Lebensmittelskandale. Online: https://www.welt.de/politik/gallery113752258/Die-schlimmsten-Lebensmittelskandale.html
Weltagrarbericht (2021): Wege aus der Hungerkrise. Online: https://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/gesundheit.html#:~:text=Von%20 ihnen%20 waren%20650%20 Millionen,World%20 Health%20 Organisation%2C%20 Juni%202021.
SDG 4 Hochwertige Bildung
“Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern”
Das SDG zielt primär auf die globale Entwicklung von guten Bildungssystemen ab. Im Berufsbildungssystem ist Deutschland weltweit führend – trotz einiger Defizite wie Personalausstattung, Digitalisierung oder knappe Investitionsbudgets – viele Länder versuchen ein ähnliches Berufsbildungssystem wie in Deutschland aufzubauen. Insofern ist vor allem das Unterziel 4.7 relevant:
Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung
Das SDG 4 spiegelt sich in der fachlichen Unterrichtung der Stichpunkte der anderen SDG wieder, mündet aber in den Positionen e und f der neuen Standardberufsbildposition (BGBL 2022):
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
10 “Goldene Handlungsregeln” für eine BBNE
Die Nachhaltigkeitsforschung und die Bildungswissenschaften haben inzwischen umfassende Erkenntnisse gesammelt, wie eine berufliche Bildung für Nachhaltigkeit gefördert werden kann (vgl. u. a. vgl. Schütt-Sayed u.a. 2021; Kastrup u. a. 2012; Melzig u. a. 2021). Das Ergebnis sind die folgenden 10 didaktischen Handlungsregeln, die das Berufsbildungspersonal dabei unterstützen, Lehr-/Lernprozesse zielgruppengerecht und angemessen zu gestalten. Diese insgesamt 10 Handlungsregeln lassen sich in vier Schritten zuordnen.
Schritt 1 – Richtig anfangen:
Identifizierung von Anknüpfungspunkten für BBNE
1) Ansatzpunkte: Fordern Sie die Verantwortung im eigenen Wirkungsraum heraus, ohne die Berufsschüler und Berufsschülerinnen mit „Megaproblemen“ zu überfordern!
2) Anknüpfungspunkte: Die Curricula sind Grundlage der Lehr-/Lernprozesse – es kommt darauf an, sie im Sinne der Nachhaltigkeit neu zu interpretieren!
3) Operationalisierung: Nachhaltigkeit ist kein „Extra- Thema“, sondern ein integraler Bestandteil des beruflichen Handelns!
Um nachhaltigkeitsorientierte Lehr-/Lernarrangements zu entwickeln, sind zunächst Anknüpfungspunkte für Nachhaltigkeit in den betrieblichen Abläufen zu identifizieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausbildungsordnungen und Lehrpläne die rechtliche Grundlage der beruflichen Bildung sind. Es gilt diese im Sinne der Nachhaltigkeit zu interpretieren, sofern nicht bereits konkrete Nachhaltigkeitsbezüge enthalten sind.
Wichtig ist dabei, dass Auszubildende nicht mit den „Megaproblemen“ unserer Zeit überfordert werden, sondern zur Verantwortung im eigenen Wirkungsraum herausgefordert werden – sowohl im Betrieb als auch im Privaten. Denn Auszubildende sind selbst Konsument/-innen, die durch eine angeleitete Reflexion des eigenen Konsumverhaltens die Gelegenheit erhalten, ihre „Wirkungsmacht“ im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in ihrer eigenen Branche zu verstehen.
Schritt 2 – Selbstwirksamkeit schaffen:
Eröffnung von Nachhaltigkeitsorientierten Perspektiven
4) Handlungsfolgen: Berufliches Handeln ist nie folgenlos: Machen Sie weitreichende und langfristige Wirkungen erkennbar!
5) Selbstwirksamkeit: Bleiben Sie nicht beim „business as usual“, sondern unterstützen Sie Schüler*innen dabei, Alternativen und Innovationen zu entdecken!
6) Zielkonflikte: Verstecken Sie Widersprüche nicht hinter vermeintlich einfachen Lösungen, sondern nutzen Sie sie als Lern- und Entwicklungschancen!!
7) Kompetenzen: Bildung für nachhaltige Entwicklung verbindet Wahrnehmen, Wissen, Werten und Wirken!
Im nächsten Schritt sind nachhaltigkeitsorientierte berufliche Perspektiven für die Auszubildenden zu eröffnen. Diese sollten an einer positiven Zukunftsvision und an Lösungen orientiert sein. Auszubildenden sind dabei die weitreichenden Wirkungen ihres Handelns vor Augen zu führen. Sie sollen verstehen können, warum ihr Handeln nicht folgenlos ist. Das bedeutet gleichzeitig, Auszubildenden die positiven Folgen eines nachhaltigen Handelns vor Augen zu führen. In diesem Zusammenhang ist die Selbstwirksamkeitserfahrung von großer Bedeutung. Sie ist eine der Voraussetzungen, um motiviert zu handeln. Auszubildende dabei zu unterstützen, Alternativen zum nicht-nachhaltigen Handeln zu erkennen und Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung zu entdecken, sollte dabei für Lehrpersonen selbstverständlich sein. Dabei ist immer die individuelle Motivation der Auszubildenden entscheidend, denn zum nachhaltigen Handeln braucht es nicht nur Wissen (Kopf), sondern auch authentisches Wollen (Herz). Wesentlich ist hierbei die Gestaltung ganzheitlicher Lernprozesse, die sowohl den kognitiven als auch den affektiven und psychomotorischen Bereich einbeziehen (vgl. Költze, S.206).
Schritt 3 – Ganzheitlichkeit:
Gestaltung transformativer Lernprozesse
8) Lebendigkeit: Ermöglichen Sie lebendiges Lernen mit kreativen und erfahrungsbasierten Methoden!
9) Beispiele: Nutzen Sie motivierende Beispiele: Sprechen Sie über Erfolgsgeschichten, positive Zukunftsvisionen und inspirierende Vorbilder!
Aber wie können Lernsituationen in der Praxis so gestaltet werden, dass sie ganzheitlich aktivierend für die Auszubildenden sind? Es sollte ein lebendiges Lernen mit Hilfe kreativer, erfahrungsbasierter Methoden ermöglicht werden. Dies ist ein grundlegender (kein neuer) didaktischer Ansatz für die Förderung einer nachhaltigkeitsorientierten Handlungskompetenz. Im Kern bedeutet dies: Lernen mit Lebensweltbezug, welches ausgerichtet ist auf individuelle Lebensentwürfe und das eigene (auch künftige) berufliche Handlungsfeld, z. B. indem Recherchen im eigenen Unternehmen zu Möglichkeiten der Energieeinsparung durchgeführt werden. Lernen soll vor diesem Hintergrund vor allem unter Berücksichtigung der Sinne stattfinden, d. h. mit Körper und Geist erfahrbar sowie sinnlich-stimulierend sein. Die Auszubildenden sollen sich dabei zudem als Teil einer gestalterischen Erfahrungsgemeinschaft erleben. Dies kann durch gemeinsame Reflexionen über das eigene Verhalten und persönliche Erfahrungen gefördert werden, beispielsweise durch die Entwicklung und Verkostung eigener Lebensmittelkreationen unter Nachhaltigkeitsaspekten. Hierfür muss unbestritten immer auch der „Raum“ zur Verfügung stehen (siehe z.B. Hantke 2018 „‘Resonanzräume des Subpolitischen‘ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen“). Ebenso können motivierende Beispiele helfen – wie z. B. Erfolgsgeschichten und inspirierende Vorbilder.
Schritt 4 – Lernort Betrieb:
Entwicklung nachhaltiger Lernorte
10) Lernende Organisationen: Auch Organisationen können „Nachhaltigkeit lernen“: Entwickeln Sie Ihre Institution Schritt für Schritt zum nachhaltigen Lernort!
Schließlich geht es im vierten Schritt darum, den Lernort in den Blick zu nehmen und diesen als nachhaltigen Lernort zu gestalten. Den gesamten Betrieb nachhaltig auszurichten ist u. a. deshalb entscheidend, da andernfalls die an Nachhaltigkeit orientierten Inhalte der Ausbildung wenig glaubwürdig für Auszubildende sind. Der Betrieb als Institution sollte dafür an einem gemeinschaftlichen Leitbild ausgerichtet sein, welches neben den üblichen ökonomischen auch soziale und ökologische Ziele beinhaltet. So kann BBNE überzeugend in die Organisation integriert und vom betrieblichen Ausbildungspersonal umgesetzt werden.
BBNE für Hotelfachleute
- Hotelgäste haben ein hohes Umweltbewusstsein. 65 Prozent der Deutschen halten den Umwelt- und Klimaschutz für ein sehr wichtiges Thema – trotz Corona (UBA 2022). Besonders der Klimaschutz bleibt während der Pandemie für 70 Prozent weiterhin genauso wichtig, für 16 Prozent ist er sogar wichtiger geworden. Gut drei Viertel der Befragten sehen ausschließlich (14 Prozent) oder vor allem (63 Prozent) menschliches Handeln als Ursache für den Klimawandel an.
- Der Zusammenhang von Wohnen und Energieverbrauch in Gebäuden ist allgemein bekannt. Selbstverständlich gilt dies auch für Hotelaufenthalte. Gerade hier, wo der immer teurere Energieverbrauch nicht individuell abgerechnet wird, kann aber auch die Differenz zwischen geäußerten Anspruch und wirklichem Verhalten deutlich werden.
- Ebenso ist die häufige Nutzung von Kleinstverpackungen im Hotelbetrieb als ökologisch bedenklich bekannt. Dies betrifft das Frühstücksbuffet ebenso wie das Gästebadezimmer. Die Nutzung von Einwegverpackungen reduziert den Arbeitsaufwand und dient auch der Hygiene. Denn der Einweg-Zahnputzbecher kann keine Infektionskrankheiten übertragen. Aber z. B. die massenhaften Kleinverpackungen am Frühstückstisch bedeuten Ressourcenverschwendung und Müllberge. Bei nicht fachgerechter Entsorgung kann Mikroplastik in die Umwelt abgegeben werden und auch bei sauberer Verbrennung wird zumindest das Klima belastet. Hier müssen Alternativen gefunden werden. Im November 2022 hat die EU-Kommission vorgeschlagen “… Miniatur-Shampoo Flaschen und andere Miniaturverpackungen in Hotels.” vollständig zu verbieten (EU-Kommission 2022). Hier gibt es aber auch erfolgreich angewandte Lösungen, die nur allgemein umgesetzt werden müssen (Gastgewerbemagazin, 2018).
- Der Zusammenhang zwischen Ernährung und Klimaschutz ist bisher nur in einem kleineren Kreis bekannt. Hier werden deshalb häufig falschen Schwerpunkte genannt und entsprechend gehandelt. Nach Kearny (2019) wollen 56 Prozent der Deutschen Plastiktüten nicht mehr nutzen – dies bringt eine CO2-Reduktion von 3 kg pro Kopf. Aber nur 13 Prozent wollen auf Fleischgerichte verzichten – dies würde aber eine Reduktion von 450 kg CO2 pro Kopf bedeuten. Entsprechend ist das Thema klimafreundliche Ernährung auch wesentlich schwerer als die vorangegangenen Inhalte im Alltagsbetrieb der Hotelgastronomie zu verankern.
- Auch bei den Aspekten Bio-Landbau und Tierwohl gibt es ein klares Bekenntnis der Bevölkerung (UBA 2022): Ganz vorne rangieren die Maßnahmen wie „Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und Pestiziden“ (93 Prozent), „Einführung eines einheitlichen Tierwohl-Gütesiegels“ (92 Prozent) und „stärkere Förderung des Ausbaus der ökologischen Landwirtschaft“ (92 Prozent).
- Diese Wünsche werden überlagert, da das wichtigste Mittel zur Minderung der THG-Emissionen nur eine deutlich geringe Zustimmung findet (UBA 2022): Die vergleichsweise geringste Zustimmung gab es zur Maßnahme „das Angebot an vegetarischen und veganen Speisen in Kantinen und Restaurants verbessern“ (63 Prozent).
- Bio-Produkte werden geschätzt, sind aber teurer als konventionelle Agrarprodukte. Außerdem tragen sie nur zu einem geringen Anteil zum Klimaschutz bei, da aufgrund des Verzichts von chemischen Pflanzenschutz die Erträge geringer sind (vgl. Scharp 2019). Der wichtigste Beitrag des Bio-Anbaus liegt im Schutz der Biodiversität.
- Das Tierwohl ist in unseren Moralvorstellungen begründet. So wie die Sorge um unsere Familie und unsere Mitmenschen wollen wir einfach nicht, dass ein Lebewesen leidet. Dies ist eine zutiefst menschliche Eigenschaft. Aber durch die Arbeitsteilung haben wir keinen unmittelbaren Zugang zu den Praktiken der Landwirtschaft und der Verarbeitungsindustrie. Nur durch die Presse erfahren wir von den unhaltbaren Zuständen (vgl. ARD 2020).
- Saisonal-regionale Ernährung ist derzeit ein “Trending Topic”. Gerade für die Hotelgastronomie ist dies ein “Muss”, da viele Gäste sich den Urlaubsort auch danach auswählen, um dort die Region und regionale Besonderheiten bei den Lebensmitteln kennenzulernen.
Die Herausforderungen der Gastbetriebe liegen also nicht nur darin, ihr Speisenangebot nachhaltig, attraktiv und kostengünstig zu gestalten, sondern auch die Tischgäste so zu beraten, dass sie dieses Angebot auch annehmen.
Quellenverzeichnis
ARD (2020): Ungenießbar. Online: https://programm.ard.de/TV/Themenschwerpunkte/Dokus–Reportagen/Alle-Dokumentationen/Startseite/?sendung=287252703317494
Gastgewerbemagazin (2018): Frühstücksbuffet geht auch ohne Müll. Online: https://gastgewerbe-magazin.de/fruehstuecksbuffet-geht-auch-ohne-muell-3149
EU-Kommission (2022): Pressemitteilung: “Der europäische Grüne Deal: Abfallintensive Verpackungen verbieten, Wiederverwendung und Recycling fördern”. Online: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_7155
Kastrup, Julia; Kuhlmeyer, Werner; Nölle-Krug, Marie (2022): Aus- und Weiterbildung des betrieblichen Bildungspersonals zur Verankerung einer Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: MICHAELIS, Christian; BERDING, Florian (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Umsetzungsbarrieren und interdisziplinäre Forschungsfragen. Bielefeld 2022, S. 173-189
Kearney (2019): Was hilft wirklich – Persönliche Klimaschutzmaßnahmen und ihre Wirkung. Repräsentative Befragung von erwachsenen Deutschen. Online: de.kearney.com/documents/1117166/5477168/CO2+Aufklärung.pdf/d5fba425-3aec-6a4e-fb2d-9b537c7dd20b?t=1583241728000
Költze, Horst (1993): Lehrerbildung im Wandel. Vom technokratischen zum humanen Ausbildungskonzept. In Cohn, Ruth C.; Terfurth, Christina (Hrsg.): Lebendiges Lehren und Lernen. TZI macht Schule. Klett-Cotta. S. 192 – 212
Handke, Harald (2018): „Resonanzräume des Subpolitischen“ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen – eine Forschungsheuristik vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsidee. In bwp@Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online (Nr. 35), 2018, S. 1-23.
Melzig, Christian; Kuhlmeyer, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg. 2021): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. Bonn 2021. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
Scharp, Michael (Hrsg. 2019): Das KEEKS-Projekt – Eine klimafreundliche Schulküche. Online: keeks-projekt.de (Materialien: https://elearning.izt.de/course/view.php?id=118)
Schütt-Sayed, Sören; Casper, Marc; Vollmer, Thomas (2021): Mitgestaltung lernbar machen – Didaktik der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: Melzig, Christian; Kuhlmeier, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. S. 200-227. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
Statista; Pawlik, V. (2022): Interesse der Bevölkerung in Deutschland an gesunder Ernährung und gesunder Lebensweise von 2018 bis 2022. Online; https://de.statista.com/statistik/daten/studie/170913/umfrage/interesse-an-gesunder-ernaehrung-und-lebensweise/
UBA Umweltbundesamt (2022): Umweltbewusstsein in Deutschland. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeit-strategien-internationales/umweltbewusstsein-in-deutschland
SDG 5 Geschlechtergleichstellung
“Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen”
Das SDG 5 zielt darauf ab, die Geschlechtergleichstellung zu erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung zu befähigen.
Für die/den Pflegefachfrau/mann sind vor allem vier Unterziele (Destatis o. J.) im Hinblick auf die geschlechtliche Gleichstellung besonders hervorzuheben:
5.2 Alle Formen von Gewalt gegen alle Frauen und Mädchen im öffentlichen und im privaten Bereich einschließlich des Menschenhandels und sexueller und anderer Formen der Ausbeutung beseitigen
5.5 Die volle und wirksame Teilhabe von Frauen und ihre Chancengleichheit bei der Übernahme von Führungsrollen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung im politischen, wirtschaftlichen und öffentlichen Leben sicherstellen
5.b Die Nutzung von Grundlagen Technologien, insbesondere der Informations- und Kommunikationstechnologien, verbessern, um die Selbstbestimmung der Frauen zu fördern
5.c Eine solide Politik und durchsetzbare Rechtsvorschriften zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Selbstbestimmung aller Frauen und Mädchen auf allen Ebenen beschließen und verstärken
Die Schnittmenge für das SDG 5 “Geschlechtergleichstellung” ergibt sich aus den folgenden Nummern der Standardberufsbildposition (BGBl 2022):
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Frauenarbeit im Gastgewerbe
In der Hotellerie arbeiteten in Deutschland zum Stichtag 30.09.2021 insgesamt 252.346 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und damit 13,2 Prozent weniger als 2019 vor der Corona-Pandemie. Der Frauenanteil bei 61,5 Prozent, d.h. fast ⅔ aller Beschäftigten sind weiblich. (DEHOGA, 2022). Insbesondere die Reinigungsarbeiten und Herrichtung der Hotelzimmer wird nach wie vor zu großen Teilen von Frauen ausgeübt. Demgegenüber sind Frauen bei den Führungspositionen im Hotel- und Gastgewerbe immer noch stark unterrepräsentiert – “nur 1 von 22 CEOs und 1 von 9 Präsidenten sind Frauen” (Trivago Business Blog, 2023).
Geschlechtergerechtigkeit in Unternehmen
Es gibt in Deutschland viele Unternehmen, die sich um geschlechtergerechte Arbeitsplätze bemühen, wie 2020 im Rahmen der Studie „Top Karrierechancen für Frauen“ des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung (IFMW 2020) herausgefunden wurde. Sie fördern die Gleichstellung von Frauen durch Mentoring-Programme, aber auch durch gleiche Bezahlung. Hierfür sind bestimmte Voraussetzungen notwendig. Der Begriff Nachhaltigkeit lässt sich grundsätzlich auf viele Aspekte des Unternehmens anwenden, zunächst geht es darum, dass ein Unternehmen über tragfähige Strukturen verfügt, mit denen es auf unbegrenzte Zeit im Wirtschaftssystem bestehen kann.
Im Rahmen des betrieblichen Nachhaltigkeitskonzepts spielt die Belegschaft eine wesentliche Rolle. Grundlage eines nachhaltigen Unternehmens sind die Kernarbeitsnormen der ILO (International Labour Organisation). Neben dem Verbot von Ausbeutung oder von Kinderarbeit ist das Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf zentral. Es handelt sich hierbei um das Übereinkommen 111 (ILO 1958), das bereits 1960 in Kraft getreten ist und schon damals definierte, worin Diskriminierung besteht. Bereits Artikel 1 des Übereinkommens über Diskriminierung der ILO legt fest, in welchen Fällen dieser Sachverhalt im Beschäftigungskontext gilt. Heute fällt dies unter Begriffe wie beispielsweise “Bekenntnis von Unternehmen zur Charta der Vielfalt, zu Corporate Social Responsibility”. Die Forderungen sind also nicht neu, werden unter andere Konzepte gefasst und werden heutzutage intensiver gefordert und gelebt. Große Konzerne bekennen sich dazu, setzen das Thema auf die Agenda, sind durch mittlerweile geltende Gesetze wie beispielsweise das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG 2006), das 2006 in Kraft trat, dazu verpflichtet.
Gleichstellungsindex Gender Equality Index (GEI)
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist jedoch auch heute in Deutschland immer noch weit verbreitet, insbesondere am Arbeitsplatz. Vor allem Frauen erleben demnach regelmäßig sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Entgeltungleichheit, Benachteiligung beim beruflichen Aufstieg oder Diskriminierung aufgrund einer Schwangerschaft oder beim Wiedereinstieg nach der Elternzeit. Die internationale Job- und Recruiting-Plattform Glassdoor hat in ihrer in vier Ländern (USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland) durchgeführten Studie “Diversity & Inclusion Study 2019” herausgefunden, dass 37 Prozent der deutschen Befragten schon einmal selber von Diskriminierung betroffen gewesen oder Zeuge davon gewesen sind. Die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts wird dort von 24 Prozent der Befragten am häufigsten angegeben, gefolgt von Altersdiskriminierung (22 Prozent), Rassismus (21 Prozent) oder Benachteiligung aufgrund von sexueller Orientierung (15 Prozent) (Glassdoor 2019).
Laut Gender Equality Index (GEI) aus dem Jahr 2021 liegt Deutschland bezüglich der Gleichberechtigung in der Kategorie Arbeit in den Mitgliedstaaten der EU auf Platz 17, Schweden hingegen an erster Stelle. In der Kernkategorie „Arbeit“ werden im Speziellen fünf Indikatoren untersucht und bewertet:
- die Erwerbsbeteiligung anhand der Beschäftigungsquote – Vollzeitäquivalent (FTE).
- die Dauer des Erwerbslebens
- die sektoralen Segregationsmuster anhand der anteiligen Beschäftigung in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Sozialarbeit.
- die Flexibilität der Arbeitszeit anhand der Möglichkeiten, sich für persönliche oder familiäre Angelegenheiten freizunehmen
- die beruflichen Perspektiven anhand des Karriereperspektiven Index.
Der Gender Equality Index wird vom Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen (European Institute for Gender Equality – EIGE) in unregelmäßigen Abständen für jedes Land der Europäischen Union erhoben (EIGE 2022). Der Branchenverband Bitkom hat festgestellt, dass der Frauenanteil in IKT-Unternehmen von der Unternehmensgröße abhängig ist. Mit zunehmender Unternehmensgröße steigt auch der Frauenanteil (Bitkom Research 2022). So haben sich 24 Prozent der befragten Unternehmen das Ziel gesteckt, den Frauenanteil zu erhöhen, da sie erkannt haben, dass gemischte Teams für den Erfolg von Unternehmen wichtig sind. Zum einen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und damit ein nachhaltiges Wachstum zu sichern. Wenn Frauen unterrepräsentiert sind, gehen aber auch Innovationspotentiale und die Chance auf eine faire Digitalisierung verloren. Problematisch ist hier auch, dass Frauen in den Führungsebenen unterrepräsentiert sind und sogar in 49 Prozent der Unternehmen arbeitet keine Frau im Top-Management. Je kleiner das Unternehmen, desto weniger Frauen arbeiten dort. Für Geschlechtergerechtigkeit in deutschen Unternehmen und Organisationen gibt es also (noch) kein Patentrezept.
Geschlechtergerechte Arbeitsorganisation
Eine geschlechtergerechte Arbeitsorganisation wird nach innen und nach außen über Offenheit, Wertschätzung, Vertrauen, Solidarität und Kollegialität vermittelt. Eine Voraussetzung dafür ist das Bekenntnis zu gleichberechtigten Unternehmensstrukturen, die sich zur Geschlechtergleichstellung und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bekennen, vorrangig für Frauen, da diese laut Bundesfamilienministerium (BMFSJ 2019) immer noch den größten Anteil der Care-Arbeit verrichten. Aber auch alle anderen marginalisierten Gruppen im Unternehmen müssen für eine Kultur der Vielfalt im Unternehmen mitgenommen werden. Notwendig ist eine vollständige Integration aller Mitarbeitenden, sowohl strukturell als auch in die informellen Netzwerke, ältere und jüngere Mitarbeitende, LGBTIQ, sowie die Integration von Menschen mit Behinderungen.
Diversität im Betrieb
Das Bekenntnis zu einer für Diversität offenen Betriebskultur muss auch Grundlage bei der Personalgewinnung sein. Geschlechtergerechte Arbeitsorganisation braucht diskriminierungsfreie Einstellungsverfahren, beispielsweise durch anonymisierte Bewerbungsverfahren, bei denen Namen und Geschlecht für Personalverantwortliche nicht erkennbar sind. Vorurteils- und diskriminierungsfreie Verfahren und Praktiken in der Personalpolitik bauen auf gemischte Teams, die Förderung von Frauen in der Führungsebene oder in bislang klassischen Männerdomänen, die Integration von Menschen aus verschiedenen Sprach- und Kulturräumen sowie unterschiedlichen Lebens- und Herkunftskontexten.
Gender pay Gap
Über den Gender Pay Gap wird schon seit 1995 die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern gemessen, die in Deutschland immer noch auf 18 Prozent beziffert wird (Destatis 2022). Unterschiedliche Entlohnung für vergleichbare Tätigkeiten und Qualifikation für Frauen und Männer lassen sich durch die statistischen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes aufzeigen. In einer Pressemitteilung vom März 2022 wird betont, dass Frauen pro Stunde noch immer 18 Prozent weniger verdienen als Männer: „Frauen haben im Jahr 2021 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer”. Damit blieb der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern – der unbereinigte Gender Pay Gap– im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 7. März 2022 weiter mitteilte, erhielten Frauen mit durchschnittlich 19,12 Euro einen um 4,08 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (23,20 Euro).
Allerdings vergleicht der unbereinigte Gender Pay Gap lediglich den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerinnen allgemein miteinander. Somit wird auch der Teil des Verdienstunterschiedes erfasst, der beispielsweise durch unterschiedliche Berufe oder Karrierestufen verursacht wird. Dagegen misst der bereinigte Gender Pay Gap den Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien. Strukturbedingte Faktoren sind hier also weitgehend herausgerechnet. Ca. 71 Prozent des Verdienstabstands lassen sich durch derartige strukturbedingte Faktoren wie z. B. dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird und sie seltener Führungspositionen erreichen, erklären. Die verbleibenden 29 Prozent des Verdienstunterschiedes entsprechen dem bereinigten Gender Pay Gap. Hier kann der Verdienstabstand nicht durch strukturbedingte Faktoren erklärt werden. Demnach verdienten Arbeitnehmerinnen im Durchschnitt auch bei vergleichbarer Tätigkeit und Qualifikation im Jahr 2018 pro Stunde 6 Prozent weniger als Männer. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Unterschiede geringer ausfallen würden, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analysen zur Verfügung stünden (zum Beispiel Angaben zu Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, Geburt von Kindern oder Pflege von Angehörigen). Der bereinigte Gender Pay Gap ist daher als Obergrenze für Verdienstdiskriminierung zu verstehen (Destatis 2022).
Von Wissenschaftler*innen wird gefordert, gleiche Bezahlung für vergleichbare Arbeit zu fordern, und den Gender Income Gap (Allmendinger 2021) zu bemessen und folgerichtig zu beheben. Innerhalb von Unternehmen sollten die Gehälter so ausgehandelt werden, dass Transparenz darüber besteht, welche Arbeitsinhalte, wie und unter Berücksichtigung von Care-Arbeit, belohnt werden. Die Grundlage hierzu ist eine lebensphasenorientierte Arbeitszeitgestaltung, so dass Mitarbeiter*innen zeitweilig aus- und wieder einsteigen können, ohne den Verlust der Karriereoptionen. Wenn Führungsaufgaben in Teilzeit möglich sind, wird auch die gerechte Aufteilung von Care-Arbeit aller Art auf Männer und Frauen ermöglicht. Innerhalb von Teilzeitstrukturen ist eine Anpassung der Arbeitsorganisation notwendig, so dass vielfältige, familien- und sorgegerechte Arbeitszeitoptionen angeboten werden können (ebd.).
Motivierte Arbeitskräfte
Es ist davon auszugehen, dass geschlechtergerechte Strukturen in der Arbeitswelt zu positiven Auswirkungen führen und Unternehmen stärken. Motivierte Arbeitskräfte, die ihre Leistungskraft in gesünderen, nachhaltigeren Strukturen entfalten, können dafür sorgen, dass sich Belegschaften stabilisieren, die Fluktuation reduziert wird und sich das Klima des Umgangs miteinander nachhaltig zum Positiven verändert (ifw Kiel 2019). Dies steigert die Produktivität, Innovation und Kreativität von Unternehmen und reduziert Kosten für Krankheitsvertretungen, vermindert Mobbing und führt zu einem stabilen und gesunden Arbeitsumfeld. So werden durch stereotypes Verhalten begünstigte Bedingungen eingedämmt, wie das Institut für Weltwirtschaft aus Kiel in einer Studie herausfand (ebd.). Derzufolge treffen Gruppen je nach Zusammensetzung unterschiedliche Entscheidungen und sobald ein Geschlecht überrepräsentiert ist, wird stereotypes Verhalten begünstigt. Wodurch reine Männerteams beispielsweise bei Entscheidungen zu viel Risiko eingehen und reine Frauengruppen weniger Chancen nutzen.
Kultur der Gleichstellung
Die Forschung zeigt, dass Menschen persönlich profitieren, wenn sie an einem Ort arbeiten, an dem es keine Geschlechterdiskriminierung gibt. So wurde mit der Getting to Equal Research Serie gezeigt, wie der Aufbau einer Kultur der Gleichstellung sowohl für die Mitarbeitenden als auch für Unternehmen von Vorteil sein kann (Accenture 2020). Zahlreiche Untersuchungen zeigen auch, dass die finanzielle Performance von Unternehmen mit hohem Frauenanteil in Führungspositionen deutlich besser ist (Kotiranta, A. et al. 2007).
Längerfristig verbessern nachhaltige und geschlechtergerechte Arbeitsbedingungen den Markenwert von Unternehmen, können die Akquise neuer Zielgruppen begünstigen und die Bindung bestehender Kund*innen erleichtern. Dies gilt insbesondere in Branchen, die Arbeitskräftemangel zu beklagen haben, wie es beispielsweise im Rahmen einer Studie zu Diversity in deutschen Unternehmen deutlich wurde: 97 Prozent der befragten Unternehmen, die die Charta der Vielfalt unterzeichnet haben, sehen mit Vielfalt konkrete Vorteile für das Unternehmen verbunden und für einen Großteil erhöht sich damit dessen Attraktivität für Arbeitnehmer*innen und Zielgruppen (Ernst & Young 2016).
Eine geschlechtergerechte Arbeitswelt kann einen Beitrag zu einer demokratischen, sozialen und freiheitlichen Gesellschaft leisten, in der verschiedenste Menschen ihren Platz finden. Dabei ist es besonders wichtig, die Potenziale von Frauen zu nutzen sowie Strukturen und Prozesse zu verändern, die Frauen behindern. Die Unternehmen und Organisationen, in denen Menschen arbeiten, können Standards setzen und eine gesellschaftliche Wende mit anschieben. Gleichwohl braucht es grundlegende gesellschaftliche und politische Veränderungen wie beispielsweise die Umverteilung von Care-Arbeit zwischen den Menschen oder eine Neubewertung von Arbeit, sowie die Wertigkeit von Tätigkeiten (ebd.).
Sexuelle Belästigung im Gastgewerbe
MitarbeiterInnen im Gastgewerbe, d.h. von Hotellerie und Gastronomie, gehören zu den besonders von sexuellen Übergriffen betroffenen Berufsgruppen. Die Fachkräfte arbeiten als “Zimmermädchen” oder KellnerInnen und sind so in direktem Kontakt zu Ihren KundInnen, zu denen im Allgemeinen ein erhebliches Machtgefälle besteht. Aber auch Vorgesetzte und KollegInnen können übergriffig werden. “Besonders Frauen sind in der Gastronomie von sexuellen Belästigungen betroffen, da sie als Kellnerinnen oder Ansprechpartnerinnen mit den Gästen in Kontakt stehen. Alkoholisierte Gruppen und andere provokant auftretende Personen sind typische Täter” (Gastgewerbe- Magazin, 2018).
Über das Ausmaß der Belästigung liegen in Deutschland keine Zahlen vor. Die amerikanische Gewerkschaft “Unite Here” führte in Chicago eine Befragung unter 500 Mitgliedern durch, mit dem Ergebnis, dass 58 Prozent des weiblichen Reinigungspersonals Opfer sexueller Belästigungen wurden. Mehr als die Hälfte dieser Gruppe fühlte sich danach in ihrem Job nicht mehr sicher (Merkur, 2017).
Hotels und gastronomische Einrichtungen dürfen dieses Thema nicht totschweigen, bzw. von ihren Mitarbeiterinnen gar verlangen, übergriffiges Verhalten zu ertragen. “Arbeitgeber sind nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich dazu verpflichtet, ihre Angestellten vor sexueller und anderer Belästigung zu schützen.“ Ein wichtiger Meilenstein dafür ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (Gastgewerbe-Magazin, 2018), das vorgibt, welche Rechte Arbeitnehmer haben und welche Behandlung sie sowohl als Mann als auch als Frau einfordern dürfen” (aaO). Im AGG werden insbesondere folgende Rechte für die Opfer sexueller Übergriffe festgestellt:
- Beschwerderecht
- Leistungsverweigerungsrecht
- Recht auf Entschädigung und Schadensersatz
Sollte der eigene Betrieb nicht den notwendigen Schutz bieten, sollte der Betriebsrat, die Gewerkschaft oder eine verantwortliche Vertrauensperson angesprochen werden.
Sollte auch dies nicht möglich sein, existieren zwei Bundesweite Notfalltelefone, bei denen schnell und unbürokratisch Rat und Hilfe eingeholt werden kann:
- Antidiskriminierungsstelle des Bundes: 030/18 555 1865
- Bundesweites Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 0800/0116 016
- Bundesweites Hilfetelefon Gewalt an Männern: 0800/1239 900
Ziel ist natürlich, dass es erst gar nicht zu entsprechenden Übergriffen kommt. Auch hierfür listet das Gastgewerbemagazin wichtige Vereinbarungen und Maßnahmen auf:
- Klare Richtlinien zum Umgang mit sexueller Belästigung
- Gemeinsam mit dem Team Anti-Belästigungs Strategien entwickeln
- Mitarbeiter schulen
- Vertrauensvolle Ansprechpersonen benennen
- Mitarbeiter, Vorgesetzte und Gäste über rechtliche Konsequenzen aufklären
- Klare Konsequenzen im Fall von sexueller Belästigung
- Bei Belästigung den Vorgesetzten informieren
- Täter direkt der Einrichtung verweisen und ein Hausverbot aussprechen
- Vorfall dokumentieren
- Im Zweifelsfall die Polizei anrufen
- Als Vorgesetzter sehr aufmerksam sein
- In privaten Mitarbeitergesprächen auch das Thema sexuelle Belästigung ansprechen, wenn nötig
(Gastgewerbe- Magazin, 2018).
Quellenverzeichnis
Bundesagentur für Arbeit (2021): Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich. Online: https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Berufe/Generische-Publikationen/Altenpflege.pdf?__blob=publicationFile&v=13
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BMFSJ (2019): Gender Care Gap – ein Indikator für die Gleichstellung. Online: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/gender-care-gap/indikator-fuer-die-gleichstellung/gender-care-gap-ein-indikator-fuer-die-gleichstellung-137294
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Referat Öffentlichkeitsarbeit 11018 BMFSFJ (2020) Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung. Online: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/gleichstellungsstrategie-der-bundesregierung-158362
International Labor Organisation ILO (2019): The business case for change. Online: https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/—dgreports/—dcomm/—publ/documents/publication/wcms_700953.pdf
DEHOGA (2022): DEHOGA-ZAHLENSPIEGEL I/2022. Online: https://www.dehoga-bundesverband.de/fileadmin/Startseite/04_Zahlen___Fakten/07_Zahlenspiegel___Branchenberichte/Zahlenspiegel/DEHOGA-Zahlenspiegel_1._Quartal_2022.pdf
Destatis – Statistisches Bundesamt (2022): 2021: Frauen verdienten pro Stunde Pressemitteilung weiterhin 18 % weniger als Männer. Pressemitteilung Nr. 088 vom 7. März 2022. Online: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/03/PD22_088_621.html
Detlefsen L. et al., Kiel Institut für Weltwirtschaft ifw (2019): Can Gender Quotas Prevent Risky Choice Shifts? The Effect of Gender Composition on Group Decisions under Risk. Online: https://www.ifw-kiel.de/fileadmin/Dateiverwaltung/IfW-Publications/Katharina_Lima_de_Miranda/KWP-2135.pdf
Ernst & Young GmbH Stuttgart (2016): Diversity in Deutschland, Studie anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Charta der Vielfalt. Online: https://www.charta-der-vielfalt.de/fileadmin/user_upload/Studien_Publikationen_Charta/STUDIE_DIVERSITY_IN_DEUTSCHLAND_2016-11.pdf
European Institute for Gender Equality – EIGE (2022): Gender Equality Index. Online: https://eige.europa.eu/gender-equality-index/about
Gastgewerbe-Magazin, 2018: Finger weg! #metoo in Gastronomie und Hotellerie. Online: https://gastgewerbe-magazin.de/finger-weg-metoo-sexuelle-belaestigung-5719
Glassdoor, Inc. (2019): Diversity & Inclusion Study 2019. Online: Glassdoor-Diversity-Survey-Supplement-1.pdf
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Kotiranta,A.; Kovalainen, A.; Rouvinen, P. (2007): Female Leadership and Firm Profitability. Online: eva.fi/wp-content/uploads/files/2133_Analyysi_no_003_eng_FemaleLeadership.pdf
Merkur, 2017: Belästigung: Zimmermädchen erzählen, was sie täglich durchmachen. Online: https://www.merkur.de/leben/karriere/belaestigung-demuetigung-durch-hotelgaeste-was-zimmermaedchen-taeglich-durchmachen-zr-9385091.html
PricewaterhouseCoopers (2020): Frauen in der Gesundheitswirtschaft 2020. Online: https://www.pwc.de/de/gesundheitswesen-und-pharma/pwc-frauen-in-der-gesundheitswirtschaft-2020.pdf
Statistisches Bundesamt (Destatis) 2020. Gender pay Gap. Online: https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Arbeitsmarkt/GenderPayGap.html;jsessionid=D40F6183038F2B114933146463686F52.live741
trivago Business Blog (2023): Weltfrauentag: Weibliche Führungskräfte im Gastgewerbe und Technologiesektor. Online: https://businessblog.trivago.com/de/frauen-in-fuehrungspositionen-im-hotel-und-gastgewerbe/
SDG 6 Sauberes Wasser
“Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten”
Das SGD 6 “Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen” verfolgt im Prinzip fünf Ziele, von denen drei für das Hotelgewerbe relevant aufgrund sind:
6.3 die Verhinderung der Verschmutzung der Wasserressourcen;
6.4 eine effiziente Nutzung von Wasser und
6.5 den Schutz der Ökosysteme.
Die Schnittmenge für das SDG 7 ergibt sich aus den Nummern a und b der Standardberufsbildposition (BGBL 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Besonders relevant für Deutschland ist das Unterziel 6.3 der Verschmutzung der Wasserressourcen. Vor dem Hintergrund der Zunahme der “Hitzesommer” ist die effiziente Nutzung von Wasser notwendig. Das SDG ist mit unserer Ernährung direkt und indirekt über die Aspekte “Wasserqualität” und “Virtuelles oder Graues Wasser” verbunden. Im Hinblick auf die nationale Perspektive geht es primär um den schonenden Umgang mit dem Grundwasser in Deutschland. Dieses wird vor allem von Nitraten aus der Vieh- und Geflügelzucht sowie durch übermäßige Düngung belastet (UBA 2021). Der Umweltindikator “Nitrat im Grundwasser” (UBA 2021) zeigt einen kontinuierlich hohen Nitratgehalt, der erst seit 2017 etwas sinkt. Seit 2008 wird der europäische Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter an jeder 6. Messstelle überschritten. Hierfür wurde Deutschland 2018 vom Europäischen Gerichtshof verurteilt.
Der Wasserfußabdruck
Jede Pflanze benötigt Wasser zum Wachsen. Das aufgenommene Wasser wird dann in den Feldfrüchten, in Obst und Gemüse gespeichert. Bei der Viehzucht nehmen Rinder, Schweine und Geflügel dieses Wasser ebenfalls auf. Die Gesamtmenge an Wasser, die schließlich für ein Kilogramm Lebensmittel benötigt wird, nennt man entweder den Wasserfußabdruck oder “virtuelles Wasser” in den Lebensmitteln (UBA 2022). Hierbei unterscheidet man “grünes Wasser”, welches aus dem Regen stammt, “blaues Wasser” aus Flüssen oder Grundwasser. “Graues Wasser” ist die Wassermenge, die benötigt wird, um in der Industrie genutztes Wasser so weit zu verdünnen, dass es den gesetzlichen Qualitätsanforderungen genügt.
Das Hotelgewerbe nutzt direkt Wasser für Gäste und Wäsche sowie virtuelles Wasser aus den Ursprungsländern der Lebensmittel und Textilprodukte. Der Klimawandel wird zu einer Veränderung der Niederschläge führen und einige Gebiete, wie z. B. die neuen Bundesländer, leiden seit 2019 unter zu geringen Niederschlägen. Wasser wird somit zu einem raren, wertvollen Gut, um das viele Verbraucher konkurrieren. Im Hotelbetrieb ist insbesondere auf den Wasserverbrauch der Übernachtungsgäste sowie auf effiziente Wasch- und Spülmaschinen, die einen geringen Wasserverbrauch haben, zu achten.
Indirekt tragen Lebensmittelimporte aus Ländern mit Wassermangel dazu bei, dass wir das sogenannte “blaue Wasser” (UBA 2022) des Anbaus der Lebensmittel importieren (Finogenova et mult. al. 2019). Dies gilt insbesondere bei Agrarprodukten aus Nordafrika, Südafrika und Mittelasien relevant, da diese unter Wasserknappheit leiden. Folgende Aspekte wären im (Aus-)Bildungskontext zu behandeln und hierbei die sich ergebenden Zielkonflikte mit anderen Dimensionen der Nachhaltigkeit zu diskutieren (ifeu 2020:19ff, wfd o. J.):
- Rinder haben einen sehr hohen Wasserbedarf, in den USA und Südamerika werden sie auch in Gebieten mit Wassermangel gezüchtet (Texas, Argentinien).
- Das meiste Wasser wird für die Futtermittelproduktion – Weizen, Soja, Mais – benötigt. Der Wasserfußabdruck von Rindfleisch liegt bei 20.000 Liter pro Kilogramm Fleisch.
- Tropische und andere Früchte werden ebenfalls in Gegenden mit Wassermangel gezüchtet (Mangos aus Indien und Peru, Avocados aus Chile, Melonen in Marokko, Obst in Andalusien).
- Soja-Milch (3.000 l/kg) hat einen höheren Wasserfußabdruck als Kuhmilch (2.000 l/kg).
- Soja-Granulat (Textured Vegetable Protein TVP) hat mit 30.000 l/kg einen höheren Wasserfußabdruck als Rindfleisch.
- Olivenöl hat mit 900.000 l/kg einen sehr hohen Wasserfußabdruck , Rapsöl hingegen liegt bei nur 800 l/kg
- Orangen haben mit 15.000 l/kg einen sehr hohen Wasserfußabdruck
- Mandeln haben einen Wasserfußabdruck von ca. 11.000 l/kg. Sie stammen zu 80 Prozent aus Kalifornien – einem Staat mit hohem Wassermangel und extremen Waldbränden
- Spargel wird seit einigen Jahren in Peru angebaut und mit Flugtransport nach Deutschland geflogen. Das Inka-Tal ist aber ein Wassermangelgebiet und der Wasserfußabdruck von Spargel liegt bei 700 l/kg
- Baumwolle für Handtücher und Bettwäsche stammt häufig aus ariden Anbaugebieten wie Kasachstan, Usbekistan und Indien.
Mikroplastik
Mikroplastik spielt im Hinblick auf Wasser und Wäsche eine bedeutende Rolle. Es handelt sich hierbei um feste, unlösliche, partikuläre und nicht biologisch abbaubare synthetische Polymere in einem Größenbereich von weniger als 5 Millimetern bis 1.000 Nanometer (vgl. UBA 2020, Quarks 2022). Mikroplastik wird unterschieden in primäres und sekundäres Mikroplastik. Als primäres Mikroplastik werden Partikel bezeichnet, die bei Eintritt in die Umwelt bereits im Größenbereich von Mikroplastik liegen. Primäres Mikroplastik Typ A wird bereits in diesem Größenbereich eingesetzt. Dazu gehören beispielsweise Partikel, die in der Kosmetik- und Körperpflege-Industrie eingesetzt werden. Primäres Mikroplastik Typ B entsteht während der Nutzungsphase. Hierzu gehören zum Beispiel der Abrieb von Autoreifen oder Fasern aus synthetischen Textilien, die beim Waschen ins Abwasser gelangen. Sekundäres Mikroplastik entsteht bei dem Zerfall größerer Kunststoffteile im Verwitterungsprozess z. B. durch Wellenbewegung und Sonneneinstrahlung (vgl. Quarks 2022).
Mikroplastik in der Nahrungskette
Diese kleinsten Kunststoffteilchen werden vor allem mit der Kosmetik in Verbindung gebracht (z. B. in Peelings, Haarshampoo oder als Binde- und Füllmittel in flüssigen Waschmitteln). Auch Plastikflaschen mit (Mineral-) Wasser enthalten Mikroplastik (Schymanski 2018). Allerdings sind auch Putzlappen und Schwämme Quellen von Mikroplastik und sind somit relevant für die Gastronomie (Quarks 2022). Über das Abwasser gelangen diese Stoffe ins Meer. Dort ziehen sie Gifte an, werden von Tieren aufgenommen und gelangen so in die Nahrungskette. Die Relevanz für die Nahrungskette konnte bisher vor allem bei Fischen mit Mikroplastik nachgewiesen werden, welches wir dann schlussendlich aufnehmen (Quarks 2022). Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) und auch die WHO sehen die Aufnahme (der bisherigen Mengen?) nicht als gesundheitsrelevant an. So sagt das BFR über die richtige Verwendung mit Kosmetikprodukten wie Cremes: “Bei dieser Partikelgröße ist bei vorhersehbarem Gebrauch der Produkte eine Aufnahme über die gesunde und intakte Haut nicht zu erwarten” (BfR zitiert nach Quarks 2022). Maria Neira von der WHO beschreibt das Risiko von Mikroplastik in Trinkwasser und in PET-Flaschen wie folgt: “Nach allen aktuell verfügbaren Informationen gehe von der derzeitigen Mikroplastik- Konzentration in Trinkwasser allerdings auch keine Gefahr aus”. Relevant aber unbeantwortet ist hierbei die Frage, wie es um die aerosolen Bestandteile des Mikroplastiks aus dem Reifenabrieb oder von Kunstrasenplätzen steht, die eine wesentliche Quelle für Mikroplastik sind (ADAC 2022, Fraunhofer Umsicht 2021). Alles in allem ist der Stand der Forschung zu den Risiken von Mikro- oder gar Nano-Plastik (kleinste Plastikteilchen) unbefriedigend, weshalb ein nachhaltiges Verhalten und ein nachhaltiger (Mikroplastik-freier) Einkauf angeraten sind.
Mikroplastik in uns
Laut einer Studie der Medizinischen Universität Wien aus dem Jahr 2019 gelangen durchschnittlich pro Person und Woche 5 Gramm Plastik in den menschlichen Magen-Darm-Trakt (Schwab et al. 2019). Dieses Gewicht entspricht in etwa dem Gewicht einer Kreditkarte. In die Nahrungskette gelangen Mikro- und Nanoplastikpartikel (MNP) unter anderem aus Verpackungsabfall. In den Körper werden die Plastikteilchen nicht nur über Lebensmittel wie insbesondere Fisch und andere Meeresbewohner sowie über das Meersalz in den Körper geschleust. Auch Getränke in Plastikflaschen spielen eine Rolle. Deshalb empfiehlt es sich, auf Plastikflaschen zu verzichten. „Wer die empfohlenen 1,5 bis zwei Liter Wasser pro Tag aus Plastikflaschen trinkt, nimmt […] allein auf diese Weise rund 90.000 Plastikpartikel pro Jahr zu sich. Wer zu Leitungswasser greift, kann – je nach geografischer Lage – die Menge auf 40.000 reduzieren“ (DERSTANDARD 2022:1, Wright et al. 2019). Eine neue Studie hat erstmals Mikroplastik im menschlichen Blut nachgewiesen. Drei Viertel der Getesteten hatten laut der Studie der Freien Universität Amsterdam nachweislich Kunststoff im Blut. Die Untersuchung waren der erste Beweis dafür, dass Kunststoffpartikel in den menschlichen Blutkreislauf gelangen können. Die Gesamtkonzentration von Kunststoffpartikeln im Blut der 22 Probandinnen und Probanden betrug durchschnittlich 1,6 µg/ml, was einem Teelöffel Kunststoff in 1.000 Litern Wasser (zehn große Badewannen) entspricht. Polyethylenterephthalat (PET), Polyethylen und Polymere von Styrol waren die häufigsten Kunststoffarten, gefolgt von Poly(methylmethacrylat), die in den Blutproben gefunden wurden. Auch Polypropylen wurde analysiert, aber die Konzentrationen waren zu gering für eine genaue Messung (Leslie et al., 2022).
Quellenverzeichnis
ADAC (2022): Dem Mikroplastik auf der Spur: Weniger Reifenabrieb ist möglich. Online: adac.de/rund-ums-fahrzeug/ausstattung-technik-zubehoer/reifen/reifenkauf/reifenabrieb-mikroplastik/
BGBl (2022): Verordnung zur Neuordnung der Ausbildung in den Hotel- und Gastronomie- berufen. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 8, Bonn, März 2022. Online: bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl122s0314.pdf
bpb Bundeszentrale für politische Bildung (2017): Globalisierung – Wasserverbrauch. Online: bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/globalisierung/52730/wasserverbrauch
DERSTANDARD (2022): Ein Mensch isst pro Woche eine Kreditkarte. Diese Menge an Mikro- und Nanokunststoffpartikeln nehmen wir laut Med-Uni Wien im Magen-Darm-Trakt auf. 24. März 2022. Online: derstandard.at/story/2000134377806/ein-mensch-isst-pro-woche-eine-kreditkarte
Destatis/Deutscher Bauernverband (2020): Landwirtschaft und Umwelt. Online: bauernverband.de/faktencheck/wasser-landwirtschaft-und-klimawandel
Fraunhofer Umsicht (2021): Fraunhofer UMSICHT untersucht die Nachhaltigkeit von Kunstrasenplätzen. Online: umsicht.fraunhofer.de/de/presse-medien/pressemitteilungen/2021/systemanalyse-kunstrasenplaetze.html
ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung (2020): Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland. Online: ifeu.de/fileadmin/uploads/Reinhardt-Gaertner-Wagner-2020-Oekologische-Fu%C3%9Fabdruecke-von-Lebensmitteln-und-Gerichten-in-Deutschland-ifeu-2020.pdf
Leslie et al (2022): Heather A. Leslie, Martin J.M.van Velzen, Sicco H.Brandsma, A. DickVethaak, Juan J.Garcia-Vallejo, Marja H.Lamoree: Discovery and quantification of plastic particle pollution in human blood. Environment International Volume 163, May 2022.
Quarks (2022): Mikroplastik überall: Und jetzt? Online: www.quarks.de/podcast/quarks-daily-spezial-folge-50-mikroplastik-ueberall-und-jetzt/
Quarks (2022): Wie gefährlich ist Mikroplastik? Online: quarks.de/umwelt/muell/fakten-zu-mikroplastik/
Schwab et al. (2019): Philipp Schwabl, Sebastian Köppel, Philipp Königshofer, Theresa Bucsics, Michael Trauner, Thomas Reiberger, and Bettina Liebmann: Detection of Various Microplastics in Human Stool. Annals of Internal Medicine. DOI: 10.7326/M19-0618i.
Schymanski, Dana (2018) / Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe: Untersuchung zu Mikroplastik in Lebensmitteln und Kosmetika. Zusammenfassung einer Studie der Universität Münster. Online: cvua-mel.de/index.php/aktuell/138-untersuchung-von-mikroplastik-in-lebensmitteln-und-kosmetika
UBA Umweltbundesamt (2020): Was ist Mikroplastik? Online: umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/was-ist-mikroplastik
UBA Umweltbundesamt (2021): Indikator – Nitrat im Grundwasser. Online: https://www.umweltbundesamt.de/daten/umweltindikatoren/indikator-nitrat-im-grundwasser
UBA Umweltbundesamt (2022): Was ist der Wasserfußabdruck? Online: umweltbundesamt.de/themen/wasser/wasser-bewirtschaften/wasserfussabdruck#was-ist-der-wasserfussabdruck
wfd Weltfriedensdienst (o. J.): Wasserfußabdruck von Obst und Gemüse. Online: https://wfd.de/thema/obst-gemuese
Wright S et al. (2019): Stephanie Wright, Ian Mudway The Ins and Outs of Microplastics. Annals of Internal Medicine. DOI: 10.7326/M19-2474.
SDG 7 Bezahlbare und saubere Energie
“Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern”
Das SDG 7 “Bezahlbare und saubere Energie” beinhaltet soziale und ökologische Anforderungen an den Klimaschutz. Für das Gastgewerbe sind vor allem zwei Unterziele wichtig (Destatis o. J.):
7.2 Bis 2030 die weltweite Steigerungsrate der Energieeffizienz verdoppeln
7.3 Bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energie am globalen Energiemix deutlich erhöhen
Im wesentlichen geht es um im SDG 7 um einen Umbau des bisherigen Energiesystems hin zu mehr Erneuerbare Energien und eine Verbesserung der Effizienz der Energienutzung, da ökologische und das Klima schützende Anforderungen schon durch andere SDGs (insbesondere 13, 14 und 15) abgedeckt werden.
“Saubere Energie”, wie dies in SDG 7 genannt wird, bedeutet heute für den Klimaschutz grundsätzlich der Umstieg auf erneuerbare Energien (EE) sowie eine höhere Energieeffizienz. Weitere Probleme der Energieerzeugung mit der Nachhaltigkeit betreffen
- Umweltschutz und Arbeitsbedingungen bei der Rohstoffgewinnung
- Ökologische und Gesundheitsfolgen der Energienutzung, insbesondere bei der Verbrennung
- Flächenkonkurrenzen bei dem Anbau von Energiepflanzen (Mais, Zuckerrohr u.a.)
Die Schnittmenge für das SDG 7 ergibt sich aus den Nummern a und b der Standardberufsbildposition (BIBB 2020):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Das Hotelgewerbe nutzt Energie für alle ihre Tätigkeiten. Die Gebäude werden beheizt und Frischwasser wird für das Duschen der Übernachtungsgäste erwärmt. Auch der SPA-Bereich, insbesondere Sauna und Schwimmbad benötigen elektrischen Strom und Heizwärme. In der Hotelküche werden Menüs zubereitet durch Garen, Braten oder Backen.
Wie in fast allen anderen Berufsgruppen auch wird Energie außerdem gebraucht als Strom für die IT und das Licht, und zur Mobilität bei Transporten und Arbeitswegen.
Bei all diesem stellt sich die Frage: Wie kann die Energie möglichst klimaschonend erzeugt werden, wie kann sie energiesparend genutzt werden? Dieses Kapitel beschreibt die Grundlagen der verwendeten Energieformen und eingesetzten Verfahren, soweit sie den Hintergrund der Einrichtungen und Arbeiten der des Gastgewerbes betreffen.
Erneuerbare Energien
Die einfachste Maßnahme zum Umstieg auf erneuerbare Energien ist der Bezug von Ökostrom. Die Produktion erfolgt dabei in der Regel aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasserkraft. Im ersten Halbjahr 2022 lag der Anteil der Erneuerbaren bei 51,6 Prozent. Da die Stromproduktion aus verschiedenen Quellen schwankend ist, zeigt erst die Jahresendbilanz, wie die Verteilung genau aussieht. In 2021 stammten 23 Prozent der gesamten Stromproduktion aus Windkraft, 9,8 Prozent aus der Photovoltaik, 8,8 Prozent aus Biomasse und 4 Prozent aus Wasserkraft. Braun- und Steinkohle lieferten 20,7 Prozent des Stroms, Erdgas 10,5 Prozent und die Kernenergie 13,3 Prozent (Stromreport 2022). Seit April 2023 sind in Deutschland alle AKW abgeschaltet.
Wichtig sind hinsichtlich des Ziels “bezahlbarer Energie” vor allem die Kosten von Strom und Wärme. Die Stromgestehungskosten waren in 2021 wie folgt (ISE 2021, gerundet): Dachkleinanlagen 6-11 Cent/kWh, große Dachanlagen 5-10 Cent/kWh, Freiflächenanlagen 3-6 Cent/kWh. Die Stromgestehungskosten fossiler Stromerzeugung lagen in 2021 zwischen 8-13 Cent/kWh für Gas- und Dampfkraftwerke, zwischen 11-28 Cent/kWh bei Gaskraftwerken, 10-15 Cent/kWh Braunkohlekraftwerke sowie 11-20 Cent/kWh bei Steinkohlekraftwerken. Für Kernkraft, mit Rückbau und Endlagerung werden die Stromgestehungskosten auf 50 bis 100 Cent/kWh geschätzt (Siemens-Stiftung 2015). Die konkreten Stromgestehungskosten sind von einer Reihe von Faktoren abhängig. Dazu zählen der Standort (z. B. Entfernung zwischen Kraftwerk und Abbaugebiet), Größe und Alter der Anlagen, Subventionen, Wartung, Abschreibungen sowie die verbaute Erzeugungstechnologien.
Im Folgenden wird eine Übersicht über die wichtigsten Technologien zur Nutzung der Erneuerbaren Energien gegeben:
- Solarenergie: Solarenergie mit Hilfe von Photovoltaik ist mit gut 21 Prozent der EE-Stromproduktion (Stromreport 2022) seit 2007 stark ausgebaut worden und damit die jüngste breit genutzte erneuerbare Stromquelle (vgl. die Graphik auf Wikimedia 2020). Ab 2013 stagnierte der Zuwachs von Solarenergie, weil die Konditionen der Einspeisung verschlechtert wurden. Insbesondere die Energiekrise im Zuge des Ukraine Krieges zeigt, dass der Ausbau jetzt stark beschleunigt werden muss.
- Solarthermie: Es stehen jährlich 1.050 KWh/m2 Solarstrahlung für die Umwandlung von Sonnenenergie in Wärme zur freien Verfügung. Hiermit lassen sich Strom sowie Wärme für Heizung und Warmwasser erzeugen. In Deutschland wird Solarthermie dennoch nur in weniger als 10 Prozent (co2online 2021) der Heizanlagen für Häuser und Wohnungen genutzt.
- Windenergie: 50 Prozent des EE-Stromes in Deutschland wurden 2021 aus Windenergie erzeugt (Stromreport 2022). Der Ausbau hat wesentlich in den Jahren von 2000 bis 2017 stattgefunden. Seitdem ist der Zuwachs geringer, weil sich lokal viele Menschen gegen Windkraftanlagen wehren. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges und dem damit verbundenen Gaslieferstopp Rußlands, sowie seit den deutlichen Auswirkungen der Klimakrise (Waldbrände, Flut), werden wieder höhere Ausbauziele der Windenergie genannt.
- Wärmeerzeugung: Zur Wärmeerzeugung können Bioenergie (insbesondere Festbrennstoffe wie Holz) sowie die Umgebungs- bzw. bodennahe Erdwärme eingesetzt werden. Wie bei der Stromerzeugung aus Wasserkraft gibt es für die Verbrennung von Biomasse kein Wachstumspotenzial mehr, sondern muss auf “ein naturverträgliches Maß begrenzt” werden (UBA 2021b). Im Gegensatz dazu setzt die Bundesregierung auf den Ausbau der Nutzung von Umgebungswärme, wozu auch die bodennahe Erdwärme gehört (Tagesschau 2022).
Photovoltaik
Photovoltaik ist die Umwandlung von Sonnenlicht in Strom. Dies geschieht mit Hilfe von PV-Modulen, in denen die Solarstrahlung Strom erzeugt. Der Strom wird über Leitungen zu einem Wechselrichter geführt, der den Gleichstrom aus den PV-Modulen in Wechselstrom umwandelt. Die Kosten der PV-Technologie sind bei höherer Leistung – trotz Preissteigerungen aufgrund des Krieges – deutlich günstiger als vor 20 Jahren. Für den Betrieb von Photovoltaik-Anlagen gibt es drei Betriebsmodelle:
- Dachverpachtung: Die einfachste Möglichkeit, von einem geeigneten Dach zu profitieren, ist die Verpachtung der Dachfläche an Dritte. Diese sind dann Betreiber der Anlage. Stadtwerke, Energieversorgungsunternehmen und Projektentwickler bieten bereits „schlüsselfertige“ Dachpachtlösungen an. Dabei baut der Betreiber auf seine Kosten die Anlage, bewirtschaftet sie und übernimmt das unternehmerische Risiko.
- Eigenverbrauch mit Überschusseinspeisung: Besonders attraktiv ist die Gestaltung des Eigenverbrauchs. Der Eigentümer errichtet die Anlage auf eigene Kosten und versucht, seine Stromnutzung so zu gestalten, dass bei Sonnenschein Strom entweder verbraucht oder in Batterien gespeichert wird.
- Volleinspeisung: In diesem Fall ist der Dacheigentümer auch Betreiber der PV-Anlage. Der gesamte erzeugte Strom wird in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist und der Anlagenbetreiber erhält für jede eingespeiste kWh die sog. Einspeisevergütung.
Im Folgenden werden kurz die wichtigsten Technologien zur Solarstromerzeugung vorgestellt:
- Solarzellen aus kristallinem Silizium: Solarzellen aus kristallinem Silizium werden mit über 90 Prozent am häufigsten verbaut. Als Ausgangsmaterial für ihre Herstellung dient Siliziumdioxid (SiO2), das als Quarzsand oder Quarzkristall abgebaut wird. Aus SiO2 wird in einem mehrstufigen und sehr energieaufwendigen Verfahren hochreines polykristallines Silizium (poly-Si) mit einer Reinheit von 99,99999 Prozent hergestellt. Die Herstellung erfolgt in einem Lichtbogenofen bei Temperaturen von etwa 2.000 °C. Anschließend werden Silizium-Einkristalle (mono-Si) gezogen. Die gewonnenen Einkristalle werden in etwa 0,2 mm dicke Scheiben («Wafer») gesägt und in einer Abfolge von mehreren Prozessschritten zu Solarzellen und dann zu PV-Modulen weiterverarbeitet.
- Dünnschicht-Solarmodule: Die Module bestehen wie die obigen PV-Module ebenfalls aus elektrischen Kontakten und einem absorbierenden Material, allerdings werden auf dem Trägermaterial verschiedene Schichten von Metallen aufgetragen. Die Dicke der lichtabsorbierenden Schicht liegt in der Regel bei 1-3 µm, also etwa hundertmal weniger als bei den Solarzellen aus kristallinem Silizium. Als Trägermaterial können, je nach Technologie, Glas, Metall- oder Kunststofffolien eingesetzt werden. Als Schichtmaterialien kommen insbesondere Halbleitermaterialien wie Galliumarsenid (GaAs), Cadmiumtellurid (CdTe) oder Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) zum Einsatz. Vorteile der Dünnschichtzellen sind ihr geringes Gewicht, ihre guten Erträge bei diffusem Sonnenlicht und schlechtem Wetter sowie die schnelle energetische Amortisation aufgrund des geringen Energieeinsatzes bei ihrer Herstellung.
Hauptsächlich gibt es zwei Arten für Photovoltaikanlagen:
- Aufdachmontage: Aufdach-Photovoltaikanlagen sind eine weit verbreitete Möglichkeit für Eigenheime, Unternehmen und öffentliche Gebäude um ihren eigenen Strom zu erzeugen. Vorteile sind: Das vorhandene Dach kann optimal genutzt werden; das Dach wird vor eventuellen Umwelteinwirkungen zusätzlich geschützt; aufdach-montierte Anlagen sind meist schnell und einfach sowie mit geringem Wartungsaufwand zu installieren. . Nachteile sind höhere Kosten der Montage, mögliche Probleme bei der Befestigung und Tragfähigkeit, Platzbeschränkungen durch die Dachfläche sowie der unveränderliche Winkel des Daches (der nicht immer optimal zur Nutzung der Solarstrahlung ist).
- Bodenmontage (Freiflächenmontage): Bodenmontierte Photovoltaikanlagen sind inzwischen ebenfalls weit verbreitet, werden aber vorwiegend von großen Unternehmen, professionellen Investoren bzw. Energieanbietern genutzt. Vorteile sind: Aufgrund ihrer Größe ist auch eine größer dimensionierte Stromerzeugung möglich; bodenmontierte Anlagen haben die Möglichkeit die festen Winkelbeschränkungen zu umgehen und sie haben einfache Wartungsmöglichkeiten. Nachteilig sind die Flächenbedarfe (“ganze Äcker”) und ihre optische Auffälligkeit (Landschaftsbild).
Solarwärme
Solarthermie erzeugt warmes oder heißes Wasser, zusammen mit einem Wärmespeicher kann dann insbesondere in den Sommermonaten ein erheblicher Teil des Wärmebedarfs mit Solarenergie CO2-frei bereitgestellt werden. Im folgenden werden die beiden wichtigsten Kollektortypen sowie die Wärmespeicherung und die Einbindung der Solarwärme vorgestellt:
- Flachkollektoren: Bei Flachkollektoren ist der metallische Solarabsorber zwischen einer transparenten Abdeckung und einer Wärmedämmung eingefasst. Dies minimiert die Wärmeverluste des Kollektors, wodurch in Abhängigkeit der Bauart Nutztemperaturen bis 100 °C effizient bereitgestellt werden können. Das Spektrum reicht von kompakten Kollektormodulen mit ca. 2 m² bis hin zu Großflächenkollektoren mit 10 bis 12 m²
- Vakuumröhrenkollektoren: Bei Vakuumröhrenkollektoren können die Wärmeverluste durch Konvektion und Wärmeleitung deutlich reduziert und somit mehr Wärme erzeugt werden. Der sinnvolle Einsatzbereich dieser Kollektoren bei 80 bis 130 °C, der höhere Wert wird mit Spiegeln auf der Rückseite erzeugt.
- Speicherung: In der Regel ist ein Pufferspeicher zentraler Bestandteil einer solaren Prozesswärmeanlage, da das Solarangebot nicht immer mit dem Wärmebedarf der zu versorgenden Verbrauchsstellen zeitlich übereinstimmt. Zur Einbindung des Speichers gibt es mehrere Möglichkeiten: Typischerweise wird der mit einem Wasser-Glykol-Gemisch betriebene Solarkreis durch einen Wärmeübertrager vom Speicherkreis getrennt.
- Einbindung von Solarwärme: Bei der Einbindung von Solarwärme lässt sich grundsätzlich die Versorgungs- von der Prozessebene unterscheiden. Viele Industrie- oder Gewerbebetriebe haben ein zentrales Kesselhaus zur Erzeugung von Wärme und ein Rohrnetz zur Verteilung der Wärme an die Verbrauchsstellen. Je nach Nutztemperatur wird die Wärme über Dampf (140-200 °C), Heißwasser (90-160 °C) oder Warmwasser (<100 °C) verteilt und direkt oder indirekt über einen Wärmeüberträger an die Wärmesenke abgegeben.
Bioenergie
Unter Bioenergie wird die energetische Nutzung biogener Energieträger verstanden. Biogene Energieträger sind pflanzlicher oder tierischer Herkunft. Zu den typischen biogenen Energieträgern zählen Holz und Stroh sowie ihre Derivate wie Holzschnitzel- oder -pellets. Aber auch Biogas aus der Vergärung von Bioabfällen, Ernterückständen oder von tierischen Abfällen wie Mist und Gülle-Exkremente. Obwohl bei der Verbrennung von Biomasse oder Biogas Kohlendioxid freigesetzt wird, wird die Erzeugung und Nutzung von Bioenergie als klimaneutral angesehen, denn das freigesetzte CO2 wurde während des Pflanzenwachstums der Atmosphäre entzogen. Allerdings verursacht die Verbrennung von Biomasse weitere Luftschadstoffe wie NOX und insbesondere Feinstaub (Kamine im Eigenheimbereich).
Der typische Einsatz von Biogas zur Energieerzeugung erfolgt über Blockheizkraftwerke (BHKW), die sowohl Wärme als auch Strom erzeugen. Problematisch ist der Anbau von Energiepflanzen wie z. B. Mais, Raps, Futterrüben, Hanf, Chinaschilf, schnellwachsende Bäume (Pappeln, Weiden), Zuckerrohr und Algen. In der Regel erfolgt deren Anbau in schnell wachsenden Monokulturen und haben damit einen erheblichen Einfluss auf Landschaft und Boden. Zudem kann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zum Verlust von Biodiversität, die Düngung zur Belastung des Grundwassers und der Verbrauch von Trinkwasser zur regionalen Verknappung führen (vgl. BUND o. J. sowie BIZL o. J.). Des Weiteren ist der energetische Wirkungsgrad der Biomassenproduktion mit 0,5 – 1,5 Prozent (Pflanzenforschung 2020) wesentlich geringer als der von Photovoltaik , der in der Regel 15 – 22 Prozent beträgt (Eigensonne o. J.). Zudem gibt es eine Flächenkonkurrenz – anstelle von Energiepflanzen könnten auch Feldfrüchte oder Getreide angebaut werden – im Sinne des SDG 1 “Kein Hunger”.
Erd- und Umgebungswärme
Eine Möglichkeit der Wärmeerzeugung ist die Nutzung von Temperaturunterschieden zwischen Gebäuden und ihrer Umgebung oder dem Erdreich mit Wärmepumpen. Eine Wärmepumpe funktioniert wie ein Kühlschrank oder eine Klimaanlage (Tagesschau 2022). Die Pumpe entzieht der Umgebung (z. B. dem Erdreich) mit einem Kältemittel Wärme und kühlt sie dabei ab. Ein Kompressor verdichtet das Kältemittel und erhöht dabei dessen Temperatur, die dann zur Raumheizung genutzt wird. Das Kältemittel kondensiert und gibt die Wärme frei. In einem Ventil verdampft das Kühlmittel wieder, kühlt sich dabei stark ab und kann aufs Neue der Umgebung Wärme entziehen. Zum Antrieb einer Wärmepumpe wird elektrischer Strom benötigt, der allerdings aus erneuerbaren Quellen stammen sollte. Bei der Nutzung von Erdwärme wird zwischen Tiefengeothermie und oberflächennaher Geothermie unterschieden.
Die oberflächennahe Geothermie nutzt den Untergrund bis zu einer Tiefe von ca. 400 m und Temperaturen von bis zu 25 °C für das Beheizen und Kühlen von Gebäuden, technischen Anlagen oder Infrastruktureinrichtungen. Hierzu wird die Wärme oder Kühlenergie aus den oberen Erd- und Gesteinsschichten oder aus dem Grundwasser gewonnen. Als Tiefengeothermie bezeichnet man die Nutzung der Erdwärme in Tiefen zwischen 400 und 5.000 Metern. Im Vergleich zur oberflächennahen Geothermie sind dort die Temperaturen weitaus höher. Der Vorteil der Geothermie ist ihre ständige Verfügbarkeit. Die geothermische Stromerzeugung in Deutschland steht noch am Anfang und ist noch ausbaufähig.
Rationelle Energienutzung und Energiesparen
Neben dem Einsatz erneuerbarer Energien zählt auch die rationelle Energienutzung zu den Maßnahmen, um das Energiesystem in Richtung Nachhaltigkeit zu transformieren. Typische Handlungsfelder der rationellen Energienutzung sind die Energieeffizienz und das Energiesparen, die beide eng miteinander verknüpft sind.
- Energieeffizienz: Bei der Energieeffizienz geht es darum, Geräte und Maschinen zu nutzen, die bei gleicher Funktionserfüllung einen geringeren Energiebedarf haben. Effizienz ist dabei eine relationale Größe, die sich auf mindestens zwei vergleichbare Arten bezieht, Energie zu nutzen. Durch optimierte Prozesse sollen die quantitativen und qualitativen Verluste, die im Einzelnen bei der Umwandlung, dem Transport und der Speicherung von Energie entstehen, minimiert werden, um einen vorgegebenen (energetischen) Nutzen bei sinkendem Primär- bzw. Endenergieeinsatz zu erreichen.
- Energieeffizienzkennzeichnung: In der EU gibt die Energieeffizienzkennzeichnung gemäß Verordnung (EU) 2017/1369 Auskunft über die Energieeffizienz von Elektrogeräten und weiteren Energieverbrauchern. Die Kennzeichnung erfolgt für verschiedene Gerätegruppen in Form von Etiketten auf den Geräten und in Werbematerialien. Ab dem Jahr 2021 erfolgt die Kennzeichnung der Energieeffizienz in Form von Effizienzklassen. Deren Skala reicht von „A“ bis „G“, wobei Geräte mit der höchsten Effizienz mit der Kennzeichnung “A” ausgezeichnet werden. Daneben gibt es zahlreiche weitere Kennzeichen. Bekannt ist der amerikanische Energy Star für energiesparende Geräte, Baustoffe, öffentliche/gewerbliche Gebäude oder Wohnbauten. Der Energy Star bescheinigt die jeweiligen Stromsparkriterien der US-Umweltschutzbehörde EPA und des US-Energieministeriums (energystar.gov). Auch nationale Umweltzeichen wie der Blaue Engel können, je nach ausgezeichnetem Produkt, aufgrund vergleichsweise hoher Energieeffizienz vergeben werden (www.blauer-engel.de). Für PKW’s gibt es ein eigenes Kennzeichen, welches die Bewertung und Kennzeichnung der Energieeffizienz neuer Personenkraftwagen hinsichtlich Kraftstoff- und Stromverbrauch regelt (Pkw-EnVKV 2020).
- Stromsparen: Die Abgrenzung des Energiesparens zur Energieeffizienz ist allerdings nicht immer eindeutig, denn die Nutzung eines energieeffizienten Gerätes stellt immer auch eine Energieeinsparung gegenüber einem weniger effizienten Gerät dar. Die wichtigsten Stromsparmaßnahmen im Haushalt sind energieeffiziente Geräte (Kühl- und Gefriergeräte, Flachbildschirme u.a.m.) sowie LED-Beleuchtung. Eine Vielzahl von Energiespartipps sind z. B. bei CO2-Online zu finden (ebd. o. J.). Selbst kleine Maßnahmen wie Reduzierung des Standby-Verbrauchs summieren sich im Großen (UBA 2015). EU-weit werden die Leerlaufverluste auf jährlich 51 Mrd. Kilowattstunden geschätzt. Dies entspricht einer Energiemenge, die etwa 14 Großkraftwerke mit jeweils 800 Megawatt Leistung pro Jahr erzeugt und dabei etwa 20 Mio. t CO2 in die Atmosphäre emittieren (ebd.).
Mobilität
Im Rahmen der sogenannten Verkehrswende spielt die Dekarbonisierung der Antriebe eine zentrale Rolle, denn die Treibhausgasemissionen der Mobilität sind, mit rund 149 Mio. t CO2-Äq bzw. fast 20 Prozent aller CO2-Emissionen allein in Deutschland im Jahr 2021, maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich (UBA 2022). Differenziert nach verschiedenen Verkehrsarten zeigt sich, dass der Straßengüterverkehr 2020 rund 46 Mio. t CO2-Äq bzw. 30 Prozent der Verkehrsemissionen verursacht (ebd.) hat. Es sind somit zwei Trends wirksam: Zum einen eine Minderung der Emissionen (insbesondere der Schadstoffe), die aber bei LKWs deutlich größer sind (-32 Prozent) als bei PKWs (-5 Prozent). Zum anderen stieg für beide die Zahl der gefahrenen Kilometer – die PKW-Fahrleistung hat sich seit 1995 verdoppelt, die des Güterverkehrs per LKW ist um 74 Prozent gestiegen (ebd.).
Anreise und Mobilität der Hotelgäste
Die Art der Anreise und – erst in zweiter Linie – die Mobilität vor Ort in der Gastregion bestimmen über einen wesentlichen Teil des Energieverbrauchs. Bei Flug- oder Fernreisen ist dieser Verbrauch – und damit die Klimawirksamkeit – ungleich höher als die anderen Verbräuche in der Gastgemeinde. Bei geringen oder mittleren Entfernungen ist eine Anreise mit Bahn, Reisebus oder ÖPNV dem eigenen PKW aus Energie- und Klimaschutzsicht immer vorzuziehen.
Wenn eine gute Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln vorhanden ist, sollte dies auch in der Öffentlichkeitsarbeit der Hotellerie beworben werden. Zum Hinweis gehört natürlich auch die Kurzbeschreibung der Linien und Stationen, die das Hotel anbinden, sowie die Verbindung von zentralen Punkten wie dem Hauptbahnhof. Eigene Shuttle-Kleinbusse sind damit nicht mehr notwendig.
Eine Taxibuchung für den innerstädtischen Weg zum Hotel ist wenig nachhaltig. Wenn er für bestimmte Gäste oder zu unglücklichen Tageszeiten dennoch angefragt wird, so ist es selbstverständlich, diesem Wunsch des Gastes nachzukommen. Extra hingewiesen werden muss darauf aber nicht. Überhaupt keine Angaben zu Anreisemöglichkeiten zu machen, würde bedeuten, seine Gastgeberpflichten zu vernachlässigen.
Geschäftsreisen und Logistik
Bei Geschäftsreisen besteht vielfach die Wahl zwischen Bahn und Pkw-Nutzung, wobei die PKW-Nutzung im Mittel zum Vier- bis Fünffachen an CO2-Emissionen führt (Mein Klimaschutz o. J.). Bei innerdeutschen Flügen ist man oder Frau aufgrund der langen Check-In-Zeiten im Prinzip kaum schneller als mit der Bahn. Hier kann der UmweltMobilCheck der Deutschen Bahn eine Orientierung geben (Deutsche Bahn o. J.). Eine Fahrt von Berlin nach Hamburg führt bei Pkw-Nutzung zu etwa 54 kg CO2-Äq, bei Bahnnutzung zu 0,03 kg CO2-Äq.
Sollten Geschäftsreisen mit dem Flugzeug gelegentlich unvermeidbar sein, bieten sich Kompensationsmodelle zum Ausgleich der Klimawirkung an, bei denen eine Klimakompensation erfolgt. Hierbei wird ein Geldbetrag entsprechend der verursachten Emissionen überwiesen und dieser wird in Klimaschutzprojekte investiert z. B. in den Moorschutz oder Wiederaufforstung (vgl. atmosfair o. J.). Bei einem Hin-und Rückflug von Berlin nach Shanghai entstehen ca. 4.800 kg CO2 Emissionen. Diese können durch 111 € Ausgleichszahlung kompensiert werden.
Die Wahl der Verkehrsmittel entlang der Wertschöpfungskette ist von besonderer Relevanz. Die Emissionen aus der Logistik können leicht mit Hilfe kostenloser Online Tools ermittelt werden, wie z. B. mit carboncare (ebd. o. J.). Hier ist auch der Emissionsanteil für die Erzeugung des Kraftstoffes enthalten. Die folgende Tabelle stellt beispielhaft die CO2– Emissionen unterschiedlicher Transportmittel dar, die bei einem Transport von einer Tonne Gewicht von Shanghai nach Berlin freigesetzt werden.
Tabelle: Emissionen für einen Langstreckentransport – Shanghai nach Berlin.
Transportmittel | Strecke (km, gerundet) | WTW-CO2-Äq |
Schiff LKW | 19.900 km (Schiff) 200 km (LKW) 20.100 km (gesamt) | 73 kg (nur Schiff) 15 kg (LKW) 88 kg (gesamt) |
Bahn (im Bau) | 10.400 km | 120 kg |
Flugzeug | 8.500 km | 6.900 kg |
Quelle: Eigene Berechnungen mit carboncare (ebd. o. J.).
Antriebskonzepte
Darüber hinaus stellt sich die Frage nach den “Kraftstoffen” für die Mobilität der Zukunft. In der Diskussion stehen Elektrofahrzeuge mit unterschiedlichen Antriebskonzepten, Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzellen sowie biogene Kraftstoffe.
- Elektromobilität: Als Elektromobilität wird schließlich die Nutzung von elektrischem Strom zum Antrieb von Fahrzeugen bezeichnet. Dabei wird elektrischer Strom in Batterien geladen, die im Fahrbetrieb ihre Energie wiederum an einen Elektromotor abgeben. Von entscheidender Bedeutung ist, dass der elektrische Strom zur Ladung der Fahrzeugbatterie mit erneuerbaren Energien erzeugt wird.
- Hybrid-Fahrzeuge: Es gibt verschiedene Typen wie Mild-Hybrid, Voll-Hybrid, Plug-in-Hybrid oder Range Extender, die einen mehr oder weniger starken Verbrenner mit einem Elektroantrieb kombinieren. Solange die Reichweite reiner E-Autos noch begrenzt ist, wird es auch diese Fahrzeuge geben.
- Elektroauto mit Batterie: Ein vollelektrisches Fahrzeug (BEV) wird ausschließlich von einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben. Der wird über das Stromnetz aufgeladen, das heißt: er benötigt keinen fossilen Kraftstoff. Dadurch fährt das Fahrzeug zu 100 Prozent emissionsfrei. Allerdings ist hier der Strommix von Bedeutung: Der Anteil von Gas und Kohle führt zu Emissionen bei der Stromerzeugung.
- Elektroauto mit Brennstoffzelle: Ein Brennstoffzellenauto (FCEV) wird ausschließlich von einem Elektromotor angetrieben. Der Strom wird in einer Wasserstoff-Brennstoffzelle erzeugt. Bei der Nutzung von Wasserstoff in Fahrzeugen ist von entscheidender Bedeutung, dass dieser mit elektrischem Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, ein sogenannter grüner Wasserstoff – denn nur dann ist sein Einsatz in Fahrzeugen CO2-frei und damit klimaneutral. Die Herstellung von grünem Wasserstoff erfolgt mittels Elektrolyse von Wasser.
- Biogene Kraftstoffe: Hier wird der Kraftstoff aus Pflanzen erzeugt. Dies können Öl-Pflanzen wie Raps sein, aus denen Biodiesel, oder Zuckerrohr, aus dem Ethanol erzeugt wird. Letzteres ist z. B. in Brasilien eine wichtige Kraftstoffquelle. Die Antriebstechnik ist vergleichbar mit konventionellen Verbrennungsmotoren mit der Ausnahme, dass das bei der Verbrennung entstehende CO2 klimaneutral ist, denn die bei der Verbrennung freigesetzte CO2-Menge entspricht in etwa derjenigen Menge, die die Pflanze während ihres Wachstums mittels Photosynthese der Atmosphäre entzogen hatte.
Fuhrpark für den motorisierten Individualverkehr
Der motorisierte Individualverkehr (MIV) wird mit PKW´s durchgeführt. Alle Unternehmen besitzen zumindest ein Fahrzeug für den Geschäftsführer, größere Unternehmen stellen Dienstfahrzeuge, große Unternehmen haben ganze Fahrzeugflotten. Laut Statista gab es 2020 mehr als 5 Millionen PKW’s mit einem gewerblichen Fahrzeughalter (ca. 11 Prozent des Fahrzeugbestandes, Statista 2022b). Um die Emissionen im Verkehr deutlich zu reduzieren – dies ist unbedingt notwendig, um die international vereinbarten Klimaziele zu erreichen – muss der Fuhrpark auf emissionsarme Fahrzeuge umgestellt werden. Bei der Umstellung des betrieblichen Fuhrparks von Fahrzeugen mit (fossilen) Verbrennungsmotoren auf alternative Antriebskonzepte stehen derzeit Elektrofahrzeuge mit unterschiedlichen Antriebskonzepten, Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzellen sowie die Nutzung biogener Kraftstoffe in der Diskussion:
- Hybrid-Fahrzeuge: Es gibt verschiedene Typen wie Mild-Hybrid, Voll-Hybrid, Plug-in-Hybrid oder Range Extender, die einen mehr oder weniger starken Verbrenner mit einem Elektroantrieb kombinieren. Solange die Reichweite reiner E-Autos noch begrenzt ist, wird es auch diese Fahrzeuge geben.
- Elektroauto mit Batterie: Ein vollelektrisches Fahrzeug (BEV) wird ausschließlich von einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben. Der wird über das Stromnetz aufgeladen, das heißt: er benötigt keinen fossilen Kraftstoff. Dadurch fährt das Fahrzeug zu 100 Prozent emissionsfrei. Allerdings ist hier der Strommix von Bedeutung: Der Anteil von Gas und Kohle führt zu Emissionen bei der Stromerzeugung.
- Elektroauto mit Brennstoffzelle: Ein Brennstoffzellenauto (FCEV) wird ausschließlich von einem Elektromotor angetrieben. Der Strom wird in einer Wasserstoff-Brennstoffzelle erzeugt. Bei der Nutzung von Wasserstoff in Fahrzeugen ist von entscheidender Bedeutung, dass dieser mit elektrischem Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, ein sogenannter grüner Wasserstoff – denn nur dann ist sein Einsatz in Fahrzeugen CO2-frei und damit klimaneutral. Die Herstellung von grünem Wasserstoff erfolgt mittels Elektrolyse von Wasser.
- Biogene Kraftstoffe: Hier wird der Kraftstoff aus Pflanzen erzeugt. Dies können Öl-Pflanzen wie Raps sein, aus denen Biodiesel, oder Zuckerrohr, aus dem Ethanol erzeugt wird. Letzteres ist z. B. in Brasilien eine wichtige Kraftstoffquelle. Die Antriebstechnik ist vergleichbar mit konventionellen Verbrennungsmotoren mit der Ausnahme, dass das bei der Verbrennung entstehende CO2 klimaneutral ist, denn die bei der Verbrennung freigesetzte CO2-Menge entspricht in etwa derjenigen Menge, die die Pflanze während ihres Wachstums mittels Photosynthese der Atmosphäre entzogen hatte.
Wie wird sich die individuelle und die gewerbliche Mobilität der Zukunft gestalten? Vermutlich wird es die Elektromobilität mit Batterien für PKW und kleine Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen sein. Von entscheidender Bedeutung ist, dass der elektrische Strom zur Ladung der Fahrzeugbatterie mit erneuerbaren Energien erzeugt wird. Bei LKW in der Klasse ab 7,5 t ist die Frage noch nicht beantwortet – hier konkurrieren Elektromobilität mit Batterien und Fahrzeuge mit Brennstoffzellen noch miteinander.
Nutzungsverhalten
Neben der Umrüstung der Dienstwagen auf elektrische Antriebe sollte auch der individuelle Umgang mit Mobilität überdacht werden. Es können beispielsweise THG-Emissionen eingespart werden, wenn die Mitarbeitenden zu Fuß oder mit dem Rad zum Arbeitsplatz im Handel kommen, sofern aus gesundheitlichen Gründen oder einer zu großen Distanz zum Arbeitsort nichts dagegen spricht. Zudem kann der Betrieb die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel z. B. durch ein Jobticket attraktiver gestalten. Auch die Förderung von Dienstfahrrädern ist in einigen Städten und Kommunen möglich. Zusätzlich ist die Bildung von Fahrgemeinschaften denkbar, wenn es sich von den Arbeitszeiten und den Wegen anbietet. Strecken, die mit dem Auto gefahren werden müssen, sollten optimiert werden (Routenoptimierung), insbesondere gilt dies für den Transport von Waren. Außerdem hat die Fahrgeschwindigkeit einen erheblichen Einfluss auf die ausgestoßenen THG-Emissionen. Laut Umweltbundesamt verursachten im Jahr 2020 Pkw und leichte Nutzfahrzeuge auf Bundesautobahnen in Deutschland THG-Emissionen in Höhe von rund 30,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Durch die Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf Bundesautobahnen würden die Emissionen um jährlich 2,0 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente reduziert und ein Tempolimit von 100 km/h würde sie um 4,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr mindern (UBA 2022b). Auch ohne generelles Tempolimit kann jede*r die Fahrgeschwindigkeit reduzieren, das spart nicht nur THG-Emissionen sondern auch Kosten ein (mobile.de 2020). Denn bei hohen Geschwindigkeiten verbrauchen Fahrzeuge überdurchschnittlich viel Kraftstoff. Nach Angaben des ADAC verbraucht ein Mittelklasseauto um bis zu zwei Drittel mehr Kraftstoff, wenn es statt 100 km/h mit 160 km/h fährt (ebd.).
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SDG 8 Menschenwürdige Arbeit
“Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern”
In der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wird zum SDG 8 auf das Leitbild „Soziale Marktwirtschaft“ verwiesen (Bundesregierung 2021: 2214):
„Soziales Ziel ist es, unternehmerische Freiheit und funktionierenden Wettbewerb mit sozialem Ausgleich und sozialer Sicherheit zu verbinden. Mit Hilfe der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, wie fairer Wettbewerb, Unternehmerverantwortung, Sozialpartnerschaft, Mitbestimmung und gerechte Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir auch in Zukunft noch Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung haben.“
Hinsichtlich des SDG 8 sind zwei Ebenen zu betrachten: Eine nationale Ebene und die globale Ebene.
Auf der nationalen Ebene steht Deutschland laut der „European Working Survey” hinsichtlich der Arbeitsbedingungen sehr gut da – 89 Prozent der Befragten geben an, mit ihrem Job zufrieden zu sein und 91 Prozent bestätigen einen fairen Umgang mit ihnen als Arbeitnehmer*innen (Eurofond 2021). Jedoch zeigt der Index “Gute Arbeit” des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB 2022) detailliert, dass es in manchen Branchen, wie dem Gesundheitssektor und bei Beschäftigten in Leiharbeitsverhältnissen noch große Defizite gibt (DGB 2022). Besonders negativ sind hierbei die Kriterien “Arbeitsintensität” und “Einkommen” aufgefallen, die notwendigen Handlungsbedarf in Berufsbildern aufzeigen.
Auch wenn Kinderarbeit und Sklaverei in Deutschland keine Rolle spielen, so ist die Umsetzung der verschiedenen Unterziele des SDG 8 eine dauerhafte Aufgabe im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Noch ein zweites gilt: Aufgrund der komplexen Lieferketten müssen Unternehmen Verantwortung für ihre Produkte auch in den Ländern, wo diese hergestellt werden, übernehmen. An dieser Stelle sollen folgende Unterziele betrachtet werden:
- 5 Bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle Frauen und Männer, einschließlich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen, sowie gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit erreichen
- 6 Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern
- b Bis 2020 eine globale Strategie für Jugendbeschäftigung erarbeiten und auf den Weg bringen und den GLOBALEN BESCHÄFTIGUNGSPAKT DER INTERNATIONALEN ARBEITSORGANISATION umsetzen (ILO o. J.; Destatis o. J.)
- 7 Sofortige und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Zwangsarbeit abzuschaffen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden und das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, einschließlich der Einziehung und des Einsatzes von Kindersoldaten, sicherstellen und bis 2025 jede Form von Kinderarbeit ein Ende setzen
- 8 Die Arbeitsrechte schützen und sichere Arbeitsumgebungen für alle Arbeitnehmer, einschließlich der Wanderarbeitnehmer, insbesondere der Wanderarbeitnehmerinnen, und der Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, fördern.
Die Schnittstellen zur neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ergibt sich über die Beachtung der gesellschaftlichen Folgen des beruflichen sowie der zu entwickelnden Beiträge für ein nachhaltiges Handeln (BMBF 2022)
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Menschenwürdige Arbeit
Menschenwürdige Arbeit in Deutschland bedeutet vor allem Arbeit, die sich zumindest an internationalen Standards orientiert. Formuliert sind diese in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Vereinte Nationen 1948; UN-Charta, Artikel 23 und 24). Als “menschenunwürdige Arbeit” werden Kinderarbeit, Sklavenarbeit und teilweise Leiharbeit bezeichnet sowie Merkmale bei den Beschäftigungsverhältnissen, die sich nicht an den o. g. Regelwerken orientieren, wie “fehlende soziale Sicherheit”, “mangelnder Arbeitsschutz”, “Ausnutzung von Scheinselbstständigen” und “Ungleichbehandlung von Frauen”.
Saisonarbeit
Alle bei einem in Deutschland ansässigen Unternehmen befristet angestellte Arbeitnehmer: innen aus anderen Ländern werden als Saisonarbeiter bezeichnet. Laut Definition in den relevanten Vorschriften üben sie eine Tätigkeit aus die “aufgrund eines immer wiederkehrenden saisonbedingten Ereignisses oder einer immer wiederkehrenden Abfolge saisonbedingter Ereignisse an eine Jahreszeit gebunden sind, während der Bedarf an Arbeitskräften den für gewöhnlich durchgeführte Tätigkeiten erforderlichen Bedarf in erheblichem Maße übersteigt” (Zoll 2022). Folgende Bereiche setzen Saisonarbeitskräfte ein:
- Tourismus: Gaststätten, Hotels für Kellner: innen, Küchenpersonal, Zimmerservice und in Betrieben, die nicht ganzjährig geöffnet sind, wie Biergärten und Skihütten, oder auch zur Abdeckung von Arbeitsspitzen in Ausflugslokalen.
- Schaustellergewerbe auf Volksfesten, Jahrmärkten etc.
- In der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau (Erntehilfen in Sonderkulturbetrieben wie Obst-, Gemüse- oder Weinbau).
DGB Index Gute Arbeit
Die Qualität von Arbeitsbedingungen wird seit 2012 aufgrund von 42 standardisierten Fragen in einer bundesweiten repräsentativen Erhebung ermittelt (DGB 2022). Elf Kriterien der Arbeitsqualität werden abgefragt. Im November 2022 wurde der DGB-Index Gute Arbeit 2022 veröffentlicht. Wie schon in den vorangegangenen Jahren gibt es zu den Kriterien „Arbeitsintensität“ und „Einkommen“ erheblich kritische Bewertungen.
Der Index 2022 zeigt z. B. für die Branchen „Metallerzeugung und –bearbeitung“ (64), „Ver- und Entsorgung“ (69), „Baugewerbe“ (66), „Gastgewerbe“ (62), „Information und Kommunikation“ (69), „Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“ (68) und „Gesundheitswesen“ (62) auf, dass die Arbeitsbedingungen noch weit entfernt sind vom Anspruch „Gute Arbeit“.
In der ausführlichen Debatte über die Detailergebnisse für 2022 sticht hervor, dass Beschäftigte in Leiharbeitsverhältnissen ihre Situation auffällig schlecht bewerten (ebd.).
„Auf Branchenebene kommen Beschäftigte aus dem Gastgewerbe und dem Gesundheitswesen auf die niedrigsten Indexwerte (jeweils 62 Punkte). In der Informations- und Kommunikationsbranche (IuK) liegt der Wert dagegen bei 69 Punkten. Auch in den Branchen treten auf Ebene der Teilindizes zum Teil sehr große Unterschiede zutage. Beim Teilindex „Ressourcen“ kommen IuK-Beschäftigte auf 75 Indexpunkte, Arbeitnehmer*innen aus der Metallerzeugung und -bearbeitung dagegen lediglich auf 68 Punkte. Die höchsten Belastungen finden sich im Bereich Erziehung und Unterricht (54 Punkte) sowie im Gesundheitswesen (56 Punkte), wo häufig sowohl physische als auch psychische Belastungsfaktoren auftreten. Die größte Diskrepanz auf Branchenebene zeigt sich bei der Bewertung von „Einkommen und Sicherheit“. Hier liegen die Befragten aus dem Gastgewerbe mit 54 Punkten um 16 Punkte unter dem Wert der Beschäftigten aus der öffentlichen Verwaltung (70 Punkte).“ (a.a.O., S. 13)
Darüber hinaus zeigt der Blick in einzelne Branchen und Berufsgruppen, dass noch immer körperliche Belastungen in vielen Bereichen sehr verbreitet sind (ebd.:S. 19).
Einen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung der eigenen Arbeitsbedingungen haben die Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten im Arbeitskontext. Im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung ist das Kriterium „Sinn der Arbeit“ eine wesentliche Ressource zur Beurteilung der eigenen Arbeitsbedingungen. Dazu führt der Bericht „Index Gute Arbeit 2022“ aus: „Der Sinngehalt von Arbeit ist eine Ressource, die sich aus unterschiedlichen Quellen speisen kann. Dazu gehört, dass die Produkte bzw. Dienstleistungen, die produziert oder erbracht werden, als nützlich erachtet werden. Häufig ist dies mit der Einschätzung verbunden, ob die Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugt. Sinnhaftigkeit kann dadurch entstehen, dass die Arbeit einen Nutzen für Andere hat. Und wichtig für Sinnempfinden ist auch, dass die eigenen, ganz konkreten Arbeitsaufgaben und -merkmale nicht sinnlos erscheinen. Wird Arbeit als sinnvoll empfunden, wirkt sich das positiv auf die Motivation und das Wohlbefinden der Beschäftigten aus. Dauerhaft einer als sinnlos erachteten Arbeit nachzugehen, stellt dagegen eine mögliche psychische Belastung und damit ein gesundheitliches Risiko dar.
BDA - Die Arbeitgeber
Die Arbeitgeber argumentieren mit positiven Statistiken, dass die Arbeitsbedingungen in Deutschland sehr gut sind (BDA o. J.). So sind laut der European Working survey 89 Prozent der in Deutschland Beschäftigten mit ihrem Job zufrieden, 74 Prozent gaben in der Befragung an, dass ihnen ihr Job Spaß macht und 91 Prozent bestätigen einen fairen Umgang am Arbeitsplatz (Eurofond 2021, BDA o. J.). Auch hinsichtlich der Arbeitssicherheit ist die Entwicklung positiv: Sowohl die Arbeitsunfälle, als auch die Unfallquote hat sich seit 1991 halbiert (BDA o. J.). Diese befinden sich seit 2004 unter 1 Mio. und bewegen sich seitdem zwischen 954.000 und 760.000 gemeldeten Fällen (Statista 2021).
Außerdem wird auf die Prävention und den Gesundheitsschutz hingewiesen, für den 2016 ca. fünf Mrd. € ausgegeben wurden, was 40 Prozent der gesamten Ausgaben von 11,7 Mrd. € ausmacht (BDA o. J.). Die betriebliche Gesundheitsförderung, wie Stressmanagement, gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung oder Reduktion der körperlichen Belastung kommt dabei sowohl den Beschäftigten als auch den Arbeitgebern zugute. Zuletzt wird noch auf die Eigenverantwortung hingewiesen, die aus selbstverantwortlichen Entscheidungen und flexibleren Arbeitszeiten resultiert.
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse
Menschen arbeiten auch in Deutschland teilweise in prekären Beschäftigungsverhältnissen und die “Bedeutung des sogenannten Normalarbeitsverhältnisses nimmt ab, während atypische Formen von Arbeit an Bedeutung zunehmen” (Jakob 2016). Dazu zählen befristete Arbeitsverträge, geringfügige Beschäftigung, Zeitarbeit, (Ketten-)Werkverträge und verschiedene Formen der (Schein-)Selbstständigkeit oder auch Praktika. Durch die Agenda 2010 wurde das Sicherungsniveau für von Arbeitslosigkeit Betroffene deutlich gesenkt (Arbeitslosengeld I in der Regel nur für ein Jahr, danach Arbeitslosengeld II). Menschen sehen sich eher gezwungen, “jede Arbeit zu fast jedem Preis und zu jeder Bedingung anzunehmen. Das hat dazu geführt, dass die Löhne im unteren Einkommensbereich stark gesunken sind” (Jakob 2016). 2015 wurde mit der Einführung des Mindestlohns dagegen gesteuert.
Das Thema betrifft auch das SDG 10 “Ungleichheit”, denn jeder Mensch hat das Recht auf faire und gute Arbeitsverhältnisse, dies ist vielen Menschen jedoch verwehrt. Prekäre Beschäftigung widerspricht dem Leitbild von ”Guter Arbeit“, verbaut Entwicklungsmöglichkeiten von Beschäftigten und verstärkt nachweislich den Trend zu psychischen Belastungen und Erkrankungen sowie deren Folgewirkungen (Jakob 2016) (siehe auch SDG “Gesundheit”) .
Kinderarbeit
Zur Definition und Umsetzung von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen sind global große Unterschiede zu verzeichnen. Ein Beispiel hierfür ist die Kinderarbeit, die weltweit noch immer verbreitet ist. 79 Millionen Kinder arbeiten unter ausbeuterischen Bedingungen, vor allem in Fabriken, die wenig qualifiziertes Personal benötigen oder in der Landwirtschaft sowie im Bergbau (BMZ 2021 und 2022). Nach Angaben der ILO müssen weltweit rund 152 Millionen Kinder zwischen fünf und siebzehn Jahren arbeiten, vor allem in der Landwirtschaft, als Hausangestellte oder in Minen. Viele dieser Tätigkeiten sind gesundheitsgefährdend. Die ILO setzt sich schon lange für die Abschaffung von Kinderarbeit ein, sie ist Partnerorganisation in der „Allianz 8.7“, einer globalen Partnerschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, Zwangsarbeit, moderne Sklaverei, Menschenhandel und Kinderarbeit weltweit zu beseitigen, wie es in den Zielen für nachhaltige Entwicklung 2030 formuliert wurde. (ILO 2021) Unter Mitwirkung der deutschen Bundesregierung wird seit 1992 ein von der ILO betriebenes Internationales Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit umgesetzt (International Programme on the Elimination of Child Labour, IPEC<, BMZ 2022)
Arbeitsschutz, Gesundheit und Gute Arbeit
Im Bereich “Gesundheit” und “Gute Arbeit” sind durch die Folgen des Klimawandels wesentliche neue Herausforderungen sowohl für die Arbeitskräfte als auch für die Gesellschaft festzustellen. Bei Bauarbeiten im Freien sind alle Arbeitenden durch Extremwetterereignisse wie hohe Temperaturen und lang anhaltende Hitzewellen, oder auch Starkregenereignisse, mit diesen neuen Herausforderungen direkt konfrontiert.
Gender Pay Gap
Unterschiedliche Entlohnung für vergleichbare Tätigkeiten und Qualifikation für Frauen und Männer lassen sich durch die statistischen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes aufzeigen. In einer Pressemitteilung vom März 2022 wird betont, dass Frauen pro Stunde noch immer 18 Prozent weniger verdienen als Männer: „Frauen haben im Jahr 2021 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer. Damit blieb der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern – der unbereinigte Gender Pay Gap– im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 7. März 2022 weiter mitteilt, erhielten Frauen mit durchschnittlich 19,12 Euro einen um 4,08 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (23,20 Euro). Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 16.02.2023 müssen Frauen bei gleicher Arbeit auch gleich bezahlt werden, eine individuelle Aushandlung der Lohn- oder Gehaltshöhe ist damit nicht wirksam (Zeit Online 2023).
Deutsches Sorgfaltspflichtengesetz
Um ihrer Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte gerecht zu werden, setzt die Bundesregierung die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen mit dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte von 2016 (Nationaler Aktionsplan, Bundesregierung 2017; 2021; 2022) in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Gesetz um. Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten ist besser unter dem Namen Lieferkettengesetz oder auch Sorgfaltspflichtengesetz bekannt (BMAS 2022, o. a. “Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz”). Dort ist die Erwartung an Unternehmen formuliert, mit Bezug auf ihre Größe, Branche und Position in der Lieferkette in angemessener Weise die menschenrechtlichen Risiken in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten zu ermitteln, ihnen zu begegnen, darüber zu berichten und Beschwerdeverfahren zu ermöglichen.
Das Lieferkettengesetz tritt 2023 in Kraft und gilt dann zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000, ab 2024 mit mehr als 1.000 Angestellten. Es verpflichtet die Unternehmen, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Kleine und mittlere Unternehmen werden nicht direkt belastet. Allerdings können diese dann betroffen sein, wenn sie Teil der Lieferkette großer Unternehmen sind.
Unabhängig ob betroffen oder nicht: Es lohnt sich auch für kleinere Unternehmen, sich mit dem Gesetz adressierten Nachhaltigkeitsthemen auseinanderzusetzen, um das eigene Handeln entlang dieser Leitplanken zu überprüfen. Der Nachhaltigkeitsbezug ist unter anderem durch den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) gegeben, er gab einen wichtigen Impuls für das Gesetz. Der NAP wurde gemeinsam von Politik und Unternehmen verabschiedet, um zu einer sozial gerechteren Globalisierung beizutragen (Bundesregierung 2017). Ergebnisse einer 2020 im Rahmen des Nationalen Aktionsplans durchgeführten repräsentativen Untersuchungen zeigten jedoch, dass lediglich zwischen 13 und 17 Prozent der befragten Unternehmen die Anforderungen des Nationalen Aktionsplans erfüllen (VENRO 2021). Der gesetzgeberische Impuls war also erforderlich, um die Einhaltung der Menschenrechte zu fördern und damit auch zu einem fairen Wettbewerb zwischen konkurrierenden Unternehmen beizutragen.
Das Lieferkettengesetz rückt internationale Menschenrechtsabkommen und lieferkettentypische Risiken in den Blick: Dazu zählen bspw. das Verbot von Kinderarbeit, der Schutz vor Sklaverei und Zwangsarbeit, die Vorenthaltung eines gerechten Lohns, der Schutz vor widerrechtlichem Landentzug oder der Arbeitsschutz und damit zusammenhängende Gesundheitsgefahren. Es werden zudem internationale Umweltabkommen benannt. Sie adressieren die Problembereiche Quecksilber, persistente organische Schadstoffe und die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung. Zu den jetzt gesetzlich geregelten Sorgfaltspflichten der Unternehmen gehören Aufgaben wie die Durchführung einer Risikoanalyse, die Verankerung von Präventionsmaßnahmen und das sofortige Ergreifen von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Rechtsverstößen. Die neuen Pflichten der Unternehmen sind nach den tatsächlichen Einflussmöglichkeiten abgestuft, je nachdem, ob es sich um den eigenen Geschäftsbereich, einen direkten Vertragspartner oder einen mittelbaren Zulieferer handelt. Bei Verstößen kann die zuständige Aufsichtsbehörde Bußgelder verhängen. Unternehmen können von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.
Ungesteuerte Migration
Menschen aus dem Ausland kommen nicht nur, weil sie von Deutschland angeworben werden, sondern auch aufgrund von politischer Verfolgung, Krieg, Vertreibung, aus wirtschaftlichen Gründen oder aufgrund ökologischer Veränderungen in ihrer Heimat. Der Klimawandel spielt eine große Rolle dabei, dass Menschen keine Zukunftsperspektiven oder sich in einer lebensbedrohlichen Lage sehen. “Ob steigende Meeresspiegel, zunehmende Wetterextreme oder die Veränderung von Ökosystemen“: Schon heute beobachten wir gravierende Auswirkungen auf die Lebensgrundlage vieler Menschen. Der Klimawandel steht in direktem Zusammenhang mit Armut und Hunger, fördert jedoch indirekt auch neue und bereits bestehende Konflikte” (Welthungerhilfe o. J.a.). Laut dem aktuellen Bericht des UNHCR sind 2022 erstmals über 100 Millionen Menschen auf der Flucht (14 Millionen innerhalb und aus der Ukraine heraus), die Hälfte, etwa 53,2 Millionen, sind Binnenvertriebene (UNHCR 2022). Die Wanderungsbewegungen werden voraussichtlich zunehmen.
Die meisten Hilfsorganisationen sehen mehr legale Einreisemöglichkeiten für Schutzsuchende nach Europa als wichtigen humanitären Schritt an.“Darüber hinaus liegen die Ursachen nicht nur in den Herkunftsländern, sondern gehen auch auf die migrationspolitischen Versäumnisse der EU-Länder zurück. Deshalb benötigen wir in Deutschland und, so schwer es auch ist, besser noch in der gesamten Europäischen Union eine Verständigung auf ein migrationspolitisches Konzept, das Ziele formuliert und nicht nur kurzfristige Instrumente” (Welthungerhilfe o. J.b). Deutschland könnte hier noch stärker ansetzen, um den Fachkräftemangel zu vermindern. Eine gezielte Erlaubnis zur Einwanderung kombiniert mit einer groß angelegten (Aus)-Bildungsstrategie – hier wäre neben der Politik die Bundesagentur für Arbeit als ausführende Behörde stark gefragt.
Unternehmensführung
Nachhaltige Unternehmensführung stellt einen integrativen und holistischen Managementansatz dar, der auf die Berücksichtigung und das Management der Nachhaltigkeit im und durch das Unternehmen fokussiert ist. Dabei werden die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt:
- Die Ökonomie (Sach- und Finanzkapital)
- die Ökologie (natürliche Ressourcen)
- das Soziale (Humankapital).
5 Grundsätze der Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung existieren nach Günther und Ruter (2015):
- Ziel: langfristige Erhaltung des Unternehmens
- Umsetzung der Nachhaltigkeit im strategischen und operativen Geschäft
- Bildung eigener Indikatoren der nachhaltigen Unternehmensführung
- Erfolg der nachhaltigen Unternehmensführung durch Orientierung an Werten und Regeltreue
- Umsetzung der Basisprinzipien nachhaltiger Unternehmensführung: Solidarität, Transparenz und Risikomanagement (öko-Institut o. J.).
Wer seinen Betrieb nachhaltig aufstellen will, hat den Blick nach außen und nach innen zu richten. Der Blick nach außen bezieht sich auf die Gesellschaft und die Umwelt. Der Blick nach innen bezieht sich auf die ressourcen-orientierte Ökonomie und Ökologie, d. h. die Bereiche Beschaffung, Produktion, Absatz und Marketing so zu gestalten, dass die Umwelt geschützt und der Verbrauch von Ressourcen frei nach dem Prinzip so wenig wie möglich, so viel wie nötig, minimiert werden. Kosten für Umweltauswirkungen werden berechnet und in die Preisbildung mit einbezogen. Weiterhin gehören zu dem Blick nach innen die Mitarbeiter*innen.
Es gibt eine Reihe Gemeinwohl-orientierter Wirtschaftsansätze. Dazu zählt die Gemeinwohl-Ökonomie, entwickelt von Christian Felber (ebd. 2015). Dabei basiert das Unternehmen auf gemeinwohl-fördernden Werten wie Kooperation statt auf Konkurrenz und Gewinnmaximierung. Vertrauen, Verantwortung, Teilen und Solidarität sollen gefördert werden. Die Basis des Modells ist die Gemeinwohl-Bilanz, die den unternehmerischen Erfolg nicht nur aus dem monetären Gewinn ableitet (wie in konventionellen Bilanzen), sondern aus den positiven wie negativen Folgen eines Unternehmens für Gesellschaft, Umwelt und Volkswirtschaft. Es geht um das Messen der Punkte, “die wirklich zählen“. Im Vergleich zum jetzigen Wirtschaften seien das sozialer, ökologischer, demokratischer, solidarischer (ebd.).
Personalführung
Nachhaltige Führung baut auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit (Können) und der Motivation (Wollen) der Mitarbeiter*innen auf (Gabler o. J., BMBF 2017). Es geht um die Nutzung der Ressourcen bei Erhalt der Arbeitsfähigkeit. Um letztere zu erhalten, kann und sollte der Arbeitgeber in verschiedene Bereiche investieren, z. B. in Weiterbildung, Kommunikationstrainings, Maßnahmen zur Gesundheitsfürsorge und ergonomische Arbeitsmittel. Auch flexible Arbeitszeiten können Stress reduzieren. Qualifizierte Mitarbeiter*innen können besser zum betriebswirtschaftlichen Unternehmenserfolg beitragen.
Die Motivation der Mitarbeiter*innen ist genauso wichtig wie die Arbeitsfähigkeit. Nachhaltig agierende Unternehmenslenker*innen und Vorgesetzte erhalten die Motivation ihrer Mitarbeiter*innen, indem sie daran glauben, dass Menschen von innen motiviert sind und einen sinnvollen Beitrag leisten wollen, indem sie ihnen mit ehrlichem Interesse begegnen. Wird Mitarbeiter*innen zusätzlich zum Lob und Anerkennung in Form von Dank entgegengebracht, können sie das positive Menschenbild noch verstärken. Gesteigert wird die Anerkennung, wenn der Dank individuell und verbal begründet wird. Mitarbeiter*innen können so ihre Arbeit als sinnvoll erleben und motiviert bleiben, denn sie haben das Gefühl, zum Unternehmenserfolg beitragen zu können.
Quellenverzeichnis
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Welthungerhilfe (o. J.b): Positionen zur Flüchtlingspolitik. Forderungen an Deutschland und die EU zum Umgang mit Flüchtlingen und Migranten. Online: welthungerhilfe.de/informieren/themen/flucht-und-migration/positionen-zur-fluechtlingspolitik
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Zoll 2022: Verpflegung und Unterkunft für Saisonarbeitskräfte. Online: https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Mindestarbeitsbedingungen/Mindestlohn-Mindestlohngesetz/Berechnung-Zahlung-Mindestlohns/Verpflegung-Unterkunft-Saisonarbeitskraefte/verpflegung-unterkunft-saisonarbeitskraefte_node.html
SDG 12 Nachhaltige/r Konsum und Produktion
“Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen”
Dieses SDG 12 zielt auf die nachhaltige und effiziente Nutzung der Ressourcen ab. Ressourcen sind alle Stoffe der Natur (Mineralien und Metalle, biotische Ressourcen wie Holz oder Baumwolle), aber auch Luft, Wasser und Boden (vgl. ProgRess 2016). Abfälle sollen vermieden oder recycelt und gefährliche Abfälle sicher entsorgt werden. Die Nahrungsmittelverschwendung soll verringert werden (s.u.). Weitere Themen sind die nachhaltige Entwicklung von Unternehmen, eine bessere Verbraucher:innen-Bildung, nachhaltige Beschaffung und der umweltverträgliche Umgang mit Chemikalien. Für das Gastgewerbe sind aufgrund ihrer Abhängigkeit von der Ressourcennutzung folgende Unterziele relevant:
12.2 Bis 2030 die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen erreichen
12.3 Bis 2030 die weltweite Nahrungsmittelverschwendung pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene halbieren und die entlang der Produktions- und Lieferkette entstehenden Nahrungsmittelverluste einschließlich Nachernteverlusten verringern
12.5 Bis 2030 das Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung deutlich verringern
12.8 Bis 2030 sicherstellen, dass die Menschen überall über einschlägige Informationen und das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung und eine Lebensweise in Harmonie mit der Natur verfügen
Das SDG 12 betrifft im Prinzip alle Fähigkeiten und Kenntnisse der Standardberufsbildposition. Die Emissionen durch die Ernährung werden im nachfolgenden Kapitel SDG 13: “Maßnahmen zum Klimaschutz” beschrieben, da die Verwendung der jeweiligen Lebensmittel in der Gastronomie der Schlüssel für mehr Nachhaltigkeit ist (vgl. Scharp 2019). Die Nutzung von Energie im Hotellerie- und im Küchenbetrieb wurde oben im Kapitel SDG 7: “Bezahlbare und saubere Energie” beschrieben. Weitere Verbindungen zwischen den SDG ́s und der Standardberufsbildposition werden in den jeweiligen SDG- Kapiteln beschrieben.
Jeder Hotelfachmann und jede Hotelfachfrau sollte an Hand der Jahresabrechnungen für Strom und Gas und der Tankquittungen den Energieverbrauch und damit auch die daraus folgenden CO2-Emissionen bestimmen können. Hinzu kommen die Bestelllisten für Lebensmittel, aus denen sich die ernährungsbedingten THG-Emissionen ermitteln lassen. Eine Bestimmung der Nachhaltigkeit des Hotelbetriebs insgesamt ist dagegen wesentlich schwieriger und kann immer nur angenähert werden, nachdem die wesentlichen Auswirkungen und Handlungsfelder identifiziert sind. Nachhaltigkeit wird immer in den drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales integrativ bemessen, nicht nur im Hinblick auf Klimawandel und Umweltschutz.
Üblicherweise bilden Ökobilanzen zumindest die Umweltwirkungen sehr detailliert und genau ab, aber diese Detaillierung macht sie gleichzeitig schwierig verständlich und somit für die Praxis nicht unbedingt selber durchführbar. Aus diesem Grund sind einfachere Orientierungshilfen hilfreich, die im Folgenden beispielhaft vorgestellt werden.
Nachhaltigkeitssiegel
Um zwischen “guten”, “besseren” oder “schlechteren” Produkten zu entscheiden, kann man auf Siegel vertrauen. Es gibt jedoch inzwischen eine kaum überschaubare Vielfalt an Siegeln – Herstellersiegel, Siegel, die von Institutionen und Verbänden herausgegeben werden und staatliche Siegel. Manche umfassen die ganze Lieferkette oder den Lebenszyklus des Produktes mit ökologischen und sozialen Vorgaben, manche setzen bestimmte Schwerpunkte wie z. B. die Rohstoffherstellung, die Klimawirkung, der kumulierte Energieverbrauch oder fokussieren sich auf soziale Aspekte. Um die Siegel vergleichen zu können, müssten die häufig umfangreichen Kriterienkataloge studiert werden, und zwar in regelmäßigen Abständen, da die Stoff- und Wirkungsdaten fortlaufend aktualisiert werden. Dies ist eine große Herausforderung für Verbraucherinnen und Verbraucher und auch für den Handel nicht einfach. Dennoch sollten diejenigen, die die Sortimente gestalten, die wichtigsten Siegel im Bereich Nachhaltigkeit für ihre Waren kennen. Einen Wegweiser für allerlei Siegel bietet z. B.
- das Informationsportal Siegelklarheit: siegelklarheit.de,
- der Ethik.Guide: https://ethikguide.org/ und
- Label-Online: label-online.de .
Im Folgenden werden die wichtigsten Siegel für verschiedene Handelsbereiche, in denen es Nachhaltigkeitssiegel gibt, besprochen.
Mode
- EU-Ecolabel: Das EU-Ecolabel wird von der deutschen Vergabestelle (RAL gGmbH) verliehen und wird für verschiedene Produkte und Dienstleistungen vergeben. Das EU-Ecolabel Textilien kennzeichnet umweltfreundliche Produkte aus Natur- und Chemiefasern und bezieht sich auf den gesamten Produktionsweg (eu-ecolabel, o. J.; Müller et al 2021).
- Naturtextil IVN zertifiziert best: Das Label des Internationalen Verbandes der Naturtextilwirtschaft kennzeichnet Naturfasern (100 Prozent), die unter sozialverträglichen und ökologischen Kriterien hergestellt werden und zwar auf allen Produktionsstufen (Naturtextil IVN zertifiziert best, o. J.).
- Der Grüne Knopf: Das staatliche Siegel kennzeichnet nachhaltige Textilien und prüft, ob Unternehmen Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihren Lieferketten übernehmen. Die Kriterien werden fortlaufend weiterentwickelt (Grüner Knopf, o. J.; Müller et al 2021).
- Global Organic Textile Standard (GOTS): Das Label kennzeichnet von der Rohstofferzeugung bis zum Verbraucher ökologische und soziale Bedingungen der Textilherstellung mit ökologisch erzeugten Rohstoffen (mindestens 70 Prozent ökologisch erzeugte Naturfaser).
- Oeko-Tex Made in Green: Das Label kennzeichnet auf Schadstoffe geprüfte Textilien und Produkte aus Leder, die in umweltfreundlichen Betrieben und unter sozialverträglichen Bedingungen und transparenten Lieferketten hergestellt werden (Oeko-Tex Made in Green o. J.).
- FairTrade Cotton: Das Fairtrade-Produkt-Siegel für Baumwolle steht für fair angebaute und gehandelte Rohbaumwolle, die getrennt von Nicht-Fairtrade-Baumwolle weiterverarbeitet wird und über alle Produktionsschritte direkt rückverfolgbar ist. Das Siegel garantiert sozialverträgliche Lebens- und Arbeitsbedingungen insbesondere der Kleinbauern beim Baumwollanbau und stellt zusätzlich auch Anforderungen an den umweltverträglichen Anbau der Baumwolle. Bäuerinnen und Bauern sowie Beschäftigte auf Plantagen erhalten eine zusätzliche Fairtrade-Prämie für Gemeinschaftsprojekte. (Fairtrade o. J.).
Lebensmittel
EU-Bio-Siegel: Das EU-Biosiegel kann nur vergeben werden, wenn auf chemischen Pflanzenschutz und künstliche Düngemittel verzichtet wird, wenn eine Überdüngung durch eine Begrenzung der Tierzahl pro Hektar vermieden wird, keine Antibiotika eingesetzt werden und auch die Futtermittel “Bio” sind. Gentechnisch veränderte Organismen (Pflanzen) sind nicht erlaubt. Die Haltungsbedingungen müssen besser als bei konventioneller Haltung sein. Die Anzahl der Zusatzstoffe, die erlaubt sind, beträgt nur rund 50 (von 316 möglichen Zusatzstoffen).
- Verbands-Siegel von deutschen Anbauverbänden: Zu den deutschen Anbauverbänden gehören z. B. Demeter, Bioland, Naturland, BioPark, Biokreis, Ecoland, Ecovin, Gäa – Vereinigung Ökologischer Landbau und Verbund Ökohöfe. Ihre Anbau- und Verarbeitungsbedingungen sind strenger als die der EU-Öko-Verordnung. Die Richtlinien unterscheiden sich beispielsweise im Tierbestand pro Fläche, in der Haltung, Fütterung, Tiergesundheit, in Transport und Schlachtung, in den zugelassenen Düngemitteln, in der Beheizung von Gewächshäusern im Gemüseanbau, in der Anzahl und Nutzung von Zusatzstoffen, in der Kennzeichnung von Bioprodukten und in Verpackungsrichtlinien.
- Haltungsformen: In Zusammenarbeit von BMEL und Landwirtschaftsorganisationen wurde das Label “Haltungsformen” entwickelt. Es soll für mehr Transparenz in der Tierhaltung dienen. Es gibt vier Stufen: Stallhaltung, StallhaltungPlus, Außenklima und Premium. Für Hähnchen unterscheiden sich die Haltungsformen wie folgt (Haltungsform.de, o. J.):
- Stufe 1: Stallhaltung: Platz: max. 39 kg/m²; Stallhaltung, Trockene Einstreu zur Beschäftigung
- Stufe 2: StallhaltungPlus: 35 kg/m² (29 kg/m² wenn Stall mit Kaltscharrraum); mindestens zwei organische und veränderbare Beschäftigungsmaterialien aus sich verbrauchendem Matrial; QS anerkanntes Futter
- Stufe 3: Haltungsform: Außenklima: max. 25 kg/m2 max. 29 kg/m2 (bei einem Stall mit Kaltscharrraum); ständiger Zugang zum Außenklimabereich; mind. zwei organische Beschäftigungsmaterialien aus veränderbarem und sich verbrauchendem Material wie z. B. Stroh, Picksteine. Futtermittel ohne Gentechnik; Tiergesundheits-Monitoring
- Premium: 21 kg/m²; Stallhaltung mit Zugang zum Außenbereich während mind. ⅓ der Lebenszeit, zusätzliche Einstreu in Form von Stroh, Holzspänen, Sand oder Torf auf mind. 1/3 der Stallfläche; Futter ohne Gentechnik; mind. 20 Prozent vom eigenen Betrieb bzw. aus der Region. Fleisch: Bio oder konventionell aufgewachsen unter den Premium-Bedingungen.
- Vegetarisch / Vegan: Die überwiegend vegane Ernährung leistet den größten Beitrag zum Klimaschutz. Eine deutliche Reduktion von tierischen Komponenten mit einem hohen Anteil an veganen Mahlzeiten entspricht auch am besten der Empfehlungen der DGE (DGE o. J.): 30 Prozent Getreide und Kartoffeln, 26 Prozent Gemüse und 17 Prozent Obst – dies sind 73 Prozent vegane Produkte (75 Prozent kann mit 2 Prozent pflanzlichen Ölen erreicht werden). Seit 2008 werden die Markenrechte in der V-Label GmbH in der Schweiz betreut. Das Label versichert, dass das Produkt nicht aus Tieren oder tierischen Bestandteilen besteht. Es werden keine Eier aus Käfighaltung verwendet. Gentechnik ist gleichfalls verboten.
Fairer Handel
Grundsätzlich wird im Bereich des fairen Handels zwischen Fair-Handels-Unternehmen sowie fairen Produkten unterschieden. Beispiele für Fair-Handels-Unternehmen sind z. B. die GEPA, El Puente oder WeltPartner (Weltladen Dachverband o. J.)
Wichtige Produktsiegel für fair gehandelte Produkte sind:
- Fairtrade-Siegel: Das Fairtrade-Siegel steht für fair angebaute und gehandelte Produkte, bei denen alle Zutaten zu 100 Prozent unter Fairtrade-Bedingungen gehandelt und rückverfolgbar sind, wie zum Beispiel bei Kaffee oder Bananen (Fairtrade Deutschland o. J.).
- Fair for Life: Das Siegel „Fair for Life“ zählt zu den wenigen Siegeln, die keine Lizenzgebühren für die Logonutzung verlangen. Die jährlichen Gebühren belaufen sich nur auf die Finanzierung des Audit- und Zertifizierungsaufwands. Das ermöglicht kleinen und lokalen Unternehmen eine Zertifizierung. Allerdings sind Auflagen für die Produktion und den Vertrieb hoch: Das Label fordert von den Herstellern ein hohes Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Mitarbeiter*innen und der Umwelt (Utopia 2018).
- Naturland Fair-Siegel: Dies gilt für fair gehandelte Bioprodukte. Das Zeichen wird von Unternehmen genutzt, die ihre Waren nur zum Teil als „fair“ zertifizieren lassen (Weltladen Dachverband o. J.).
Siegel für mehrere Produktgruppen
Das Europäische Umweltzeichen (EU-Ökolabel 2022, EU-Ecolabel o. J.) ist auch als EU-Blume oder Euro-Blume bekannt. Es zertifiziert alle Produkte des täglichen Bedarfs – von Schuhen über Waschmittel bis zu Notebooks und Matratzen. Das EU-Ecolabel wurde vor mehr als 25 Jahren von der Europäischen Kommission eingeführt. Heute vergeben Prüfinstitute das EU-Ecolabel im Auftrag der Umweltministerien der teilnehmenden europäischen Länder (ebd.). Der Fokus liegt auf dem Klima- und Umweltschutz und einer sozialverträglichen Produktion bei der Endmontage der Geräte. In Deutschland wird das EU Ökolabel von RAL gemeinnützige GmbH im Auftrag des Umweltministeriums in folgenden Kategorien vergeben (ebd.: eu-ecolabel für Unternehmen ):
- Haushalt, z. B. Möbel, Hygiene- und Toilettenpapier, Wasch- und Reinigungsmittel
- Textilien, z. B. Kleidung, Schuhe, Matratzen
- Elektrogeräte, z. B. TV-Geräte, Notebooks, Tablets
- Bauen, z. B. Fußböden, Farben und Lacke
- Dienstleistungen, z. B. Gebäudereinigungsdienste, Hotels, Campingplätze
An die einzelnen Produktkategorien stellt das EU-Ökolabel unterschiedliche Anforderungen (EC 2009, EC o. J.). Grundsätzlich sind die Umweltanforderungen des EU-Ecolabels etwas höher als bei anderen Siegeln. Der Fokus liegt auf einem geringen Einsatz von Chemikalien, einem niedrigen Energie- und Wasserverbrauch, geringen Luftemissionen, der Abfallreduktion durch Recycling. Hohen Wert legt das Siegel auch darauf, dass Schadstoffe entweder ganz verboten sind oder strenge Grenzwerte eingehalten werden müssen. Bei Computern sind beispielsweise polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) nur bis 1 mg/kg erlaubt. Außerdem müssen die Elektrogeräte energieeffizient arbeiten und verwendete Weichmacher biologisch abbaubar sein. In fast allen Produktkategorien des EU-Ecolabels hat die Langlebigkeit der Produkte einen hohen Stellenwert. So müssen beispielsweise Notebooks verschiedene Belastbarkeitstests bestehen und kleine Wasserschäden aushalten. Außerdem legt das EU-Ecolabel viel Wert darauf, dass sich bei einem Defekt einzelne Teile austauschen und die Produkte einfach recyceln lassen.
Eine besonders wichtige Auszeichnung ist der sogenannte blaue Umweltengel. Der Umweltengel ist seit über 40 Jahren das Umweltzeichen der Bundesregierung und wird vom Umweltbundesamt betreut. Inzwischen sind mehr als 20.000 Produkte und Dienstleistungen von über 1.600 Unternehmen ausgezeichnet (UBA o. J.): Zweck des Umweltzeichens ist es, privaten Verbraucherinnen und Verbrauchern, institutionellen Großverbrauchern und öffentlichen Einrichtungen eine verlässliche Orientierung beim umweltbewussten Einkauf zu geben. Denn eine gezielte Nachfrage nach umweltschonenden Produkten fördert ökologische Produktinnovationen und reduziert Umweltbelastungen. Der Blaue Engel steht für eine unabhängige, transparente und ambitionierte Kennzeichnung.
Verpackungsmaterialien
Die Vermeidung oder die Einsparung von Verpackungen ist ein viel diskutiertes und auch bereits umgesetztes Thema im Bereich der Ernährung. Allerdings wird die Wirksamkeit dramatisch überschätzt. Eine repräsentative Befragung von Kearney (2019) hat gezeigt, dass 56 Prozent der Bundesbürger*innen Plastiktüten einsparen wollen. Über das Jahr hinweg spart dies ca. 3 kg THG-Emissionen pro Kopf ein. Würden die Bürger*innen auf Fleischgerichte hingegen verzichten (13 Prozent der Bürger*innen wollen das tun), so würden sie 450 kg THG-Äq einsparen. Wichtige Siegel für Verpackungsmaterialien sind:
- Der grüne Punkt: seit 1990 das weltweit erste duale System zur verbrauchernahen und hochwertigen Verwertung von Verkaufsverpackungen, Anbieter von Rücknahmesystemen (Der grüne Punkt o. J.)
- Beim FSC (Forest Stewardship Council) werden Entscheidungen durch ein 3-Kammern-System (Sozial-,Umwelt-, Wirtschaftskammer) getroffen. In diesen Kammern sind neben weiteren Akteur*innen hauptsächlich Vertreter*nnen der Umweltverbände aktiv.
- Beim PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) werden Entscheidungen durch den Forstzertifizierungsrat, der neben weiteren Akteur*innen hauptsächlich durch Vertreter verschiedener Waldeigentumsarten besetzt ist, getroffen (IFF Fraunhofer-Institut 2015).
Regionalität
Regionalität ist für viele Kundinnen und Kunden von Bedeutung. Daher sind Siegel für regionale Angebote, für die Wirtschaftsakteure vor Ort sich zusammenschließen und eine bestimmte Herkunft signalisieren, beliebt. Sie werden auf verschiedenen Ebenen vergeben (Schalenberg 2022):
- Das Siegel „geschützte Ursprungsbezeichnung“ der Europäischen Kommission für Agrarerzeugnisse zeigt an, dass Produkte in einem bestimmten Gebiet mit genauen Kriterien hergestellt wurden (bspw. Allgäuer Emmentaler).
- Mit dem Ziel bundesweit einheitlicher Transparenz hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Jahr 2014 das „Regionalfenster“ initiiert, durch das freiwillig ca. 5.500 Lebensmittel, Blumen und Zierpflanzen mit Angaben über Ursprungs- und Verarbeitungsort sowie den regionalen Anteil versehen werden (Regionalfenster Service GmbH o. J.).
- In einigen Bundesländern wurden Regionalsiegel entwickelt, bspw. „Geprüfte Qualität Hessen“.
- Im Lebensmittelbereich werden Regionalmarken wie „Von Hier“ oder „Bestes aus unserer Region“ verwendet.
Regionale Produkte werden oft mit einer besseren Qualität (bspw. Frische) und kurzen Transportwegen assoziiert, denn es besteht von Seiten der Kund*innen ein größeres Vertrauen zu regionalen Produzenten (Stockebrand 2012, S. 233). Allerdings ist eine regionale Herkunft kein Garant für diese Vorteile. Ein grundsätzliches Problem besteht darin, dass die Vergabekriterien sehr unterschiedlich sind: In manchen Fällen wird beispielsweise nur der Verarbeitungsort und nicht die Herkunft der verwendeten Rohstoffe betrachtet. Der rechtlich ungeschützte Begriff der Regionalität wird entsprechend sehr unterschiedlich ausgelegt (Penker 2015, o.S.), was zu Greenwashing führen kann. Regionalität kann sich auf eine Stadt oder mehrere Bundesländer beziehen oder nur auf gewisse Anteile der Produktbestandteile (Schalenberg 2022).
Kontrolle von Siegeln
Aufgrund der Vielzahl und Undurchsichtigkeit der Kriterien von Siegeln kann es schnell zu einer Verbraucherverunsicherung kommen. Auch werden durch die variierenden Zertifizierungsvorgänge die Glaubwürdigkeit der Siegel in Frage gestellt. Um diese zu bewerten ist für Händler*innen und Kund*innen relevant (Schalenberg 2022):
- welche Kriterien an Güter gestellt werden
- ob Bewertungsprozesse überprüfbar, transparent und nachvollziehbar sind
- wie unabhängig die Siegelgeber und Kontrollstellen sind, sodass Siegel nicht einfach erkauft werden können
Eine Einschätzung über die Glaubwürdigkeit verschiedener Siegel bietet das Deutsche Institut für Qualitätsstandards und -prüfung (DIQP).
Außerdem bieten folgende Internetseiten einen Überblick und Bewertungen für verschiedenen Produktgruppen:
- Siegelklarheit (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit): Glaubwürdigkeit, Umweltfreundlichkeit und Sozialverträglichkeit von Siegeln
- Nachhaltiger Warenkorb (Regionale Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien): Auswahl aller (sehr) gut-Siegel von Siegelklarheit + unabhängige Informationen über Siegel und Produktkennzeichnungen
- Label online (Bundesverband Die Verbraucher Initiative e.V.): Informationen und Bewertungen zu Labels in Deutschland (Bedeutung, Qualität)
- RegioPortal (Bundesverbandes der Regionalbewegung e. V.): Verzeichnis mit Regionalinitiativen, die detaillierte Angaben über die Voraussetzungen machen
Kleine, nachhaltige Betriebe und Händler können sich oft die Kosten für Zertifizierungen nicht leisten. Auch müssen erste Auditierungen und Folge-Zertifizierungen sowie Personalaufwand aufgebracht werden. Aber sie können auch ohne Siegel an Informationen zur Nachhaltigkeit gelangen. Ein guter Kontakt zu Lieferant*innen ist dabei wichtig. Es kann über Fotos und Geschichten aus den Betrieben mitunter sogar mehr Vertrauen entstehen, als durch die undurchsichtigen Zertifikate (Schalenberg 2022).
Verpackungen
Die Vermeidung oder die Einsparung von Verpackungen ist ein viel diskutiertes und auch bereits umgesetztes Thema im Bereich des Gastgewerbes. Allerdings wird die Bedeutung er Verpackungen häufig überschätzt. Eine repräsentative Befragung von Kearney (2019) hat gezeigt, dass 56 Prozent der BundesBürger*innen Plastiktüten einsparen wollen. Über das Jahr hinweg spart dies ca. 3 kg THG-Emissionen pro Kopf ein. Würden die Bürger*innen auf Fleischgerichte hingegen verzichten (13 Prozent der Bürger*innen wollen das tun), so würden sie 450 kg THG-Äq einsparen.
Verpackungen sind im Hotelgewerbe unvermeidbar, da sie der Hygiene dienen, bei der ein sehr hoher Standard gefordert ist, wenn viele Menschen auf engem Raum leben, übernachten und essen. Auch die Lebensmittel werden so geschützt. Deshalb werden sehr viele verschiedene Materialien eingesetzt: Polyethylenfolie (“Frischhaltefolien”), Aluminiumfolie und Aluminiumschalen, Papier- und Styroporboxen, Pack-, Wickelpapier u.v.m. Die ökologischen Vor- und Nachteile unterscheiden sich sehr stark und es ist nicht einfach zu entscheiden, was die umweltfreundlichste Verpackung ist (vgl. Innoredux o. J., CO2online o. J. Die Umweltberatung o. J.), da manche Materialien gut recycelt werden können (Aluschalen, Styroporboxen), andere wiederum nicht (mit Lebensmitteln verunreinigte PE-Folien). Auch die Nutzung von erneuerbaren Verpackungsmaterialien (gewonnen aus Zucker, Cellulose, Stärke) bedeutet nicht unbedingt, dass diese eine nachhaltigere Verpackung darstellen (ökolandbau o. J.). Polyethylen kann z. B. pflanzlich als Bio-PE gewonnen werden (ifeu 2012). Bio-PE ist wesentlich klimafreundlicher als fossiles PE, dafür hat Bio-PE ein höheres Versauerungspotential und führt mehr zur Eutrophierung von Gewässer (durch die Düngung der Pflanzen). Zudem ist der Flächenbedarf um ein Vielfaches höher und Flächen sind weltweit ein knappes Gut. Dieses Beispiel zeigt, dass jede Handlung auch negative Auswirkungen hat und man sich vielfach nur zwischen zwei unterschiedlich wirksamen Folgen entscheiden kann.
Als einfache Handlungsregel kann man folgendes annehmen, dass:
- Mehrwegsysteme, bei denen auch tatsächlich hohe Umlaufzahlen erreicht werden (z. B. Standardflasche der Brunnengenossenschaft), am umweltfreundlichsten sind.
- für Einwegverpackungen – z. B.für klein portionierte Seifen, Süßigkeiten, Tücher – immer Papier dem Plastik vorgezogen werden sollte. Besser ist der Verzicht auf Einweg und Portionierung aus einem großen Behälter.
- bei Mehrwegsystemen auf möglichst kurze Transportwege geachtet werden sollte; die Verpackung muss ja auch ihren Weg zurück finden.
- Einweg-Glassysteme (für Waschmittel, Gurken oder Marmeladen) vermieden werden sollten, weil das Glasrecycling mit Gas bei hohen Temperaturen durchgeführt wird.
- Dosen schwierig zu bewerten sind – es kommt immer auf den Einzelfall an. Metalldosen werden in höchstem Maße recycelt: Die Recyclingquote von Weißblechdosen liegt bei ca. 90 Prozent in 2019 (Thyssenkrupp 2020). Andererseits schneiden “Tetrapak”-Verpackungen etwas besser in der THG-Bilanz ab: Passierte Tomaten in der Dose haben einen THG-Wert von 1,8 kg CO2-Äq/kg; in Verbundpackungen liegt er bei 1,6 kg CO2-Äq/kg (ifeu 2020).
- große Einweggebinde, wie im Gastgewerbe üblich, vermutlich der klimafreundlichste Weg sind, da große Kunststoffgebinde sehr leicht zu recyceln sind.
- bei Verpackungen mit Papier grundsätzlich auf Recyclingpapier gesetzt werden sollte (UBA 2020).
Das Gastgewerbe kann, wie oben gesagt, Verpackungen nicht vermeiden, sondern nur optimieren. Wesentlich wichtiger ist es, dass klimafreundliche Verbrauchsgüter und Lebensmittel eingesetzt werden. Dies kann am Beispiel einer Erdbeer-Mandel-Sahne-Torte gut gezeigt werden (Scharp 2022). Diese kann rund 100 g Butter und 900 g Sahne enthalten (Gesamtgewicht 2,75 kg) und verursacht ca. 6,3 kg THG-Emissionen. Werden die Butter und die Sahne gegen vegane Alternativen getauscht, so ergeben sich THG-Emissionen von nur 3,5 kg – eine Einsparung von 45 Prozent der Emissionen. Um dies durch die Einsparung von PE-Folie zu kompensieren, müssten 45 m PE-Folie eingespart werden. Aber wie sollen dann die Produkte verpackt werden?
Spül- und Putzmaterialien
Spül- und Putzmaterialien sind unabdingbar in jedem Hotel. Sie sind äußerst vielfältig, leider gibt es nur wenige aktuelle Untersuchungen über die Nachhaltigkeit von diesen Materialien. Putz- und Spülmittel werden meist mit Tensiden auf Erdölbasis hergestellt, Bio-Putzmittel hingegen verwenden Zuckertenside oder Fettalkoholsulfate und nutzen somit erneuerbare Rohstoffe. Der Behälter eines Spülmittels kann aus recyceltem Plastik bestehen. Putzmaterialien (Lappen, Schwämme oder Tücher) bestehen aus Erdöl basierten Kunststoffen, aus Baumwolle oder recycelten Materialien. In ihrer Nutzbarkeit unterscheiden sie sich kaum, aber recycelte Materialien leisten den größten Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Saisonal-Regionale Lebensmittel
Der wichtigste Verbrauchertrend in 2022 ist die “Klimafreundliche und nachhaltige Ernährung” (nutrition hub 2022). Dies verbinden die Befragten auch mit der “Regionalität”. Aber auch die Verbindung mit der Saisonalität in Form von saisonal-regionaler Ernährung ist ein starker neuer Trend, der von vielen Stakeholdern gefördert wird (vgl. LUBW o. J.). Argumente hierfür können sein, dass frische Lebensmittel geschmacksintensiver sind, Energie eingespart wird, da auf eine Kühllagerung und weite Transporte verzichtet werden sowie die lokale-regionale Landwirtschaft gefördert wird. Dem stehen aber gewichtige Nachteile gegenüber: Jedes Gemüse hat seine Saison, die Verarbeitung von frischem Gemüse ist zeit- und kostenintensiver und das regionale Angebot kann häufig die Großgastronomie an zentralen Hotel- und Tourismus Standorten nicht dauerhaft versorgen.
Zudem führt ein Umstieg auf saisonal-regionale Lebensmittel aus Sicht des Klimaschutzes kaum zu deutlich weniger THG-Emissionen (IFEU 2022):
- Ein regionaler Apfel hat im Herbst zur Erntezeit einen THG-Wert von ca. 0,3 kg CO2-Äq/kg.
- Bei Kühllagerung hat er im April einen THG-Wert von 0,4 kg CO2-Äq/kg.
- Ein Bio-Apfel hat einen THG-Wert von ca. 0,2 kg CO2-Äq/kg.
- Ein per Schiff importierter Apfel aus Neuseeland hat gleichfalls einen THG-Wert von 0,8 kg CO2-Äq/kg.
Die Schwäche der Saisonalität wird heute in Europa teilweise durch beheizte Gewächshäuser “ausgeglichen”, denn diese Anbauform belastet das Klima deutlich (ifeu 2020).
- Saisonale Tomaten in Deutschland haben sehr geringe THG-Emissionen von 0,3 CO2-Äq/kg.
- Der Transport von Tomaten aus Südeuropa erhöht den THG-Wert nur mäßig auf 0,4 CO2-Äq/kg.
- Bio-Tomaten (frisch) hingegen haben aufgrund der geringen Erträge und des höheren Wasserbedarfs einen THG-Wert von 1,2 kg CO2-Äq/kg.
- Wintertomaten aus dem beheizten Treibhaus haben einen sehr hohen Wert von 2,9 CO2-CO2-Äq/kg, weshalb eine Tomate mit LKW-Ferntransport aus südeuropäischen Ländern immer noch klimaschonender ist.
Es kann jedoch ein weiterer Grund für die saisonal-regionale Ernährung insbesondere im Education-Bereich der AHV angeführt werden. Der grundsätzliche Vorteil regionaler Wirtschafts- und Wertschöpfungsketten spricht für regionale Produkte. Der Anteil der Transporte an THG-Emissionen ist dagegen eher gering und liegt bei wenigen Prozent. Entsprechend niedrig sind die möglichen Einsparungen.
Quellenverzeichnis
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Der grüne Punkt (o. J.): Online: https://www.gruener-punkt.de/de/
DGE (o. J.): Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE. Online: umweltberatung.at/welche-getraenkeverpackung-ist-umweltfreundlich www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/
EU-Ecolabel (o. J.) Online: https://eu-ecolabel.de/fileadmin/user_upload/Content/30_Jahre/EU_Ecolabel_Flyer_DE.pdf
EU-Öko-Label (2022) Über das EU Ecolabel Online: https://eu-ecolabel.de/eu-ecolabel-das-umweltzeichen-ihres-vertrauens/ueber-das-eu-ecolabel
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Ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung (2020): Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland. Online: ifeu.de/fileadmin/uploads/Reinhardt-Gaertner-Wagner-2020-Oekologische-Fu%C3%9Fabdruecke-von-Lebensmitteln-und-Gerichten-in-Deutschland-ifeu-2020.pdf
IFF Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (2015): Vergleich und Bewertung forstlicher Zertifizierungssysteme. Online: https://www.holzlogistik.iff.fraunhofer.de/de/forschungsprojekte/fz4coc.html
Kearney (2019): Was hilft wirklich – Persönliche Klimaschutzmaßnahmen und ihre Wirkung. Repräsentative Befragung von erwachsenen Deutschen. Online: de.kearney.com/documents/1117166/5477168/CO2+Aufklärung.pdf/d5fba425-3aec-6a4e-fb2d-9b537c7dd20b?t=1583241728000
Müller et al (2021): Katrin Müller, Anna Schlüter, Carolin Friedrich, Burcu Gözet, Sina Kummer, Kristin Stechemesser: Abfallvermeidung von Textilien – Übersicht zu gesetzlichen Regelungen, Leitfäden, Strategien, Umweltzeichen und Siegel, Hintergrundpapier, Umweltbundesamt Dezember 2021
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ThyssenKrupp (2020): Recycling in Endlosschleife: So grün ist die Lebensmitteldose. Online: thyssenkrupp.com/de/stories/recycling-in-endlosschleife-so-gruen-ist-die-lebensmitteldose
LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (o. J.): Der Nachhaltige Warenkorb – Saisonal und Regional. Online: nachhaltiger-warenkorb.de/themen/saisonal-und-regional/
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Regionalfenster Service GmbH (o. J.): Das Zeichen für mehr Transparenz: Online: https://www.regionalfenster.de/
Schalenberg, Gesina (2022): “Da sieht man die Nachhaltigkeit vor lauter Siegeln nicht!“ Online: https://frankfurtnachhaltig.de/nachhaltigkeitssiegel-im-einzelhandel/
Stockebrand, N. (2012): Regionalmarketing am Beispiel von Lebensmitteln. In: George, w. & Berg, T. (Hrsg.) (2012): Regionales Zukunftsmanagement Bd. 6 Regionalökonomie. Lenerich: Pasbt Science Publishers
UBA Umweltbundesamt (2020): Recyclingpapier ist gut für die Umwelt. Online: umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/haushalt-wohnen/papier-recyclingpapier
UBA Umweltbundesamt(o. J.): Der Blaue Engel. Online: https://www.blauer-engel.de/de
nutrition hub (2022): Essen mit Verantwortung und Leidenschaft: Die 10 TOP Ernährungstrends 2022. Online: nutrition-hub.de/post/trendreport-ernaehrung-10-top-ernaehrungstrends-2022
UBA Umweltbundesamt (2022a): https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/elektrogeraete/smartphones-tablets#gewusst-wie
UBA Umweltbundesamt (2022b): Verbrauch von Serviceverpackungen in der Gastronomie: https://www.umweltbundesamt.de/bild/verbrauch-von-serviceverpackungen-der-gastronomie
de (2018): Fair for Life: Siegel mit hohen Fair Trade-Standards. Online: https://utopia.de/siegel/fair-for-life-siegel-mit-hohen-fair-trade-standards/
Weltladen Dachverband (o. J.): Wie erkenne ich fair gehandelte Waren? Online: https://www.weltladen.de/ueber-weltlaeden/fairer-handel/zeichen-und-siegel/
SDG 13 Maßnahmen zum Klimaschutz
“Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen”
Das SDG 13 ist eines der zentralen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung unserer Welt. Ohne tiefgreifende Maßnahmen zur Emissionsminderung und Klimaanpassung werden die Folgen des Klimawandels mehr als nur gravierend sein.
Die Schnittmengen mit der Standardberufsbildposition liegen vor allem in der Reduzierung der direkten und indirekten Emissionen (Belastung der Umwelt) sowie der nachhaltigen Nutzung von Energie (vgl. BGB 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Für das Gastgewerbe ist hierbei vor allem das SDG 13.3 relevant:
13.3 Die Aufklärung und Sensibilisierung sowie die personellen und institutionellen Kapazitäten im Bereich der Abschwächung des Klimawandels, der Klimaanpassung, der Reduzierung der Klimaauswirkungen sowie der Frühwarnung verbessern
Dies gilt im Gastgewerbe insbesondere für die Sektoren
- Gebäude: Klimatisierung, Heizung, Stromverbrauch, klimafreundliches Bauen und Sanieren
- Ernährung: Zutatenauswahl, Küchenprozesse und Transportwege
- Mobilität: An- und Abreise der Gäste
Klimawandel und Treibhausgase
Der Klimawandel wird durch die Emission von Treibhausgasen verursacht. Zahlreiche Gase sind verantwortlich für den Klimawandel. Ihnen gemeinsam ist ihre Undurchlässigkeit für die (Infrarot-)Wärmeabstrahlung der Erde. Dies führt bekanntlichermaßen zum Klimawandel. Jedes dieser Gase trägt in unterschiedlichem Maße zum Klimawandel bei. Die Stoffe bleiben zudem unterschiedlich lange in der Atmosphäre, weshalb sie unterschiedlich zum Treibhauseffekt beitragen. Das IPCC (International Panel for Climate Change) definiert deshalb ein GWP Global Warming Potential (erwärmende Wirkung für den Klimawandel) eines Stoffes in hundert Jahren im Vergleich zu Kohlendioxid CO2 wie folgt (vgl. My Climate o. J.):
- Kohlendioxid CO2: 1 (Bezugswert)
- Methan CH4: 28
- Stickstoffdioxid N2O: 265
- FCKW (verboten) > 12.000
Ein durchschnittlicher Bundesbürger / eine Bürgerin verursachte 2020 rund 11 t CO2-Äq pro Jahr. Auf die öffentliche Infrastruktur entfallen 8 Prozent, auf den privaten Konsum 34 Prozent, die Mobilität 15 Prozent, Strom 6 Prozent und Wohnen 18 Prozent. Die Ernährung ist für etwa 15 Prozent der Klimagase verantwortlich (UBA 2021).
THG-Emissionen von Gebäuden
Im Jahr 2014 wurden 40 Prozent der Treibhausgas-Emissionen durch Errichtung und Nutzung von Hochbauten erzeugt. Der größte Anteil an ihrem Treibhausgas-Fußabdruck (ca. 75 Prozent) wurde hierbei durch die Nutzung und den Betrieb der Wohn- und Nichtwohngebäude verursacht (BBSR 2020:1). Bei Nutzung und Betrieb können sowohl direkte THG-Emissionen, beispielsweise bei der Verbrennung von Brennstoffen für die Raumwärme (Heizöl, Erdgas etc.), als auch vorgelagerte bzw. indirekte THG-Emissionen, durch die Bereitstellung der Brennstoffe oder des Stroms, entstehen (BBSR 2020: 16). Bei der Herstellung, Errichtung und Modernisierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden verursachen die Herstellung von Zement, Kalk und Gips mit 21 Prozent und die Kohle-Stromproduktion mit 15 Prozent die größten Anteile der Treibhausgasemissionen (BBSR 2020:1).
Ein Blick auf die Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen in Deutschland zwischen 1990 und 2020 zeigt, dass im Gebäudesektor die THG-Emissionen zwischen 1990 und 2015 von 210 auf 124 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gesenkt werden konnten. Seitdem stagniert die Reduktion im Bereich zwischen 125 und 116 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (UBA 2021a, S.2). Die Maßnahmen und Techniken zur Dekarbonisierung des Gebäudebestandes sind prinzipiell bekannt (UBA 2021a, S.3):
- Den Einsatz von fossilen Brennstoffen in Gebäuden beenden
- Heiztechniken umstellen zu Wärmepumpen und leitungsgebundener Wärme
- Wärmedämmung (Wände; Dach; Decke; Fenster)
- Durchlüftung (Vermeidung von Lüftungswärmeverlusten)
- Solarenergie nutzen (passiv, thermisch, elektrisch)
Initiativen wie das “Bauhaus der Erde” verfolgen das Ziel, den Einsatz von Stahlbeton im Bauwesen durch organische Baustoffe wie Holz oder Bambus zu ersetzen. Hierdurch könnten erhebliche Mengen an klimaschädlichen Emissionen vermieden werden und sogar eine CO2-Senke entstehen (UBA 2021b). Auch Sanierung im Bestand statt Neubau (vgl. SDG 11) hat Klimaschutzpotenzial. Nutzt man den Rohbau eines bestehenden Gebäudes mitsamt der darin gebundenen “grauen Energie“, können Energie und Ressourcen für Abriss, Entsorgung und Neubau eingespart und THG-Emissionen reduziert werden (Krone 2022).
THG-Emissionen verschiedener Baustoffe
Die Bauindustrie zählt zu den materialintensivsten Wirtschaftsbereichen. So werden jährlich 560 Millionen Tonnen, also rund 90 Prozent aller in Deutschland verwendeter mineralischer Rohstoffe für die Produktion von Baustoffen verwendet. Insgesamt wurden damit in Deutschland rund 50 Milliarden Tonnen mineralischer Rohstoffe wie Kalk, Gipsstein, Kies, Sand oder Ton für die Errichtung, den Ausbau und die Modernisierung vom Gebäudebestand verwendet. Allein im Jahr 2020 wurden in Deutschland 35,5 Mio. Tonnen Zement produziert. Dafür waren 51,0 Mio. Tonnen Rohstoffe und etwa 30 Terawattstunden Energie notwendig. Von diesen 35,5 Mio. Tonnen Zement wurden wiederum 30,1 Mio. Tonnen für die Herstellung von Mörtel und Beton verbraucht (VDZ 2021). Das entspricht in etwa 55,3 Mio. Kubikmeter an Transportbeton. Um den Materialbedarf zu decken, wurden in Deutschland im Jahr 2018 rund 485 Mio. Tonnen Natursteine, Kiese und Sande gewonnen. Nur 12,5 Prozent des nationalen Gesamtbedarfs an Gesteinskörnungen konnten mit Recycling-Baustoffen und weitere 4,9 Prozent durch industrielle Nebenprodukte gedeckt werden (bbs 2021).
Die wichtigsten CO2-Quellen im Bausektor sind Energie sowie Zement und Stahl. Im Jahr 2018 verbaute die Branche 29 Millionen Tonnen Zement und 14 Millionen Tonnen Stahl (UBA 2022b: 59).
Zement
Zement wird für die Herstellung von Beton im Bauwesen verwendet. Die Herstellung von Zement verursacht 2 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen und 8 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen (WWF 2019). THG-Emissionen entstehen in der Zementproduktion in den folgenden Prozessen: Für den Brennvorgang zur Herstellung von (Zement-)Klinker aus dem Ausgangsmaterial Kalkstein werden sehr hohe Temperaturen (1.450 °C) benötigt. Des Weiteren wird bei der chemischen Reaktion während des Brennvorgangs CO2 freigesetzt, da eine Entsäuerung des Kalksteins erfolgt. Neben diesen zentralen Prozessen entstehen auch THG-Emissionen durch den Stromverbrauch für Mahl-, Mühl- und Förderprozesse sowie durch den Transport der Rohstoffe (WWF 2019). Als Maßnahme zum Klimaschutz ist es zwingend notwendig, Möglichkeiten der CO2-armen bis CO2-freien Zementherstellung zu finden und großmaßstäblich umzusetzen. Zur Verringerung der THG-Emissionen von Beton lassen sich grundsätzlich drei Substitutionsstrategien unterscheiden: Ersatz des Baustoffs Beton (zum Beispiel durch Holz), Verringerung des Zementanteils im Beton sowie Verringerung des Klinkeranteils im Zement (WWF 2019).
Eine Möglichkeit, um die rohstoffbedingten CO2-Emissionen bei der Zementherstellung zu senken, ist die Substitution des gebrannten Portlandzementklinkers durch Kompositmaterialien. Dabei geht es darum, die klimaschädliche Umwandlung von Calciumcarbonat – zu verringern. Dazu bieten sich neben den traditionellen Materialien wie Hüttensand und Flugasche, deren nutzbare Mengen zukünftig zurückgehen werden, bieten sich insbesondere calcinierte Tone, Gesteinsmehl, Vulkanasche aber auch modifizierte Stahlwerksschlacken an (BFT International 2018).
Möglichkeiten werden auch in neuen CO2-armen Bindersystemen gesehen, die nicht auf klassischem Portlandzementklinker basieren. Viele dieser alternativen Binder weisen allerdings nicht das Potenzial für einen Massenbaustoff auf. Große Potenziale bieten jedoch alternative, hochreaktive Belitzemente (LTBB), die bei deutlich niedrigeren Brenntemperaturen und verbesserter Leistungsfähigkeit eine wesentlich bessere CO2-Bilanz als Portlandzemente aufweisen (BFT International 2018).
Für die deutsche Zementindustrie wird die CO2-Abscheidung im Zementwerk und dessen anschließende Nutzung bzw. Speicherung (CCUS) bei der Dekarbonisierung von Zement und Beton eine entscheidende Rolle spielen. Für eine klimaneutrale Zementindustrie wird es dabei erforderlich sein, nach Ausschöpfung aller übrigen Potenziale ab 2050 jährlich rund 10 Mio. Tonnen CO2 abzuscheiden. Für die Nutzung oder Speicherung des abgeschiedenen CO2 bedarf es jedoch einer entsprechenden CO2-Infrastruktur, die insbesondere in Gestalt von Pipeline Systemen und anderen Transportkapazitäten wie Tankwagen, Kesselwagen oder Schiffen erst noch aufgebaut werden muss. Allerdings wird sich der Strombedarf der Klinkerherstellung bei einem breiten Einsatz von Technologien zur CO2-Abscheidung mehr als verdoppeln, was eine hinreichende Verfügbarkeit von regenerativ erzeugtem Strom und entsprechender elektrischer Übertragungsnetze erfordert (VDZ 2020).
Stahl
Jede Tonne Stahl bewirkt ca. 1,7 Tonnen CO2-Äquivalente (UBA 2022b: 59). Deutschland produziert– im Vergleich zu anderen EU-Ländern – mit jährlich etwa 40 Mio. Tonnen die größte Menge an Rohstahl (Wirtschaftsvereinigung Stahl 2022). Die eingesetzte Stahlmenge in der Bauindustrie machte ca. 35 Prozent des gesamten deutschen Stahlbedarfs im Jahr 2019 aus (Statista 2022d). Dies führte zu ca. 24 Mio. t THG-Emissionen. Um die Emissionen aus der Stahlherstellung zu mindern, gibt es vermutlich nur zwei Wege: Den Einsatz von Wasserstoff als Reduktionsmittel anstelle von Koks oder die Abscheidung und unterirdische Verbringung von Kohlendioxid (s.o.).
THG-Emissionen aus der Ernährung
Treibhausgase aus der Ernährung sind insbesondere Methan (CH4) aus Rindermägen und Distickstoffoxid (N2O) aus der Düngung. Kohlendioxid stammt aber auch aus allen (landwirtschaftlichen) Prozessen (Ackern, Säen, Ernten), die Treibstoffe nutzen oder beim Transport der landwirtschaftlichen Produkte. Emissionen aus der Stromgewinnung entstehen insbesondere bei der Weiterverarbeitung, der Kühlkette und der Zubereitung der Lebensmittel. Zum Schluss ist der Abfall von großer Bedeutung, geschätzt 15 Prozent aller THG-Emissionen stammen aus dem Abfall bzw. sind als Abfall oder Reststoff während der Ernte, Verarbeitung und Zubereitung angefallen. Deutschlandweit waren es 2020 rund 11 Mio. t (BMEL 2022).
Schulküchen, Mensen oder Kantinen haben hohe Energieverbräuche, sind jedoch meist keinem Monitoring unterworfen. Das Forschungsprojekt KEEKS hat gezeigt, dass die Energieverbräuche je Menü sehr unterschiedlich sein können (Scharp 2019). Ein Monitoring, das den Energieverbrauch von Großgeräten, Kälteanlagen, den Nachtstrom und den Verbrauch der gesamten Küche erfasst, ist anzuraten. Digitale Systeme zur Erfassung und Auswertung sind zu empfehlen (Zwischenzähler mit Netzanbindung).
Im Projekt KEEKS – Klima- und energieeffiziente Küchen in Schulen (vgl. Scharp 2019) wurde ermittelt, wie sich die Emissionen bzw. THG-Äq über die Wertschöpfungskette verteilen. Hierbei wurden die 4-Wochen-Menüpläne untersucht. Die Landwirtschaft hat mit dem Anbau der landwirtschaftlichen Produkte und der Vieh- und Geflügelzucht mit rund 460 g CO2-Äq die größte Auswirkung. Hinzukommen noch Emissionen aus der Landnutzung und aus Landnutzungsänderungen (Sojaplantage anstelle eines Urwaldes), die mit ca. 180 CO2-Äq je Portion (ca. 14 Prozent) an dritter Stelle stehen. Allerdings sind die Landnutzungsänderungen innerhalb Deutschlands nicht besonders relevant – es werden heutzutage keine Wälder oder Moore mehr in Ackerland umgewandelt. Andererseits trifft dies weiterhin auf das Viehfutter oder Rindfleisch aus Südamerika zu, das z. B. zur Regenwaldvernichtung beiträgt. An zweiter Stelle mit fast 200 g CO2-Äq (pro Menü, ca. 15 Prozent) steht das Abfallaufkommen. Das Aufkommen von Abfall wurde in KEEKS auf Basis der Literatur berechnet (und nicht gemessen). Es folgen Prozesse wie das Kühlen (74 g CO2-Äq, ca. 6 Prozent), die Verarbeitung (52 g CO2-Äq), das Spülen (49 g CO2-Äq, ca. 4 Prozent), das Kochen (Zubereiten, 39 g CO2-Äq, ca. 2 Prozent), die Verpackung (38g CO2-Äq) und der Langstreckentransport (30 g, Gemüse aus Südeuropa). Alle Werte gelten für Frischküchen.
Angesichts der Vielzahl der Prozessschritte ist es sinnvoll, sich die landwirtschaftliche Produktion genauer anzusehen. Landwirte bauen das an und züchten das, was die Verbraucher wollen. Die Hotellerie kauft das ein, was ihre Gäste gerne bestellen. Die größte Bedeutung für den Klimaschutz haben tierische Produkte. Rund 65 Prozent der Emissionen aus der Ernährung stammen aus dem Verzehr von Fleisch und Milchprodukten. Fast 5 Prozent stammen noch aus weiteren tierischen Produkten (Fisch und Eier). Grundsätzlich sind pflanzliche Lebensmittel klimafreundlicher als tierische Produkte, sie verursachen weniger als 30 Prozent der Emissionen, stellen aber den weitaus größten Anteil der Kalorien. Dies folgt zum einen aus der Tatsache. dass Tiere ca. ⅘ ihrer Futtermittel für den eigenen Metabolismus benötigen. Nur ⅕ geben sie als Fleisch- oder Milchprodukte an uns weiter. Entsprechend müssen wesentlich mehr Futtermittel angebaut werden, als wenn wir uns direkt pflanzlich ernähren würden.
Im Folgenden werden Maßnahmen zur klimafreundlichen Gastronomie vorgestellt. Laut KEEKS können in Schulküchen durch Umsetzung aller dieser Maßnahmen 45 Prozent der THG-Emissionen eingespart werden, ohne vollständig auf eine vegetarische oder gar vegane Ernährung umzusteigen (vgl. Scharp 2019). Da ein Großteil der sich am KEEKS-Projekt beteiligten Küchen schon vorher an den damaligen Empfehlungen der DGE orientierte, also nur zweimal wöchentlich Fleisch und einmal Fisch servierte, kann bei einer stärker fleischbasierten Ausgangslage von einem noch höheren Einsparpotential ausgegangen werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen gehen auf das Projekt KEEKS zurück, das für jede Maßnahme die Einsparpotenziale und weitere Informationen angibt.
Pflanzenbasierte Ernährung
Fleisch im Allgemeinen und Vollfett-Milchprodukte haben THG-Emissionen, die etwa bei dem Drei- bis Vierfachen vergleichbarer pflanzlicher Lebensmittel liegen. Für Rindfleisch liegt dieser Faktor sogar bei 10 bis 12 je nach Berechnungsmodus für die THG-Emissionen. Eine wesentlich pflanzenbasierte Kost ist der absolut wichtigste Schritt zu mehr Klimaschutz in der Ernährung. Die Boston Consulting Group (BCC 2022) kommt in 2022 zum Schluss, dass mit pflanzlichen Proteinen (“Fleischersatzprodukte”) viel mehr Emissionen eingespart werden können als mit allen anderen Klimaschutzmaßnahmen z. B. im Gebäudesektor, der Zementindustrie oder durch Elektromobilität. BCC nimmt hierbei zu Recht an, dass Klimaschutz nur durch Investitionen möglich ist. Vergleicht man dann die Kosten, um eine Tonne CO2-Äq einzusparen, so zeigt sich, dass mit einer definierten Investition elfmal so viel Emissionen durch pflanzliche Proteinkost eingespart werden kann als wenn man die gleiche Summe in die Elektromobilität investiert. Im Rahmen des CLIKIS-Projekt (IZT 2020) wurde die Entwicklung der Schul- und Kita-Küchen der Partnerstadt Göttingen ausgewertet. Hierbei ergaben sich je Portion ein THG-Wert aus Zutaten (ohne Küchenbetrieb) in Höhe von 1,14 kg CO2-Äq für ein mittleres Fleischgericht, 0,54 kg CO2-Äq für ein vegetarisches und 0,40 kg CO2-Äq für ein veganes Gericht. Der in Göttingen vollzogene Wechsel, bei dem je Woche ein Fleischgericht durch ein veganes Gericht ersetzt wurde, sparte insgesamt 16 Prozent aller THG aus dem Küchenbetrieb der Stadt ein.
Fleischprodukte
Fleisch hat generell die höchsten THG-Emissionen. Um diese zu reduzieren, bieten sich die Reduktion der Mengen, die Substitution von Rindfleisch mit anderen Fleischsorten und letztendlich der Verzicht an. Die besonders hohen THG-Emissionen aus der Rinderzucht führen aus Klimaschutzsicht zu dem Appell auf Rind zumindest in den AHV-Segmenten Education und Care ganz zu verzichten und andere Fleischsorten wie Geflügel, Schwein und auch Fisch nur mäßig zu konsumieren. Eine entsprechende Berechnung aus dem KEEKS-Projekt kommt durch diese Maßnahme zu Einsparungen von 10 Prozent der gesamten Emissionen, was einem Viertel des Einsparpotenzials entspricht.
Milchprodukte
Milchprodukte sind bisher aus der Gastronomie nicht wegzudenken und sollen auch nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE ) serviert werden. Im Jahr 2021 machten sie 16,1 Prozent des Gesamtumsatzes der Ernährungsindustrie aus (BVE 2022). Um im Gastgewerbe möglichst klimafreundlich zu kochen, wird vorgeschlagen möglichst auf fettreduzierte Milchprodukte umzusteigen und Butter (9,0 kg CO2-Äq/kg) durch pflanzliche Öle (Sonnenblumenöl in Glasflasche 3,2 kg CO2-Äq/kg) (mindestens anteilig) zu ersetzen.
Reis
Reis ist als einziges Getreide aus Sicht des Klimaschutzes problematisch. Dies liegt am Nass-Anbau in überfluteten Feldern, in deren Böden – wie bei anderen Teichen auch – Fäulnisprozesse stattfinden, die das Klimagas Methan freisetzen. Nass angebauter Reis hat zwar ein geringes THG-Potenzial mit 3,1 kg CO2-Äq/kg als Geflügel (Hähnchen 5,5 kg CO2-Äq/kg) oder Schweinefleisch (4,6 kg CO2-Äq/kg), liegt aber deutlich über Kartoffeln (0,2 kg CO2-Äq/kg). Ein Ausweg ist der Umstieg auf trocken angebauten Reis (z. B. aus Italien) oder auf andere Getreidesorten wie Dinkel (0,7 kg CO2-Äq/kg). KEEKS hat hierbei gezeigt, dass eine Reduktion der Nutzung von Reis in der Schulküchenverpflegung durchaus 5 Prozent der THG-Emissionen einsparen kann.
Bioprodukte
Produkte in Bioqualität stellen einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit für unser Ernährungssystem dar. Der ökologische Landbau ist eine besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Wirtschaftsform, die sich am Prinzip der Nachhaltigkeit orientiert (BMEL o. J.). In Deutschland soll der Anteil der ökologischen Ackerflächen bis 2030 auf 30 Prozent der gesamten Landwirtschaftsfläche steigen (ebd.). Die Vorteile des ökologischen Landbaus sind ohne Frage der Schutz der Biodiversität, des Bodens und des (Grund-)Wassers sowie ein höchstes Maß an Tierwohl. Zwei Nachteile gibt es aber auch: Aufgrund des fehlenden Kunstdüngereinsatzes sind die Erträge geringer und aufgrund des Verzichts von Pestiziden ist das Ausfallrisiko höher. Bei der Vieh- und Geflügelzucht sind zudem Weide- und Auslaufflächen notwendig und der Tierbestand pro Tier niedriger, was sich auch in einem geringen Ertrag niederschlägt. In der Folge sind deshalb die Preise für Bio-Produkte höher, wobei bei Lebensmitteln wie Nudeln, Kartoffeln, Mehl, Haferflocken und Getreide nur ein geringer Preisunterschied zur konventionellen Ware besteht. In 2020 waren die Preisaufschläge wie folgt: Hähnchenschnitzel 175 Prozent, Eier ca. 130 Prozent, Kartoffeln 80 Prozent, Äpfel ca. 60 Prozent, Möhren ca. 50 Prozent, Frischmilch und Rinderhack ca. 40 Prozent (ökolandbau o. J.,Eat Smarter, 2022 ). Aber wo immer, finanziell darstellbar, sollte also auch das Gastgewerbe diesen Weg gehen. Dies ist vor allem bei preiswerten Lebensmitteln, wie Brot, Nudeln, Milch und Milchprodukte, Linsen, Möhren u.a. anderem Gemüse möglich (eat Smarter 2022). Die höheren Preise für Fleisch können durchaus durch eine Reduktion des Fleischeinsatzes ausgeglichen werden.
Für den Klimaschutz bedeutet Bio-Anbau allerdings nur einen geringen Vorteil. Die eigentlich höheren THG-Einsparungen durch den Verzicht auf Kunstdünger werden zum Teil durch die weniger intensive Landwirtschaft “aufgefressen”, die einen höheren Flächenbedarf je Produktmenge hat. Im KEEKS-Projekt konnte eine Einsparung von 1,5 Prozent durch den Einsatz von Bioprodukten berechnet werden .
Bio-Lebensmittel leisten aber vielfältige andere Beiträge zur Nachhaltigkeit: durch den Verzicht auf synthetisch hergestellte Pestizide, Dünge- und Verarbeitungsmittel. Bioproduktion fördert die biologische Vielfalt und Bodenfruchtbarkeit. Welche Wirkungen dies hinsichtlich der Biodiversität und der Erträge haben kann, wurde am Beispiel des Weinbaus untersucht. Laut Codecheck werden für den Weinbau allein 15 Prozent der in Europa eingesetzten Pestizide verwendet. Dabei macht dieser nur 3,5 Prozent der gesamten europäischen Ackerflächen aus (vgl. Codecheck, 2017). Davon sind vor allem Insekten wie die Wildbienen betroffen. Eine Studie aus Kanada hebt hervor, dass Bienen auf Flächen, deren Böden mit Pestiziden behandelt wurden, im Vergleich zu unbehandelten Flächen deutlich weniger Pollen sammeln und weniger Nester bauen. Auf behandelten Böden bringen Wildbienen 89 Prozent weniger Nachkommen hervor und verringern somit die Bestäubung der Pflanzen (vgl. ökoreich, 2021).
Transporte
Die Mobilität ist für einen wesentlichen Teil des Klimawandels verantwortlich – in Deutschland verantwortet die Mobilität rund 20 Prozent der Emissionen (UBA 2022). Der Anstieg der Emissionen kommt vor allem durch die höheren Verkehrsleistungen, die Emissionseinsparungen durch mehr Dieselfahrzeuge, Elektromobilität und effizientere LKW-Motoren zustande. Mobilität ist aber auch unvermeidbar im Gastgewerbe, dessen Gäste schließlich anreisen und das beliefert werden muss.
- Im KEEKS-Projekt konnte am Beispiel der Schulküchen gezeigt werden, dass Transportleistungen (Langstreckentransporte, Logistik, Distribution und Einkauf) ca. 6 Prozent der Emissionen ausmachen (Scharp 2019). Hinsichtlich der Möglichkeiten, die Ernährung klimaeffizienter zu gestalten, hat der Transport in der stationären Gastronomie (Kita- und Schulküchen, Mensen, Betriebskantinen, Care-Bereich) nur eine geringe Relevanz, stattdessen sollten die Menüs klimaeffizienter hergestellt werden (s.o.).
- Langstreckentransporte können klimaeffizienter sein als die Distribution von Lebensmittel regional oder bundesweit – sofern sie per Schiff oder mit hocheffizienten LKW getätigt werden. Dies lässt sich am Beispiel von 22 t Mandeln zeigen, die benötigt werden um den jährlichen Bedarf von 27 Millionen Mandelplätzchen zu Weihnachten in Deutschland zu decken. Der Transport von 22 t Mandeln per Container von Kalifornien nach Hamburg (7.800 km) führt zu THG-Emissionen von 5,6 t CO2-Äq. Die bundesweite Distribution – von Hamburg über München und das Ruhrgebiet zurück nach Hamburg mit 22 Stationen zu großen Lageristen für Backwaren (3.700 km) – führt zu Emissionen von 17 t CO2-Äq.
- Flugtransporte von Lebensmitteln sind aufgrund der hohen THG-Emissionen unbedingt zu vermeiden. Der Anteil ist aber gering, da nur hochpreisige und schnell verderbliche Lebensmittel per Flugzeug transportiert werden (z. B. Frischfisch aus Afrika, Sri Lanka, Malediven; lebende Hummer aus Kanada, Bohnen aus Kenia oder Ägypten, spezielle Gemüse oder Früchte aus Thailand oder Afrika, Spargel aus Peru, Mangos aus Thailand oder Brasilien, Erdbeeren aus Israel oder Südafrika). Die Emissionen per Flugtransport sind etwa 170 mal größer als per LKW.
- Die Verwendung von Getränken auch in Mehrwegglasflaschen, die über lange Transportstrecken per LKW geliefert werden (Mineralwasser aus Frankreich oder Italien, Bier aus Schottland oder der Türkei), sollte vermieden werden. Aufgrund des hohen Flaschengewichts sind die Transportemissionen eher relevant.
- Gastronomische Einrichtungen sollten in jedem Fall auch Leitungswasser anbieten.
Energieeffiziente Küchengeräte
Im Bereich der Schulküchenverpflegung hat das KEEKS-Projekt gezeigt, dass die strombezogenen Prozesse (außer Heißwasser erzeugt von Boilern) etwas mehr als ⅓ der Emissionen verursachen (Scharp 2019). Energieeffizienz ist bei elektrischen Geräten deshalb grundsätzlich eine Forderung, die alle Küchenprozesse wie Kochen und Garen, Spülen, Gefrieren und Kühlen sowie diverse Kleingeräte betrifft. Die größten Anteile der THG-Emissionen der verschiedenen Geräte in der Schulküche lagen bei Gefrier- und Kühlgeräten (ca.40 Prozent), dem Kochen (Hockerkocher und Konvektomaten, ca. 15 Prozent) sowie dem Spülen (ca. 20 Prozent).
Am einfachsten ist die technische Optimierung bei Gefrier- und Kühlgeräten, denn bei diesen unterscheiden sich effiziente von ineffizienten Geräten teilweise um das 3- bis 4-fache (vgl. Scharp 2019). Eine Optimierung der Kühl- und Gefrierprozesse ermöglichten Einsparungen in der Schulverpflegung um knapp 5 Prozent der THG-Emissionen in der Küche, das sind gut 11 Prozent der insgesamt möglichen Einsparungen einer Schulküche (vgl. Scharp 2019). Die Bedeutung der Effizienz des Kühlens und des Gefrierens liegt insbesondere daran, dass die anderen wichtigen Energieverbraucher Wärme produzieren (Kochen, Garen, Braten oder Heißwasser für die Spülvorgänge), was auch bei älteren Geräten mit nur geringen Verlusten möglich ist. Entsprechend liegt die Verbesserung durch effizientere Geräte im Schnitt nur bei bis zu 20 Prozent, bei Kühl- und Gefriergeräten hingegen durch Investitionen in die modernste energiesparende Technik bei mehr als 50 Prozent. Dennoch gilt natürlich, dass bei Neuanschaffungen bei allen Kücheneinrichtungen auf die höchste Effizienzklasse zu achten ist.
Ebenfalls einfach und kostengünstig ist bei der Beleuchtung der Ersatz von Leuchtstoffröhren auf LED-Röhrensystemen. Eine gute Beleuchtung ist insbesondere für den Arbeitsschutz und die Einhaltung der Hygiene wesentlich. Beleuchtung ist mit 5 bis 10 Prozent des Energieverbrauchs in der Küche nicht besonders relevant, aber sie kann z. B. durch den Austausch von Leuchtstofflampen gegen LED-Leuchtröhren leicht optimiert werden.
Bislang stand der Wasserverbrauch bei Spülmaschinen im Vordergrund, leider gelten die Energieeffizienzklassen nicht für gewerbliche Spülmaschinen, sondern nur für Haushaltsspülmaschinen (EC o. J.). Aber auch bei den Spülmaschinen hat in den letzten Jahren der Sprung zur Wärmerückgewinnung aus dem Abwasser stattgefunden. Für den Gastrobereich sind von diversen Hersteller Maschinen mit Wärmerückgewinnung verfügbar, die die Spülwärme zur Vorwärmung des Kaltwassers nutzen (vgl. hea o. J.; Winterhalter o. J.).
Von Bedeutung für den Energieverbrauch in der Küche ist zudem, dass die Geräte den jeweiligen Prozessen angepasst sind – egal ob ein Konvektomat halb oder ganz gefüllt ist – der Stromverbrauch ist nahezu gleich. Deshalb sind sowohl die Beladungsgrößen als auch die Energieeffizienz der Geräte von entscheidender Bedeutung.
Nutzerverhalten
Auch energiesparendes Nutzerverhalten ist für alle Küchenprozesse ein Muss. Dies zeigt sich deutlich am Beispiel des Spülen, denn hierbei hat das Nutzerverhalten bezüglich des Energieverbrauchs die stärksten Auswirkungen. Energieverschwendung tritt insbesondere auf, wenn Spülmaschinen nur halbgefüllt gestartet werden oder wenn das Geschirr mit Heißwasser vorgespült wird. Effizientes Spülen steht für 3 Prozent der möglichen Einsparungen bei den THG-Emissionen der Schulverpflegung. Insgesamt vermindern sich die THG-Emissionen der Schulverpflegung dadurch um 1,2 Prozent.
Bei den Kochprozessen ist vor allem auf die Wahl des richtigen Gerätes im Hinblick auf die zuzubereitenden Mengen zu achten. Der Stromverbrauch eines Konvektomaten ist nahezu gleich, unabhängig vom Füllgrad. Folgedessen können mit der Anschaffung eines zweiten kleineren Konvektomaten kleinere Mengen nachhaltig zubereitet werden. Das Nutzerverhalten steht auch unter dem Zwang der Ökonomie. In den Schulküchen des KEEKS-Projektes wurden beispielsweise auch kleine Anzahlen von Gedecken – immer wenn gerade Zeit war – “zwischengespült”. Dies zeigt die typischen Zielkonflikte, die häufig auch nur unter Abwägung verschiedener Probleme nicht leicht zu lösen sind.
Quellenverzeichnis
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UBA Umweltbundesamt (2022): Treibhausgasemissionen stiegen 2021 um 4,5 Prozent. Online: umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/treibhausgasemissionen-stiegen-2021-um-45-prozent
UBA Umweltbundesamt (2021): Aufteilung der Erneuerbaren Energien Stand 2020. Online: https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/erneuerbare-konventionelle-stromerzeugung#bruttostromerzeugung-nach-energietragern
UBA Umweltbundesamt (2021a): Die Gebäude der Zukunft: Wärmewende und Bauwende für Klimaschutz und Lebensqualität. Abschlussveranstaltung „Neue Impulse zum nachhaltigen Klimaschutz im Gebäudebestand“. Online: https://www.deutscher-verband.org/fileadmin/user_upload/documents/Veranstaltungen/Runder-Tisch_Abschluss_2021/2._Vortrag_Prof_Messner_UBA.pdf
UBA Umweltbundesamt (2021b): Bauhaus der Erde – Initiative für eine Bauwende. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/bauhaus-der-erde-initiative-fuer-eine-bauwende
UBA Umweltbundesamt (2022b): Die Nutzung natürlicher Ressourcen. Ressourcenbericht für Deutschland 2022. Spezial: Rohstoffnutzung der Zukunft. Online: https://www.umweltbundesamt.de/ressourcenbericht2022
VDZ (2020) VDZ – Verein Deutscher Zementwerke e.V. (Hrsg.) (2020) Martin Schneider: Dekarbonisierung von Zement und Beton – Minderungspfade und Handlungsstrategien Eine CO2 – Roadmap für die deutsche Zementindustrie. Düsseldorf November 2020. Online: https://www.vdz-online.de/fileadmin/wissensportal/publikationen/zementindustrie/VDZ-Studie_Dekarbonisierung_von_Zement_und_Beton.pdf
Winterhalter (o. J.): Produktmerkmale UC-Serie. Online: winterhalter.com/de-de/gastro-spuelmaschine-berlin/
Wirtschaftsvereinigung Stahl (2022) Wirtschaftsvereinigung Stahl (2022): Rohstahlproduktion in Deutschland (online). Wirtschaftsvereinigung Stahl. Online: https://www.stahl-online.de/startseite/stahl-in-deutschland/zahlen-und-fakten/
WWF World Wide Fund For Nature (2019): Klimaschutz in der Beton- und Zementindustrie. Hintergrund und Handlungsoptionen. Online: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF_Klimaschutz_in_der_Beton-_und_Zementindustrie_WEB.pdf
SDG 14 Leben unter Wasser
“Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen”
Das SDG 14 zielt vor allem auf den Erhalt der Meere durch Reduzierung der Meeresverschmutzung und Versauerung, den Erhalt der Küstenökosysteme, der nachhaltigen Fischerei und den Schutz der Bestände ab. Hintergrund ist, dass viele Länder die Meere immer noch zur Müllentsorgung nutzen, anstelle Plastikmüll zu vermeiden, Küstengebiete für den Tourismus umzuwandeln oder die Fischbestände ohne Rücksicht ausbeuten.
Zwei Unterziele sind für das Gastgewerbe als Konsument von Fisch- und Meeresfrüchten relevant:
14.2 Bis 2020 die Meeres- und Küstenökosysteme nachhaltig bewirtschaften …
14.4 Bis 2020 die Fangtätigkeit wirksam regeln und die Überfischung, die illegale, ungemeldete und unregulierte Fischerei und zerstörerische Fangpraktiken beenden und wissenschaftlich fundierte Bewirtschaftungspläne umsetzen, um die Fischbestände in kürzestmöglicher Zeit mindestens auf einen Stand zurückzuführen, der den höchstmöglichen Dauerertrag unter Berücksichtigung ihrer biologischen Merkmale sichert
Die Schnittmengen mit der Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit” sind nicht unmittelbar einsichtig, aber das Gastgewerbe kann als Kunde in der Wertschöpfungskette Einfluss auf die Nachhaltigkeit nehmen. Die Bezüge zur Standardberufsbildposition wären dann (vgl. BGB 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Abfälle im Meer
Verweis: Die Thematik “Müll und Tourismus” wird im SDG 15 “Leben an Land” behandelt, hier folgt nur ein kurzer Exkurs zum Plastik im Meer.
Touristische Einrichtungen stehen häufig an den Stränden oder zumindest in Meernähe. Entsprechend relevant sind Abfälle und insbesondere Plastikabfälle für die Vermüllung der Meere und die Entstehung von Mikroplastik.
In vielen Ländern, insbesondere außerhalb Europas, fehlt eine umweltfreundliche Müllentsorgung. Aber selbst dort, wo sie vorhanden ist, können gerade touristische Abfälle wie Sonnencremeflaschen, Essensverpackungen, Getränkeflaschen und Plastiktüten direkt von den Stränden oder Abwasserkanälen ins Meer gelangen.
Plastik hält sich im Meer für Jahrhunderte. Es wird zwar langsam zerkleinert und zersetzt, doch die Folgeprodukte sind zunächst noch gefährlicher: “Meerestiere und Seevögel verwechseln die Plastikteile mit Nahrung.“ Viele sterben dann an inneren Verletzungen oder verhungern mit „vollem Magen” (Tourism Watch, 2017).
Verantwortliche Tourismusanbieter müssen also zumindest in ihrem Verantwortungsbereich dafür sorgen, dass Müll nicht ins Meer gelangt, sondern umwelt- und menschenfreundlich entsorgt wird. Hierzu gehören z. B. auch Müllcontainer im Strandbereich der eigenen Einrichtung.
Mikroplastik
Verweis: Die Problematik “Mikroplastik”, die das Hotel- und Gaststättengewerbe bei Hygieneartikeln, Reinigungs- und Putzmitteln, Einwegverpackungen sowie bei der Gastronomie betrifft, wurde bereits unter dem SDG 6 “Sauberes Wasser” eingegangen.
Ernährung - Hotelgastronomie
Fisch ist wichtig für die Ernährung und auch in Deutschland traditionell ein wöchentliches Gericht an Freitagen. Die DGE empfiehlt aus gesundheitlichen Gründen regelmäßig Fisch zu essen (DGE 2016), für die Schulküchen ist die Empfehlung mindestens zweimal in 20 Verpflegungstagen Seefisch zu servieren. Begründet wird dies mit den im Fisch enthaltenen wichtigen Omega-3-Fettsäuren. Mittlerweile akzeptiert die DGE auch eine ovo-lacto-vegetarische Menülinie. Hierbei ist aber auf die ausreichende Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren zu achten, wobei das Verhältnis von Omega 6 zu Omega 3 nicht über 6:1 liegen sollte. Unter den Pflanzenölen eignet sich hier insbesondere Leinöl, das sogar mehr Omega-3 als Omega-6 Fettsäuren enthält. Aber auch Rapsöl ist für die Omega-3-Aufnahme zweckmäßig. Weitere pflanzliche Nahrungsmittel mit relevantem Omega-3-Anteil, die zwar insgesamt weniger Fettsäuren enthalten, sind beispielsweise Grünkohl, Spinat, Kichererbsen, weiße Bohnen, und Blaubeeren (Zentrum der Gesundheit, 2022).
Die Menge des Fischkonsums sollte – gegenüber den älteren DGE-Empfehlungen – reduziert werden, weil die Meere sehr schnell leergefischt wären, würden sich alle Menschen an die Vorgabe, alle zwei Wochen Seefisch zu essen, halten. Auch der Wechsel auf Fischzucht bedroht die aquatischen Ökosysteme durch den notwendigen Futtermitteleintrag, den gezielten Fischfang zur Herstellung von Fischmehl als Futtermittel und die Nutzung von Antibiotika. Fisch insgesamt hat einen THG-Wert von ca. 6 kg CO2-Äq pro kg Lebensmittel. Dies ist mehr als Geflügel oder Schweinefleisch und etwa die Hälfte von Rind. Dabei schneidet Zuchtfisch aufgrund des notwendigen Energie- und Ressourcenaufwands ungünstiger ab als (insbesondere frischer) wild gefangener Fisch (Umweltdialog, 2018). Aus Sicht von Ökologie und Klimaschutz sollte Seefisch in der Gastronomie daher nur selten angeboten werden. Insbesondere beim Lachs sollte auf Bio-Qualität gesetzt werden. In jedem Fall sollte das MSC-Siegel eingehalten werden.
Folgen der Überfischung
- Die derzeitige Praxis der Fischerei mit Fischfabriken, modernster Technik zur Identifikation “lohnenswerter” Schwärme, schwerste Grundschleppnetze und Entsorgung von Unmengen an Beifang, führt zu einer Zerstörung der Fischbestände (Greenpeace o. J.). Überfischung bedroht die Artenvielfalt in den Meeren. Dies betrifft nicht nur Zielarten der Fischerei, sondern ebenso den Beifang und die betroffenen Nahrungsketten innerhalb der maritimen Ökosysteme. Auf der UN-Biodiversitätskonferenz im April 2022 war die Fischerei deshalb ein zentrales Thema. “Tatsächlich gehören Überfischung und Beifang zu den Hauptursachen für den Verlust der Biodiversität im Meer!” (Marine Stewardship Council, o. J.)
- Überfischung bedeutet langfristig weniger Erträge, denn die überfischten Arten drohen auszusterben. Was kurzfristig eine Erhöhung der Fänge und der monetären Gewinne verspricht, bedroht langfristig die Ernährungssicherheit der Weltbevölkerung. Aufgrund des hohen Proteingehalts von Fisch gilt dies insbesondere für eine höherwertige Ernährung zur Vermeidung von ernährungsbedingten Mangelkrankheiten.
- Auch der Klimawandel wird durch Überfischung verstärkt. Die Funktion der Meere und Ozeane als Kohlenstoffsenke funktioniert über die Einbindung des CO2 in Phytoplankton und landet später teilweise als Fischkot auf dem Meeresgrunde. Die Bedeutung der Fische bei der Kohlenstoff-Absorption ist allerdings nur gering (Marine Stewardship Council, o. J.).
Folgen von Aquafarming
- Aqua-Farming von z. B. Lachs oder Garnelen, kann einerseits zur Schonung der Wildbestände beitragen, andererseits kann die intensive Tierhaltung oder die Anlage von Fischfarmen auch die Umwelt sehr belasten (Lachszucht in Norwegen, vgl. Pro und Contra: Norfisk o. J. versus Quarks 2018).
- Durch die Aquakulturen gelangen große Mengen von Nahrungsresten, Fischkot und Chemikalien in die Meere und küstennahe Ökosysteme. Dies verändert und schädigt sie in jedem Fall. Weniger resistente Ökosysteme können auch völlig zerstört werden, wie dies in Vietnam bei Mangrovenwäldern durch Krabbenzucht geschehen ist (Papst 2018).
- Aber auch Fisch-Wildbestände, die ja eigentlich durch Aquakulturen geschützt werden sollen, können durch diese unter Druck geraten (WWF, o. J.). Dies droht durch die Verwendung von Fischmehl als Futtermittel, das zwar aus anderen Fischarten gewonnen wird, aber diese werden eben auch gefangen. Die gleiche Fischart ist in ihrem Bestand bedroht, wenn Jungfische aus Wildbeständen zur Zucht eingesetzt werden. Die Richtlinien des internationalen fair-fish.net regeln deshalb, dass keine Jungtiere aus Wildbeständen eingesetzt werden dürfen und dass Fischmehl nur in der Menge eingesetzt wird, in der im eigenen Betrieb als Schlachtnebenprodukt anfällt (fair-fish.net, 2015).
- Besonders bedenklich ist der Einsatz von Antibiotika zur Vermeidung von Krankheiten des Bestandes. Denn diese, wie auch eingesetzte Pestizide, reichern sich im Boden und im Ökosystem an (WWF, o. J.). Das Ökosystem wird geschädigt und die eingesetzten Antibiotika verlieren auf Dauer ihre Wirkung.
Quellenverzeichnis
WWF (World Wild Found for Nature) (2021) Der WWF Fischratgeber Greenpeace (2020): https://www.wwf.de/aktiv-werden/tipps-fuer-den-alltag/vernuenftig-einkaufen/wwf-einkaufsratgeber-fische-meeresfruechte
Marine Stewardship Council (o. J.): Überfischung: Was steht dabei auf dem Spiel für die Meere, das Klima und uns Menschen? Online: msc.org/de/fisch-nachhaltigkeit/ueberfischung-der-meere/die-folgen-von-ueberfischung
Greenpeace (2021): Hintergrundinformationen zum Marine Stewardship Council (MSC). Online: https://www.greenpeace.de/publikationen/msc-hintergrundinformationen.pdf
Norfisk (o. J.): Darf*s ein bisschen mehr sein? Siegel und Qualitätsstandards für höchste Qualität. Online: norfisk.de/de/qualitaet/unsere-qualitaetssiegel
Quarks (2018): So umweltschädlich ist dein Lachssteak. Online: quarks.de/umwelt/landwirtschaft/fischzucht-in-norwegen-so-umweltschaedlich-ist-dein-lachssteak/
WWF (o. J.): Ist Aquakultur die Lösung? Online: wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/fischerei/nachhaltige-fischerei/aquakulturen
Tourism Watch (2017): Tourismus, Müll und Meer. Online: https://www.tourism-watch.de/artikel/schwerpunkt/tourismus-muell-und-meer
fair-fish.net (2015): Richtlinien fair-fish für die Fischzucht. Online: http://fair-fish.ch/media/filer_public/25/0a/250a01fa-219b-43d5-8fa6-a9e53eaf96db/tmpimportpaxroa.pdf
SDG 15 Leben an Land
“Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt
ein Ende setzen”
Die Schnittmengen mit der Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit” sind nicht unmittelbar einsichtig, aber das Gastgewerbe kann als Kunde in der Wertschöpfungskette Einfluss auf die Nachhaltigkeit nehmen. Hierbei kommt am ehesten noch das Unterziel 15.2 (Produkte aus ehemaligen Urwäldern) und 15.5 (industrielle Landwirtschaft) in Frage:
15.2 Bis 2020 die nachhaltige Bewirtschaftung aller Waldarten fördern, die Entwaldung beenden, geschädigte Wälder wiederherstellen und die Aufforstung und Wiederaufforstung weltweit beträchtlich erhöhen
15.5 Umgehende und bedeutende Maßnahmen ergreifen, um die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume zu verringern, dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende zu setzen und bis 2020 die bedrohten Arten zu schützen und ihr Aussterben zu verhindern
Die Bezüge zur Standardberufsbildposition wären dann (vgl. BGB 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
SDG 15 im Tourismus
Das SDG 15 ist in doppelter Hinsicht mit der Hotellerie verknüpft:
Zum Einen profitiert die Hotellerie in weiten Bereichen von den Zielen dieses Nachhaltigkeitsziels: Große Artenvielfalt, gesunde – zur Erholung einladende – Ökosysteme sowie das jeweils spezifische Naturerbe eine Region gehören mit zu den Hauptgründen, warum Touristen ein Reiseziel besuchen. Zum anderen wirkt der Tourismus aber auch auf die Landökosysteme. Dies gilt im Guten wie im Schlechten. Er kann durch “Übernutzung” an der Gefährdung und Vernichtung teilhaben oder sich am Schutz und Erhalt der Artenvielfalt beteiligen und dabei auch für die lokale Bevölkerung Einkommen als Lebensgrundlage dauerhaft sicherstellen (DGVN, 2017).
Um sicherzustellen, dass der Tourismus nicht Teil des Problems sondern Teil der Lösung ist, empfiehlt die Welttourismusorganisation (World Tourism Organisation UNWTO) der Hotellerie CSR-Regeln und -Maßnahmen u.a. in folgenden Bereichen: “Schutz der Tierwelt und Tierschutz in Ökosystemen; Schadstoffreduzierung; Abfallbehandlung; …; ‘grünes’ Einkaufen; Informationen für Kunden und Mitarbeiter; Beteiligung der Gastkommunen” (DGVN, 2017).
Schutz der Tierwelt und Naturschutz
In einer Welt, in der erfreulicherweise immer mehr Menschen in den Mittelstand aufsteigen und sich Reisen leisten können, gehört der Tourismus zu den am schnellsten wachsenden Wirtschaftssektoren. Mittlerweile findet sich weltweit jeder zehnte Arbeitsplatz im Tourismus und “Jeder fünfte Mensch ist auch ein Tourist“. […] 2019 wurden weltweit mehr als 1,5 Milliarden touristische Ankünfte registriert – für das Jahr 2036 rechnet die Welttourismusorganisation UNWTO sogar mit bis zu 1,9 Milliarden” (WWF, 2022).
Dieser Reiseboom setzt die Natur insgesamt und viele Tier- und Pflanzenarten unter Druck. Immer weniger natürliche Lebensräume und -gemeinschaften bleiben bestehen und lebenswichtige Ressourcen werden übernutzt.
Um diese Entwicklung aufzuhalten, muss der Tourismus nachhaltiger werden. Hierzu zählen Schutz und Erhalt der Biodiversität, Unterstützung von Naturschutzgebieten, sowie die Umsetzung von Reisekonzepten, die Schutz vor Wilderei mit einer ökonomischen Perspektive für die lokale Bevölkerung verbinden (a.a.O.).
Naturschutz und Tourismus müssen durch sanftes Reisen miteinander in Einklang gebracht werden. Nationalparks und Biosphärenreservate sind Antreiber eines solchen Tourismus und tragen dadurch auch wirtschaftlich zur Wertschöpfung bei. Aber Tourismus muss sich klar sein: “Die bloße Anwesenheit von Menschen beeinträchtigt störungssensible Arten. Je massiver Erholungssuchende auftreten und je lautstärker ihre Aktivität in der Natur, desto stärker sind die Belastungen – zugleich auch durch Flächenversiegelung, Wasserverbrauch, Gewässerbelastungen, Tritt usw.” (NuL, 2010).
Schadstoffe und Abfälle
Touristen steigern den Konsum in den besuchten Städten und Regionen, was aus wirtschaftlicher Hinsicht auch meistens gewünscht ist. Es muss darauf geachtet werden, dass kein verantwortungsloser Konsum oder aus dem Tourismus generierte unverantwortliche Produktion und mangelhafte Bewirtschaftung von Ressourcen und Abfällen Umwelt und Menschen schädigen.
“Im Tourismus wird überdurchschnittlich viel Abfall produziert.“ Der Müll aus dem Geschäft mit den Reisenden macht allein in Indien 36 Prozent des gesamten Abfalls aus, in der Dominikanischen Republik sind es gar 70 Prozent” (Fair unterwegs, o. J.).
Aber natürlich vervielfacht sich auch in europäischen Tourismuszielen wie den Ost- und Nordfriesischen Inseln die Abfallmengen während der Reisesaison. Tourismuskonzepte müssen auf die Reduzierung dieser Abfallströme zielen. Hierzu gehört in erster Linie der Verzicht auf Einweg-Materialien und -Verpackungen in Hotels, Restaurants und Straßenständen.
Außerhalb Europas fehlt zudem häufig ein umweltschonendes Abfall-Management zur Entsorgung der Abfälle. “Sowohl Mülldeponien, Verbrennungsöfen und -stätten ebenso wie improvisierte Müllhalden und Recyclingstätten –samt der damit einhergehenden Probleme wie Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung –liegen oft in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten der weniger privilegierten Bevölkerung” (a.a.O.). Verantwortliche Tourismusanbieter müssen also zumindest in ihrem Verantwortungsbereich dafür sorgen, dass Müll reduziert und dann recycelt oder umwelt- und menschenfreundlich entsorgt wird.
Touristische Einrichtungen stehen häufig an den Stränden oder zumindest in Meernähe. Entsprechend relevant sind die Plastikabfälle für die Vermüllung der Meere und die Entstehung von Mikroplastik.
Hierzu folgende Verweise:
Die Problematik “Müll und Meer” wird unter SDG 14 “Leben unter Wasser” behandelt
Auf die Problematik “Mikroplastik”, die das Hotel- und Gaststättengewerbe bei Hygieneartikeln, Reinigungs- und Putzmitteln, Einwegverpackungen sowie bei der Gastronomie betrifft, wird ausführlich unter dem SDG 6 “Sauberes Wasser” eingegangen.
Grünes Einkaufen
Verweis:
Nachhaltiges Einkaufen betrifft die Hotelgastronomie, die Beschaffung von Hoteleinrichtung und Verbrauchsmaterialien sowie den Verzicht auf Einwegverpackungen. Nachhaltiges Einkaufen wird behandelt bei den SDGs 12, 14 sowie hier im nächsten Unterkapitel “SDG 15 in der Gastronomie”.
SDG 15 in der Gastronomie
Das SDG zielt auf den Schutz der Ökosysteme ab und ist eng mit unserer Landwirtschaft und Ernährung verbunden. Hierbei geht es insbesondere um die Bedrohung der Biodiversität durch Monokulturen und Pestizideinsatz, einen gesunden Boden mit vielfältiger Flora und Fauna sowie der Fähigkeit Wasser zu speichern, der Regeneration des Grundwassers und Vermeidung seiner Verschmutzung durch Überdüngung, die Schadwirkungen großer Monokulturen und den hohen Wasserbedarf der Landwirtschaft.
Während früher eine dezentrale und handwerkliche Landwirtschaft Arten- und Biotopvielfalt garantierte, droht heute das Gegenteil. “Mit zunehmender Technisierung vergrößerten sich die Ackerschläge. Flurgehölze, natürliche Landschaftselemente wie Hecken oder Blühstreifen, Weiher und Ackerrandstreifen wurden vielfach entfernt und sind heute … selten anzutreffen.” (UBA 2022).
Lösungen bieten diversifizierte Anbauflächen, reduzierte und fachgerechte Düngung sowie ein möglichst hoher Anteil an Bio-Anbau. Letzterer wird durch eine entsprechende Konsumenten-Nachfrage ermöglicht und nutzt aufgrund der geforderten Anbau- und Zuchtbedingungen neben dem Erhalt der Ökosysteme auch dem Tierwohl.
Allerdings ist hierbei die Globalisierung der Wertschöpfungsketten zu berücksichtigen. Deutschland importiert einen großen Teil seiner Lebensmittel – bedingt durch die Struktur der Agrarförderung – aus dem Ausland. Die Nutzung kostengünstiger Produktionsbedingungen mit geringen oder keinen Umwelt- und Beschäftigungsstandards führt dazu, dass zu Lasten von Mensch und Umwelt in Südamerika und Asien viele Lebensmittel angebaut werden. Beispiele sind Rindfleisch aus Brasilien und den USA, Palmöl aus Indonesien, Krabben aus Vietnam und Avocados aus Chile.
Intensive Landwirtschaft und Artenvielfalt
Häufig wird postuliert, dass die im Interesse der Artenvielfalt vorgeschlagenen Lösungen im Widerspruch zur intensiven Landwirtschaft stehen, die zur Ernährung von weltweit aktuell 8 Mrd. und in wenigen Jahrzehnten 10 Mrd. Menschen lebenswichtig sind. In wenigen Fällen trifft dieser Einwand zu, in den meisten sicher nicht. Allerdings wird eine nachhaltige intensive Landwirtschaft sicher arbeitsintensiver als eine nicht nachhaltige Version, die auf Monokulturen und Massentierhaltung setzt. Bei gegenwärtig unter 1 Prozent am BIP und entsprechend wenig Arbeitsplätzen ist aber auch ein höherer Arbeitseinsatz nachhaltig. Vorhandene Zielkonflikte werden sehr gut dargestellt im Unterrichtsvorschlag “Wie wirkt sich die intensive Landwirtschaft auf die Artenvielfalt aus?” (BMUV 2017). Die Seite “Umwelt im Unterricht” gibt hierzu viele Beispiele (Umwelt im Unterricht, 2017).
Agro-Biodiversität
Neben dem Schutz der biologischen Vielfalt in natürlichen Lebensräumen und insgesamt durch entsprechende Regeln zu Düngung, Pestiziden und Insektenschutz muss dabei auch in der Landwirtschaft selbst die Artenvielfalt erhalten und ausgebaut werden. “Agro-Biodiversität” bedeutet dabei Schutz durch Nutzung und bezieht sich auf “alle Zuchtformen von Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen sowie ihre verwandten Wildarten.” (BMEL, 2019 b). Wo immer möglich, sollte die Gastronomie also auch seltene landwirtschaftliche Produkte nachfragen, um so ihr Bestehen auf dem Markt und in der Natur abzusichern.
Initiative “Bienen füttern”
Auch das (indirekte) “Bienen füttern” gehört damit zu den Aufgaben der Landwirtschaft, wiederum ein Argument für dezentrale Strukturen, denn bei großen Monokulturen blühen weite Flächen zeitgleich und zu anderen Zeiten finden Bienen und andere Insekten keine Nahrung. Die Initiative “Bienen füttern” setzt hier an und wurde 2014 vom BMEL ins Leben gerufen. Sie richtet sich zuerst an die Landwirtschaft und Politik, aber auch an andere Einrichtungen wie Unternehmen und Schulen (BMEL, 2022 b). Auch Ausbildungsbetriebe und Bildungseinrichtungen im Gastgewerbe-Bereich können sich an der Initiative beteiligen, um ihre nachhaltige Ausrichtung zu vertiefen und zu dokumentieren.
Bioprodukte sowie saisonal-regionale Produkte
Auf Bioprodukte sowie auf saisonal-regionale Produkte als wichtigem Bestandteil nachhaltiger Ernährung wurde bereits unter “SDG 13 – Klimaschutz” eingegangen. An dieser Stelle wird daher nur auf dieses Kapitel verwiesen. Tatsächlich betreffen diese Produktions- und Konsumformen aber das SDG 15 sogar noch stärker als den Klimaschutz.
Informationen für Gäste und Mitarbeiter und Beteiligung der Gastkommunen
“Tue Gutes und rede darüber” gilt hier doppelt. Zum einen hilft es dem Selbstverständnis und Ansehen des eigenen Unternehmens / der eigenen Einrichtung, wenn die Aktivitäten zum Naturschutz, zur Müllvermeidung und -Entsorgung, zur ökologischen Beschaffung und zur gesunden und nachhaltigen Ernährung Verbreitung finden. Zum anderen lassen sich viele Ziele aber auch nur durch Mitwirkung oder zumindest Verständnis der Gäste sowie der Gastkommune erreichen. Dies gilt für das Sauberhalten der Strände, den Schutz von Naturschutzgebieten, den Verzicht von Einwegverpackungen, einen höheren Anteil pflanzlicher Zutaten bei Essensangeboten und natürlich für eine funktionierende Abfallwirtschaft.
Diese Aktivitäten im Bereich von Information und Kooperation sollten natürlich verbunden werden mit der Umsetzung und der Kommunikation von Maßnahmen zu anderen SDGs. Dazu gehören z. B. nachhaltige Verkehrskonzepte (An- und Abreise, Nahverkehr im Urlaubsort), Klimaschutz (Heizung und Warmwasser) und nachhaltiger Konsum (Hotelausstattung und -betrieb).
Quellenverzeichnis
DGVN (2017): UNWTO-Publications: Tourismus und die Ziele für nachhaltige Entwicklung – Eine Reise ins Jahr 2030. Online: https://dgvn.de/publications/PDFs/UN_Berichte/UNWTO-Bericht_web.pdf
UBA Umweltbundesamt (2022): Gefährdung der Biodiversität. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/umweltbelastungen-der-landwirtschaft/gefaehrdung-der-biodiversitaet
Codecheck (2017): Wie umweltfreundlich ist konventioneller Weinbau? Online: https://www.codecheck.info/news/Wie-umweltvertraeglich-ist-konventioneller-Weinanbau-219207
Ökoreich (2021): Pestizide schaden Wildbienen. Online: https://www.oekoreich.com/medium/pestizide-schaden-wildbienen-89-prozent-weniger-nachkommen
BMUV (2017) Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2017): Wie wirkt sich die intensive Landwirtschaft auf die Artenvielfalt aus? Online: umwelt-im-unterricht.de/unterrichtsvorschlaege/wie-wirkt-sich-die-intensive-landwirtschaft-auf-die-artenvielfalt-aus/
BMEL (2019 b): Agro-Biodiversität: Schutz durch Nutzung. Online: bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/artenvielfalt/agro-biodiversitaet.html
FiBL (2018): Flächenerträge von Schweizer Rapsöl und Palmöl im Vergleich. Online: https://orgprints.org/id/eprint/33773/1/batlogg-bernet-2018-FiBLBericht-RapsoelPalmoelVergleich_final.pdf
DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2016): Trans-Fettsäuren und ihr Einfluss auf die Gesundheit. Online: https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/trans-fettsaeuren/
DVT (2021): Palmöl-Einsatz im Futter. Online: https://www.dvtiernahrung.de/aktuelles/themen-positionen/palmoel
BMEL, 2022 b: Initiative „Bienen füttern!“. Online: bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/artenvielfalt/bienen-fuettern/initiative-bienen-fuettern.html
Fair unterwegs (o. J.): Abfall. Online: https://www.fairunterwegs.org/hintergrund/umwelt-lebensgrundlagen/abfall/
NuL – Naturschutz und Landschaftsplanung (2010): Tourismus und Naturschutz – gegen- oder miteinander? Online: https://www.nul-online.de/Tourismus-und-Naturschutz-gegen-oder-miteinander,QUlEPTE4NjE5OTQmTUlEPTExMTE.html
WWF, (2022): Tourismus – nachhaltiger gestalten für Mensch und Natur. Online: https://www.wwf.de/zusammenarbeit-mit-unternehmen/tourismus