Hauswirtschafter/Hauswirtschafterin Ausbildung nach Schwerpunkt – serviceorientierte Dienstleistungen
Wichtiger Hinweis
Für alle drei Fachrichtungen wurde ein gemeinsames Hintergrundmaterial HGM, Impulspapier IP und eine Foliensammlung FS erstellt. In dem Impulspapier werden die Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ sowie die gemeinsamen berufsprofilbezogenen Berufsbildpositionen behandelt nicht jedoch die Schwerpunkte der drei Fachrichtungen.
Einleitung
Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung). Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis 2022). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die Materialien der Projektagentur
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in novellierten Ausbildungsordnungen in Berufen mit großer Relevanz für wichtige Themen der Nachhaltigkeit wie z. B. dem Klimaschutz werden wichtige Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen nicht genannt – obwohl die Berufe deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten könnten. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030. Das Impulspapier ist spezifisch für einen Ausbildungsberuf erstellt, fasst aber teilweise spezifische Ausbildungsgänge zusammen (z. B. den Fachmann und die Fachfrau zusammen mit der Fachkraft sowie die verschiedenen Fachrichtungen)
- BBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS) und Handreichung (HR): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten. Das Material liegt auch als Handreichung (HR) mit der Folie und Notizen vor.
Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) meint eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen (BMBF o. J.). BBNE ist somit nur ein Teil von BNE, der an alle Bürger*innen adressiert ist. Eine Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn Menschen weltweit, gegenwärtig und in Zukunft würdig leben und ihre Bedürfnisse und Talente unter Berücksichtigung planetarer Grenzen entfalten können. … BNE ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen (ebd.).
Grundlage für BNE ist heutzutage die Agenda 2030 mit ihren 17 SDG (Sustainable Development Goals). Die 17 Ziele bilden den Kern der Agenda und fassen zusammen, in welchen Bereichen nachhaltige Entwicklung gestärkt und verankert werden muss (ebd.). Die Materialien der Projektagentur sollen Lehrkräften an Berufsschulen und Ausbildende dabei helfen, die Ideen der SDG in die Bildungspraxis einzubringen. Sie sind somit ein wichtiges Element insbesondere für das Ziel vier “Hochwertige Bildung”: “Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, …” (ebd.).
Während die Grundlage in den Impulspapieren die Ausbildungsordnungen und die Rahmenlehrpläne der beruflichen Bildung waren, die mit den SDG vernetzt wurden, geht das Hintergrundpapier den umgekehrten Weg: Wir betrachten die SDG im Hinblick auf ihre Bedeutung für die berufliche Bildung und stellen uns der Frage, welche Anforderungen ergeben sich aufgrund der SDG und deren Unterziele an die Berufsbildung? Die folgenden Beschreibungen haben deshalb immer die gleiche Struktur:
- Es wird das SDG beschrieben.
- Es werden relevante Unterziele benannt.
- Es wird (wissenschaftlich) ausgeführt, was diese Unterziele für das jeweilige Berufsbild bedeuten.
Glossar
Folgende Abkürzungen werden in diesem Dokument verwendet:
Abkürzung | Bezeichnung |
AO | Ausbildungsordnung |
BMUV | Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit |
Care | Segment der AHV, hier: Krankenhäuser, Pflegeheime |
CO2-Äq | Kohlendioxid-Äquivalente |
FS | Foliensammlung |
HGM | Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial) |
IP | Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial) |
KI | Künstliche Intelligenz |
ÖPNV | Öffentlicher Personennahverkehr |
RLP | Rahmenlehrplan |
SBBP | Standardberufsbildposition |
SDG | Sustainable Development Goals |
THG | Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq) |
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/17281
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.a): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.b): Ausbildung gestalten. Online: BIBB / Reihen / Ausbildung gestalten
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE? Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
Hinweis
Die Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft (dgh) unterstützt die gesellschaftliche Transformation und die damit einhergehende globale Nachhaltigkeitsstrategie. Daher veröffentlicht sie seit 2020 jeden Freitag Tipps für professionelle Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter zur nachhaltigeren Ausrichtung ihrer alltäglichen beruflichen Handlungen, orientiert an den SDGs: https://www.dghev.de/dgh-for-future
Auch im Rahmen eines Diskussionspapiers „Hauswirtschaft und Nachhaltigkeit“ des Deutschen Hauswirtschaftsrates wird die Bedeutung zum nachhaltigen Handeln mit Bezug zu den Nachhaltigkeitsdimensionen und den SDGs fokussiert (Deutscher Hauswirtschaftsrat 2022).
Im Folgenden werden beispielhafte Bezüge zu einzelnen SDGs herangezogen. Darüber hinaus leisten Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter Beiträge zu den weiteren SGDs.
SDG 2 Kein Hunger
“Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit
und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern”
Das Nachhaltigkeitsziel SDG 2 beinhaltet den Anspruch, den Hunger in allen Teilen dieser Welt zu beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung zu erreichen sowie die nachhaltige Landwirtschaft zu fördern (Destatis 2022a). Die Unterziele des SDG 2, die die Vermeidung von Hunger beinhalten, für bessere, ausgewogene Ernährung sorgen sollen und einen Bezug zum Berufsbild Hauswirtschaft aufweisen, sind folgende (ebd.):
2.1. „den Hunger beenden und sicherstellen, dass alle Menschen, insbesondere die Armen und Menschen in prekären Situationen, einschließlich Kleinkindern, ganzjährig Zugang zu sicheren, nährstoffreichen und ausreichenden Nahrungsmitteln haben.“
2.2 „alle Formen der Fehlernährung beenden“
In der Position 3a der Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit” wird ein Fokus auf die “soziale Bedeutung von Geschäfts- und Arbeitsprozessen bzw. Wertschöpfungsketten” gelegt. Darüber hinaus wird der “ökologische und soziale Fußabdruck” in der Position 3b hervorgehoben (BIBB 2021b):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen, Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter sind für die hauswirtschaftlichen Betreuungs- und Versorgungsbedarfe zuständig. Sie planen die Verpflegung, beschaffen und lagern die benötigten Rohwaren und bereiten und servieren schließlich Speisen und Getränke. So haben sie Einfluss auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung verschiedener Zielgruppen (z. B. Kinder in Kita und Schule oder Senioren in Seniorenheimen). Durch einen ressourcenbewussten Einsatz und entsprechender Vermeidung von Abfällen können Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter dafür sorgen, dass Lebensmittel nicht unnötig verloren gehen.
Unser Ernährungssystem
Die Veränderung des Ernährungssystems durch Globalisierung, Industrialisierung und effizientere Anbau- und Produktionsweisen tragen zu einem stets hohen Angebot an Lebensmitteln bei, die ab den 1970er-Jahren zum Nahrungsmittelüberfluss in bestimmten Teilen der Welt führte (UBA 2019a, S. 8; Kuhlgatz 2014). „Begriffe wie ‚krankhaftes Übergewicht‘ und ‚Milchseen‘ gingen plötzlich in den allgemeinen Sprachgebrauch über. Die permanente Verfügbarkeit und das Überangebot an Lebensmitteln in den Industrieländern, gekoppelt mit sehr niedrigen Lebensmittelpreisen für die Verbraucher/-innen, die die wahren Kosten für Natur und Gesellschaft nicht abbilden, trugen auch zu einem Verlust der Wertschätzung von Lebensmitteln bei.“ (Ritter & Strotmann 2023, S. 30)
Doch während sich einerseits die Anzahl der an Adipositas leidenden Menschen seit 1975 global fast verdreifacht hat ( WHO 2021), ist es bisher nicht gelungen, die vorhandenen Nahrungsmittel weltweit gerecht zu verteilen. So steigt die Zahl hungernder Menschen seit dem Jahr 2014 global wieder an (UN 2021, S. 8). Im Jahr 2020 hungerten weltweit nunmehr 768 Millionen Menschen (ebd., S. 8).
Neben Hunger bewegt die Gesellschaft ein weiteres Phänomen, denn jeder dritte Mensch erkrankt an den Folgen einer Fehlernährung (FAO & WHO 2019). Neben menschlichem Leid führt dies zu hohen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten. Aber auch Missstände wie schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne fallen u. a. im Bereich der Lebensmittelherstellung auf (Ritter & Strotmann 2023, S. 30). Dies führt unweigerlich auch lokal zu Armut und Hunger, wenn Menschen – trotz Einkommen – nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Daneben meldet Deutschland für 2020 Lebensmittelabfälle in einem Umfang von fast 11 Mio. Tonnen an die EU-Kommission (BMEL 2022). Es stellt sich daher die dringliche Frage, wie derartige Missstände und Rahmenbedingungen zu beheben sind. Die deutsche Bundesregierung schreibt in einem Artikel aus dem Jahr 2022 Folgendes:
„Die ökologische, ökonomische und soziale Bilanz des Lebensmittelkonsums wird durch Art, Umfang und den Preis der gekauften Lebensmittel, deren Herstellung und Verarbeitung, den Ressourcenverbrauch und Flächenbedarf im Hinblick auf eine feste Produktionsmenge sowie unter anderem auch durch die Menge der Lebensmittelabfälle bestimmt. Lebensmittelabfälle und -verluste sind mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit nicht vereinbar […]. Mit einer überwiegend pflanzlichen Ernährung aus möglichst regional erzeugten Lebensmitteln sowie mehr Wertschätzung von Lebensmitteln kann jeder zu mehr Nachhaltigkeit beitragen.“ (Bundesregierung 2022)
Nachhaltige Ernährung
Dies betrifft auch Handlungsfelder der Hauswirtschafterin und des Hauswirtschafters. Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter versorgen z. B. Bewohnerinnen und Bewohner, Kunden und Gäste in Privathaushalten, Schulen, Wohnheimen, Krankenhäusern oder Beherbergungsbetrieben und können dadurch direkten Einfluss u. a. auf deren Umgang mit Lebensmitteln und Ernährungsweisen nehmen. Doch was genau ist eine an Nachhaltigkeit orientierte Ernährungsweise? Hierzu eine Definition der FAO (2012):
„Nachhaltige Ernährungsweisen haben geringe Auswirkungen auf die Umwelt, tragen zur Lebensmittel- und Ernährungssicherung bei und ermöglichen heutigen und zukünftigen Generationen ein gesundes Leben. Sie schützen und respektieren die biologische Vielfalt und die Ökosysteme, sie sind kulturell angepasst, verfügbar, ökonomisch gerecht und bezahlbar, ernährungsphysiologisch angemessen, sicher und gesund, und verbessern gleichzeitig die natürlichen und menschlichen Lebensgrundlagen.“
Mit Blick auf eine nachhaltige Ernährung wird deutlich, dass der Begriff unterschiedlich interpretiert und verwendet wird. Handlungsansätze zur nachhaltigen Ernährung werden z. B. in Form eines Diskussionspapiers für politische Entscheidungsträger*innen zur Förderung von nachhaltigen Ernährungssystemen in Deutschland formuliert. Es basiert auf den Ergebnissen aus sechs BMBF-Projekten, die im Rahmen der Fördermaßnahme „Nachhaltiges Wirtschaften“ (im Rahmen der Sozial-Ökologischen Forschung SÖF) gefördert wurden. Somit definieren die Forschenden eine nachhaltige Ernährung als umweltfreundlich, gesundheitsfördernd, ethisch verantwortlich, alltagsadäquat gestaltet, soziokulturelle Vielfalt ermöglichend, ökonomisch tragfähig (Wunder et al. 2018, S. 3). Unter dem Aspekt der Gesundheitsförderung wird dabei u. a. die Förderung der Lebensqualität verstanden, die über eine bloße Versorgung mit gesunden Lebensmitteln und eine Vermeidung von Fehlernährung hinausgeht (ebd., S. 7).
Ebenfalls auf nationaler Ebene ist ein Gutachten „Politik für eine nachhaltige Ernährung. Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten” des wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE 2020) entstanden. Vier Ziele nachhaltiger Ernährung – Gesundheit, Soziales, Umwelt und Tierwohl – nimmt dieses Gutachten dabei in den Fokus (ebd.).
Das Thema einer nachhaltigen Ernährung wird auch international in unterschiedlichen Ansätzen aufgegriffen. Ein Konzept auf internationaler Ebene ist die „Planetary Health Diet“, die 2019 von der EAT-Lancet-Kommission on Food, Planet, Health vorgelegt wurde (BZfE 2020). Die Kommission, bestehend aus 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat globale Empfehlungen für eine nachhaltigkeitsorientierte Lebensmittelproduktion und Ernährung erarbeitet. Damit die Grenzen des Planeten eingehalten würden, müsste den Feststellungen der Kommission zufolge beispielsweise der Konsum von Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen verdoppelt und dagegen der Verzehr von Fleisch und Zucker halbiert werden.
Die Arbeitsgruppe „Nachhaltige Ernährung e. V.” (2018) hat darüber hinaus im Jahr 2018 eine Matrix erstellt, die die Potenziale der „Grundsätze für eine Nachhaltige Ernährung“ (wie die Bevorzugung pflanzlicher, ökologisch erzeugter, gering verarbeiteter, regionaler und saisonaler sowie fair gehandelter Lebensmittel und bekömmlicher Speisen, siehe SDG 13) zur Unterstützung aller SDGs aufzeigt. Darin konstatiert die Arbeitsgruppe zu SDG 2, dass aus energetischer Sicht die Umwandlung von verfütterten Pflanzen in tierische Produkte wenig effizient ist und damit dem SDG 2 entgegenstünde. Sie empfehlen neben gesundheitlichen Aspekten auch aus diesem Grund den Verzehr pflanzlicher Produkte. Da pflanzlich basierte Kost zumeist preisgünstiger ist als tierische, sinken dadurch die Ausgaben (BZfE 2021). Gleichzeitig verringere sich die Futtermittelnachfrage und die Flächenkonkurrenz in den Anbaugebieten. Entsprechend ließe sich Armut und Hunger hierzulande und in Ländern des Globalen Südens tendenziell vorbeugen (von Koerber & Cartsbug 2020).
Ernährung und Hauswirtschaft
Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter erbringen hauswirtschaftliche Versorgungs- und Betreuungsdienstleistungen für unterschiedliche Zielgruppen verschiedener Einrichtungen, wie z. B. in der Alten-, Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, in Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, gastronomischen Betrieben etc. Im Kontext von SDG 2 stehen vor allem folgende berufliche Tätigkeiten der Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter im Vordergrund:
Planen von Verpflegung
Zubereitung und Servieren von Speisen und Getränken
Herstellen und Vermarkten hauswirtschaftlicher Produkte.
Eine unmittelbare Möglichkeit zur Einflussnahme auf die nachhaltigkeitsorientierte Ernährung verschiedener Gruppen ist damit gegeben – angefangen von der Planung bis hin zum Servieren der Speisen, beispielsweise in der Gemeinschaftsverpflegung in Form einer Kantine oder Mensa. Hierbei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass in einigen Fällen die Initiative für eine nachhaltige Entwicklung in der Verpflegung nicht nur von der Küchenleitung oder der Einkaufsabteilung, sondern auch von anderen Anspruchsgruppen, wie z. B. der Leitungsebene, ausgeht (Strassner & Roehl 2014, S. 11). Das bedeutet, dass nicht nur die eigenen Überzeugungen und Kompetenzen von Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter für eine umfassende nachhaltige Entwicklung einer nachhaltigen Ernährung notwendig sind, sondern auch eine grundlegende Entscheidung von „oben“ zu treffen und der gesamte Betrieb an den Notwendigkeiten einer nachhaltigen Entwicklung auszurichten ist. Unabhängig von der Entscheidung auf Leitungsebene, kann jedoch jede Hauswirtschafterin und jeder Hauswirtschafter in ihren Arbeitsprozessen beispielsweise ressourcenschonend mit Lebensmitteln arbeiten und damit einen Beitrag zur nachhaltigen Ernährung leisten.
Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter sollen, laut der Ausbildungsverordnung der Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter (HaWiAusbV 2020), Mahlzeiten zum einen möglichst nach ernährungsphysiologischen Aspekten zubereiten. Zum anderen sollen sie „Ernährung und Mahlzeiten als Elemente für die Gesundheit und das soziale Zusammenleben“ (HaWiAusbV 2020) darstellen können. Die Nahrungsmittelauswahl und -zusammensetzung sollte demnach gesund sein und eine dauerhafte Fehlernährung verhindern. Sie soll aber auch das Gemeinschaftsgefühl in der Gesellschaft erhalten und fördern. Das Thema Gerechtigkeit spielt dabei eine wesentliche Rolle, wenn alle Menschen „satt und gesund“ sein sollen. Hier haben Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter auch die Möglichkeit, bzw. im Sinne des SDG 2 auch die Verantwortung, Ursachen für (lokalen und globalen) Hunger und Möglichkeiten zu deren Beseitigung zu erkennen und zu beurteilen. Sie sollen daher auch konkrete Maßnahmen zur Wirtschaftlichkeit und zur Nachhaltigkeit darstellen können (HaWiAusbV 2020).
Lebensmittelabfälle
Weltweit gehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Anbau bis auf den Teller etwa ein Drittel der Lebensmittel verloren, die für die menschliche Ernährung produziert worden sind (FAO 2011). Bei der Außer-Haus-Verpflegung in Deutschland fallen 14 Prozent (ca. 1,7 Mio. Tonnen) der Abfälle an (Schmidt et al. 2019). Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter übernehmen insbesondere durch die Planung von Lebensmittelmengen und Portionsgrößen eine wichtige Funktion zur Verringerung von Lebensmittelabfällen. So könnten z. B. Rohstoffe im Sinne der Suffizienz (Verringerung des Ressourcenverbrauchs) konsequenter vollständig verarbeitet werden: In Großküchen kann z. B. zum Abendessen ein Kartoffelsalat aus übrig gebliebenen Kartoffeln vom Mittagessen hergestellt werden. Das Kochen von Suppen mit Gemüseresten (z. B. geschälten Karotten oder die unansehnlichen ‚Brokkolistrunken‘) ist in Haushalten eine weitere Möglichkeit, weniger Ressourcen zu verbrauchen und Nahrungsabfall zu vermeiden. So kann das Bewusstsein der Auszubildenden für die Lebensmittelverschwendung im eigenen Betrieb zudem durch die Berechnung einer Verwertungsquote gestärkt und Lebensmittelabfälle durch Analysen der Abfallmengen und Bewusstseinsbildung auf Seiten der Konsumentinnen und Konsumenten vermieden werden.
Oberstes Ziel bezogen auf die Lebensmittelabfälle sollte stets die Verminderung der Lebensmittelabfälle durch die Reduzierung von überschüssigen Lebensmitteln sein. Nicht weiter vermeidbare, anfallende Überschüsse sollten im nächsten Schritt an gemeinnützige Hilfsorganisationen weitergegeben werden. Wenn dies nicht mehr möglich ist (z. B. aufgrund hygienischer Bedenken) bleibt noch die Kompostierung bzw. Vergärung oder weitere industrielle Verfahren. Mit der Biogas-Verwertung wird nur ein kleiner Teil der Energie zurückgewonnen. Besonders kritisch sind tierische Lebensmittelabfälle zu sehen, da diese die höchsten THG-Werte aufweisen. Aber auch hoch-fetthaltige Soßen oder zu viel Reis als Sättigungsbeilage führen zu unnötigen THG-Emissionen.
Zur Bekämpfung des „lokalen Hungers“ kommen des weiteren Lebensmittelspenden an soziale Einrichtungen wie die Tafeln oder Bahnhofsmissionen in Frage. Mensen und Kantinen können hier durch die Weitergabe von verzehrfähigen Speisen und Lebensmitteln einen Beitrag leisten, der zugleich dem Klimaschutz dient.
Verantwortungsvolle Suffizienz beim Konsum von Lebensmitteln und der Beschaffung von Gebrauchsgütern
Suffizienz verlangt keinen vollständigen Verzicht, sondern einen verantwortungsbewussten Umgang mit allen Ressourcen. Der bewusste und reduzierte Fleischkonsum ist dabei ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt u. a. in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung, der sowohl aus ethischer als auch aus ökonomischer Sicht notwendig ist. So ist der vollständige Verzicht möglicherweise ein hehres Ziel; doch hilft es der Um-, Mit- und Nachwelt bereits, den Konsum tierischer Lebensmittel zu reduzieren und alle Bestandteile des Tieres – auch aus ethischen Gründen – zu verwerten.
Eine weitere Möglichkeit besteht beispielsweise auch darin, den Fleischanteil eines Gerichts im Gewicht zu reduzieren (siehe auch SDG 13). Dies ist ein erster, häufig einfacher Schritt, der den gewohnten Genuss nicht beeinträchtigt. Das Studierendenwerk Münster hat beispielsweise in ihrer „Mensa am Ring“ die Portionsgrößen beim Hähnchenschnitzel und bei der Bratwurst von 140 auf 120 g reduziert. Diese reduzierten Portionen wurden bei einer Befragung der Gäste als ausreichend beurteilt und weiterhin angenommen. Bei einem Absatz von jährlich über 17.000 Hähnchenschnitzeln und 12.000 Bratwürsten können so allein in dieser Mensa ca. 3,6 t CO2-Äquivalente eingespart werden (Teitscheid et al. 2021, S. 35).
Ein weiteres Beispiel stellt der bewusste Verzicht auf die Anschaffung neuer Möbel und anderer Einrichtungsgegenstände (wie Gardinen oder Teppiche) dar. Die Wahl langlebiger Produkte, aber auch das Upcycling ist eine probate Methode, unnötigen Neu-Anschaffungen und Konsum vorzubeugen. Verzicht sorgt in diesem Fall parallel für weniger Müll und schont die Umwelt sowie das Budget der jeweiligen Einrichtung bzw. des Privathaushalts.
Quellenverzeichnis
Arbeitsgruppe Nachhaltige Ernährung e. V. (2018): Dr. Karl von Koerber, Nadine Bader, Julian Waldenmeier, Maike Cartsburg. Matrix 1: Potenziale der „Grundsätze für eine Nachhaltige Ernährung“ zur Unterstützung der SDGs. Version 24-End, München. Online: https://www.nachhaltigeernaehrung.de/fileadmin/SDG-Projekt/Publikationen/Matrix_1_Potenziale_der_Grundsa__tze_NE_zur_SDG-Erreichung_V24a-END_2018-11-19.pdf
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021b): Erläuterungen zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Auszug aus der Broschüre: Vier sind die Zukunft. Digitalisierung. Nachhaltigkeit. Recht. Sicherheit. Die modernisierten Standardberufsbildpositionen anerkannter Ausbildungsberufe (Ausbildung Gestalten).
BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2022): Lebensmittelabfälle in Deutschland. Online: www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/studie-lebensmittelabfaelle-deutschland.html
Bundesregierung (2022): Ziele nachhaltiger Entwicklung – Ernährung weltweit sichern. Online: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/ernaehrungssicherheit-319080
BZfE Bundeszentrum für Ernährung (2021): Überwiegend pflanzliche Ernährung: Nachhaltig, gesund und auch preiswerter? Online: https://www.bzfe.de/service/news/aktuelle-meldungen/news-archiv/meldungen-2021/november/ueberwiegend-pflanzliche-ernaehrung/
BZfE Bundeszentrum für Ernährung (2020): Planetary Health Diet: Strategie für eine gesunde und nachhaltige Ernährung. Der Plan, der die Gesundheit des Menschen und des Planeten schützen kann. Online: https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/lagern-kochen-essen-teilen/planetary-health-diet/
Destatis Statistisches Bundesamt (2022a): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
FAO Food and Agriculture Organization of the United Nations; WHO World Health Organization (Hrsg.) (2019): Sustainable healthy diets – Guiding principles. Rome.
FAO Food and Agriculture Organization of the United Nations (2012): Final Document. In: Burlingame B, Dernini S (Hrsg.): Sustainable diets and biodiversity – Directions and solutions for policy research and action. Proceedings of the International Scientific Symposium Biodiversity and Sustainable Diets United Against Hunger. FAO, Rome.
FAO Food and Agriculture Organization of the United Nations (2011): Global food lossees and food waste. Extent, causes and prevention. Online: https://www.fao.org/3/mb060e/mb060e.pdf
HaWiAusbV (2020): Verordnung über die Berufsausbildung zum Hauswirtschafter und zur Hauswirtschafterin. Hauswirtschafterausbildungsverordnung – HaWiAusbV. BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung u. a.
Kuhlgatz, Christian (2014): Zugang zu Nahrung. bpb.de. Online: https://www.bpb.de/themen/globalisierung/welternaehrung/192023/zugang-zu-nahrung/
Ritter, Guido; Strotmann, Christina (2023): Lebensmittelproduktion für eine nachhaltige Entwicklung – Herausforderungen und Perspektiven zwischen Tradition und Innovation. In: Ansmann, Moritz; Kastrup, Julia; Kuhlmeier, Werner (Hrsg.): Berufliche Handlungskompetenz für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche in Lebensmittelhandwerk und -industrie. Bonn 2023, S. 28-40.
Schmidt, Thomas G.; Baumgardt, Sandra; Blumenthal, Antonia; Burdick, Bernhard; Claupein, Erika; Dirksmeyer, Walter; Hafner, Gerold; Klockgether, Kathrin; Koch, Franziska; Leverenz, Dominik; Lörchner, Marianne; Ludwig-Ohm; Sabine; Niepagenkemper, Linda; Owusu-Sekyere, Karoline; Waskow, Frank (2019): Wege zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen – Pathways to reduce food waste (REFOWAS). Maßnahmen, Bewertungsrahmen und Analysewerkzeuge sowie zukunftsfähige Ansätze für einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln unter Einbindung sozio-ökologischer Innovationen, Volume 1. Braunschweig: Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut. Thünen-Report, 73. Online: DOI:10.3220/REP1569247044000
Strassner, Carola; Roehl, Rainer (2014): Kernpunkte einer nachhaltigen Verpflegung mit Fokus Gemeinschaftsverpflegung. In Kettschau, Irmgard & Mattausch, Nancy (Hrsg.): Nachhhaltigkeitsorientiertes Rahmencurriculum für die Ernährungs- und Hauswirtschaftsberufe – Arbeitsprozesse und Kompetenzanforderungen in der Gemeinschaftsverpflegung. Band 3. Münster.
Teitscheid, Petra; Becker, Magdalena; Engelmann, Tobias; Friedrich, Silke; Hielscher, Janina; Steinmeier, Fara (2021): Nachhaltigkeitsmanagement in der Außer-Haus-Gastronomie. Handlungsempfehlungen entlang der betrieblichen Kernprozesse. Hamburg: Behr’s Verlag.
UBA Umweltbundesamt (Hrsg.) (2019a): Nachhaltige Ernährungssysteme in Zeiten von Urbanisierung und globaler Ressourcenknappheit: Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten. Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-08-15_texte_85-2019_run-ap_1-3.pdf
UN United Nations (Hrsg.) (2021): The food systems summit. Online: https://www.un.org/en/food-systems-summit
von Koerber, Karl; Cartsburg, Meike (2020): UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. Der Beitrag der Ernährung. In Ernährung im Fokus 1-2020. Online: https://www.nachhaltigeernaehrung.de/fileadmin/Publikationen/Ernahrung_im_Fokus_1-2020_-_Koerber_Cartsburg_-_UN-Ziele_fuer_nachhaltige_Entwicklung___Literatur.pdf
WBAE Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL (2020). Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten. Gutachten, Berlin.
WHO World Health Organization (Hrsg.) (2021): Fact sheet “Obesity and overweight”. Online: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/obesity-and-overweight
Wunder, Stephanie; Antoni-Komar, Irene; Claupein, Erika.; Dirksmeyer, Walter; Eberle; Ulrike; Friedrich, Silke; Hafner, Gerold; Hoffmann, Stefan; Joerß, Tom; Langen, Nina; Quack, Dietline; Schmid, Marianne; Schmidt, Thomas; Schulze-Ehlers, Birgit; Speck, Melanie; Teitscheid, Petra et al. (2018): Handlungsansätze zur Förderung nachhaltiger Ernährungssysteme. Ergebnispapier von BMBF-Forschungsprojekten zum Thema Ernährung. NaWiKo Synthese Working Paper No. 3. Online: https://nachhaltigeswirtschaften-soef.de/sites/default/files/NaWiKo Prozent20Synthese%20Working%20Paper%20No%203.pdf
SDG 3 Gesundheit und Wohlergehen
“Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern”
Im Nachhaltigkeitsziel SDG 3 heißt es im Kern: „Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“ (Destatis 2022a).
Zwei Unterziele, deren Erreichung u. a. durch Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter gefördert werden können und Bezüge zum Beruf aufweisen, lauten wie folgt (ebd.):
3.4 „die vorzeitige Sterblichkeit […] durch Prävention […] senken und die psychische Gesundheit und das Wohlergehen fördern.“
3.9 „die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und der Verschmutzung und Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich verringern.“
Schnittmengen zur Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit” ergeben sich für das SDG 3 ebenfalls aus der Nummer 3a, aber auch aus den Nummern 3e und 3f (BIBB 2021b):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Gesundheit in Deutschland
Laut Gesundheitsbericht des RKI wird der Gesundheitszustand der Bevölkerung ganz wesentlich durch die Lebensbedingungen und das Gesundheitsverhalten beeinflusst (RKI 2016). Dabei sind Gesundheitschancen und Krankheitsrisiken sozial ungleich verteilt. Menschen mit niedrigem Sozialstatus sind häufiger von chronischen Krankheiten, Beschwerden oder Behinderungen betroffen und schätzen ihre eigene Gesundheit schlechter ein. Dieser Zusammenhang stellt sich vielfach als sozialer Gradient dar, der in allen Altersstufen sichtbar ist: je niedriger der soziale Status, desto mehr Gesundheitsprobleme und Krankheitsrisiken. Frauen und Männer mit geringem Einkommen, niedriger Bildung oder Berufen, in denen schlechte Arbeitsbedingungen herrschen, haben letztendlich auch eine geringere Lebenserwartung als sozial bessergestellte Teile der Bevölkerung. Zwischen der niedrigsten und der höchsten Einkommensgruppe in Deutschland werden heute Unterschiede in der Lebenserwartung (bei Geburt) von 8,4 Jahren bei Frauen und 10,8 Jahren bei Männern berichtet. Auch für die Lebenserwartung ab dem Renteneintritt mit 65 Jahren (RKI 2016) bestehen erhebliche soziale Differenzen. Schon die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen wird durch den Sozialstatus ihrer Familie geprägt. Bereits während der Schwangerschaft und in den ersten Monaten nach der Geburt zeichnen sich soziale Unterschiede ab: Der Anteil der Mütter, die während der Schwangerschaft rauchen, sinkt mit zunehmendem Sozialstatus, während der Anteil der Mütter, die während der Schwangerschaft Alkohol trinken, mit zunehmendem Sozialstatus ansteigt.
Ernährung und Gesundheit
Das Unterziel SDG 3.4 “Bis 2030 die vorzeitige Sterblichkeit aufgrund von nichtübertragbaren Krankheiten durch Prävention und Behandlung um ein Drittel senken” ist eine der großen Herausforderungen für die Gesundheit in Deutschland. Laut RKI sind die wichtigsten nicht übertragbaren Krankheiten in Deutschland die folgenden (RKI o. J.):
Lebensmittelallergien: Zwischen 2 bis 3 Prozent der Erwachsenen und 4 Prozent der Kleinkinder reagieren allergisch auf spezielle Lebensmittelinhaltsstoffe (BfR o. J.). Allergene müssen von allen gastronomischen Betrieben gekennzeichnet werden (EU-Verordnung Nr. 1169/2011). Nach einer Feststellung der Auslöser sollte eine allergenfreie Ernährung möglich sein, da Allergene in Lebensmitteln auf Verpackungen oder Speisekarten aufgeführt werden müssen. Die globale Produktion von Lebensmittel führt aber auch dazu, dass die Vermeidung von allergenen Spuren kaum noch realisierbar ist. Von Lebensmittelallergien zu unterscheiden sind Lebensmittelunverträglichkeiten, die meistens sehr individuell sind. Während eine Allergie meistens eine Reaktion des Immunsystems mit den Folgen Hautausschlag, Juckreiz u. a. ist, liegt eine Lebensmittelunverträglichkeit häufig in einer eingeschränkten Fähigkeit des Darms zugrunde, bestimmte Lebensmittelbestandteile abzubauen (Melzer 2019). Die wichtigsten Unverträglichkeiten sind Fructose-Intoleranz, Lactose-Intoleranz und Glutenunverträglichkeit (Zöliakie), Histamin-Intoleranz.
Adipositas liegt vor, wenn der Body-Mass-Index BMI größer als 30 ist. Adipositas ist europaweit endemisch geworden, mehr als 50 der erwachsenen Bevölkerung hat Übergewicht (BMI > 25) oder ist adipös (BfR o. J.). Die Ursachen sind klar zu benennen – eine falsche Energiebilanz: Zu viel Essen, zu viel Fett, zu viel Zucker bei zu wenig Bewegung.
Diabetes Mellitus ist die Störung der körpereigenen Insulinproduktion, sie betrifft mehr als 7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung (fast 6 Mio. Menschen, BfR o. J.). Diabetes Mellitus ist häufig eine Folge von Übergewicht und Adipositas.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Diese sind deutschlandweit die häufigste Zivilisationskrankheit und die häufigste Todesursache (BfR o. J.). Die wichtigste Erkrankung hierbei ist die koronare Herzkrankheit, durch Ablagerungen verengen sich die Herzkranzgefäße. Weitere Krankheiten sind Schlaganfall und Bluthochdruck. Hoher Salzkonsum und Zutaten mit Transfettsäuren gelten neben dem Bewegungsmangel als wesentliche Ursachen.
Ernährungsbildung
Auszubildende in der Hauswirtschaft müssen die Fähigkeit erlangen, Lebensmittel nährstoffschonend vorzubereiten, zu verarbeiten, haltbar zu machen und zu lagern und dabei lebensmittelrechtliche Regelungen zu beachten (HaWiAusbV 2020). Dabei gilt bspw. eine Verpflegungsleistung als gesundheitlich nachhaltig, wenn sie zur Gesunderhaltung, Leistungsfähigkeit und zum Wohlbefinden der Gäste beiträgt (Roehl & Strassner 2012).
Für die Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter ist daher nicht nur die Kenntnis über die Zusammensetzung der Nahrungsmittel und dessen Nährwerte erforderlich. Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter müssen in der Lage sein, diese Kenntnisse mit individuellen Bedarfen, Unverträglichkeiten, Allergien und Wünschen der Gäste bzw. unterschiedlicher Personengruppen in Einklang zu bringen. Nachhaltigkeitsrelevante Aspekte finden sich dabei bereits in der Art und Zubereitung der Speisen. So können Nährstoffdefizite und Fehlernährung verhindert oder gar behoben und ernährungsbedingte Erkrankungen vermieden werden. Mit biologischer, vollwertiger, ballaststoffreicher, industriezuckerarmer und abwechslungsreicher Kost sollten Auszubildende in der Hauswirtschaft daher vertraut sein und dessen jeweilige Vorteile (sowie Nachteile) für bestimmte Gruppen adäquat kommunizieren können.
Durch die Verminderung tierischer Eiweiße und Fette in der Ernährung kann zudem nicht nur die Gesundheit von Menschen erhalten werden. Die Reduzierung des Einsatzes von Lebensmitteln tierischer Herkunft führt gleichzeitig zu einer Verkleinerung des CO2-Fußabdruckes des Betriebs (siehe Beispiel im SDG 2), schont Wasserreserven und erhält die Grundwasserqualität (siehe auch SDG 6).
„Eine Reduktion des Fleischkonsums ist sowohl aus ökologischen als auch gesundheitlichen Gründen wünschenswert.“ (DGE 2020)
Ernährung und Wohlbefinden
Von großer Bedeutung für das Wohlbefinden der Menschen sind auch Erfahrungen und Erinnerungen, die mit bestimmten Speisen verknüpft sind. Denn das, was Menschen essen, hat einen erheblichen Einfluss auf ihre Lebensqualität und wird Teil ihrer individuell prägenden Essbiografien (Ritter & Strotmann 2023, S. 29). So können Lebensmittel ein gesundes, aber auch genussvolles und gutes Leben ermöglichen. Denken wir z. B. an Mutters Käsespätzle oder den wunderbaren warmen Milchreis, den Oma immer gekocht hat und der uns so ein gutes Gefühl beschert.
Ein weiterer Aspekt, der das Wohlbefinden und die Gesundheit beeinflusst, ist die Gestaltung von (Speise-)räumen. Diese Raumgestaltung ist regelmäßig Aufgabe von Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschaftern. Die Ess-Atmosphäre z. B. – welche unter anderem durch eine geschickte Raumgestaltung entsteht – ist eine wesentliche Einflussgröße auf Gefühle und Emotionen, die beim Einnehmen der Speisen aufkeimen und die Befindlichkeit beeinflussen. Große Fenster, aber auch spezielle Leuchtmittel spenden z. B. Tageslicht, was dem Wohlbefinden und der Gesundheit (nicht nur beim Einnehmen einer Mahlzeit) dient sowie der Stimmungslage zuträglich ist. Licht gilt als wesentlicher Faktor für Zufriedenheit. Hilfsbedürftige Menschen benötigen besonders viel davon, denn es vermittelt Sicherheit, Orientierung und Behaglichkeit; insbesondere für Menschen mit Demenz ist dies von hoher Relevanz ist (Sozialverband VdK Deutschland e.V. 2018).
Der Wissenschaftliche Beirat für Argrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft empfiehlt in seinem Gutachten „Politik für eine nachhaltige Ernährung” (WBAE 2020):
„Die Atmosphäre, in der gegessen wird, vermittelt implizit und mit langfristiger Wirkung soziale Normen und Wertschätzung von Ernährung. So können z. B. voluminöse Abfalleimer an der Geschirrrückgabe einer Kantine vermitteln, dass es normal ist, sich zu große statt bedarfsgerechte Portionen zu nehmen und einen Teil der Essen in den Müll zu werfen.“ (WBAE 2020, S. 5)
Darüber hinaus ist für die psychische Gesundheit und das damit einhergehende Wohlbefinden relevant, ob eine Person allein oder in Gesellschaft, bei Tisch oder unterwegs isst.
„Essen in Gemeinschaft bietet die Möglichkeit der ,Synchronisierung’ mit anderen Menschen und ist zentral für den Austausch von Informationen und sozialen Normen, die implizit definieren, was ein angemessenes Verhalten ist (z. B. Tageszeiten für Mahlzeiten). Dass nicht nur das ,was wir essen’, d. h. die Qualität und Quantität der verzehrten Lebensmittel und Mahlzeiten, zentral für die psychische und physische Gesundheit ist, sondern auch wann, wo, wie und mit wem wir essen, zeigen verschiedene Studien.” (zitiert aus WBAE 2020, S. 55 nach Renner et al. 2012; Wahl et al. 2019)
Daneben wirken saubere und gepflegte Einrichtungen und Räume positiv auf das Wohlbefinden der Bewohnerinnen, Bewohner und weiteren Personengruppen. Eine gute Hygienepraxis trägt daneben zur Erhaltung der Gesundheit von Mitarbeitenden sowie Gästen bei (Kettschau & Mattausch 2014, S. 136).
Quellenverzeichnis
BfR Bundesinstitut für Risikobewertung (o. J.): Ernährungsbedingte Erkrankungen. Online: https://www.bfr.bund.de/de/ernaehrungsbedingte_erkrankungen-54472.html
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021b): Erläuterungen zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Auszug aus der Broschüre: Vier sind die Zukunft. Digitalisierung. Nachhaltigkeit. Recht. Sicherheit. Die modernisierten Standardberufsbildpositionen anerkannter Ausbildungsberufe (Ausbildung Gestalten).
Destatis Statistisches Bundesamt (2022a): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2020): Proteinzufuhr bei Kindern und Jugendlichen – Zwischen Bedarf, Verzehrgewohnheiten und ökologischer Nachhaltigkeit. In: DGE-wissen. Online: https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/gv/publikationen/DGEwissen-11-2020_Proteinzufuhr-KuJ-Nachhaltigkeit.pdf
HaWiAusbV (2020): Verordnung über die Berufsausbildung zum Hauswirtschafter und zur Hauswirtschafterin. Hauswirtschafterausbildungsverordnung – HaWiAusbV. BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung u. a.
Kettschau, Irmhild; Mattausch, Nancy (2014): Nachhaltigkeit im Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft – am Beispiel der Gemeinschaftsverpflegung. Verlag Handwerk und Technik.
Melzer, Martina (2019): Lebensmittelunverträglichkeiten: Ein Überblick. In: Apotheken-Umschau. Online: www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/magen-und-darmerkrankungen/lebensmittelunvertraeglichkeiten-ein-ueberblick-737737.html
Ritter, Guido; Strotmann, Christina (2023): Lebensmittelproduktion für eine nachhaltige Entwicklung – Herausforderungen und Perspektiven zwischen Tradition und Innovation. In: Ansmann, Moritz; Kastrup, Julia; Kuhlmeier, Werner (Hrsg.): Berufliche Handlungskompetenz für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche in Lebensmittelhandwerk und -industrie. Bonn 2023, S. 28-40.
RKI Robert Koch Institut (2016): Gesundheitsberichterstattung des Bundes gemeinsam getragen von RKI und DESTATIS. Online: www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsGiD/2015/kurzfassung_gesundheit_in_deutschland.pdf
RKI Robert Koch Institut (o. J.): Surveillance Nichtübertragbarer Krankheiten. Online: https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/NCD-Surveillance/NCD-Surveillance_inhalt.html
Roehl, Rainer; Strassner, Carola (2012): Inhalte und Umsetzung einer nachhaltigen Verpflegung. In Schriftenreihe des Projektes Nachhaltigkeitsorientiertes Rahmencurriculum für die Ernährungs- und Hauswirtschaftsberufe (Band 1).
Sozialverband VdK Deutschland e.V. (2018): Farbe und Licht sind für Demenzkranke wichtig. Online: https://www.vdk.de/deutschland/pages/themen/pflege/69935/farbe_und_licht_sind_fuer_demenzkranke_wichtig?dscc=ok
WBAE Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL (2020). Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten. Gutachten, Berlin.
Willett, Walter; Rockström, Johan; Loken, Brent; Springmann, Marco; Lang, Tim; Vermeulen, Sonja (2019): Lebensmittel im Anthropozän: die EAT- Lancet- Kommission für gesunde Ernährung aus nachhaltigen Lebensmittelsystemen. Online: www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)31788-4
SDG 4 Hochwertige Bildung
“Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens
für alle fördern”
Das SDG zielt primär auf die globale Entwicklung von guten Bildungssystemen ab. Im Berufsbildungssystem ist Deutschland weltweit führend – trotz einiger Defizite wie Personalausstattung, Digitalisierung oder knappe Investitionsbudgets – viele Länder versuchen ein ähnliches Berufsbildungssystem wie in Deutschland aufzubauen. Insofern ist vor allem das Unterziel 4.7 relevant:
- Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung
Das SDG 4 spiegelt sich in der fachlichen Unterrichtung der Stichpunkte der anderen SDG wider, mündet aber in den Positionen e und f der neuen Standardberufsbildposition (BIBB 2021b):
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
10 “Goldene Handlungsregeln” für eine BBNE
Die Nachhaltigkeitsforschung und die Bildungswissenschaften haben inzwischen umfassende Erkenntnisse gesammelt, wie eine berufliche Bildung für Nachhaltigkeit gefördert werden kann (vgl. u. a. vgl. Schütt-Sayed u.a. 2021; Kastrup u. a. 2012; Melzig u. a. 2021). Das Ergebnis sind die folgenden 10 didaktischen Handlungsregeln, die das Berufsbildungspersonal dabei unterstützen, Lehr-/Lernprozesse zielgruppengerecht und angemessen zu gestalten. Diese insgesamt 10 Handlungsregeln lassen sich in vier Schritten zuordnen.
Schritt 1 – Richtig anfangen:
Identifizierung von Anknüpfungspunkten für BBNE
1) Ansatzpunkte: Fordern Sie die Verantwortung im eigenen Wirkungsraum heraus, ohne die Berufsschüler und Berufsschülerinnen mit „Megaproblemen“ zu überfordern!
2) Anknüpfungspunkte: Die Curricula sind Grundlage der Lehr-/Lernprozesse – es kommt darauf an, sie im Sinne der Nachhaltigkeit neu zu interpretieren!
3) Operationalisierung: Nachhaltigkeit ist kein „Extra- Thema“, sondern ein integraler Bestandteil des beruflichen Handelns!
Um nachhaltigkeitsorientierte Lehr-/Lernarrangements zu entwickeln, sind zunächst Anknüpfungspunkte für Nachhaltigkeit in den betrieblichen Abläufen zu identifizieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausbildungsordnungen und Lehrpläne die rechtliche Grundlage der beruflichen Bildung sind. Es gilt diese im Sinne der Nachhaltigkeit zu interpretieren, sofern nicht bereits konkrete Nachhaltigkeitsbezüge enthalten sind.
Wichtig ist dabei, dass Auszubildende nicht mit den „Megaproblemen“ unserer Zeit überfordert werden, sondern zur Verantwortung im eigenen Wirkungsraum herausgefordert werden – sowohl im Betrieb als auch im Privaten. Denn Auszubildende sind selbst Konsument/-innen, die durch eine angeleitete Reflexion des eigenen Konsumverhaltens die Gelegenheit erhalten, ihre „Wirkungsmacht“ im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in ihrer eigenen Branche zu verstehen.
Schritt 2 – Selbstwirksamkeit schaffen:
Eröffnung von Nachhaltigkeitsorientierten Perspektiven
4) Handlungsfolgen: Berufliches Handeln ist nie folgenlos: Machen Sie weitreichende und langfristige Wirkungen erkennbar!
5) Selbstwirksamkeit: Bleiben Sie nicht beim „business as usual“, sondern unterstützen Sie Schüler*innen dabei, Alternativen und Innovationen zu entdecken!
6) Zielkonflikte: Verstecken Sie Widersprüche nicht hinter vermeintlich einfachen Lösungen, sondern nutzen Sie sie als Lern- und Entwicklungschancen!!
7) Kompetenzen: Bildung für nachhaltige Entwicklung verbindet Wahrnehmen, Wissen, Werten und Wirken!
Im nächsten Schritt sind nachhaltigkeitsorientierte berufliche Perspektiven für die Auszubildenden zu eröffnen. Diese sollten an einer positiven Zukunftsvision und an Lösungen orientiert sein. Auszubildenden sind dabei die weitreichenden Wirkungen ihres Handelns vor Augen zu führen. Sie sollen verstehen können, warum ihr Handeln nicht folgenlos ist. Das bedeutet gleichzeitig, Auszubildenden die positiven Folgen eines nachhaltigen Handelns vor Augen zu führen. In diesem Zusammenhang ist die Selbstwirksamkeitserfahrung von großer Bedeutung. Sie ist eine der Voraussetzungen, um motiviert zu handeln. Auszubildende dabei zu unterstützen, Alternativen zum nicht-nachhaltigen Handeln zu erkennen und Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung zu entdecken, sollte dabei für Lehrpersonen selbstverständlich sein. Dabei ist immer die individuelle Motivation der Auszubildenden entscheidend, denn zum nachhaltigen Handeln braucht es nicht nur Wissen (Kopf), sondern auch authentisches Wollen (Herz). Wesentlich ist hierbei die Gestaltung ganzheitlicher Lernprozesse, die sowohl den kognitiven als auch den affektiven und psychomotorischen Bereich einbeziehen (vgl. Költze, S.206).
Schritt 3 – Ganzheitlichkeit:
Gestaltung transformativer Lernprozesse
8) Lebendigkeit: Ermöglichen Sie lebendiges Lernen mit kreativen und erfahrungsbasierten Methoden!
9) Beispiele: Nutzen Sie motivierende Beispiele: Sprechen Sie über Erfolgsgeschichten, positive Zukunftsvisionen und inspirierende Vorbilder!
Aber wie können Lernsituationen in der Praxis so gestaltet werden, dass sie ganzheitlich aktivierend für die Auszubildenden sind? Es sollte ein lebendiges Lernen mit Hilfe kreativer, erfahrungsbasierter Methoden ermöglicht werden. Dies ist ein grundlegender (kein neuer) didaktischer Ansatz für die Förderung einer nachhaltigkeitsorientierten Handlungskompetenz. Im Kern bedeutet dies: Lernen mit Lebensweltbezug, welches ausgerichtet ist auf individuelle Lebensentwürfe und das eigene (auch künftige) berufliche Handlungsfeld, z. B. indem Recherchen im eigenen Unternehmen zu Möglichkeiten der Energieeinsparung durchgeführt werden. Lernen soll vor diesem Hintergrund vor allem unter Berücksichtigung der Sinne stattfinden, d. h. mit Körper und Geist erfahrbar sowie sinnlich-stimulierend sein. Die Auszubildenden sollen sich dabei zudem als Teil einer gestalterischen Erfahrungsgemeinschaft erleben. Dies kann durch gemeinsame Reflexionen über das eigene Verhalten und persönliche Erfahrungen gefördert werden, beispielsweise durch die Entwicklung und Verkostung eigener Lebensmittelkreationen unter Nachhaltigkeitsaspekten. Hierfür muss unbestritten immer auch der „Raum“ zur Verfügung stehen (siehe z.B. Hantke 2018 „‘Resonanzräume des Subpolitischen‘ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen“). Ebenso können motivierende Beispiele helfen – wie z. B. Erfolgsgeschichten und inspirierende Vorbilder.
Schritt 4 – Lernort Betrieb:
Entwicklung nachhaltiger Lernorte
10) Lernende Organisationen: Auch Organisationen können „Nachhaltigkeit lernen“: Entwickeln Sie Ihre Institution Schritt für Schritt zum nachhaltigen Lernort!
Schließlich geht es im vierten Schritt darum, den Lernort in den Blick zu nehmen und diesen als nachhaltigen Lernort zu gestalten. Den gesamten Betrieb nachhaltig auszurichten ist u. a. deshalb entscheidend, da andernfalls die an Nachhaltigkeit orientierten Inhalte der Ausbildung wenig glaubwürdig für Auszubildende sind. Der Betrieb als Institution sollte dafür an einem gemeinschaftlichen Leitbild ausgerichtet sein, welches neben den üblichen ökonomischen auch soziale und ökologische Ziele beinhaltet. So kann BBNE überzeugend in die Organisation integriert und vom betrieblichen Ausbildungspersonal umgesetzt werden.
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021b): Erläuterungen zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Auszug aus der Broschüre: Vier sind die Zukunft. Digitalisierung. Nachhaltigkeit. Recht. Sicherheit. Die modernisierten Standardberufsbildpositionen anerkannter Ausbildungsberufe (Ausbildung Gestalten).
Hantke, Harald (2018): „Resonanzräume des Subpolitischen“ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen – eine Forschungsheuristik vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsidee. In bwp@Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online (Nr. 35), 2018, S. 1-23.
Kastrup, Julia; Kuhlmeier, Werner; Nölle-Krug, Marie (2022): Aus- und Weiterbildung des betrieblichen Bildungspersonals zur Verankerung einer Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: Michaelis, Christian; Berding, Florian (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Umsetzungsbarrieren und interdisziplinäre Forschungsfragen. Bielefeld 2022, S. 173-189.
Költze, Horst (1993): Lehrerbildung im Wandel. Vom technokratischen zum humanen Ausbildungskonzept. In Cohn, Ruth C.; Terfurth, Christina (Hrsg.): Lebendiges Lehren und Lernen. TZI macht Schule. Klett-Cotta. S. 192 – 212.
Melzig, Christian; Kuhlmeier, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg.) (2021): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. Bonn 2021. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
Schütt-Sayed, Sören; Casper, Marc; Vollmer, Thomas (2021): Mitgestaltung lernbar machen – Didaktik der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: Melzig, Christian; Kuhlmeier, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. S. 200-227. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
SDG 5 Geschlechtergleichheit
“Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen”
Das Ziel Nr. 5 „Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen“ beinhaltet einen bemerkenswerten Bezug zur „Care-Arbeit-Debatte“. Ein Unterziel des SDG 5 lautet diesbezüglich:
5.1 „alle Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen überall auf der Welt beenden.“
Eine Schnittmenge für das SDG 5 ergibt sich wiederum aus der Nummer 3e der Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit” (BIBB 2021b), wobei das Thema nicht explizit erwähnt wird:
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
Gender und Care-Arbeit in der Hauswirtschaft
Der Beruf der Hauswirtschafterin und des Hauswirtschafters ist historisch stark mit Geschlechteraspekten verknüpft, was bis heute zur Aufrechterhaltung einer geschlechtsbezogenen Arbeitsteilung beiträgt. Seit jeher ist das Geschlechterverhältnis in diesem Beruf sehr ungleich: Im Jahre 2020 waren von 726 Neuabschlüssen an Ausbildungen zur Hauswirtschafterin bzw. zum Hauswirtschafter 642 Frauen (88 Prozent, BIBB 2021c).
Care-Arbeit umfasst die „Gesamtheit der unbezahlten und bezahlten (re)produktiven Tätigkeiten des Sorgens und Sich-Kümmerns, Fürsorge und Selbstsorge (Meier-Gräwe 2020). Zur Care-Arbeit, insbesondere bezogen auf die unterbezahlte, erwerbsförmig organisierte Sorgearbeit im Kontext von steigenden Versorgungsnotwendigkeiten in alternden Gesellschaften, gehört auch der Beruf der/s Hauswirtschaftlerin/s (Häußler et al. 2018). Hierbei sprechen Expertinnen und Experten von „Care-Ökonomie“, der „die theoretische Reflexion von Problemen in der bezahlten und unbezahlten Care-Arbeit“ umfasst (Gubitzer & Mader 2011, S. 8).
Die der Care-Arbeit zugeordneten Berufe werden häufig als Konsumtion und Belastung öffentlicher Haushalte bewertet, obwohl sie einen bedeutenden Teil des Arbeitsmarktes darstellen und neben ihrer reproduktiven Funktion auch Steueraufkommen und Kaufkraft sichern (Sachverständigenkommission 2017, S. 36). Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass die SAHGE-Berufe (das Akronym steht für Soziale Arbeit, haushaltsnahe Dienstleistungen, Gesundheits- und Erziehungsberufe) bis 2030 den mit Abstand größten Berufsbereich ausmachen und ein Viertel bis ein Drittel aller Beschäftigten umfassen werden (Baethge & Baethge-Kinsky 2017, S. 17 f.). Für über ein Drittel der SAHGE-Berufe trifft dieser erhöhte Fachkräftebedarf bereits jetzt zu (Bußmann 2015). Es handelt sich häufig um unter- oder unbezahlte Tätigkeiten und „Jobs” mit einem hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigten (Thiessen 2020, S. 22). Gleichzeitig wird, z. B. aufgrund des demografischen Wandels und der Veränderungen von Familienstrukturen, die Bedeutung hauswirtschaftlicher Dienstleistungen sowie der wachsende Arbeitsmarkt (Friese 2018, S. 20 f.) immer wieder hervorgehoben.
Die Bundesregierung (2022) betonte dementsprechend bei der Gleichstellung von Frauen und Männern: „Notwendig ist auch eine Aufwertung der erzieherischen, sozialen und pflegerischen Berufe, die traditionell hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden.“
Gender Pay Gap
Unterschiedliche Entlohnung für vergleichbare Tätigkeiten und Qualifikation für Frauen und Männer lassen sich durch die statistischen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes aufzeigen. In einer Pressemitteilung vom 7. März 2022 wird betont, dass Frauen pro Stunde noch immer 18 Prozent weniger verdienen als Männer (Destatis 2022b). Damit blieb der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern – der unbereinigte Gender Pay Gap– im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, erhielten Frauen mit durchschnittlich 19,12 Euro einen um 4,08 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (23,20 Euro) (ebd.). Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 16.02.2023 müssen Frauen bei gleicher Arbeit auch gleich bezahlt werden, eine individuelle Aushandlung der Lohn- oder Gehaltshöhe ist damit nicht wirksam (Zeit Online 2023).
Geschlechtersensible Gestaltung von Lernprozessen
Im Rahmen der beruflichen Bildung kann der Geschlechtersegregation auf dem Arbeitsmarkt entgegenwirkt und Care-Arbeit aufgewertet werden, z. B. durch die Sensibilisierung im Hinblick auf Geschlechterstereotype in Bezug auf Berufsbilder und nicht-bezahlte Arbeit (Ertl 2021, S. 562; Häußler 2022, S. 78). Zudem können sich dabei genderbezogene Kompetenzen im Sinne einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz als Querschnittskompetenzen entfalten (Thiessen 2005, S. 275), verstanden als „[…]die Fähigkeit und Bereitschaft von Personen, in ihren Aufgaben und Handlungsfeldern (beruflich, privat, öffentlich) Geschlechteraspekte zu erkennen und gleichstellungsorientiert zu handeln“ (Föller 2015, S. 148). Sie kann z. B. gefördert werden über eine Auseinandersetzung mit genderrelevanten Fragestellungen, wie z. B. (Haase & Kastrup 2022):
- „Welche Geschlechterrollenstereotype gibt es in Bezug auf meinen Beruf?“,
- „Was ist der Gender Pay Gap und bin ich davon betroffen?“ oder
- „Welchen Einfluss hatte meine Geschlechterrollensozialisation bei meiner Berufswahl?“ .
Zusätzlich ist eine Beschäftigung mit der Intersektion von Geschlecht mit weiteren Vielfaltsmerkmalen denkbar, da Gender-Mainstreaming auch die Perspektive der Diversität beinhaltet (Kahlert 2011, S. 74). In verschiedenen Ausbildungsberufen kann zudem ein spezifisch-inhaltlicher Schwerpunkt aufgegriffen werden, z. B. entlang von Situationen im beruflichen Alltag. Beispielsweise im Rahmen der Abschnitte A lfd. Nr. 1 und lfd. Nr. 3 der Ausbildungsverordnung (2020) und im Zusammenhang mit dem Lernfeld 1 des Rahmenlehrplans (2019) für Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter sollte daher zumindest eine Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und der Wertigkeit hauswirtschaftlicher Leistungen stattfinden. Darin wird u. a. die Kompetenz gefordert, die „Bedeutung […] der hauswirtschaftlichen Versorgung erläutern” (HaWiAusbV 2020) zu können.
Quellenverzeichnis
Baethge, Martin; Baethge-Kinsky, Volker (2017): Entwicklung des Arbeitsmarktes unter geschlechtsspezifischen Aspekten. Expertise im Rahmen des Zweiten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung, Veröffentlichung in Vorbereitung, http://www.gleichstellungsbericht.de.
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021b): Erläuterungen zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Auszug aus der Broschüre: Vier sind die Zukunft. Digitalisierung. Nachhaltigkeit. Recht. Sicherheit. Die modernisierten Standardberufsbildpositionen anerkannter Ausbildungsberufe (Ausbildung Gestalten).
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021c): Datenreport. Online: https://www.bibb.de/datenreport/de/2021/140210.php#module143072
Bundesregierung (2022): Ziele nachhaltiger Entwicklung – Ernährung weltweit sichern. Online: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/ernaehrungssicherheit-319080
Bußmann, Sebastian (2015): Fachkräfteengpässe in Unternehmen. Geschlechterunterschiede in Engpassberufen, Köln: IW – Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V. Online: https://www.kofa.de/media/Publikationen/Studien/Fachkraefteengpaesse_in_Unternehmen_Geschlechterunterschiede_in_Engpassberufen.pdf
Destatis Statistisches Bundesamt (2022b): Gender Pay Gap 2021: Frauen verdienten pro Stunde weiterhin 18 Prozent weniger als Männer. Pressemitteilung vom 07.03.2022. Online: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/03/PD22_088_621.html
Ertl, Hubert (2021): Genderungleichheiten in der Arbeitswelt–eine Herausforderung für die Berufsbildung. Zeitschrift für Berufs-und Wirtschaftspädagogik, 117(4), 525-530.
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SDG 6 Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen
“Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten”
Das Nachhaltigkeitsziel Nr. 6 „Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten“ (Destatis 2022a) richtet sich u. a. durch die folgenden Unterziele auch an Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter.
6.3 „die Wasserqualität durch Verringerung der Verschmutzung, Beendigung des Einbringens und Minimierung der Freisetzung gefährlicher Chemikalien und Stoffe, … verbessern.“
6.4 „die Effizienz der Wassernutzung in allen Sektoren wesentlich steigern und eine nachhaltige Entnahme und Bereitstellung von Süßwasser gewährleisten, um der Wasserknappheit zu begegnen.“
Schnittmengen für das SDG 6 ergeben sich aus den Nummern 3a, 3c und 3d der Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit” (BIBB 2021b), wobei in Nummer 3a das Thema “Abwasser” und in 3c das Thema “Wasserrecht” explizit benannt wird:
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
Wasch- und Reinigungsmittel
Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter arbeiten u. a. zur Reinigung von Räumen und Textilien regelmäßig mit umweltbelastenden (gesundheitsgefährdenden) Substanzen. Außerdem kommen sie in verschiedenen hauswirtschaftlichen Bereichen mit Wasser in Berührung, sodass es viele Nachhaltigkeitsbezüge gibt. Bezüge zum oben genannten Ziel stellen daher die in der Ausbildungsverordnung enthaltenen lfd. Nummern fünf, sechs und sieben dar:
„Reinigungs-, Desinfektions- und Pflegemaßnahmen unter Beachtung von Nachhaltigkeitsaspekten durchführen“ (Lfd. Nr. 5, HaWiAusbV 2020)
„Reinigungs-, Desinfektions- und Pflegeverfahren auswählen und dabei insbesondere Werterhaltung, Hygiene und Ressourcenschonung berücksichtigen“ (Lfd. Nr. 6, ebd.)
„nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich weiterentwickeln“ (Lfd. Nr. 7, ebd.)
Nachhaltiges hauswirtschaftliches Handeln bedeutet u. a., Möglichkeiten nachhaltiger Rahmenbedingungen in der Dienstleistungserbringung zu erfassen und immer wieder neu in der eigenen beruflichen Handlung oder bei Kaufentscheidungen zu überprüfen, z. B. beim Einsatz umweltschonender Reinigungs- und Pflegemittel sowie umweltschonender Arbeitsverfahren bei Serviceangeboten im Wäsche- und Reinigungsbereich (Sennlaub et al. 2021, S. 75f.).
Hinsichtlich der zu verwendenden Reinigungsmittel sollten Auszubildende daher lernen, betrieblich verursachte Umweltrisiken zu analysieren (z. B. Emissionen) bzw. zu beurteilen sowie den pH-Wert dieser Substanzen bestimmen zu können. Während saure Reinigungsmittel mineralische Ablagerungen wie Kalk und Urinstein entfernen können, eignen sich Laugen für organische Verschmutzungen wie Fett und Eiweiße als auch Lacke (zum Thema Reinigungsmittel u. a. siehe z. B. Webseite von Paaßen: www.hauswirtschaft.info). Eine Überdosierung von Reinigungsmitteln kann beispielsweise die Abwasser- und Umweltbelastung erhöhen; demgegenüber kann eine zu geringe Dosierung von Reinigungsmitteln zu einer unzureichenden Reinigungsleistung führen (Otterbein 2017, S. 4). Daher sollten Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter stets in Abhängigkeit von Wasserhärte und Verschmutzungsgrad gemäß den Dosierempfehlungen der Verpackung agieren.
“Jedes [Reinigungs- und] Waschmittel kann Stoffe enthalten, die
- biologisch nicht leicht oder nicht vollständig abbaubar sind oder
- Gewässerorganismen schädigen oder
- sich in der Umwelt oder den Organismen anreichern.” (UBA 2015a),
weshalb in jedem Reinigungs- bzw. Waschfall eine gewisse Umweltbelastung in Kauf genommen wird. So enthalten herkömmliche Waschmittel häufig noch schwer abbaubare Tenside, Stabilisatoren, Komplexbildner, optische Aufheller, chemische Bleichmittel, Konservierungsstoffe und Mikroplastik. Um die Umweltbelastung jedoch so gering wie möglich zu halten, sollte ein konkreter Reinigungs- bzw. Waschbedarf vorliegen. Zudem können Baukastensysteme mit getrennten Waschmittel, Enthärter und Bleichmitteln genutzt werden, um je nach Bedarf und entsprechend sparsamer dosiert werden kann. So kann z. B. in den (Groß-)Haushalten mit weichem Wasser (Härtestufe 1) der Enthärter der Umwelt erspart bleiben (UBA 2015b).
Bestenfalls sollte auf nachhaltige Reinigungs- und Waschmittel zurückgegriffen werden – wie z. B. Tenside auf Basis nachwachsender Rohstoffe (z. B. Alternativen aus Kokosöl oder heimische Tenside aus Raps). Rohstoffe aus tropischem Anbau sind nicht unumstritten. Der Einsatz heimischer Tenside ermöglicht eine Unterstützung des heimischen Pflanzenanbaus und es werden nur Öle aus der letzten Pressung zur industriellen Verwertung genutzt, die nicht im Konflikt mit der Produktion von Lebensmitteln stehen (Otterbein 2017, S. 7). Gleichzeitig bedeutet ein nachhaltiger Umgang mit Reinigungsmitteln, dass Auszubildende die richtige (umweltfreundliche) Dosierung anwenden können, die nicht zu Lasten des Reinigungsergebnisses und zur vorgeschriebenen Hygiene führt. Hierbei sollten Auszubildende auch Ideen entwickeln dürfen und somit ihren Arbeitsbereich aktiv im Sinne der lfd. Nr. 7 (HaWiAusbV) weiterentwickeln, denn „[g]rünes Reinigen muss ein Schlüsselelement [des] Unternehmens sein“ (Marshall 2010). Die Broschüre „Schwamm drüber“ des Instituts für Kirche und Gesellschaft greift das Thema der umweltschonenden und gesundheitsbewussten Reinigung bereits im Jahr 1997 auf und konstatiert, dass eine umwelt- und gesundheitsbewusste Reinigung größtenteils davon abhängig ist, „dass die Reinigungskräfte das Reinigungskonzept und die korrekte Anwendung der ökologischen Produkte verinnerlicht haben und diese konsequent umsetzen“ (Institut für Kirche und Gesellschaft der Ev. Kirche von Westfalen et al. 2013). Dies gilt auch für die Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter.
Wasserverbrauch
Im Rahmen von Reinigungsprozessen spielt die Ressource “Wasser” eine große Rolle (siehe SDG 6.4). Passend hierzu findet sich in der Ausbildungsverordnung der Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter die Position Nr. 5 c) “Reinigungs-, Desinfektions- und Pflegemaßnahmen unter Beachtung von Nachhaltigkeitsaspekten durchführen” (Lfd. Nr. 5, HaWiAusbV 2020)
Im August 2022 wurde diesbezüglich berichtet, dass in hunderten deutschen Kommunen das Wasser knapp würde (Hagmann & Rademacher 2022). Auch das Umweltbundesamt meldete im Sommer 2022:
„Trotz des insgesamt ausreichenden Wasserdargebots gibt es regionale Unterschiede in der Wasserverfügbarkeit. […] eine hohe Wassernutzung [kann] zu bestimmten Tageszeiten insbesondere bei warmem Wetter die Verteilungssysteme einiger Wasserversorgungsunternehmen an die Grenzen bringen (Spitzenwasserbedarf).” (UBA 2022a)
Mit Blick auf den “Klimawandel könnte sich der Nutzungsdruck auf das Grundwasser regional verschärfen, wenn dort – wie befürchtet – die Niederschläge weniger werden oder das Niederschlagswasser zu einem höheren Anteil oberflächlich abfließt” (UBA 2018). Wasser stellt damit nunmehr auch in Deutschland eine nicht unendlich verfügbare Ressource dar und der schonende Umgang ist für Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter (und andere Berufe) unerlässlich. So ließen sich z. B. Handwaschbecken in diversen Einrichtungen mit Wassersparperlatoren ausstatten, was zu sehr großen jährlichen Einsparungen führen kann (dgh 2021). Auch der Austausch alter Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen oder Geschirrspüler – in Großhaushalten die entsprechend größeren Gerätschaften – kann dazu beitragen, dass der tägliche Wasserbedarf zurückgeht (UBA 2018). Die kritische Beurteilung verschiedener Einsparungsmöglichkeiten (mit oder ohne Geräte) stellt dabei eine wichtige zu vermittelnde Kompetenz in diesem Berufsfeld dar.
Mikroplastik
Schließlich kommt im Kontext von Reinigung und Pflege auch das Themenfeld
„Mikroplastik” ins Spiel. Bei Mikroplastik handelt es sich um feste, unlösliche, partikuläre und nicht biologisch abbaubare synthetische Polymere in einem Größenbereich von weniger als 5 Millimetern bis 1.000 Nanometer (UBA 2020a, Quarks 2022a).
Mikroplastik des Typs A wird gezielt hergestellt (Bertling et al. 2018). “Beispiele sind Reibkörper in Kosmetik, polymere Strahlmittel, Laserinterpulver für den 3D-Druck oder Kunststoffpellets, die in der Industrie ein wichtiges Halbzeug darstellen.” (ebd., S. 9).
Mikroplastik des Typs B entsteht während der Nutzungsphase. Hierzu gehören u. a. Fasern aus synthetischen Textilien, die beim Waschen ins Abwasser gelangen. 35 Prozent des Mikroplastiks im Meer stammt vom Faserabrieb synthetischer Textilien beim Waschen (IUCN 2017). Je nach gewaschenem Material kann ein einzelnes Kleidungsstück pro Waschgang geschätzt 2.000 Fasern verlieren (ebd.; Quarks 2022b). Eine einfache Rechnung verdeutlicht den Eintrag von Mikroplastik durch das Wäschewaschen (Kompetenzzentrum Hauswirtschaft o. J.): Polyester-T-Shirts verursachen ca. 20 mg Mikroplastik pro kg Wäsche. Wäscht man eine Maschine mit 6 kg Fassungsvermögen, entstehen dabei 180 mg Mikroplastik pro Waschgang. Geht man davon aus, dass in einem Haushalt alle 14 Tage eine Maschine mit Polyester-T-Shirts gewaschen werden, ergibt das 26 Waschgänge pro Jahr. Das sind knapp 5 g Mikroplastik im Jahr. Waschen rund 40 Millionen deutsche Haushalte alle zwei Wochen 6 kg Polyester-T-Shirts, erzeugen sie 200 t Mikroplastik pro Jahr.
Mikroplastik in der Nahrungskette
Diese kleinen Kunststoffteilchen werden vor allem mit der Kosmetik in Verbindung gebracht (z. B. in Peelings, Haarshampoo oder als Binde- und Füllmittel in flüssigen Waschmitteln). Auch Plastikflaschen mit (Mineral-) Wasser enthalten Mikroplastik (Schymanski 2018). Allerdings kann es auch in Putzlappen und Schwämmen verwendet werden und ist somit relevant für die Privat- und Großhaushalte (Quarks 2022a). Über das Abwasser gelangen diese Stoffe ins Meer. Dort ziehen sie Gifte an, werden von Tieren aufgenommen und gelangen so in die Nahrungskette. So konnte mit Relevanz für die Nahrungskette vor allem in Fischen Mikroplastik nachgewiesen werden (Bertling et al. 2018, S. 7), welches wir dann schlussendlich aufnehmen (Quarks 2022a). Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) und auch die WHO sehen die Aufnahme (der bisherigen Mengen) nicht als gesundheitsrelevant an. So sagt das BfR über die richtige Verwendung mit Kosmetikprodukten wie Cremes: “Bei dieser Partikelgröße ist bei vorhersehbarem Gebrauch der Produkte eine Aufnahme über die gesunde und intakte Haut nicht zu erwarten” (BfR zitiert nach Quarks 2022b). Maria Neira von der WHO beschreibt das Risiko von Mikroplastik in Trinkwasser und in PET-Flaschen wie folgt (Neid / WHO zitiert nach Quarks 2019): “Nach allen aktuell verfügbaren Informationen gehe von der derzeitigen Mikroplastik- Konzentration in Trinkwasser allerdings auch keine Gefahr aus”. Relevant aber unbeantwortet ist hierbei die Frage, wie es um die aerosolen Bestandteile des Mikroplastiks aus dem Reifenabrieb oder von Kunstrasenplätzen steht, die eine wesentliche Quelle für Mikroplastik sind (ADAC 2022, Fraunhofer Umsicht 2021). Alles in allem ist der Stand der Forschung zu den Risiken von Mikro- oder gar Nanoplastik (kleinste Plastikteilchen) unbefriedigend, weshalb ein nachhaltiges Verhalten und ein nachhaltiger (Mikroplastik-freier) Einkauf angeraten sind.
Gesundheitsbelastung durch Mikroplastik
Laut einer Studie der Medizinischen Universität Wien aus dem Jahr 2019 gelangen durchschnittlich pro Person und Woche 5 g Plastik in den menschlichen Magen-Darm-Trakt (Schwab et al. 2019). Dieses Gewicht entspricht in etwa dem Gewicht einer Kreditkarte. In den Körper werden die Plastikteilchen nicht nur über Lebensmittel wie insbesondere Fisch und andere Meeresbewohner sowie über das Meersalz in den Körper geschleust. Auch Getränke in Plastikflaschen spielen eine Rolle. Deshalb empfiehlt es sich, auf Plastikflaschen zu verzichten. „Wer die empfohlenen 1,5 bis zwei Liter Wasser pro Tag aus Plastikflaschen trinkt, nimmt […] allein auf diese Weise rund 90.000 Plastikpartikel pro Jahr zu sich. Wer zu Leitungswasser greift, kann – je nach geografischer Lage – die Menge auf 40.000 reduzieren“ (DERSTANDARD 2022; Wright et al. 2019).
Eine Studie aus 2022 (Leslie et al. 2022) hat erstmals Mikroplastik im menschlichen Blut nachgewiesen. 17 von 22 der getesteten Personen hatten laut der Studie der Freien Universität Amsterdam nachweislich Kunststoff im Blut (ebd.). Die Untersuchung war der erste Beweis dafür, dass Kunststoffpartikel in den menschlichen Blutkreislauf gelangen können. Die Gesamtkonzentration von Kunststoffpartikeln im Blut der 17 Probandinnen und Probanden betrug durchschnittlich 1,6 µg/ml, was einem Teelöffel Kunststoff in 1.000 Litern Wasser (zehn große Badewannen) entspricht. Polyethylenterephthalat (PET), Polyethylen und Polymere von Styrol waren die häufigsten Kunststoffarten, gefolgt von Poly(methylmethacrylat), die in den Blutproben gefunden wurden. Auch Polypropylen wurde analysiert, aber die Konzentrationen waren zu gering für eine genaue Messung (ebd.).
Der Wasserfußabdruck von Lebensmitteln
Jede Pflanze benötigt Wasser zum Wachsen. Das aufgenommene Wasser wird dann in den Feldfrüchten, in Obst und Gemüse gespeichert. Bei der Viehzucht nehmen Rinder, Schweine und Geflügel dieses Wasser indirekt – neben dem weiteren Trinkwasser – ebenfalls auf. Die Gesamtmenge an Wasser, die schließlich für ein Kilogramm Lebensmittel benötigt wird, nennt man entweder den Wasserfußabdruck oder “virtuelles Wasser” in den Lebensmitteln (UBA 2022b). Hierbei unterscheidet man “grünes Wasser”, welches aus dem Regen stammt, “blaues Wasser” aus Flüssen oder Grundwasser. “Graues Wasser” ist die Wassermenge, die benötigt wird, um in der Industrie genutztes Wasser so weit zu verdünnen, dass es den gesetzlichen Qualitätsanforderungen genügt (ebd.).
Den höchsten Wasserfußabdruck haben Obst, Gemüse und Nüsse. Insbesondere Erdbeeren haben einen sehr hohen Wasserbedarf: mehr als 200 Liter pro Kilogramm (wfd o.J.). Allerdings werden in Deutschland nur ca. 2% des Gesamtwassereinsatzes (Destatis/Deutscher Bauernverband 2020) benutzt bzw. verbraucht. 50% des Wassers wird für die Energieerzeugung genutzt. Weltweit nutzt die Landwirtschaft rund 70% des Frischwassers (bpb 2017). Besonders wasserdurstig sind Baumwolle und Reis. Indirekt tragen Lebensmittelimporte aus Ländern mit Wassermangel dazu bei, dass wir das sogenannte “blaue Wasser” (UBA 2022) des Anbaus der Lebensmittel importieren. Die Produktion 1 Tonne Sojabohnen in Brasilien erfordert 2.244 m3 Wasser, in den USA hingegen werden nur 1.380 m3 benötigt (Finogenova o.J. sowie Destatis 2012). Die Bedeutung des Imports von Wasser gilt umso mehr bei Agrarprodukten aus Nordafrika, Südafrika und Mittelasien, da diese unter Wasserknappheit leiden. Folgende Aspekte wären im (Aus-)Bildungskontext zu behandeln und hierbei die sich ergebenden Zielkonflikte mit anderen Dimensionen der Nachhaltigkeit zu diskutieren (ifeu 2020:19ff, wfd o.J.):
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SDG 7 Bezahlbare und saubere Energie
“Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern”
Das SDG 7 “Bezahlbare und saubere Energie” beinhaltet soziale und ökologische Anforderungen an den Klimaschutz. Für die Systemgastronomie sind vor allem zwei Unterziele wichtig (Destatis 2022a):
7.2 Bis 2030 die weltweite Steigerungsrate der Energieeffizienz verdoppeln
7.3 Bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energie am globalen Energiemix deutlich erhöhen
Im Wesentlichen geht es um im SDG 7 um einen Umbau des bisherigen Energiesystems hin zu mehr Erneuerbare Energien und eine Verbesserung der Effizienz der Energienutzung, da ökologische und das Klima schützende Anforderungen schon durch andere SDGs (insbesondere 13, 14 und 15) abgedeckt werden.
“Saubere Energie”, wie dies in SDG 7 genannt wird, bedeutet heute für den Klimaschutz grundsätzlich der Umstieg auf erneuerbare Energien (EE) sowie eine höhere Energieeffizienz. Weitere Probleme der Energieerzeugung mit der Nachhaltigkeit betreffen
Umweltschutz und Arbeitsbedingungen bei der Rohstoffgewinnung
Ökologische und Gesundheitsfolgen der Energienutzung, insbesondere bei der Verbrennung
Flächenkonkurrenzen bei dem Anbau von Energiepflanzen (Mais, Zuckerrohr u. a.)
Die Schnittmenge für das SDG 7 ergibt sich aus den Nummern a und b der Standardberufsbildposition (BIBB 2021b):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter erbringen hauswirtschaftliche Versorgungs- und Betreuungsdienstleistungen in Privat- und Großhaushalten für unterschiedliche Zielgruppen, bei denen Energie benötigt wird, z. B. bei Reinigung und Pflege oder dem Herstellen hauswirtschaftlicher Produkte. Deshalb sollten auch die Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter ein Verständnis für den Energieverbrauch in ihrer Tätigkeitsstätte haben. Dieses Kapitel beschreibt einige Grundlagen der verwendeten Energieformen und eingesetzten Verfahren, soweit sie den Hintergrund der Einrichtungen und Arbeiten der Hauswirtschaft betreffen.
Erneuerbare Energien
Wichtig sind hinsichtlich des Ziel “bezahlbarer Energie” vor allem die Kosten von Strom und Wärme. Die Stromgestehungskosten waren in 2021 wie folgt (ISE 2021, gerundet): Dachkleinanlagen 6-11 Cent/kWh, große Dachanlagen 5-10 Cent/kWh, Freiflächenanlagen 3-6 Cent/kWh. Die Stromgestehungskosten fossiler Stromerzeugung lagen in 2021 zwischen 8-13 Cent/kWh für Gas- und Dampfkraftwerke, zwischen 11-28 Cent/kWh bei Gaskraftwerken, 10-15 Cent/kWh Braunkohlekraftwerke sowie 11-20 Cent/kWh bei Steinkohlekraftwerken. Für Kernkraft, mit Rückbau und Endlagerung werden die Stromgestehungskosten auf 50 bis 100 Cent/kWh geschätzt (Siemens-Stiftung 2015). Die konkreten Stromgestehungskosten sind von einer Reihe von Faktoren abhängig. Dazu zählen der Standort (z.B. Entfernung zwischen Kraftwerk und Abbaugebiet), Größe und Alter der Anlagen, Subventionen, Wartung, Abschreibungen sowie die verbaute Erzeugungstechnologien.
Rationelle Energienutzung und Energiesparen
Neben dem Einsatz erneuerbarer Energien zählt auch die rationelle Energienutzung zu den Maßnahmen, um das Energiesystem in Richtung Nachhaltigkeit zu transformieren. Typische Handlungsfelder der rationellen Energienutzung sind die Energieeffizienz und das Energiesparen, die beide eng miteinander verknüpft sind.
- Energieeffizienz: Bei der Energieeffizienz geht es darum, Geräte und Maschinen zu nutzen, die bei gleicher Funktionserfüllung einen geringeren Energiebedarf haben. Effizienz ist dabei eine relationale Größe, die sich auf mindestens zwei vergleichbare Arten bezieht, Energie zu nutzen. Durch optimierte Prozesse sollen die quantitativen und qualitativen Verluste, die im Einzelnen bei der Umwandlung, dem Transport und der Speicherung von Energie entstehen, minimiert werden, um einen vorgegebenen (energetischen) Nutzen bei sinkendem Primär- bzw. Endenergieeinsatz zu erreichen.
- Energieeffizienzkennzeichnung: In der EU gibt die Energieeffizienzkennzeichnung gemäß Verordnung (EU) 2017/1369 Auskunft über die Energieeffizienz von Elektrogeräten und weiteren Energieverbrauchern. Die Kennzeichnung erfolgt für verschiedene Gerätegruppen in Form von Etiketten auf den Geräten und in Werbematerialien. Ab dem Jahr 2021 erfolgt die Kennzeichnung der Energieeffizienz in Form von Effizienzklassen. Deren Skala reicht von „A“ bis „G“, wobei Geräte mit der höchsten Effizienz mit der Kennzeichnung “A” ausgezeichnet werden. Daneben gibt es zahlreiche weitere Kennzeichen. Bekannt ist der amerikanische Energy Star für energiesparende Geräte, Baustoffe, öffentliche/gewerbliche Gebäude oder Wohnbauten. Der Energy Star bescheinigt die jeweiligen Stromsparkriterien der US-Umweltschutzbehörde EPA und des US-Energieministeriums (www.energystar.gov). Auch nationale Umweltzeichen wie der Blaue Engel können, je nach ausgezeichnetem Produkt, aufgrund vergleichsweise besonders hoher Energieeffizienz vergeben werden (www.blauer-engel.de). Für PKWs gibt es ein eigenes Kennzeichen, welches die Bewertung und Kennzeichnung der Energieeffizienz neuer Personenkraftwagen hinsichtlich Kraftstoff- und Stromverbrauch regelt (Pkw-EnVKV 2004, nov. 2020).
- Rebound-Effekt: “Effizienzsteigerungen senken oft die Kosten für Produkte oder Dienstleistungen. Dies kann dazu führen, dass sich das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer ändert: Sie verbrauchen mehr – die ursprünglichen Einsparungen werden teilweise wieder aufgehoben. Dieser Effekt wird Rebound genannt.” (UBA 2019b). Daher kann nicht nur allein auf Energieeffizienz gesetzt werden, sondern das Verhalten muss entsprechend angepasst werden.
- Energie sparen: Die Abgrenzung des Energiesparens zur Energieeffizienz ist allerdings nicht immer eindeutig, denn die Nutzung eines energieeffizienten Gerätes stellt immer auch eine Energieeinsparung gegenüber einem weniger effizienten Gerät dar. Die wichtigsten Stromsparmaßnahmen im Haushalt sind energieeffiziente Geräte (Kühl- und Gefriergeräte, Flachbildschirme u. a.m.) sowie LED-Beleuchtung. Auch Änderungen im Verhalten und der Nutzung von Geräten können dazu beitragen, dass Energie gespart wird. “Ein richtig genutzter Geschirrspüler kann im Vergleich zur Handwäsche bis zu 50 Prozent Energie und circa 30 Prozent Wasser einsparen.” (Bundesregierung o. J.b) Eine Vielzahl von Energiespartipps sind z. B. bei co2online.de zu finden. Selbst kleine Maßnahmen wie Reduzierung des Standby-Verbrauchs summieren sich im Großen (UBA 2015c). EU-weit werden die Leerlaufverluste auf jährlich 51 Mrd. Kilowattstunden geschätzt. Dies entspricht einer Energiemenge, die etwa 14 Großkraftwerke mit jeweils 800 Megawatt Leistung pro Jahr erzeugen und dabei etwa 20 Mio. t CO2 in die Atmosphäre emittieren (ebd.).
Waschen
Eine merkliche Einsparung an Energie lässt sich durch die Waschtemperatur steuern. Häufig wird wärmer gewaschen als erforderlich. Hohe Temperaturen sind nicht notwendig, um Schmutz und Flecken zu entfernen, denn die Waschmittel schaffen dies bereits bei geringen Wassertemperaturen von 30° C gut. Der Stromverbrauch pro Waschgang sinkt bereits durch die Verringerung der Waschtemperatur von 40° C auf 30°C um über 35 Prozent.
Das Öko-Institut e.V. hat im Auftrag des Umweltbundesamtes eine Ökobilanz zum Waschen erstellt, in der das Waschverhalten von drei verschiedenen Modell-Haushalten und dem daraus entstehenden Stromverbrauch für die Waschmaschine verglichen wurde (UBA 2015d):
- Energiesparhaushalt (35,24 kWh pro Jahr): Durchschnittliche Temperatur- bzw. Waschgangverteilung: 75 Prozent Buntwäsche bei 30°C; 25 Prozent Weißwäsche bei 60°C.
- Durchschnittshaushalt (121,35 kWh pro Jahr): Durchschnittliche Temperatur- bzw. Waschgangverteilung: 40 Prozent Buntwäsche bei 30°C; 45 Prozent Buntwäsche bei 60°C und 15 Prozent Weißwäsche bei 90°C.
- Energiefresserhaushalt (227,95 in kWh pro Jahr): Durchschnittliche Temperatur- bzw. Waschgangverteilung: 30 Prozent Buntwäsche bei 30°C; 40 Prozent Buntwäsche bei 60°C und 30 Prozent Weißwäsche bei 90°C.
Der Energieverbrauch zum Waschen entspricht folgenden CO2-Emissionen (unter Verwendung des Faktors 1 kWh = 616 g CO2):
- Energiesparhaushalt: 21,70 kg CO2
- Durchschnittshaushalt: 74,80 kg CO2
- Energiefresserhaushalt: 140,40 kg CO2
Die Vergleichswerte zeigen anschaulich, dass allein durch die Wahl der Waschtemperatur ein großes CO2-Einsparpotential besteht. Die optimale Befüllung der Waschtrommel spart zudem Wasser.
Mobilität
Im Rahmen der sogenannten Verkehrswende spielt die Dekarbonisierung der Antriebe eine zentrale Rolle, denn die Treibhausgasemissionen der Mobilität sind, mit rund 149 Mio. t CO2-Äq bzw. fast 20% aller CO2-Emissionen allein in Deutschland im Jahr 2021, maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich (UBA 2022). Differenziert nach verschiedenen Verkehrsarten zeigt sich, dass der Straßengüterverkehr 2020 rund 46 Mio. t CO2-Äq bzw. 30% der Verkehrsemissionen verursacht (ebd.) hat. Es sind somit zwei Trends wirksam: Zum einen eine Minderung der Emissionen (insbesondere der Schadstoffe), die aber bei LKWs deutlich größer sind (-32%) als bei PKWs (-5%). Zum anderen stieg für beide die Zahl der gefahrenen Kilometer – die PKW-Fahrleistung hat sich seit 1995 verdoppelt, die des Güterverkehrs per LKW ist um 74% gestiegen (ebd.).
Geschäftsreisen
Bei Geschäftsreisen besteht vielfach die Wahl zwischen Bahn und Pkw-Nutzung, wobei die PKW-Nutzung im Mittel zum Vier- bis Fünffachen an CO2-Emissionen führt (Mein Klimaschutz o.J.). Bei innerdeutschen Flügen ist man oder Frau aufgrund der langen Check-In-Zeiten im Prinzip kaum schneller als mit der Bahn. Hier kann der UmweltMobilCheck der Deutschen Bahn eine Orientierung geben (Deutsche Bahn o.J.). Eine Fahrt von Berlin nach Hamburg führt bei Pkw-Nutzung zu etwa 54 kg CO2-Äq, bei Bahnnutzung zu 0,03 kg CO2-Äq.
Sollten Geschäftsreisen mit dem Flugzeug gelegentlich unvermeidbar sein, bieten sich Kompensationsmodelle zum Ausgleich der Klimawirkung an, bei denen eine Klimakompensation erfolgt. Hierbei wird ein Geldbetrag entsprechend der verursachten Emissionen überwiesen und dieser wird in Klimaschutzprojekte investiert z.B. in den Moorschutz oder Wiederaufforstung (vgl. atmosfair o.J.). Bei einem Hin-und Rückflug von Berlin nach Shanghai entstehen ca. 4.800 kg CO2 Emissionen. Diese können durch 111 € Ausgleichszahlung kompensiert werden.
Fuhrpark für den motorisierten Individualverkehr
Der motorisierte Individualverkehr (MIV) wird mit PKW´s durchgeführt. Alle Unternehmen besitzen zumindest ein Fahrzeug für den Geschäftsführer, größere Unternehmen stellen Dienstfahrzeuge, große Unternehmen haben ganze Fahrzeugflotten. Laut Statista gab es 2020 mehr als 5 Millionen PKW’s mit einem gewerblichen Fahrzeughalter (ca. 11% des Fahrzeugbestandes, Statista 2022b). Um die Emissionen im Verkehr deutlich zu reduzieren – dies ist unbedingt notwendig, um die international vereinbarten Klimaziele zu erreichen – muss der Fuhrpark auf emissionsarme Fahrzeuge umgestellt werden. Bei der Umstellung des betrieblichen Fuhrparks von Fahrzeugen mit (fossilen) Verbrennungsmotoren auf alternative Antriebskonzepte stehen derzeit Elektrofahrzeuge mit unterschiedlichen Antriebskonzepten, Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzellen sowie die Nutzung biogener Kraftstoffe in der Diskussion:
Hybrid-Fahrzeuge: Es gibt verschiedene Typen wie Mild-Hybrid, Voll-Hybrid, Plug-in-Hybrid oder Range Extender, die einen mehr oder weniger starken Verbrenner mit einem Elektroantrieb kombinieren. Solange die Reichweite reiner E-Autos noch begrenzt ist, wird es auch diese Fahrzeuge geben.
Elektroauto mit Batterie: Ein vollelektrisches Fahrzeug (BEV) wird ausschließlich von einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben. Der wird über das Stromnetz aufgeladen, das heißt: er benötigt keinen fossilen Kraftstoff. Dadurch fährt das Fahrzeug zu 100% emissionsfrei. Allerdings ist hier der Strommix von Bedeutung: Der Anteil von Gas und Kohle führt zu Emissionen bei der Stromerzeugung.
Elektroauto mit Brennstoffzelle: Ein Brennstoffzellenauto (FCEV) wird ausschließlich von einem Elektromotor angetrieben. Der Strom wird in einer Wasserstoff-Brennstoffzelle erzeugt. Bei der Nutzung von Wasserstoff in Fahrzeugen ist von entscheidender Bedeutung, dass dieser mit elektrischem Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, ein sogenannter grüner Wasserstoff – denn nur dann ist sein Einsatz in Fahrzeugen CO2-frei und damit klimaneutral. Die Herstellung von grünem Wasserstoff erfolgt mittels Elektrolyse von Wasser.
Biogene Kraftstoffe: Hier wird der Kraftstoff aus Pflanzen erzeugt. Dies können Öl-Pflanzen wie Raps sein, aus denen Biodiesel, oder Zuckerrohr, aus dem Ethanol erzeugt wird. Letzteres ist z.B. in Brasilien eine wichtige Kraftstoffquelle. Die Antriebstechnik ist vergleichbar mit konventionellen Verbrennungsmotoren mit der Ausnahme, dass das bei der Verbrennung entstehende CO2 klimaneutral ist, denn die bei der Verbrennung freigesetzte CO2-Menge entspricht in etwa derjenigen Menge, die die Pflanze während ihres Wachstums mittels Photosynthese der Atmosphäre entzogen hatte.
Wie wird sich die individuelle und die gewerbliche Mobilität der Zukunft gestalten? Vermutlich wird es die Elektromobilität mit Batterien für PKW und kleine Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen sein. Von entscheidender Bedeutung ist, dass der elektrische Strom zur Ladung der Fahrzeugbatterie mit erneuerbaren Energien erzeugt wird. Bei LKW in der Klasse ab 7,5 t ist die Frage noch nicht beantwortet – hier konkurrieren Elektromobilität mit Batterien und Fahrzeuge mit Brennstoffzellen noch miteinander.
Nutzungsverhalten
Neben der Umrüstung der Dienstwagen auf elektrische Antriebe sollte auch der individuelle Umgang mit Mobilität überdacht werden. Es können beispielsweise THG-Emissionen eingespart werden, wenn die Mitarbeitenden zu Fuß oder mit dem Rad zum Arbeitsplatz im Handel kommen, sofern aus gesundheitlichen Gründen oder einer zu großen Distanz zum Arbeitsort nichts dagegen spricht. Zudem kann der Betrieb die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel z.B. durch ein Jobticket attraktiver gestalten. Auch die Förderung von Dienstfahrrädern ist in einigen Städten und Kommunen möglich. Zusätzlich ist die Bildung von Fahrgemeinschaften denkbar, wenn es sich von den Arbeitszeiten und den Wegen anbietet. Strecken, die mit dem Auto gefahren werden müssen, sollten optimiert werden (Routenoptimierung), insbesondere gilt dies für den Transport von Waren. Außerdem hat die Fahrgeschwindigkeit einen erheblichen Einfluss auf die ausgestoßenen THG-Emissionen. Laut Umweltbundesamt verursachten im Jahr 2020 Pkw und leichte Nutzfahrzeuge auf Bundesautobahnen in Deutschland THG-Emissionen in Höhe von rund 30,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Durch die Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf Bundesautobahnen würden die Emissionen um jährlich 2,0 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente reduziert und ein Tempolimit von 100 km/h würde sie um 4,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr mindern (UBA 2022b). Auch ohne generelles Tempolimit kann jede*r die Fahrgeschwindigkeit reduzieren, das spart nicht nur THG-Emissionen sondern auch Kosten ein (mobile.de 2020). Denn bei hohen Geschwindigkeiten verbrauchen Fahrzeuge überdurchschnittlich viel Kraftstoff. Nach Angaben des ADAC verbraucht ein Mittelklasseauto um bis zu zwei Drittel mehr Kraftstoff, wenn es statt 100 km/h mit 160 km/h fährt (ebd.).
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021b): Erläuterungen zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Auszug aus der Broschüre: Vier sind die Zukunft. Digitalisierung. Nachhaltigkeit. Recht. Sicherheit. Die modernisierten Standardberufsbildpositionen anerkannter Ausbildungsberufe (Ausbildung Gestalten).
Bundesregierung (o.J.b): Energie sparen, Klima schützen, Kosten senken. Energiespartipps im Alltag. Online: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/energie-sparen/energiespartipps-im-alltag-2041874
Destatis Statistisches Bundesamt (2022a): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
EcoTransIT (o.J.): Emissionsrechner für Treibhausgase und Luftschadstoffe. Online: https://www.ecotransit.org/de/emissionsrechner/
EU 2017/1369 zur Festlegung eines Rahmens für die Energieverbrauchskennzeichnung und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/30/EU. Online: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R1369&from=EL#:~:text=(1)%20Die%20Union%20hat%20sich,der%20Energienachfrage%20von%20zentraler%20Bedeutung.
Mein Klimaschutz (o.J.) CO2 durch Verkehrsmittel im Vergleich https://www.mein-klimaschutz.de/unterwegs/a/einkauf/welches-verkehrsmittel-verursacht-im-vergleich-mehr-co2/
Pflanzenforschung.de/ Anabel Mechela (2020): Photosynthese 2.0 Von der Jagd nach mehr Effizienz bis zum künstlichen Blatt https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/journal/photosynthese-20#
Pkw-EnVKV (2004): Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung vom 28. Mai 2004 (BGBl. I S. 1037), Online: https://www.gesetze-im-internet.de/pkw-envkv/BJNR103700004.html Zuletzt geändert am 14. Juni 2022. Online: https://www.bundesanzeiger.de/pub/de/suchergebnis?12
UBA Umweltbundesamt (2015c): EU sagt Leerlaufverlusten den Kampf an. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/energiesparen/leerlaufverluste
UBA Umweltbundesamt (2015d): Sparsam und umweltbewusst Waschen. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/wasch-reinigungsmittel/umweltbewusst-waschen-reinigen/sparsam-umweltbewusst-waschen
UBA Umweltbundesamt (2019b): Rebound-Effekte. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/oekonomische-rechtliche-aspekte-der/rebound-effekte
UBA Umweltbundesamt (2021): Wie hoch sind die Treibhausgasemissionen pro Person in Deutschland durchschnittlich? Online: https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/wie-hoch-sind-die-treibhausgasemissionen-pro-person
UBA Umweltbundesamt (2022b): Tempolimit. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/tempolimit#t
Wikimedia (2020): Installierte PV-Leistung in Deutschland. online: www.commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=90477752
SDG 8 Menschenwürdige Arbeit
“Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und
menschenwürdige Arbeit für alle fördern”
In der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wird zum SDG 8 auf das Leitbild „Soziale Marktwirtschaft“ verwiesen (Bundesregierung 2021: 2214):
„Soziales Ziel ist es, unternehmerische Freiheit und funktionierenden Wettbewerb mit sozialem Ausgleich und sozialer Sicherheit zu verbinden. Mit Hilfe der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, wie fairer Wettbewerb, Unternehmerverantwortung, Sozialpartnerschaft, Mitbestimmung und gerechte Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir auch in Zukunft noch Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung haben.“
Hinsichtlich des SDG 8 sind zwei Ebenen zu betrachten: Eine nationale Ebene und die globale Ebene.
Auf der nationalen Ebene steht Deutschland laut der „European Working Survey” hinsichtlich der Arbeitsbedingungen sehr gut da – 89 Prozent der Befragten geben an, mit ihrem Job zufrieden zu sein und 91 Prozent bestätigen einen fairen Umgang mit ihnen als Arbeitnehmer*innen (Eurofond 2021). Jedoch zeigt der Index “Gute Arbeit” des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB 2022) detailliert, dass es in manchen Branchen, wie dem Gesundheitssektor und bei Beschäftigten in Leiharbeitsverhältnissen noch große Defizite gibt (ebd.). Besonders negativ sind hierbei die Kriterien “Arbeitsintensität” und “Einkommen” aufgefallen, die notwendigen Handlungsbedarf in Berufsbildern aufzeigen.
Auch wenn Kinderarbeit und Sklaverei in Deutschland keine Rolle spielen, so ist die Umsetzung der verschiedenen Unterziele des SDG 8 eine dauerhafte Aufgabe im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Noch ein zweites gilt: Aufgrund der komplexen Lieferketten müssen Unternehmen Verantwortung für ihre Produkte auch in den Ländern, wo diese hergestellt werden, übernehmen. An dieser Stelle sollen folgende Unterziele betrachtet werden:
8.5 Bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle Frauen und Männer, einschließlich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen, sowie gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit erreichen
8.6 Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern
8.b Bis 2020 eine globale Strategie für Jugendbeschäftigung erarbeiten und auf den Weg bringen und den “Globalen Beschäftigungspakt der internationalen Arbeitsorganisation” umsetzen (ILO o. J.; Destatis o. J.)
8.7 Sofortige und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Zwangsarbeit abzuschaffen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden und das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, einschließlich der Einziehung und des Einsatzes von Kindersoldaten, sicherstellen und bis 2025 jede Form von Kinderarbeit ein Ende setzen
8.8 Die Arbeitsrechte schützen und sichere Arbeitsumgebungen für alle Arbeitnehmer, einschließlich der Wanderarbeitnehmer, insbesondere der Wanderarbeitnehmerinnen, und der Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, fördern.
Die Schnittstellen zur neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ergibt sich über die Beachtung der gesellschaftlichen Folgen des beruflichen sowie der zu entwickelnden Beiträge für ein nachhaltiges Handeln (BMBF 2022)
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
DGB Index Gute Arbeit
Die Qualität von Arbeitsbedingungen wird seit 2012 aufgrund von 42 standardisierten Fragen in einer bundesweiten repräsentativen Erhebung ermittelt (DGB 2022). Elf Kriterien der Arbeitsqualität werden abgefragt. Im November 2022 wurde der DGB-Index Gute Arbeit 2022 veröffentlicht. Wie schon in den vorangegangenen Jahren gibt es zu den Kriterien „Arbeitsintensität“ und „Einkommen“ erheblich kritische Bewertungen.
Personenbezogene Dienstleistungsberufe, unter denen auch die Hauswirtschaft gezählt werden kann, sind mit 62 von 100 Punkten im unteren Mittelfeld der Arbeitsbedingungen einzuordnen. Das bedeutet, dass der Sektor durch belastende Arbeitsmerkmale und geringe arbeitsbedingte Ressourcen geprägt ist (DGB 2022, S. 8; 12).
Einen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung der eigenen Arbeitsbedingungen haben die Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten im Arbeitskontext. Im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung ist das Kriterium „Sinn der Arbeit“ eine wesentliche Ressource zur Beurteilung der eigenen Arbeitsbedingungen. Dazu führt der Bericht „Index Gute Arbeit 2022“ aus:
„Der Sinngehalt von Arbeit ist eine Ressource, die sich aus unterschiedlichen Quellen speisen kann. Dazu gehört, dass die Produkte bzw. Dienstleistungen, die produziert oder erbracht werden, als nützlich erachtet werden. Häufig ist dies mit der Einschätzung verbunden, ob die Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugt. Sinnhaftigkeit kann dadurch entstehen, dass die Arbeit einen Nutzen für Andere hat. Und wichtig für Sinnempfinden ist auch, dass die eigenen, ganz konkreten Arbeitsaufgaben und -merkmale nicht sinnlos erscheinen. Wird Arbeit als sinnvoll empfunden, wirkt sich das positiv auf die Motivation und das Wohlbefinden der Beschäftigten aus. Dauerhaft einer als sinnlos erachteten Arbeit nachzugehen, stellt dagegen eine mögliche psychische Belastung und damit ein gesundheitliches Risiko dar.” (DGB 2022, S. 36)
BDA - Die Arbeitgeber
Die Arbeitgeber argumentieren mit positiven Statistiken, dass die Arbeitsbedingungen in Deutschland sehr gut sind (BDA o. J.). So sind laut der European Working survey 89 Prozent der in Deutschland Beschäftigten mit ihrem Job zufrieden, 74 Prozent gaben in der Befragung an, dass ihnen ihr Job Spaß macht und 91 Prozent bestätigen einen fairen Umgang am Arbeitsplatz (Eurofond 2021, BDA o. J.). Auch hinsichtlich der Arbeitssicherheit ist die Entwicklung positiv: Sowohl die Arbeitsunfälle, als auch die Unfallquote hat sich seit 1991 halbiert (BDA o. J.). Diese befinden sich seit 2004 unter 1 Mio. und bewegen sich seitdem zwischen 954.000 und 760.000 gemeldeten Fällen (Statista 2021).
Außerdem wird auf die Prävention und den Gesundheitsschutz hingewiesen, für den 2016 ca. 5 Mrd. € ausgegeben wurden, was 40 Prozent der gesamten Ausgaben von 11,7 Mrd. € ausmacht (BDA o. J.). Die betriebliche Gesundheitsförderung, wie Stressmanagement, gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung oder Reduktion der körperlichen Belastung kommt dabei sowohl den Beschäftigten als auch den Arbeitgebern zugute. Zuletzt wird noch auf die Eigenverantwortung hingewiesen, die aus selbstverantwortlichen Entscheidungen und flexibleren Arbeitszeiten resultiert.
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse
Menschen arbeiten auch in Deutschland teilweise in prekären Beschäftigungsverhältnissen und die „Bedeutung des sogenannten Normalarbeitsverhältnisses nimmt ab, während atypische Formen von Arbeit an Bedeutung zunehmen” (Jakob 2016). Dazu zählen befristete Arbeitsverträge, geringfügige Beschäftigung, Zeitarbeit, (Ketten-)Werkverträge und verschiedene Formen der (Schein-)Selbstständigkeit oder auch Praktika. Durch die Agenda 2010 wurde das Sicherungsniveau für von Arbeitslosigkeit Betroffene deutlich gesenkt (Arbeitslosengeld I in der Regel nur für ein Jahr, danach Arbeitslosengeld II). Menschen sehen sich eher gezwungen, “jede Arbeit zu fast jedem Preis und zu jeder Bedingung anzunehmen. Das hat dazu geführt, dass die Löhne im unteren Einkommensbereich stark gesunken sind.” (Jakob 2016). Im Jahr 2015 wurde mit der Einführung des Mindestlohns bereits durch die Politik dagegen gesteuert.
Das Thema betrifft auch das SDG 10 „Ungleichheit“, denn jeder Mensch hat das Recht auf faire und gute Arbeitsverhältnisse. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse widersprechen dem Leitbild „Guter Arbeit“, verbauen Entwicklungsmöglichkeiten von Beschäftigten und verstärken nachweislich den Trend zu psychischen Belastungen und Erkrankungen sowie deren Folgewirkungen (Jakob 2016, siehe auch SDG 3).
Haushaltsnahe bzw. haushaltsbezogene Dienstleistungen (zur Unterstützung privater Haushalte in ihren Betreuungs- und Versorgungsaufgaben) werden von hauswirtschaftlichen Dienstleistungsunternehmen und/oder selbstständigen hauswirtschaftlichen Dienstleister*innen angeboten (dgh 2013, S. 7). Die Anbieterstrukturen haushaltsnaher Dienstleistungen werden nicht selten auch auf Minijob-Basis, in Form von Soloselbstständigkeit oder irregulärer Arbeit (Schwarzarbeit, d. h. illegale Arbeit ohne Absicherung und Unfallversicherungsschutz) verrichtet (dgh 2013, S. 7; Pfannes, Schack 2014, S. 51f.). Es wird davon ausgegangen, dass der größte Teil des Angebots auf dem informellen Arbeitsmarkt stattfindet. Am häufigsten angeboten wird hierbei die Wohnungsreinigung als Dienstleistung (Pfannes, Schack 2014, S. 51f.). Eine aktuelle Bevölkerungsumfrage aus dem Oktober 2020 zeigt, dass 88 Prozent der Haushalte ihre Reinigungskraft (oft durch Frauen ausgeübt) nicht anmelden (Enste 2020). Schwarzarbeit im Haushalt scheint kurzfristig attraktiv, führt bei den ausführenden Personen aber kurz-, mittel- und langfristig zu vielen Nachteilen, wie z. B. niedrigere Renten im Alter oder Lohnausfälle bei Krankheit. etc. Die Auftraggeber sollten erkennen, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen im eigenen Haushalt wertvoll sind und dadurch Möglichkeiten im eigenen Umfeld entstehen, wie z. B. die Möglichkeit einer eigenen Erwerbsarbeit nachzugehen oder im Alter zu Hause wohnen zu bleiben. Gerade auch für das Image und die Anerkennung von haushaltsnahen Dienstleistungen ist es entscheidend, dass diese statistisch erfasst wird (was bei Schwarzarbeit nicht der Fall ist, Deutscher Hauswirtschaftsrat 2019).
In den letzten Jahren hat es verschiedene Initiativen zur Förderung haushaltsnaher bzw. -bezogener Dienstleistungen gegeben. Im Gutachten der Sachverständigenkommission zum Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung wird u. a. die Einführung eines nachfrageorientierten Gutscheinsystems empfohlen, um die im Rahmen der haushaltsnahen Dienstleistungen verrichteten Tätigkeiten in reguläre Dienstleistungsarbeitsplätze zu überführen (Sachverständigenkommission 2017, S. 118; Deutscher Hauswirtschaftsrat 2017). Orientiert am belgischen Modell wurde in Baden-Württemberg hierzu ein Modellprojekt durch staatlich finanzierte Gutscheine angestoßen (Prognos 2019; DGB 2020, S. 9). Der DGB fordert mit seinem Reformkonzept „Gute Arbeit im Privathaushalt“, u. a. die Schaffung sicherer Arbeitsbedingungen für Haushaltskräfte, die Steigerung der Erwerbsbeteiligung für Frauen sowie die Erschließung von Fachkräftepotenzialen (DGB 2020).
Ein Umdenken seitens der Politik und Gesellschaft sowie konkrete Maßnahmen können sich auch auf den Beruf des Hauswirtschafters/der Hauswirtschafterin positiv auswirken, denn schließlich decken Hauswirtschafter*innen die gesamte Alltagsorganisation und die personenbezogenen Dienstleistungen in Privathaushalten ab (Deutscher Hauswirtschaftsrat 2017).
Quellenverzeichnis
BDA (o. J.): Arbeitsbedingungen in Deutschland mit Spitzenwerten. Online: https://arbeitgeber.de/wp-content/uploads/2021/01/bda-arbeitgeber-argumente-arbeitsbedingungen_in_deutschland_mit_spitzenwerten-2020_04.pdf
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
Bundesregierung (2021): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 2021. Online: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/archiv/nachhaltigkeitsstrategie-2021-1873560
Destatis (o. J.): Internationale Arbeitsorganisation (ILO)-Arbeitsmarktstatistik. Online: https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Erwerbstaetigkeit/Methoden/Erlaeuterungen/erlaeterungen-arbeitsmarktstatistik-ilo.html
Deutscher Hauswirtschaftsrat e.V. (2017): Gutscheine gegen Schwarzarbeit im Haushalt ─ Privathaushalte halten die Gesellschaft zusammen. Berlin. Pressemeldung vom 21. März 2027. Online: https://www.hauswirtschaftsrat.de/download/2017-03-21-Pressemitteilung-Deutscher-Hauswirtschaftsrat.pdf
Deutscher Hauswirtschaftsrat e.V. (2019): Deutscher Hauswirtschaftsrat prangert Schwarzarbeit im privaten Haushalt an. Presseinformation. Berlin. Online. https://www.hauswirtschaftsrat.de/download/2019-03-18-PM-SchwarzarbeitHnDL.pdf
DGB (= Deutscher Gewerkschaftsbund) (2020): Gute Arbeit im Privathaushalt – ein Lösungsansatz mit großer Wirkung. arbeitsmarktaktuell, Nr. 2, Online: https://www.hs-fulda.de/fileadmin/user_upload/FB_Oe/PQHD/02-2020_DGB_ArbeitsmarktAktuell_HHDL_final.pdf
DGB (= Deutscher Gewerkschaftsbund) (2022): Index Gute Arbeit – Jahresbericht 2022, Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung. Online: https://index-gute-arbeit.dgb.de/++co++b20b2d92-507f-11ed-b251-001a4a160123
dgh (= Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft e.V.) (Hrsg.) (2013): Curriculum Haushaltsbezogene Dienstleistungen. Osnabrück. Online: https://www.dghev.de/fileadmin/user_upload/dgh_Curriculum_haushaltsnahe_Dienstleistungen.pdf
Enste, Dominik (2020): Haushaltshilfen: Verbreitung von Schwarzarbeit wird deutlich unterschätzt, IW-Kurzbericht, Nr. 119, Köln
Eurofound (2021): Working conditions in the time of Covid-19: Implications for the future. Online: https://www.eurofound.europa.eu/sites/default/files/ef_publication/field_ef_document/ef22012en.pdf
ILO (= Internationale Arbeitsorganisation) (o. J.): Erholung von der Krise: Ein Globaler Beschäftigungspakt. Online: https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/—ed_norm/—relconf/documents/publication/wcms_820295.pdf
Jakob, Johannes (2016): Gute und menschenwürdige Arbeit auch in Deutschland. In: Forum Menschenrechte et al. (Hrsg.): Deutschland und die UN-Nachhaltigkeitsagenda 2016. Noch lange nicht nachhaltig. Online: www.2030report.de/de/bericht/317/kapitel/ii11-gute-und-menschenwuerdige-arbeit-auch-deutschland
Pfannes, Ulrike; Schack, Pirjo Susanne (2014): Metastudie Haushaltsbezogene Dienstleistungen im Rahmen des Projektes des vzbv: „Gutes Leben im Alter – Verbraucherpolitische Aspekte des demografischen Wandels am Beispiel Wohnen, Haushaltsnahe Dienstleistungen und Pflege“, Berlin, Hamburg, Münster. Online: https://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/Metastudie-Haushaltsbezogene_Dienstleistungen-vzbv_2014.pdf
Prognos (2019): Haushaltsnahe Dienstleistungen. Implementierung eines Fördermodells für haushaltsnahe Dienstleistungen. Studie. Basel.
Sachverständigenkommission (= Sachverständigenkommission zum Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung) (2017): Erwerbs- und Sorgearbeit gemeinsam neu gestalten. Gutachten für den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Berlin. Online: www.gleichstellungsbericht.de/gutachten2gleichstellungsbericht.pdf
statista (2021): Arbeitsunfälle in Deutschland. Online: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/6051/umfrage/gemeldete-arbeitsunfaelle-in-deutschland-seit-1986/
SDG 12 Nachhaltige/r Konsum und Produktion
“Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen”
Das Nachhaltigkeitsziel Nr. 12 “Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen” zielt auf eine nachhaltige und effiziente Nutzung von Ressourcen ab (Destatis 2022a). Die Unterziele des Ziels Nr. 12 zur Verwirklichung des nachhaltigen Konsums und nachhaltiger Produktion, die regelmäßig auch das Berufsfeld der Hauswirtschaft betreffen lauten wie folgt:
12.3 „die weltweite Nahrungsmittelverschwendung pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene halbieren und die entlang der Produktions- und Lieferkette entstehenden Nahrungsmittelverluste einschließlich Nachernteverlusten verringern.“
12.4 „einen umweltverträglichen Umgang mit Chemikalien und allen Abfällen während ihres gesamten Lebenszyklus […] erreichen“,
12.5 „das Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung deutlich verringern.“
12.8 „sicherstellen, dass die Menschen überall über einschlägige Informationen und das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung und eine Lebensweise in Harmonie mit der Natur verfügen.“
Das SDG 12 betrifft im Prinzip alle Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”. Hervorzuheben sind in diesem Fall jedoch die Nummern 3a, 3b und 3d (BIBB 2021b):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen, Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
Durch die Zusammenstellung und Zubereitung von Speisen, aber auch durch die Beratung von Gästen haben Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter einen direkten Einfluss auf die Umsetzung der in SDG 2 genannten nachhaltigen Ernährung, auf individuelle Konsumentscheidungen und die o. g. Entwicklung gegenwärtiger und künftiger Lebensräume. Das SDG 12 greift den Missstand des nicht nachhaltigen Konsums und der Produktion in vielen Bereichen (nicht nur der Ernährung) des modernen Lebens auf. Bezogen auf Ernährungsweisen ist festzustellen, dass unsere Ernährungsweisen weltweit für 60 Prozent des Verlustes an Tier- und Pflanzenarten (UNEP 2016) und für durchschnittlich 1/3 der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind (IPCC 2019, S. 8). Viele unserer derzeit bevorzugten Lebensmittel und Speisen sorgen für einen großen sozialen, umwelt- sowie klimabezogenen Fußabdruck und zeigen erhebliche Defizite was den Tierschutz betrifft (WBAE 2020).
„Gerade die ressourcenverschwendende Produktion und der übermäßige Konsum tierischer Lebensmittel in den Industrieländern tragen zum Verlust der Biodiversität, dem vermehrten Ausstoß von Treibhausgasen und damit dem Verlust unserer aller Lebensgrundlage bei.“ (Ritter & Strotmann im 2023, S. 32)
Das SDG 12 betrifft im Prinzip alle Fähigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Standardberufsbildposition. Die Emissionen durch die Ernährung werden im nachfolgenden Kapitel SDG 13: “Maßnahmen zum Klimaschutz” beschrieben, da die Verwendung der jeweiligen Lebensmittel in Großhaushalten der Schlüssel für mehr Nachhaltigkeit ist (Scharp 2019). Die Nutzung von Energie für den Privat- und Großhaushalte wird im Kapitel SDG 7: “Bezahlbare und saubere Energie” beschrieben. Weitere Verbindungen zwischen den SDGs und der Standardberufsbildposition werden bei den jeweiligen SDGs beschrieben. Die Handlungsfelder von Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschaftern sind divers und haben damit das Potential, zur Erreichung der zuvor genannten Unterziele beizutragen wie bei SDG 7 und unten bei SDG 13 vorgestellt. Hier in SDG 12 wird nun ein Schwerpunkt auf die stofflichen Ressourcen gelegt.
Nachhaltigkeitssiegel
Eine mögliche Orientierungshilfe für nachhaltige Produkte bieten diverse Siegel. Diese können helfen, zwischen “geeigneten” oder “ungeeigneten” Produkten hinsichtlich ihres Beitrags zum Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung zu unterscheiden. Es gibt jedoch inzwischen eine kaum überschaubare Vielfalt an Siegeln – bedingt ist dies durch die Gründung von Organisationen, die ihren Betrieb mit dem Vertrieb von Siegeln finanzieren. Wegweiser durch die Siegel bieten inzwischen unterschiedliche Anbieter wie z. B. der Einkaufsführer von Ethik.Guide (https://ethikguide.org/einkaufsfuehrer/), der Labelchecker von CI-Romero (https://www.ci-romero.de/labelchecker/) oder das Portal label-online (https://label-online.de/).
An dieser Stelle werden die für die Großhaushalte wichtigen Bio-Siegel, die Siegel “Haltungsform” und “Vegetarisch / Vegan” sowie der “Umweltengel” vorgestellt, die als Orientierung dienen können:
- Umweltengel: Der Umweltengel ist seit über 40 Jahren das Umweltzeichen der Bundesregierung und wird vom Umweltbundesamt “herausgegeben”. Inzwischen sind mehr als 20.000 Produkte und Dienstleistungen von über 1.600 Unternehmen ausgezeichnet (UBA o. J.): “Zweck des Umweltzeichens ist es, privaten Verbraucherinnen und Verbrauchern, institutionellen Großverbrauchern und öffentlichen Einrichtungen eine verlässliche Orientierung beim umweltbewussten Einkauf zu geben. Denn eine gezielte Nachfrage nach umweltschonenden Produkten fördert ökologische Produktinnovationen und reduziert Umweltbelastungen. Der Blaue Engel steht für eine unabhängige, transparente und ambitionierte Kennzeichnung.”
- EU-Biosiegel: Das EU-Biosiegel kann nur vergeben werden, wenn auf chemischen Pflanzenschutz und künstliche Düngemittel verzichtet wird, wenn eine Überdüngung durch eine Begrenzung der Tierzahl pro Hektar vermieden wird, keine Antibiotika eingesetzt werden und auch die Futtermittel “Bio” sind. Gentechnisch veränderte Organismen (Pflanzen) sind nicht erlaubt. Die Haltungsbedingungen müssen besser als bei konventioneller Haltung sein. Die Anzahl der Zusatzstoffe, die erlaubt sind, beträgt nur rund 50 (von 316 möglichen Zusatzstoffen).
- Haltungsformen: In Zusammenarbeit von BMEL und Landwirtschaftsorganisationen wurde das Label “Haltungsformen” entwickelt. Es soll für mehr Transparenz in der Tierhaltung dienen. Es gibt vier Stufen: Stallhaltung, StallhaltungPlus, Außenklima und Premium. Für Hähnchen unterscheiden sich die Haltungsformen wie folgt:
- Stallhaltung: Platz: max. 39 kg/m²; Stallhaltung, Trockene Einstreu zur Beschäftigung
- StallhaltungPlus: 25 kg/m² (29 kg/m² wenn Stall mit Kaltscharrraum); Zugang zum Außenbereich, Mindestens zwei organische und veränderbare Beschäftigungsmaterialien
- Premium: 21 kg/m²; Stall und Außenbereich, zusätzliche Einstreu in Form von Stroh, Holzspänen, Sand oder Torf auf mind. 1/3 der Stallfläche
- Vegetarisch / Vegan: Die vegane Ernährung (oder zumindest an einigen Tagen pro Woche) leistet den größten Beitrag zum Klimaschutz. Eine deutliche Reduktion von tierischen Komponenten und ein hoher Anteil an veganen Mahlzeiten entspricht auch am ehesten der Empfehlungen der DGE (ebd. o. J.): 30 Prozent Getreide und Kartoffeln, 26 Prozent Gemüse und 17 Prozent Obst – dies sind 73 Prozent vegane Produkte (75 Prozent kann mit 2 Prozent pflanzlichen Ölen erreicht werden). Seit 2008 werden die Markenrechte in der V-Label GmbH in der Schweiz betreut. Das Label versichert, dass das Produkt nicht aus Tieren oder tierischen Bestandteilen besteht. Es werden keine Eier aus Käfighaltung verwendet. Gentechnik ist gleichfalls verboten.
Verpackungen
Im Jahr 2020 lag die Abfallmenge an Verpackungen in Deutschland bei 18,78 Millionen Tonnen (UBA 2022c). 1996 waren es 13,6 Mio. t. Seitdem gibt es eine steigende Tendenz mit einem Einbruch im Rezessionsjahr 2009 auf 15,1 Mio t. In den Jahren 2018 und 2019 lag die Abfallmenge an Verpackungen bisher auf dem höchsten Stand bei 18,9 Mio. t (ebd.).
Verpackungen sind in Privat- und Großhaushalten nicht gänzlich vermeidbar, da sie der Hygiene dienen und die Lebensmittel schützen. Deshalb werden viele verschiedene Materialien eingesetzt: Polyethylenfolie (“Frischhaltefolien”), Aluminiumfolie und Aluminiumschalen, Papier- und Styroporboxen, Pack- und Käsepapier u.v.m. Die ökologischen Vor- und Nachteile unterscheiden sich stark und es ist nicht einfach zu entscheiden, was die umweltfreundlichste Verpackung ist (ifeu o. J., co2online o. J.), da manche Materialien gut recycelt werden können (Aluschalen, Styroporboxen), andere wiederum nicht (mit Lebensmitteln verunreinigte PE-Folien). Auch die Nutzung von erneuerbaren Verpackungsmaterialien (gewonnen aus Zucker, Cellulose, Stärke) bedeutet nicht unbedingt, dass diese eine nachhaltigere Verpackung darstellen (Ökolandbau o. J.a). Polyethylen (PE) kann z. B. pflanzlich als Bio-PE gewonnen werden (ifeu 2012). Bio-PE ist wesentlich klimafreundlicher als fossiles PE, dafür hat Bio-PE ein höheres Versauerungspotential und führt mehr zur Eutrophierung von Gewässern (durch die Düngung der für die PE-Produktion angebauten Pflanzen). Zudem ist der Flächenbedarf um ein Vielfaches höher und Flächen sind weltweit ein knappes Gut. Dieses Beispiel zeigt, dass jede Handlung auch negative Auswirkungen hat, man in einem Dilemma steckt und man sich vielfach nur zwischen zwei unterschiedlichen Folgen entscheiden kann.
Als einfache Handlungsregel kann man annehmen, dass…
- … Mehrwegsysteme, bei denen auch tatsächlich hohe Umlaufzahlen erreicht werden (z. B. Standardflasche der Brunnengenossenschaft), am umweltfreundlichsten sind.
- … Mehrwegsysteme, bei denen lange Transporte anfallen (spezielle Bierflaschen aus anderen europäischen Ländern oder nationale Bierflaschen mit einer Brauerei-Prägung), weniger umweltfreundlich sind.
- … Einweg-Glassysteme (Gurken- und Marmeladengläser) vermieden werden sollten, weil das Glasrecycling mit Gas bei hohen Temperaturen durchgeführt wird.
- … Dosen schwierig zu bewerten sind – es kommt immer auf den Einzelfall an. Metalldosen werden in höchstem Maße recycelt: Die Recyclingquote von Weißblechdosen liegt bei ca. 90 Prozent in 2019 (Thyssenkrupp 2020). Andererseits schneiden Tetrapack-Verpackungen in der THG-Bilanz ab: Passierte Tomaten in der Dose haben einen THG-Wert von 1,8 kg CO2-Äq/kg; im Tetrapack liegt er bei 1,6 kg CO2-Äq/kg (ifeu 2020).
- … große Einweggebinde, wie in Großhaushalten üblich (z. B. 10 kg-Sauerkraut-Eimer),vermutlich der klimafreundlichste Weg sind, da große Kunststoffgebinde sehr leicht zu recyceln sind.
- … bei Einwegverpackungen auf fossile Rohstoffe verzichtet werden sollte.
- … bei Verpackungen mit Papier grundsätzlich auf Recyclingpapier gesetzt werden sollte (UBA 2020b).
Großhaushalte können, wie oben gesagt, Verpackungen nicht gänzlich vermeiden, sondern die Auswahl und den Einsatz nur optimieren. Privat- und Großhaushalte sollten auf Mehrwegsysteme wie Behältnisse zum Lagern von Lebensmitteln etc. achten und möglichst auf Folien verzichten. Wesentlich wichtiger ist es, dass klimafreundliche Lebensmittel eingesetzt werden. Dies kann am Beispiel einer Erdbeer-Mandel-Sahne-Torte gut gezeigt werden (Scharp 2022, eigene Berechnungen). Diese kann rund 100 g Butter und 900 g Sahne enthalten (Gesamtgewicht 2,75 kg) und verursacht ca. 6,3 kg THG-Emissionen. Werden die Butter und die Sahne gegen vegane Alternativen getauscht, so ergeben sich THG-Emissionen von nur 3,5 kg – eine Einsparung von 45 Prozent der Emissionen. Um dies durch die Einsparung von PE-Folie zu kompensieren, müssten 45 m PE-Folie eingespart werden. Aber wie sollen dann die Produkte verpackt werden?
Spül- und Putzmaterialien
Spül- und Putzmaterialien sind unabdingbar in jedem Privat- und Großhaushalt. Sie sind äußerst vielfältig. Spülmittel werden meist mit Tensiden auf Erdölbasis hergestellt, Bio-Spülmittel hingegen verwenden Zuckertenside oder Fettalkoholsulfate und nutzen somit erneuerbare Rohstoffe. Reinigungsmittel sind zum großen Teil biologisch abbaubar und werden in Kläranlagen aufbereitet oder bakteriell zersetzt. Nur ca. 7 Prozent der Inhaltsstoffe sind nicht leicht abbaubar (UBA 2021a). Dennoch stellen sie aufgrund ihrer Menge ein Problem dar. Hauptverursacher sind Haushalte, die mehr als 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr verbrauchen, die zu 0,56 Mio. t Chemikalieneintrag in das Abwasser führen (ebd.).
Putzmaterialien (Lappen, Schwämme oder Tücher) bestehen aus Erdöl basierten Kunststoffen, aus Baumwolle oder recycelten Materialien. Alle Tücher haben Vor- und Nachteile, die im folgenden Absatz aufgezeigt werden. Recycelte Materialien leisten den größten Beitrag hinsichtlich der Nachhaltigkeit.
- Mikrofasertücher werden aus Polyester, Nylon oder Polyamiden hergestellt (Contrado o. J.). In Verbindung mit Wolle sind dies Flanell-Tücher. Die Vorteile von Kunstfasern liegen in der Vermeidung von Pestiziden (für den Baumwollanbau), im wesentlich geringeren Wasserverbrauch (bei der Gewinnung und beim Färben) und damit auch in der Abfallvermeidung . Der wesentliche Nachteil ist die Nutzung nicht-erneuerbarer Rohstoffe (Erdöl). Aufgrund der technischen Vorteile (sanft, scheuert nicht, strapazierbar, saugstark u. a.m.) werden sie fast überall verwendet. Inwieweit Mikrofasertücher mengenmäßig zur Distribution von Nanopartikeln beitragen, ist nicht geklärt.
- Reinigung mit tierischen Fasern: Die Verwendung tierischer Fasern – und hierbei wird aufgrund des Preises nur Schafwolle verwendet – ist sehr selten. Es gibt z. B. Staubwedel aus Lammwolle.
- Reinigungstücher aus pflanzlichen Fasern: Die Verwendung pflanzlicher Fasern (Baumwolle, Flachs o. a.) ist gleichfalls nur in erster Hinsicht nachhaltiger als Kunstfaser-Tücher. Auch wenn sie aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, so erzeugt vor allem der derzeitige Anbau von Baumwolle weltweit große Probleme für die Nachhaltigkeit. Zentral sind der hohe Wasserbedarf zur Bewässerung (“Aral-See-Problematik bei der Baumwolle), der Einsatz von Pestiziden sowie autokratische Systeme in Mittelasien.
Die Möglichkeiten für mehr Nachhaltigkeit sollten ausgeschöpft werden, weshalb auch bei dem Kauf von Reinigungs- und Pflegemitteln bei dem Lieferanten nachgefragt werden soll, ob z. B. die Behälter aus recyceltem Plastik oder Wischlappen aus recycelten Materialien bestehen.
Waschmittel
In Deutschland werden 630.000 Tonnen Waschmittel jährlich verbraucht. Umgerechnet verbraucht jeder Einwohner fast 8 Kilogramm Waschmittel im Jahr. Hinzu kommen Weichspüler und weitere Waschhilfsmittel und Wäschepflegemittel, insgesamt etwa 220.000 Tonnen pro Jahr. Die Herstellung verbraucht Energie und Chemikalien, die Gewässer und Kläranlagen belasten (UBA 2021a). Im Haushalt sollte die Waschmittelmenge dem Verschmutzungsgrad der Wäsche und dem Wasserhärtegrad angepasst werden. Eine Überdosierung bringt kein besseres Waschergebnis, sondern führt zu höheren Umweltbelastungen und Kosten. Zudem können mehr Waschmittelrückstände auf der Wäsche verbleiben, die zu Hautreizungen führen können, insbesondere Duftstoffe. Durch Baukastensysteme beim Waschmittel kann auf unnötige Inhaltsstoffe wie z. B. Bleichmittel verzichtet werden und somit der Eintrag ins Abwasser verringert werden. Feste Waschmittel sind zudem umweltschonender als flüssige Waschmittel. Sie haben eine höhere Waschleistung und belasten die Kläranlagen weniger (ebd). Zudem kommen sie auch ohne Plastikverpackungen aus.
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021b): Erläuterungen zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Auszug aus der Broschüre: Vier sind die Zukunft. Digitalisierung. Nachhaltigkeit. Recht. Sicherheit. Die modernisierten Standardberufsbildpositionen anerkannter Ausbildungsberufe (Ausbildung Gestalten).
Contrado (o. J.): Was ist Mikrofaser? https://de.contrado.com/blog/was-ist-microfaser-stoff/
co2online (o. J.): Welche Verpackung ist umweltfreundlicher? Der große Verpackungsvergleich. Online: https://www.co2online.de/klima-schuetzen/nachhaltiger-konsum/vergleich-umweltfreundliche-verpackungen/
Destatis Statistisches Bundesamt (2022a): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung (2020): Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland. Online: www.ifeu.de/fileadmin/uploads/Reinhardt-Gaertner-Wagner-2020-Oekologische-Fu%C3%9Fabdruecke-von-Lebensmitteln-und-Gerichten-in-Deutschland-ifeu-2020.pdf
ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung (2012): Untersuchung der Umweltwirkungen von Verpackungen aus biologisch abbaubaren Kunststoffen. Online: https://www.ifeu.de/projekt/untersuchung-der-umweltwirkungen-von-verpackungen-aus-biologisch-abbaubaren-kunststoffen/?sword_list%5B0%5D=bio-pe
ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung (o. J.): Innoredux. Online: https://www.ifeu.de/projekt/innoredux/
IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change (Hrsg.) (2019): Klimawandel und Landsysteme. IPCC-Sonderbericht über Klimawandel, Desertifikation, Landdegradierung, nachhaltiges Landmanagement, Ernährungssicherheit und Treibhausgasflüsse in terrestrischen Ökosystemen. Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger. Online: https://www.weltagrarbericht.de/fileadmin/files/weltagrarbericht/IAASTD-Buch/01Reports/12IPCC/IPCCSRCCL-SPM_de.pdf
Ökolandbau (o. J.a): Bio-Basierte Kunststoffe – Klimaretter oder nur eine Verlagerung des Problems? Online: https://www.oekolandbau.de/verarbeitung/verkauf/verpackung/biobasierte-kunststoffe/
Ritter, Guido; Strotmann, Christina (2023): Lebensmittelproduktion für eine nachhaltige Entwicklung – Herausforderungen und Perspektiven zwischen Tradition und Innovation. In: Ansmann, Moritz; Kastrup, Julia; Kuhlmeier, Werner (Hrsg.): Berufliche Handlungskompetenz für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche in Lebensmittelhandwerk und -industrie. Bonn 2023, S. 28-40.
Scharp, Michael (2022): Berufsbildung 2.0. Vortrag an der Bäckerinnung Sachsen-Anhalt.
Scharp, Michael (Hrsg.) (2019): Das KEEKS-Projekt – Eine klimafreundliche Schulküche. Online: https://www.keeks-projekte.de/
Thyssenkrupp (2020): Recycling in Endlosschleife: So grün ist die Lebensmitteldose. Online: https://www.thyssenkrupp.com/de/stories/recycling-in-endlosschleife-so-gruen-ist-die-lebensmitteldose
UBA Umweltbundesamt (2022c): Verpackungsabfälle. Online: https://www.umweltbundesamt.de/daten/ressourcen-abfall/verwertung-entsorgung-ausgewaehlter-abfallarten/verpackungsabfaelle#verpackungen-uberall
UBA Umweltbundesamt (2021a): Wäsche waschen, Waschmittel. Online: https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/haushalt-wohnen/waesche-waschen-waschmittel#gewusst-wie
UBA Umweltbundesamt (2020b): Recyclingpapier ist gut für die Umwelt. Online: www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/haushalt-wohnen/papier-recyclingpapier
UBA Umweltbundesamt (o. J.): Der Blaue Engel. Online: https://www.blauer-engel.de/de
UNEP United Nations Environment Programme (Hrsg.) (2016): Food Systems and Natural Resources. A Report of the Working Group on Food Systems of the International Resource Panel.
WBAE Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL (2020): Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten. Gutachten, Berlin.
SDG 13 Maßnahmen zum Klimaschutz
“Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung
des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen”
Das SDG 13 zielt darauf ab, den Klimawandel als globale Bedrohung, die bereits heute jedes Land auf allen Kontinenten betrifft und sich negativ auf die Volkswirtschaften und das Leben jedes Einzelnen auswirkt, zu begrenzen.
Für jedes Berufsbild ist insbesondere das folgende Unterziel von Relevanz (Destatis 2022a):
SDG 13.3 “Die Aufklärung und Sensibilisierung sowie die personellen und institutionellen Kapazitäten im Bereich der Abschwächung des Klimawandels, der Klimaanpassung, der Reduzierung der Klimaauswirkungen sowie der Frühwarnung verbessern”
Die Schnittmengen mit der Standardberufsbildposition liegen vor allem in der Reduzierung der direkten und indirekten Emissionen (Belastung der Umwelt) sowie der nachhaltigen Nutzung von Energie (vg.: BIBB o. J.c):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Klimawandel und Treibhausgase
Der Klimawandel wird durch die Emission von Treibhausgasen verursacht. Zahlreiche Gase sind verantwortlich für den Klimawandel. Ihnen gemeinsam ist ihre Undurchlässigkeit für die (Infrarot-)Wärmestrahlung der Erde. Dies führt bekanntermaßen zum Klimawandel. Jedes dieser Gase trägt in unterschiedlichem Maße zum Klimawandel bei. Die Stoffe bleiben zudem unterschiedlich lange in der Atmosphäre, weshalb sie unterschiedlich zum Treibhauseffekt beitragen. Das IPCC (International Panel for Climate Change) definiert deshalb ein Global Warming Potential (Erwärmungswirkung für den Klimawandel) eines Stoffes in hundert Jahren im Vergleich zu Kohlendioxid CO2 wie folgt (My Climate o. J.):
- Kohlendioxid CO2: 1 (Bezugswert)
- Methan CH4: 28
- Stickstoffdioxid N2O: 265
- FCKW (verboten): > 12.000
Methan hat demnach eine 28 mal größere Klimawirkung als CO2. Zur Vereinheitlichung der Klimawirkung der unterschiedlichen Treibhausgase wird die Maßeinheit in CO₂-Äquivalente (CO₂Äq) umgerechnet.
Ein durchschnittlicher Bundesbürger / eine Bürgerin verursacht derzeit pro Jahr rund 11 t CO2-Äq pro Jahr (UBA 2021b). Auf die öffentliche Infrastruktur entfallen 8 Prozent, auf den Konsum 34 Prozent, die Mobilität 15 Prozent, Strom 6 Prozent und Wohnen 18 Prozent. Die Ernährung ist für etwa 15 Prozent der Klimagase verantwortlich. Weltweit sind es laut EPA (2022) sogar doppelt so viel, denn in Südamerika und Asien wurden zumeist (Urwald)Flächen gerodet, um Futtermittel (Soja) vor allem für die Viehzucht oder Palmöl als preiswerten Fettersatz oder für Treibstoffe anzubauen.
Treibhausgase aus der Ernährung sind insbesondere Methan (NH4) aus Rindermägen und Distickstoffoxid (N2O) aus der Düngung. Kohlendioxid stammt aber auch aus allen (landwirtschaftlichen) Prozessen (Ackern, Säen, Ernten), die Treibstoffe nutzen oder beim Transport der landwirtschaftlichen Produkte. Emissionen aus der Stromgewinnung entstehen insbesondere bei der Weiterverarbeitung, der Kühlkette und der Zubereitung der Lebensmittel. Abschließend ist Abfall von großer Bedeutung. Geschätzt stammen 15 Prozent aller Emissionen aus dem Abfall bzw. sind für Ernte, Verarbeitung und Zubereitung angefallen, ohne dass diese “Energie” von den Menschen aufgenommen wurde. Deutschlandweit waren es 2020 rund 11 Mio. t Lebensmittelabfälle (BMEL 2022).
Die größte Bedeutung für den Klimaschutz haben tierische Produkte. Nach einer älteren Studie des WWF und Noleppa von 2012 stammen rund 65 Prozent der Emissionen aus der Ernährung aus dem Verzehr von Fleisch und Milchprodukten (WWF 2011). Fast 5 Prozent stammen noch aus weiteren tierischen Produkten (Fisch und Eier). Grundsätzlich sind pflanzliche Lebensmittel klimafreundlicher als tierische Produkte, sie verursachen weniger als 30 Prozent der Emissionen, stellen aber den weitaus größten Anteil der Kalorien. Dies folgt zum einen aus der Tatsache, dass Tiere ca. ⅘ ihrer Futtermittel für den eigenen Metabolismus benötigen. Nur ⅕ des Futters geben sie als Fleisch- oder Milchprodukte an uns weiter. Entsprechend müssen wesentlich mehr Futtermittel angebaut werden, als wenn wir uns direkt pflanzlich ernähren würden.
Im Folgenden werden Maßnahmen zur klimafreundlichen Küche vorgestellt, wie sie von Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschaftern in ihrer Berufspraxis geplant und umgesetzt werden können. Laut Forschungsprojekt KEEKS – Klima- und energieeffiziente Küchen in Schulen – können in Schulküchen 45 Prozent der THG-Emissionen eingespart werden, ohne vollständig auf eine vegetarische oder gar vegane Ernährung umzusteigen (Scharp 2019). Die vorgeschlagenen Maßnahmen gehen insbesondere auf das Projekt KEEKS zurück, das für jede Maßnahme die Einsparpotenziale und weitere Informationen angibt.
Vorwiegend pflanzenbasierte Ernährung
Fleisch im Allgemeinen und Vollfett-Milchprodukte haben THG-Emissionen, die etwa bei dem Drei- bis Vierfachen vergleichbarer pflanzlicher Lebensmittel liegen (Scharp 2019). Für Rindfleisch liegt dieser Faktor sogar bei 10 bis 12 je nach Berechnungsmodus für die THG-Emissionen. Eine wesentlich pflanzenbasierte Kost ist der absolut wichtigste Schritt zu mehr Klimaschutz in der Ernährung. Die Boston Consulting Group (BCC 2022) kommt 2022 zu dem Schluss, dass mit pflanzlichen Proteinen (“Fleischersatzprodukte” und Milchalternativen) viel mehr Emissionen eingespart werden können, als mit allen anderen Klimaschutzmaßnahmen z. B. im Gebäudesektor, der Zementindustrie oder durch Elektromobilität. BCC nimmt hierbei an, dass Klimaschutz nur durch Investitionen möglich ist. Vergleicht man die Kosten, um eine Tonne CO2-Äq einzusparen, so zeigt sich, dass mit einer definierten Investition elfmal so viel Emissionen durch pflanzliche Proteinkost eingespart werden kann als wenn man die gleiche Summe in die Elektromobilität investiert. Im Rahmen des CLIKIS-Projekt (IZT 2021) wurde die Entwicklung der Schul- und Kita-Küchen der Partnerstadt Göttingen ausgewertet. Hierbei ergaben sich je Portion ein THG-Wert aus Zutaten (ohne Küchenbetrieb) in Höhe von 1,14 kg CO2-Äq für ein mittleres Fleischgericht, 0,54 kg CO2-Äq für ein vegetarisches und 0,40 kg CO2-Äq für ein veganes Gericht. Der in Göttingen vollzogene Wechsel, bei dem je Woche ein Fleischgericht durch ein veganes Gericht ersetzt wurde, sparte insgesamt 16 Prozent aller THG aus dem Küchenbetrieb der Stadt ein.
Fleischprodukte
Fleisch weist generell die höchsten THG-Emissionen auf. Um diese zu reduzieren, bieten sich die Reduktion der Mengen, die Substitution von Rindfleisch mit anderen Fleischsorten und letztendlich der Verzicht an. Das folgende Beispiel des Studierendenwerks Münster zeigt auf, dass durch die Reduktion der Fleischmengen allein bei zwei Gerichten schon große Mengen an CO2-Äq pro Jahr eingespart werden können: Die Grammatur der Hähnchenschnitzel und der Bratwürste wurden von 140g auf 120g reduziert; bei einem Absatz von 17.000 Hähnchenschnitzeln und 12.000 Bratwürsten pro Jahr sind das 3,6 t eingesparte CO2-Äq (Teitscheid et al. 2021, S. 35). Die besonders hohen THG-Emissionen aus der Rinderzucht führen aus Klimaschutz-Sicht zu dem Appell, auf Rind möglichst weitgehend zu verzichten und andere Fleischsorten wie Geflügel, Schwein und auch Fisch nur mäßig zu konsumieren. Eine entsprechende Berechnung aus dem KEEKS-Projekt kommt durch diese Maßnahme zu Einsparungen von 10 Prozent der gesamten Emissionen, was einem Viertel des Einsparpotenzials entspricht.
Milchprodukte
Milchprodukte sind bisher aus der Verpflegung kaum wegzudenken und sollen auch nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zumindest bei Kindern und Jugendlichen serviert werden. Es ist zudem ein Trend, eines zunehmenden Anteils an Veganer*innen in der Bevölkerung zu erkennen, die sich individuell gesund ernähren, sofern sie fehlende Nährstoffe ergänzen. Bei Kindern ist die Sachlage komplizierter. Die DGE hat inzwischen Kriterien für eine ovo-lacto-vegetarische Menülinie entwickelt ( inform o. J.). Um auch in diesem Bereich möglichst klimafreundlich zu kochen, wird vorgeschlagen grundsätzlich auf fettreduzierte Milchprodukte umzusteigen und Butter (9,0 kg CO2-Äq/kg) durch pflanzliche Öle (Sonnenblumenöl in Glasflasche 3,2 kg CO2-Äq/kg, Scharp 2019) zu ersetzen.
Reis
Reis ist als einziges Getreide aus Sicht des Klimaschutzes problematisch. Dies liegt am Nass-Anbau in überfluteten Feldern, in deren Böden – wie bei anderen Teichen auch – Fäulnisprozesse stattfinden, die das Klimagas Methan freisetzen. Nass angebauter Reis hat zwar ein geringeres THG-Potenzial mit 3,1 kg CO2-Äq/kg als Geflügel (Hähnchen 5,5 kg CO2-Äq/kg) oder Schweinefleisch (4,6 kg CO2-Äq/kg), liegt aber deutlich über Kartoffeln (0,2 kg CO2-Äq/kg (Scharp 2019). Ein Ausweg ist der Umstieg auf trocken angebauten Reis (z. B. aus Italien) oder auf andere Getreidesorten wie Dinkel (0,7 kg CO2-Äq/kg).
Biologischer Anbau
Produkte in Bioqualität stellen einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit für unser Ernährungssystem dar. Der ökologische Landbau ist eine besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Wirtschaftsform, die sich am Prinzip der Nachhaltigkeit orientiert (BMEL o. J.). In Deutschland soll der Anteil der ökologischen Ackerflächen bis 2030 auf 30 Prozent der gesamten Landwirtschaftsfläche steigen (ebd.). Die Vorteile des ökologischen Landbaus sind ohne Frage der Schutz der Biodiversität, des Bodens und des (Grund-)Wassers sowie die Wahrung des Ökosystems und Berücksichtigung der artgerechten Tierhaltung. Zwei Nachteile gibt es aber: Aufgrund des fehlenden Einsatzes von Kunstdünger sind die Erträge geringer und aufgrund des Verzichts von Pestiziden ist das Ausfallrisiko höher. Bei der Vieh- und Geflügelzucht sind zudem Weide- und Auslaufflächen notwendig und der Tierbestand pro Fläche niedriger, was sich auch in einem geringen Ertrag niederschlägt. In der Folge sind deshalb die Erzeugerpreise für Bio-Produkte höher, wobei bei Lebensmittel wie Nudeln, Kartoffeln, Mehl, Haferflocken und Getreide nur ein geringer Preisunterschied zur konventionellen Ware besteht. In 2020 waren die Preisaufschläge wie folgt: Hähnchenschnitzel 175 Prozent, Eier ca. 130 Prozent, bei Kartoffeln 80 Prozent, Äpfel ca. 60 Prozent, Möhren ca. 50 Prozent, Frischmilch und Rinderhack ca. 40 Prozent (Ökolandbau o. J.b). Aber wo immer, finanziell darstellbar, sollten Privat- und Großhaushalte Bio-Produkte verwenden. Für den Klimaschutz bedeutet Bio-Anbau allerdings nur einen geringen Vorteil. Die eigentlich höheren THG-Einsparungen durch den Verzicht auf Kunstdünger werden zum Teil durch die weniger intensive Landwirtschaft “aufgefressen”, die einen höheren Flächenbedarf je Produktmenge hat. Im KEEKS-Projekt konnte eine Einsparung von 1,5 Prozent durch den Einsatz von Bioprodukten berechnet werden.
Der Trend zu Bioprodukten wird sich auch in Zukunft immer mehr fortsetzen und vermutlich in Zukunft dominieren. Dies lässt sich am Beispiel des Weinbaus belegen. 10,5 Prozent der Rebflächen in Deutschland werden mittlerweile ökologisch bewirtschaftet (Ökolandbau 2021). Seit 2009 hat sich die Öko-Anbaufläche mehr als verdoppelt (ebd.). Das heißt, der Umstieg auf einen ökologischen Weinanbau ist deutlich gestiegen – dieser Anstieg soll sich fortziehen (ebd.). Zwei Nachteile gibt es aber auch beim Weinbau: Aufgrund des fehlenden Kunstdüngereinsatzes sind die Erträge geringer und aufgrund des Verzichts von Pestiziden ist das Ausfallrisiko höher.
Transporte
Die Mobilität ist für einen wesentlichen Teil des Klimawandels verantwortlich – in Deutschland verantwortet die Mobilität rund 20% der Emissionen (UBA 2022d). Der Anstieg der Emissionen kommt vor allem durch die höheren Verkehrsleistungen, die Emissionseinsparungen durch mehr Dieselfahrzeuge, Elektromobilität und effizientere LKW-Motoren zustande.
In der Diskussion stehen vor allem Ferntransporte aus anderen Kontinenten, aber auch der LKW-Verkehr innerhalb Europas. Doch wie verhält es sich mit dem Distributionsverkehr – also der Auslieferung an Zwischenhändler. Und wie mit dem Endkundenverkehr? Im Folgenden zeigt eine Modellierung die Relationen von transkontinentalen und nationalen Verkehr. Hierzu kann man Mandeln betrachten, die aus Kalifornien per Schiff geliefert werden (eigene Berechnung mit carboncare o.J., und NABU o.J., Methodik: WtW Well to Weel, d.h. Gewinnung des Erdöls, Produktion und Verteilung des Schweröls sowie Nutzung zum Antrieb des Schiffes):
Um 22 Millionen Mandelplätzchen herzustellen, werden 20 t Mandeln benötigt, die aus Kalifornien per Schiff importiert werden. Berechnet man nun die Strecke von 15.480 km von San-Franzisko nach Hamburg mit einem 20 Fuß Container, der mit Mandeln gefüllt ist und 25 t wiegt, so ergibt sich mit 6,5 g/t*km Emissionen insgesamt ein Ausstoß von 2,55 t CO2-Äq für den gesamten Transport von San-Francisco nach Hamburg-Hafen.
Die Emissionen, die bei der Verteilung innerhalb Deutschlands in die verschiedenen Städte anfallen, sind dabei höher: Ein LKW hat THG-Emissionen von ca. 110 g CO2-Äq pro Tonnenkilometer (mittlerer Wert Statista 2022b, UBA 2021b, FIS 2012). Verteilt man die Mandeln je 1.000 kg an Großlageristen einmal rund um Deutschland, so fährt der LKW eine Gesamtstrecke von 3.700 km und beliefert 20 Großhändler. Ohne Berücksichtigung der geringer werdender Emissionen aufgrund des geringeren Ladegewichts kommt man auf Gesamtemissionen von ca. 0,41 t CO2-Äq (eigene Berechnung).
Nimmt man an, dass eine Bäckerei oder eine Konditorei 50 kg Mandeln abnimmt und hierfür 50 km mit einem Kleintransporter fährt, so erhält man eine Strecke 20.000 km für den gewerblichen Einkauf. Die THG-Emissionen belaufen sich ca. 190 g CO2-Äq pro km (Diesel, 150 PS, car-wiki o.J.). Der gewerbliche Einkaufverkehr führt sich zu weiteren 3,80 t CO2-Äq.
Die Modellierung zeigt, dass nicht der internationale Transport das primäre Problem ist und auch die Distribution mit dem LKW, sondern auch der Einkauf der Bäcker und Bäckerinnen bei ihren Großhändlern.
Flugtransporte von Lebensmitteln sind aufgrund der hohen THG-Emissionen unbedingt zu vermeiden. Der Anteil ist aber gering, da nur hochpreisige und schnell verderbliche Lebensmittel per Flugzeug transportiert werden (z.B. Frischfisch aus Afrika, Sri Lanka, Malediven; lebende Hummer aus Kanada, Bohnen aus Kenia oder Ägypten, spezielle Gemüse oder Früchte aus Thailand oder Afrika, Spargel aus Peru, Mangos aus Thailand oder Brasilien, Erdbeeren aus Israel oder Südafrika). Die Emissionen per Flugtransport sind etwa 170 mal größer als per LKW.
Transporte mit dem Schiff sind auch bei langen Strecken sehr klimaeffizient, aber auch der LKW (vor dem Hintergrund, dass wir auf Nahrungsmittellieferungen angewiesen sind) ist klimaeffizient. Berechnet man die Emissionen in Form von Tonnenkilometer (tkm), so liegen die mittleren Emissionen per Flugzeug bei 650 g/tkm, für LKW bei ca. 110 g/tkm, per Bahn bei ca. 30 g/tkm per Schiff bei ca. 10 g/tkm (FIS 2010/2021).
Die Verwendung von Getränken auch in Mehrweg-Glasflaschen, die über lange Transportstrecken per LKW geliefert werden (Mineralwasser aus Frankreich oder Italien, Bier aus Schottland oder der Türkei), sollte vermieden werden. Bei Wasser und Bier spielen die Verpackung und der Transportweg eine entscheidende Rolle für die Klimabewertung. Glas verbraucht vor allem in der Produktion, aber auch bei der Reinigung viel Energie und Ressourcen. Allein die Schmelze für das Rohgas verbraucht im Schnitt etwa 4.000 kJ pro kg Glas (UBA 2007). Leitungswasser aus der Karaffe ist fast THG-frei. Trinkwasser wird zudem noch stärker als andere Lebensmittel auf Verunreinigungen untersucht, entsprechende Grenzwerte sind sehr streng, denn Wasser kann nicht durch andere Produkte ersetzt werden. Deshalb wurde hier ein zusätzlicher „Bonus nachhaltig“ vergeben.
Saisonal-Regionale Lebensmittel
Der wichtigste Verbrauchertrend in 2022 ist die “Klimafreundliche und nachhaltige Ernährung” (nutrition hub 2022). Dies verbinden die Befragten auch mit der “Regionalität”. Jedoch ist Regionalität nicht einheitlich definiert. Eine Region kann bspw. einen Umkreis von 100 km bedeuten, ein Bundesland oder auch eine Landschaft wie z.B. das Alte Land. Damit von regionalem Produkt die Rede sein kann, sollte die gesamte Wertschöpfungskette von der Urproduktion bis zum Verbrauch in der Region liegen. Regionalität ergibt jedoch nur mit Saisonalität Sinn, denn produzierte Lebensmittel außerhalb ihrer Saison belasten das Klima, wie das Beispiel der Tomate zeigt (Justus-Liebig-Universität Gießen o.J.):
- Konventioneller Anbau (saisonal, regional): 85 g CO2/kg Tomate
- Freilandtomaten aus Spanien: 600 g CO2/kg Tomate
- Konventioneller Anbau im Treibhaus: 9.300 g CO2/kg Tomate
Die Bedeutung des Prinzips der Regionalität kann zudem am Beispiel von Wein erläutert werden. Der Weinbau verursacht keine besondere Klimabelastung (außer durch Düngung, die Prozesse der Kelterung, der Glasherstellung (s. das Beispiel unten) und des Abfüllens). Die folgende Berechnung zeigt beispielhaft, wie groß die THG-Emissionen für den Transport aus unterschiedlichen Herkunftsländern sind. Berechnet werden die THG-Bilanzen einer importierten Flasche Wein (1,3 kg, d.h. 0,75 l Wein, 0,50 kg Glas-Einwegflasche und 0,5 kg Verpackung, nicht jedoch die Palette) per LKW von Bordeaux oder dem Rheingau sowie mit dem Frachtgut-Containerschiffe aus Südafrika nach Hamburg (carboncare o.J.; Methodik: WtW Well to Weel, d.h. Gewinnung des Erdöls, Produktion und Verteilung des Schweröls sowie Nutzung zum Antrieb des Schiffes; Emissionen LKW: mittlerer Wert Statista 2022b, UBA 2021b, FIS 2012):
- Basisdaten: 40 Fuß Container: 22.176 Flaschen (Fl) = 28.800 kg (ITJ o.J.)
- Kapstadt bis Hamburg: 15.633 km
- THG-Emissionen Containerschiff: 6,5 g /t*km (carboncare o.J.)
- 6,5 g/Tkm * 15.633 km * 28,8 T = 2.926 kg CO2-Äq / 22.176 Flaschen =
- 131 g CO2-Äq pro Flasche
- Bordeaux bis Hamburg: 1.500 km
- THG-Emissionen LKW: 110 g /t*km
- 110 g/t*km * 1.500 km * 28,8 t = 4.752 kg CO2-Äq / 22.176 Flaschen =
- 214 g CO2-Äq pro Flasche
- Rheingau bis Hamburg: 540 km
- THG-Emissionen LKW: 110 g /t*km
- 110 g/t*km * 540 km * 28,8 t = 1.710 kg CO2-Äq / 22.176 Flaschen =
- 77 g CO2-Äq pro Flasche
Der Transport aus Südafrika mit dem Schiff führt dazu, dass seine Emissionen unter denen eines innereuropäischen Transportes liegen. Nur der “regionale” Transport aus dem Rheingau ist niedriger. Wichtig ist jedoch die Relation: Der Transport aus dem Rheingau beträgt nur 3,5% der Entfernung des Transportweges aus Südafrika, aber die Emissionen betragen knapp 60% im Vergleich zum südafrikanischen Wein. Dies zeigt, dass Langstreckentransporte nicht mit dem gleichen Gewicht zur Klimabilanz beitragen, wenn sie mit energieeffizienten Transportmitteln vollzogen werden.
Auch der grundsätzliche Vorteil regionaler Wirtschafts- und Wertschöpfungsketten spricht für regionale Produkte. Der Anteil der Transporte an den THG-Emissionen ist aber eher gering und liegt bei wenigen Prozenten.
Auch die Verbindung mit der Saisonalität in Form von saisonal-regionaler Ernährung ist ein starker neuer Trend, der von vielen Stakeholdern gefördert wird (LUBW o.J.). Argumente hierfür können sein, dass frische Lebensmittel geschmacksintensiver sind, Energie eingespart wird, da auf eine Kühllagerung und weite Transporte verzichtet werden sowie die lokale-regionale Landwirtschaft gefördert wird. Gerade in Großhaushalten und Großküchen ist eine jederzeit saisonal und regional ausgerichtete Küche vor Herausforderungen – wie z.B. zur Verfügung stehende Mengen in benötigter Form (z.B. bereits gewaschenes und geschnittenes Gemüse) – gestellt. Um regionale Lieferanten zu finden, kann es hilfreich sein, sich mit anderen Einrichtungen auszutauschen oder sich bei Regionalinitiativen, Öko-Modellregionen oder regionalen Vernetzungsplattformen zu informieren.
Energieeffiziente Küchengeräte
Im Bereich der Schulküchenverpflegung verursachen die strombezogenen Prozesse (außer Heißwasser erzeugt von Boilern) etwa ⅓ der Emissionen (Scharp 2019). Energieeffizienz ist bei elektrischen Geräten deshalb grundsätzlich eine Forderung, die alle Küchenprozesse wie Kochen und Garen, Spülen, Gefrieren und Kühlen sowie diverse Kleingeräte betrifft (siehe auch SDG 7). Die größten Anteile der THG-Emissionen der verschiedenen Geräte in der Schulküche lagen bei Gefrier- und Kühlgeräten (ca. 40%), dem Kochen und Garen (Hockerkocher, Konvektomaten, Pfannen ca. 20%) sowie dem Spülen (ca. 20%).
Am einfachsten ist die technische Optimierung bei Gefrier- und Kühlgeräten, denn bei diesen unterscheiden sich effiziente von ineffizienten Geräten teilweise um das 3- bis 4-fache (Scharp 2019). Eine Optimierung der Kühl- und Gefrierprozesse ermöglichen Einsparungen um knapp 5 Prozent der THG-Emissionen in der Küche, das sind gut 11 Prozent der insgesamt möglichen Einsparungen einer Schulküche (Scharp 2019). Die Bedeutung der Effizienz des Kühlens und des Gefrierens liegt insbesondere daran, dass die anderen wichtigen Energieverbraucher Wärme produzieren (Kochen, Garen, Braten oder Heißwasser für die Spülvorgänge), was auch bei älteren Geräten mit nur geringen Verlusten möglich ist. Entsprechend liegt die Verbesserung durch effizientere Geräte im Schnitt nur bei bis zu 20 Prozent, bei Kühl- und Gefriergeräten hingegen durch Investitionen in die modernste energiesparende Technik bei mehr als 50 Prozent. Dennoch gilt natürlich, dass bei Neuanschaffungen bei allen Kücheneinrichtungen auf die höchste Effizienzklasse zu achten ist.
Ebenfalls einfach und kostengünstig ist bei der Beleuchtung der Ersatz von Leuchtstoffröhren auf LED-Röhren-Systemen. Eine gute Beleuchtung ist insbesondere für den Arbeitsschutz und die Einhaltung der Hygiene wesentlich.
Bislang stand der Wasserverbrauch bei Spülmaschinen im Vordergrund. Leider gelten die Energieeffizienzklassen nicht für gewerbliche Spülmaschinen, sondern nur für Haushaltsspülmaschinen (EC o. J.). Aber auch bei den Spülmaschinen hat in den letzten Jahren der Sprung zur Wärmerückgewinnung aus dem Abwasser stattgefunden. Für Großhaushalte sind von diversen Herstellern Maschinen mit Wärmerückgewinnung verfügbar, die die Spülwärme zur Vorwärmung des Kaltwassers nutzen (HEA o. J.; Winterhalter o. J.).
Von Bedeutung für den Energieverbrauch in der Küche ist zudem, dass die Geräte den jeweiligen Prozessen angepasst sind – egal ob ein Konvektomat oder eine Spülmaschine halb oder ganz gefüllt sind – der Stromverbrauch ist nahezu gleich. Deshalb sind sowohl die Beladungsgrößen als auch die Energieeffizienz der Geräte von entscheidender Bedeutung.
Nutzerverhalten
Energiesparendes Nutzerverhalten ist stets ein Muss . Dies zeigt sich deutlich am Beispiel des Spülens, denn hierbei hat das Nutzerverhalten bezüglich des Energieverbrauchs die stärksten Auswirkungen (Scharp 2019). Energieverschwendung tritt insbesondere auf, wenn Spülmaschinen nur halbgefüllt gestartet werden oder wenn das Geschirr mit Heißwasser vorgespült wird. Effizientes Spülen steht für 3 Prozent der möglichen Einsparungen bei den THG-Emissionen der Schulverpflegung. Insgesamt vermindern sich die THG-Emissionen der Schulverpflegung dadurch um 1,2 Prozent (Scharp 2019).
Bei den Kochprozessen ist vor allem auf die Wahl des richtigen Gerätes im Hinblick auf die zuzubereitenden Mengen zu achten. Der Stromverbrauch eines Konvektomaten ist nahezu gleich, unabhängig vom Füllgrad. Folgedessen können mit der Anschaffung eines zweiten kleineren Konvektomaten kleinere Mengen nachhaltig zubereitet werden. Das Nutzerverhalten steht auch unter dem Zwang der Ökonomie. In den Schulküchen des KEEKS-Projektes wurden beispielsweise auch kleine Anzahlen von Gedecken – immer wenn gerade Zeit war – „zwischen gespült“. Dies zeigt die typischen Zielkonflikte, die häufig auch nur unter Abwägung verschiedener Probleme nicht leicht zu lösen sind.
Minderung des Abfallaufkommens
Lebensmittelabfälle sind insofern für den Klimaschutz relevant, als dass alle im Produktionsprozess erzeugten Emissionen unnötig angefallen sind. Die Herausforderung für Berufe rund um die Ernährung liegt darin, innerhalb ihres Wirtschaftssystems den Anteil an Abfällen zu minimieren. Verschiedene Projekte des IZT haben ergeben, dass die Rahmenbedingungen, die in der Außer-Haus-Verpflegung (AHV) gesetzt werden, bedeutend für die Möglichkeiten zur Reduzierung der Abfallquoten sind (z. B. bei Cook&Hold in der Schulverpflegung in Berlin; Schmidthals & Scharp 2021). Die Forschung belegt, dass es viele Möglichkeiten gibt, Abfälle auch in der AHV zu vermeiden (Hummel o. J.; Kuntscher et al. 2020). Ein gutes Abfallmanagement stützt sich auf mehrere Maßnahmen.
- Ein großer Teil der Lebensmittelabfälle “vor der Theke” kann durch eine verbesserte Organisation vermieden werden. Kontinuierliches Monitoring der Angebote, Beachtung von Wetter- und Haltbarkeitsdaten, kreativer Umgang mit nutzbaren Küchenresten (Resteangebote), optimale Technik für das Gemüseputzen, Methoden zur verbesserten Haltbarkeit u. a. sind nur einige Möglichkeiten.
- Kleinere Buffetgebinde oder zwei kleinere Teller können Lebensmittelreste beim Catering minimieren, wenn sie nacheinander aufgelegt werden.
- Hygienisch unbedenkliche Lebensmittel sollten unbedingt an Tafeln gespendet werden. Der Aufwand für das Restaurant oder die Veranstalter besteht in der Regel nur in der Kontaktaufnahme, der Verpackung und der Weitergabe.
- Eine weitere Maßnahme wäre eine intelligente und hygienisch kontrollierte Resteküche.
Auch bei Veranstaltungen fallen häufig Essensreste an, besonders, wenn ein Buffet angeboten wird. Um möglichst genau kalkulieren zu können, bedarf es vorheriger genauer Absprachen. Da das nicht immer durchführbar ist, kann man Lebensmittelabfall durch einen anderen Umgang mit übrig gebliebenem Essen vermeiden.
Sowohl die Gäste, als auch die Mitarbeitenden einer Veranstaltung können die Essensreste selbst einpacken und mitnehmen. Diese können dann beispielsweise auch an Freunde oder Nachbarn verteilt werden. Dabei ist zu beachten, dass die rechtliche Verantwortung des Essens noch bei den Caterern liegt und somit eine Aufklärung über die Haltbarkeit der Lebensmittel wichtig ist (Dlf Nova 2018a).
Bestimmte Lebensmittel dürfen auch an gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln weitergegeben werden, allerdings gelten dabei strenge Richtlinien. Nur ungeöffnete oder unverarbeitete Lebensmittel, gekühlte oder Tiefkühl-Lebensmittel (unter Einhaltung der Kühlkette), Backwaren, zubereitete Speisen, wenn sie frisch aus der Küche kommen, ohne direkten Kontakt mit Gästen oder Fachpersonal und nicht zubereitetes Obst & Gemüse dürfen weitergegeben werden (Dlf Nova 2018b). Mit diesen Hintergrundinformationen kann man sein gastronomisches Angebot so ausrichten, dass Lebensmittel, die nicht mehr weitergegeben werden, reduziert werden.
Quellenverzeichnis
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