Geigenbauer/Geigenbauerin
Einleitung
Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung). Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis 2022). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die Materialien der Projektagentur
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in novellierten Ausbildungsordnungen in Berufen mit großer Relevanz für wichtige Themen der Nachhaltigkeit wie z. B. dem Klimaschutz werden wichtige Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen nicht genannt – obwohl die Berufe deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten könnten. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030. Das Impulspapier ist spezifisch für einen Ausbildungsberuf erstellt, fasst aber teilweise spezifische Ausbildungsgänge zusammen (z. B. den Fachmann und die Fachfrau zusammen mit der Fachkraft sowie die verschiedenen Fachrichtungen)
- BBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS) und Handreichung (HR): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten. Das Material liegt auch als Handreichung (HR) mit der Folie und Notizen vor.
Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Die Berufsbildpositionen der Ausbildungsordnung und die Lernfelder
Nachhaltigkeit sollte integrativ vermittelt werden, sie sollte auch in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen verankert werden (BIBB o. J.):
“Die berufsübergreifenden Inhalte sind von den Ausbilderinnen und Ausbildern während der gesamten Ausbildung integrativ, das heißt im Zusammenspiel mit den berufsspezifischen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten, zu vermitteln.”
Aus diesem Grund haben wir die jeweiligen Berufsbildpositionen sowie die Lernfelder des gültigen Rahmenlehrplanes gleichfalls betrachtet in
Tabelle 2: Berufsbildpositionen und Lernfelder mit Bezug zur Nachhaltigkeit
Die Betrachtung ist beispielhaft, es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Folgende tabellarische Darstellung wurde gewählt:
Spalte A: Berufsbildposition und Lernfeld(er)
Spalte B: Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten gemäß Ausbildungsordnung (AO) sowie Lernfelder des Rahmenlehrplans (RLP, kursive Zitierung). Explizite Formulierungen des RLP zu Themen der Nachhaltigkeit werden als Zitat wiedergegeben;
Spalte C: Beispielhafte Bezüge zur Nachhaltigkeit;
Spalte D: Referenz auf die jeweilige Position der Standardberufsbildposition (siehe Tabelle 1, Spalte A).
Modulare Rahmenaufgaben
Zur Verbesserung der Anschaulichkeit der integrativen Förderung nachhaltigkeitsorientierter Kompetenzen wird in diesem Impulspapier eine exemplarische Aufgabenstellung für die betriebliche oder berufsschulische Unterrichtung vorgeschlagen:
- Zunächst wird die Herkunft ausgewählter Früchte von Konditoreiprodukten bestimmt und unter Nachhaltigkeitsaspekten beurteilt.
- Vertiefend erfolgt eine Auseinandersetzung mit Pro- und Kontra-Argumenten im Rahmen eines Rollenspiels, um die Kundenberatung bei Produktfragen nachhaltigkeitsorientiert ausrichten zu können und geeignete Verkaufsstrategien zu entwickeln.
Zielkonflikte und Widersprüche
Zielkonflikte und Widersprüche sind bei der Suche nach dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit immanent und für einen Interessenausgleich hilfreich. In dem Kapitel 7. werden beispielhafte Zielkonflikte aufgezeigt. Ergänzend werden in dem hierzu gehörigen Dokument auch einige Folien (pptx bzw. pdf) erstellt, die für Lernprozesse verwendet werden können. Ein Beispiel für einen berufsbildbezogenen Zielkonflikt ist der folgende:
- “Niedrige Retouren (wenige Überschüsse von Brot und Backwaren) vs. volle Regale bis Ladenschluss”:
- Betriebe, die Lebensmittelabfälle bzw. Retouren vermeiden wollen, bieten den Kunden kurz vor Betriebsschluss unter Umständen nicht mehr dasselbe umfangreiche Angebot wie Betriebe, die den Kunden bis zum Ladenschluss das komplette Sortiment anbieten, um die Kunden nicht zu verlieren.
- Es ergibt sich somit der Konflikt zwischen der Notwendigkeit, Abfall zu vermeiden und dem Wunsch, die Kunden*innen durch ein jederzeit umfangreiches Angebot zufriedenzustellen.
Hinweis für handwerkliche, kaufmännische und Industrieberufe
Die in den folgenden Tabellen 1 und 2 im didaktischen Impulspapier (IP), im Hintergrundmaterial (HGM) sowie in den Foliensätzen zu den Zielkonflikten (FS) vorgeschlagenen Hinweise zu Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. Lernfelder, Aufgabenstellungen und Zielkonflikte bilden den in 2022 aktuellen Stand der Entwicklungen in Hinsicht auf technische Verfahren, Dienstleistungen und Produkte in Bezug auf Herausforderungen der Nachhaltigkeit bzw. deren integrative Vermittlung in den verschiedenen Berufen dar. Sie enthalten Anregungen und Hinweise ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Mit Lesen dieses Textes sind Sie als Ausbilder:innen und Berufsschullehrkräfte eingeladen, eigene Anregungen in Bezug auf die dann jeweils aktuellen Entwicklungen in ihren Unterricht einzubringen. Als Anregungen dient diesbezüglich z. B. folgende hier allgemein formulierte Aufgabenstellung (analog zu IP, Tabelle 1), die Sie in Ihren Unterricht aufnehmen können:
Recherchieren Sie (ggf. jeweils alternativ:) Methoden, Verfahren, Materialien, Konstruktionen, Produkte oder Dienstleistungen, die den aktuellen Stand der (technischen) Entwicklung darstellen und die in Hinblick auf die Aspekte der Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial-kulturell und/oder ökonomisch) bessere Wirkungen und/oder weniger negative Wirkungen erzielen als die Ihnen bekannten, eingeführten und „bewährten“ Ansätze.
Beschreiben Sie mögliche positive Wirkungen dieser neuen Methoden, Verfahren, Materialien, Konstruktionen, Produkte und/oder Dienstleistungen auf die Nachhaltigkeit in Ihrem Betrieb.
Glossar
Folgende Abkürzungen werden in diesem Dokument verwendet:
Abkürzung | Bezeichnung |
AO | Ausbildungsordnung |
BNE | Bildung für Nachhaltige Entwicklung |
BBNE | Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung |
FS | Foliensammlung mit Beispielen für Zielkonflikte |
HGM | Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial) |
IP | Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial) |
RLP | Rahmenlehrplan |
SDG | Sustainable Development Goals |
THG | Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq) |
Literatur
Literatur
BGBl (2022): Verordnung über die Berufsausbildung zum Bäcker/zur Bäckerin vom 21. April 2004 (BGBl. I S. 632), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Februar 2016 (BGBl. I S. 179) geändert worden ist. https://www.gesetze-im-internet.de/b_ausbv_2004/BJNR063200004.html
BIBB Bundesinstitut für berufliche Bildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/de/pressemitteilung_139814.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.a): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.b): Ausbildung gestalten. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/series/list/2
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BIBB Bundesinstitut für berufliche Bildung (o. J.c): Nachhaltigkeit in der Ausbildung. Online: www.bibb.de/de/142299.php
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE. Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
KMK Kultusministerkonferenz (2004): RAHMENLEHRPLAN für den Ausbildungsberuf Bäcker/Bäckerin.
Ritter, G., Friedrich, S., Heitkönig, L. (2015a): Reduktion von Lebensmittelabfällen bei Brot und Backwaren. Ein Konzept für Handwerk, Handel und Verbraucher. https://www.fh-muenster.de/isun/downloads/Reduktion_von_Lebensmittelabfaellen_bei_Brot_und_Backwaren.pdf
Ritter, G., Heitkönig, L., Friedrich, S. (2015b): Endbericht zur Studie „Reduktion von Lebensmittelabfällen bei Brot und Backwaren – Entwicklung eines Konzepts für Handel, Handwerk und Verbraucher“. https://www.fh-muenster.de/isun/downloads/Reduktion_von_Lebensmittelabfaellen_bei_Brot_und_Backwaren.pdf
WWF Deutschland (2018): Unser täglich Brot. Von überschüssigen Brotkanten und wachsenden Brotbergen. https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Studie-Unser-taeglich-Brot_Von-ueberschuessigen-Brotkanten-und-wachsenden-Brotbergen_102018.pdf
Tabelle 1 - Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Standardberufs-bildposition | Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten | Bezüge zur Nachhaltigkeit | Mögliche Aufgabenstellungen im Rahmen von 3e “Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln” | SDG |
3a – Gesellschaft – Gesundheit |
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| SDG 3 |
3a – Gesellschaft – antike Musikinstrumente; Restaurierung |
| ● Materielles und immaterielles Kulturgut
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| SDG 11 |
3a – Gesellschaft – Holzverarbeitung |
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| SDG 3 |
3a – Gesellschaft – Innovationsförderung |
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| ● Beispiele für nachhaltige Lösungen bzw. Initiativen im Instrumentenbau recherchieren und eine Liste erstellen ● Produktinnovationen kennen, erläutern und erproben ● Beispiele für neue Materialien und Prozesse recherchieren als Alternative zu Rio-Palisander oder Ebenholz („Carboninstrumente“), thermische Verfahren zur Beeinflussung von Holzeigenschaften nicht bedrohter heimischer Hölzer, Kompositmaterialien aus Holzabfällen und Kohlenstoff) für eigene Einsatzzwecke diskutieren | SDG 9 SDG 15 |
3a – Umwelt – Wertschöpfungskette |
| ● menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten entlang der Wertschöpfungskette | ● Mögliche Menschenrechtsverletzungen und nicht akzeptable Arbeitsbedingungen in den Herkunftsgebieten von genutzten Werkstoffen prüfen ● Etwaige Verletzungen in Branchennetzwerken thematisieren, Lösungspotenziale diskutieren | SDG 12 SDG 8 |
3a – Umwelt – Umweltsiegel |
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| SDG 12 SDG 15 |
3b – Energie – Allgemein (Heizenergie) |
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| SDG 7 SDG 13 |
3b – Energie – Geräte (Energieeffizient Betriebsstätte) |
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| SDG 13 SDG 7 |
3b – Materialien – Rohstoffe (bedrohte Baumarten) |
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| ● Materialzusammensetzung eines Musikinstrumentes (Hölzer, Metalle nach Bauteilen) anteilig und mengenmäßig bestimmen
| SDG 15 |
3b – Materialien – Rohstoffe (bedrohte Tierarten) |
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| SDG 15 |
3b – Materialien – Rohstoffe (Hilfswerkstoffe) |
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| SDG 12 |
3d – Abfälle vermeiden – Recycling |
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| SDG 12 |
3d – Abfälle vermeiden |
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| SDG 12 |
3f – Nachhaltigkeit kommunizieren – Reparatur |
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| SDG 4 |
Tabelle 2 - Berufsbildpositionen und Lernfelder mit Bezug zur Nachhaltigkeit
Berufsbild- position / Lernfeld | Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten gemäß Ausbildungsordnung (kursiv: Lernfelder des RLP) | Beispielhafte Bezüge zur Nachhaltigkeit | Standard- berufsbildposition |
A1 – Erstellen von Entwürfen zur Gestaltung von Instrumenten Lernfeld 2 | a) Streichinstrumente nach Bauweisen, Konstruktionsmerkmalen und historischen Gesichtspunkten sowie nach Handhabung unterscheiden Lernfeld 2: Entwürfe von Instrumenten erstellen und Mensuren berechnen |
| 3b – Materialien Rohstoffe |
e) Muster und Vorlagen analysieren, Materialeigenschaften berücksichtigen |
| 3b – Materialien Rohstoffe | |
f) Entwürfe, insbesondere nach historischen, funktionalen, ergonomischen und technologischen Gesichtspunkten, gestalten und ausarbeiten |
| 3b – Materialien Rohstoffe | |
A3 – Auswählen von Werkzeugen, Auswählen, Einrichten und Warten von Maschinen und Geräten Lernfelder 3 bis 10, 12 | a) Werkzeuge, Geräte und Maschinen hinsichtlich Funktion und Einsatz auswählen Lernfeld 3: Schablonen, Formen, Spezialwerkzeuge herstellen Lernfeld 4: Werkstoffe vorbereiten und lagern Lernfeld 5: Hälse, Säulen sowie deren Verbindungen herstellen Lernfeld 6: Korpusse und Verbindungen herstellen Lernfeld 7: Griffbretter und Stege herstellen Lernfeld 8: Oberflächen beschichten Lernfeld 9: Bögen beziehen Lernfeld 10: Instrumente spielfertig machen Lernfeld 12: Instrumente reparieren |
| 3b – Energie 3a rationelle Energie- und Ressourcen -verwendung |
b) Werkzeuge und Geräte handhaben, pflegen und instand halten Lernfelder s. a) |
| 3b -Materialien -Rohstoffe 3a – Vermeidung von Belastungen für Umwelt 3a – Lebensdauer | |
A4 – Auswählen, Be- und Verarbeiten sowie Lagern von Werk- und Hilfsstoffen Lernfelder 4 bis 9, 12 | a) Hölzer und sonstige Werkstoffe nach Arten und Eigenschaften unterscheiden, unter Beachtung des Artenschutzes auswählen und nach Verwendungszweck zuordnen Lernfeld 4: Werkstoffe vorbereiten und lagern Lernfeld 5 bis 7, 12 s.o. |
| 3b – Energie 3b – Materialien – Rohstoffe 3b – Materialien – Rohstoffe (Hilfswerkstoffe) |
b) Hölzer und sonstige Werkstoffe, insbesondere nach akustischen, optischen und mechanischen Eigenschaften, auswählen und Holzfeuchte, – einschnitt und -fehler beachten |
| 3b – Materialien – Rohstoffe | |
c) Hölzer sowie sonstige Werk- und Hilfsstoffe lagern und Vorschriften und Lagerkriterien einhalten |
| 3b – Energie 3b – Materialien – Rohstoffe | |
e) Hölzer und sonstige Werkstoffe maschinell bearbeiten, insbesondere durch Sägen und Bohren |
| 3a Gesellschaft – Gesundheit | |
A5 – Herstellen von Verbindungen Lernfelder 5 bis 7, 12 | a) Verbindungstechniken und -mittel nach Verwendungszweck auswählen und technische Eigenschaften von Leimen und Klebern berücksichtigen Lernfelder 5 bis 7, 12: s.o. |
| 3b – Materialien – Rohstoffe (Hilfswerkstoffe) 3a Umwelt |
c) Verbindungen durch Leimen unter Beachtung von Gesundheits- und Umweltschutz- sowie von Verarbeitungsvorschriften herstellen Lernfelder 3, 5 bis 7, 12: s.o |
| 3a Umwelt | |
A6 – Herstellen von Oberflächen Lernfeld 9 bis 10, 12 | a) Verfahren der Oberflächenbehandlung sowie Auftragstechniken unterscheiden und zuordnen Lernfeld 4, 8, 12: s.o. |
| 3b – Materialien – Rohstoffe |
b) Oberflächen, insbesondere durch Wässern und Schleifen, vorbehandeln Lernfeld 8, 12 |
| 3a – Gesellschaft 2b, 2c – Gesundheit | |
d) Maßnahmen des Gesundheitsschutzes anwenden Lernfeld 3 bis 9, 12 |
| 3a – Gesellschaft 2c – Gesundheit | |
f) Lackierungen aufbauen, schleifen und polieren Lernfeld 8, 12 |
| 3a – Gesellschaft 2c – Gesundheit | |
A8 – Herstellen von Hälsen Lernfeld 5, 7, 12 | c) Griffbretter und Sättel herstellen |
| 3b – Materialien- Rohstoffe (bedrohte Baumarten) |
A10 – Spielfertigmachen … Lernfeld 10 bis 12 | h) Streichinstrumente verkaufs- und versandfertig machen |
| 3b – Materialien – Rohstoffe 3d – Abfälle vermeiden |
A12 – Reparieren von Streichinstrumenten Lernfeld 12 | a) Fehler und Schäden feststellen, beurteilen und dokumentieren |
| 3b – Materialien – Rohstoffe 3f – Nachhaltigkeit kommunizieren |
b) Reparaturumfang festlegen, Kosten abschätzen, Reparaturauftrag mit Kunden absprechen |
| 3a – Gesellschaft – antike Musikinstrumente; Restaurierung 3f – Nachhaltigkeit kommunizieren – Reparatur | |
d) historische Streichinstrumente erkennen, Zustand dokumentieren, Originalsubstanz bewahren und restaurierungsethische und physikalische Gesichtspunkte berücksichtigen |
| 3b – Materialien – Rohstoffe | |
B2- Aufbau und Organisation des Ausbildungs- betriebes | b) Grundfunktionen des ausbildenden Betriebes wie Beschaffung, Fertigung, Absatz und Verwaltung erklären |
| 3a – Umwelt |
c) Beziehungen des ausbildenden Betriebes und seiner Beschäftigten zu Wirtschaftsorganisationen, Berufsvertretungen und Gewerkschaften nennen |
| 3a – Gesellschaft – Innovationsförderung) | |
B3 – Sicherheit und Gesundheits- schutz bei der Arbeit Lernfeld 1 bis 12 | a) Gefährdung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz feststellen und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung ergreifen Lernfeld 1: Beruf und Betrieb präsentieren Lernfeld 2 bis 12 s.o. |
| 3a – Gesellschaft 3a – Umwelt |
B4 – Umweltschutz Lernfeld 1 bis 12 | Zur Vermeidung betriebsbedingter Umweltbelastungen im beruflichen Einwirkungsbereich beitragen, insbesondere a) mögliche Umweltbelastungen durch den Ausbildungsbetrieb und seinen Beitrag zum Umweltschutz an Beispielen erklären Lernfeld 1 bis 12 |
| 3b – Energie 3b – Materialien- Rohstoffe |
c) Möglichkeiten der wirtschaftlichen und umweltschonenden Energie- und Materialverwendung nutzen Lernfeld 1 bis 12 |
| 3b – Geräte 3b – Energie | |
B7 – Erstellen und Anwenden von technischen Unterlagen Lernfeld 2, 3, 5 bis 7, 9 | a) Skizzen anfertigen und anwenden Lernfeld 2, 3, 5 bis 7, 9 |
| 3d – Abfälle vermeiden |
B8 – Durchführen von qualitätssichernden Maßnahmen Lernfeld 1 bis 12 | d) Prüfergebnisse bewerten und dokumentieren e) Qualität von Produkten kontrollieren und Ergebnisse dokumentieren, Qualitätskriterien anwenden Lernfeld 1 bis 12 |
| 3b – Materialien – Rohstoffe |
B9 – Kundenorientierung und Verkaufen von Instrumenten Lernfeld 2, 10 bis 12 | b) Zielgruppen und Absatzmärkte erkennen, produktspezifische Informationen beschaffen, nutzen und auswerten Lernfeld 11 |
| 3f – Nachhaltigkeit kommunizieren (Kundenberatung) 3a – Umwelt (Umweltsiegel) |
d) Gespräche mit Kunden führen und dabei kulturelle Besonderheiten und Verhaltensregeln berücksichtigen Lernfeld 1, 2, 10 bis 12 |
| 3f – Nachhaltigkeit kommunizieren (Kundenberatung) |
Unterrichts- und Ausbildungsmodule
Das hier vorgeschlagene Unterrichts- und Ausbildungsmodul besteht aus einer Rahmenaufgabe mit drei Modulen zum Thema „Artenschutz”. Die Rahmenaufgabe ist hinsichtlich ihres Aufbaus für alle Fachrichtungen des Instrumentenbaus gleich. Je nach Ausbildungsgang werden unterschiedliche pflanzliche oder tierische Materialien und deren zugehörigen Merkmale in den Mittelpunkt gerückt. Die Rahmenaufgabe thematisiert die vorrangige Nachhaltigkeitsherausforderung in Bezug zum Bogenbau.
Es sei darauf verwiesen, dass weitere Nachhaltigkeitsaspekte (siehe Tabellen 1 und 2) hohe Übereinstimmungen mit anderen Berufen im stationären Handwerk aufweisen. Dies gilt beispielsweise für die Druckluft und deren hohen Energieverbrauch oder den Gesundheitsrisiken durch Feinstaubbelastungen und die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen im Betrieb. Die entsprechenden Unterrichts- und Ausbildungsmodule anderer Berufsbilder können somit auch bei der Berufsausbildung von Musikinstrumentenbauern und Musikinstrumentenbauerinnen herangezogen werden.
Rahmenaufgabe Artenschutz
„Artenschutz bedeutet, die Vielfalt an Pflanzen und Tieren zu bewahren und dem zunehmenden Verlust an Biodiversität entgegenzuwirken“ (https://www.bfn.de/artenschutz). Diese Definition verwendet das Bundesamt für Naturschutz (BfN), eine Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) mit der Aufgabe über das Artenschutzrecht zu informieren und sowie aktuelle Forschungsergebnisse und Daten zu Natur und Landschaft bereitzustellen
Der Artenschutz ist hierarchisch organisiert. Streng geschützten Arten kommt ein besonderes Schutzniveau zu. Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Washingtoner Artenschutzübereinkommen zum internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen sowie zum Schutz vor übermäßiger Ausbeutung. Es trat 1975 in Kraft. Das Abkommen wird im Laufe der Jahre von mehr als 180 Staaten unterzeichnet. Es ist auch unter der Abkürzung seiner englischen Bezeichnung CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) bekannt. Das BfN ist die deutsche Vollzugsbehörde von CITES.
Die Liste der durch CITES geschützten Pflanzen und Tiere wird laufend aktualisiert. Diese Arten werden in zwei Anhängen zum Abkommen aufgeführt. Für vom Aussterben bedrohte Arten (z. B. Elefanten) ist der Handel grundsätzlich verboten. Diese Arten sind in Anhang I verzeichnet. Anhang II führt Arten auf, die zwar noch nicht vom Aussterben bedroht, aber durch den Handel gefährdet sind (z. B. Diospyros spp. (Ebenholz).
Für fertige Musikinstrumente, Teile und Zubehör wurden in CITES Ausnahmeregelungen vereinbart, die jedoch widerrufen werden können. Alle drei Jahre werden auf einer internationalen Konferenz die bestehenden Beschlüsse überprüft, neue Arten aufgenommen oder die Schutzniveaus einzelner Arten hoch- oder herabgestuft (vgl. BMUV o. J.). Die geltenden Regelungen können in deutscher Sprache über das Wissenschaftliche Informationssystem zum Internationalen Artenschutz unter www.wisia.de recherchiert werden, wo auch umfassende Informationen bereitgestellt werden.
Als Rahmenaufgabe bietet sich eine Analyse der aktuell geltenden sowie der in der Diskussion befindlichen international geltenden CITES-Regelungen an, um die Bedeutung des Artenschutz für die den Handel von Hölzern mit Bezug zum Instrumentenbau, dem Handel von Instrumenten, Reisen mit Instrumenten und damit auch für die Ausführung des Handwerks und ggf. der Anpassung von betrieblichen Produktionsabläufen erfassen zu können. Die Analyse fokussiert auf den pflanzlichen Artenschutz am Beispiel des Holzes Rio-Palisander. Es ist auch unter den Namen Dalbergia nigra, brasilianisches Rosenholz oder brasilianisches Palisanderholz bekannt. Die Pflanze wächst im östlichen Brasilien in Feuchtwäldern und wird aufgrund ihrer Klangeigenschaften besonders gern im Musikinstrumentenbau verwendet. Sie ist nicht zu verwechseln mit sonstigen Dalbergia-Arten.
Modul 1 Analyse der Vielfalt des Rückgangs von Arten mit Relevanz für den Geigenbau
Die Materialien für den Bau Ihres Instrumentes sowie die klassischen im Instrumentenbau verwendeten pflanzlichen und tierischen Werkstoffe kennen Sie. Ein nicht vollständiger Überblick von geschützten Tier- oder Pflanzenarten wie Elfenbein oder Tropenhölzer findet sich im Internetangebot des BfN, Informationen hierzu können über das BfN-Artenschutzdatenbank WISIA und dort den Auswahlpunkt „Washingtoner Artenschutzübereinkommen“ recherchiert werden (s. Links unten). Weitere Informationen beispielsweise zum regionalen Bezug finden sich allerdings nur in englischer, französischer und spanischer Sprache in der Checklist of CITES Species und können dort unter Verwendung der lateinischen Bezeichnungen gesucht werden. Diese Bezeichnungen wiederum können WISIA entnommen werden.
- Bundesamt für Naturschutz (2022): Auswahl von betroffenen Arten (nicht vollständig). Tabelle. Online: www.bfn.de/musikinstrumente
- Bundesamt für Naturschutz (2022): Wissenschaftliches Informationssystem zum Internationalen Artenschutz. Online: www.wisia.de
Aufgabenstellung
Ihre Aufgabe lautet wie folgt:
- Erstellen Sie eine Tabelle der von Ihnen verwendeten pflanzlichen und tierischen Werkstoffe und deren Verwendungszwecke.
- Recherchieren Sie den lateinischen Namen im Regelwerk und schlagen Sie die regionalen Bezüge über die CITES-Checkliste nach unter https://checklist.cites.org/#/en .
- Prüfen Sie den gesetzgeberischen Schutzumfang für die jeweiligen Arten (über WISIA unter www.wisia.de)
Tabelle: Werkstoffe im Geigenbau und deren Schutzniveau im Washingtoner Artenschutzübereinkommen
Werkstoff (heutig und traditionell) | Verwendungszweck im Geigenbau | Einstufung des Schutzumfangs im WA | (gültiger) Name im Regelwerk | Ursprungsland/länder („Locaton“ in https://checklist.cites.org/) |
Rio-Palisander, auch brasilianisches Rosenholz | Wirbel | Anhang I | Dalbergia nigra | Brasilien |
Ebenholz aus Madagaskar | Griffbretter | Anhang II | Diospyros spp. | Madagaskar |
Elfenbein, afrikanischer Elefant | Bogenspitze | Anhang I | Loxodonta africana | Angola, Benin, Botswana, Burkina Faso, Kamerun usw. |
Modul 2 Das Für und Wider des Artenschutzes am Beispiel des brasilianischen Palisander Holzes im Geigenbau
Das von der Europäischen Union (EU) 1973 unterzeichnete Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) soll sicherstellen, dass der internationale Handel mit Exemplaren wildlebender Tiere und Pflanzen deren Überleben nicht bedroht. Es gewährt mehr als 30.000 Tier- und Pflanzenarten unterschiedlichen Schutz. Im Rahmen von CITES wird der internationale Handel mit Exemplaren ausgewählter Arten bestimmten Kontrollen unterworfen. Dazu gehört ein Genehmigungssystem, das die Genehmigung der Einfuhr und (Wieder-)Ausfuhr von unter das Übereinkommen fallenden Arten vorschreibt. Die unter das CITES-Übereinkommen fallenden Arten sind in drei Anhängen aufgelistet, die den dort aufgelisteten Arten jeweils einen unterschiedlich starken Schutz zuordnen, wobei dem Anhang I das höchste Schutzniveau zukommt (Europäische Kommission o. J.).
Dalbergia ist eine Gattung von Bäumen, Sträuchern und Lianen mit einer pantropischen Verbreitung in Afrika, Asien und Mittel- und Südamerika, deren Lebensraum von tropischen Regenwäldern über saisonal trockene tropische bis subtropischen feuchten und trockenen Wäldern, Wäldern und bewaldeten Grasland reicht (CITES 2016).
Das Holz mehrerer Dalbergia-Arten wird für die Herstellung von Möbeln und Musikinstrumenten sehr geschätzt und international gehandelt. Wegen seines duftenden Holzes ist es auch als „Rosenholz“ bekannt. Grund dafür ist der hohe Ölgehalt des Holzes. Diese Eigenschaft erlaubt auch Verwendungen in der Kosmetikindustrie. Auch für medizinische Produkte werden die pflanzlichen Produkte des Baums verwendet. International hoch nachgefragte Dalbergia-Arten stammen u. a. aus Südamerika, Asien und Afrika (Environmental Investigation Agency 2017: 5 f.).
Dalbergia nigra beispielsweise ist, neben weiteren Bezeichnungen, auch als Brasilianischer Palisander oder Brasilianisches Rosenholz bekannt. Die Art ist im brasilianischen Atlantikküstenwald beheimatet, einem der vielfältigsten Ökosysteme der Welt. Von den über 8.000 Pflanzenarten, die dort wachsen, ist der brasilianische Palisander einer der größten. Der Baum kann bis zu 40 m hoch werden und kommt mit unterschiedlichen klimatischen Höhenlagen zurecht. Er wächst auch auf nährstoffarmen Böden. Das Holz ist schwer und dicht, was es sehr widerstandsfähig gegen Insektenbefall und Fäulnis macht. Lokal wird das Holz als Baumaterial für Fußböden, Balken und Wandverkleidungen verwendet. Weltweit wird das Holz aufgrund seiner hohen Resonanz auch für den Bau von Musikinstrumenten verwendet. Allerdings sind hier vor allem Stammteile ohne Astlöcher gefragt (CITES 2016)
Als Reaktion auf die Bedrohung durch den Holzeinschlag wurde der Dalbergia nigra 1992 als eine der ersten Baumarten in Anhang I des CITES-Übereinkommens aufgenommen, wodurch der internationale Handel mit Holz und anderen Produkten aus dieser Art verboten wurde. Trotz dieser Aufnahme wird die Art weiterhin illegal abgeholzt und international illegal gehandelt. Auch in Europa wurde illegal gehandeltes Dalbergia-nigra-Holz durch den Zoll beschlagnahmt. Der Zoll ist für die CITES-Kontrolle zuständig.
Brasilianisches Palisanderholz ist durch illegalen Holzeinschlag und den Verlust seines Lebensraums bedroht. Der brasilianische Atlantikwald hat heute nur noch 7 Prozent seiner ursprünglichen Fläche, der brasilianische Palisander kommt nur noch in kleinen Populationen, räumlich nicht zusammenhängenden Populationen mit geringer Variabilität vor. Da die Samen bei Nagetieren sehr begehrt sind, ist die Regeneration der Art ggf. begrenzt.
In Brasilien arbeiten Initiativen mit dem Ziel, die Baumart in Plantagen aufzurüsten und die genetische Vielfalt zu erhalten. Auch stehen ca. 40 Prozent der Dalbergia-Flächen in Brasilien als Naturschutzgebiet unter Schutz (Bergamino 2013).
Dalbergia-Arten sind nicht nur in Brasilien gefährdet. Vor allem die Nachfrage nach Palisander gefährdet Dalbergia-Bäume. Der Begriff Palisander ist dabei ungenau, denn nicht immer wird das Holz von Dalbergia als Palisander bezeichnet und andererseits gibt es andere Arten, deren Holz zu Palisander gezählt wird. Palisander bezeichnet jedoch stets hochwertiges Holz (CITES 2016).
Der Artenverlust wurde zu Beginn dieses Jahrtausends vor allem durch die stark gestiegene Nachfrage nach Palisander in China getrieben (Treanor 2015: 2). Sie ist zwischenzeitlich durch diverse Maßnahmen auch der chinesischen Regierung gesunken. In einem gemeinsamen Antrag der Staaten Argentinien, Brasilien, Guatemala und Kenia wurde 2017 beantragt, alle Dalbergia-Arten (sofern sie nicht bereits im CITES Anhang I gelistet sind) in den CITES-II-Anhang aufzunehmen(CITES 2016). Die Nachfrage nach Palisander resultiert aus der hohen Nachfrage in China nach sogenannten „Hongmu“-Möbeln, die insbesondere aus „duftendem“ Dalbergia-Palisanderholz oder Dalbergia-Schwarzholz hergestellt werden. Entscheidend für die Hongmu-Zuordnung sind Dichte, Textur und Farbe, also Merkmale, die auch im Instrumentenbau entscheidend sind.
Der CITES-Antrag konstatiert, dass der Abbau von Dalbergia einem bestimmten Muster folgt: Wenn die am besten zugänglichen Holzbestände in einem bestimmten Gebiet erschöpft sind, wird die Aufmerksamkeit auf andere Arten gelenkt. Ausgestorben sind in der Folge Dalbergia odorifera in China und Pterocarpus santalinus in Indien, rasant stieg dann der Handel mit Dalbergia cochinchinensis Berichten. Nachdem auch diese Bestände stark sanken, wurden diese Hölzer durch andere Arten ersetzt. Der Rückgang der Bestände in Asien beispielsweise in Laos, Thailand, Vietnam, Nepal, Indonesien und Indien resultierte in einer starken Nachfrage nach Dalbergia-Arten in Afrika und zunehmend auch in Mittel- und Südamerika. Die aus Holz hergestellten Möbel bleiben in China. Die Preise für Hongmu-Holz und Möbel sind stark gestiegen. Seit 2015 scheint die Nachfrage in China durch diverse Maßnahmenpakete auch wegen der Antikorruption stark zu sinken ( Treanor 2015: vi).
Allerdings wurde an Dalbergia auch deutlich, dass Ausnahmen vom Handel (beispielsweise für teilverarbeitete Produkte) auch zum Umgehen von Handelsbeschränkungen genutzt werden. Dies ist ein Grund, warum Ausnahmeregelungen für den Instrumentenbau trotz der dort verwendeten geringen Mengen teils als kritisch eingestuft werden.
Aufgabenstellung
Ihre Aufgabe lautet wie folgt:
- Recherchieren Sie Fakten und Argumente zum Thema Artenschutz und Musikinstrumente in Fachzeitschriften und im Internet (beispielsweise in Medienangeboten oder Pressemeldungen von Vereinigungen).
- Ordnen Sie Ihre Rechercheergebnisse in Kategorien wie „Rückgang der Regenwälder“, „Bedeutung von brasilianischem Palisander im Holzinstrumentenbau“ oder „Neue Materialien“.
- Entwickeln Sie Argumentkarten, die jeweils einen Aspekt anschaulich beleuchten. Beispiele für Argumentkarten finden Sie im Foliensatz.
- Diskutieren Sie die Ergebnisse in der Gruppe.
Argumentkarten werden unter anderem dazu verwendet, Problemlagen und gesetzlich verankerte Maßnahmen aufzuzeigen. Sie können Basiswissen vermitteln, die Blicke der Leser*innen auf Herausforderungen lenken oder unterschiedliche Standpunkte gegenüberstellen. So können sie zu einem gemeinsamen Problemverständnis beitragen. Argumentkarten sind typischerweise nicht nur für Fachleute, sondern auch für nicht mit dem Thema vertraute Personen verständlich. Sie befähigen diese somit, sich an der Diskussion zu Herausforderungen zu beteiligen.
In Gruppendiskussionen informieren Argumentkarten die Teilnehmer*innen mit kompakten Textdarstellungen und ggf. auch mit informativen Grafiken übersichtlich. Während der Gruppendiskussionen können die Karten von den beteiligten Personen laufend neu angeordnet werden, um Aspekte oder Zusammenhänge hervorzuheben.
In der Foliensammlung mit den Zielkonflikten sind Beispiele von Argumentkarten dargestellt.
Modul 3 Debatte zum Artenschutz im Musikinstrumentenbau
Die obigen Ausführungen verdeutlichen, dass beim Thema Artenschutz im Musikinstrumentenbau unterschiedliche Positionen gegenüberstehen. Zum Abschluss der Rahmenaufgabe bietet sich eine Debatte an, die das Für und Wider aufzeigt. Hierzu können unterschiedliche Herangehensweisen wie Rollenspiele oder die Fishbowl-Diskussion Methode verwendet werden, die den Lehrenden in der Regel aus ihrer Arbeit gut vertraut sind.
Eine weniger bekannte Alternative ist das Format „Jugend debattiert“. Es kann zwar ab der Klassenstufe 8 eingesetzt werden, ist aber auch für junge Erwachsene gut geeignet. Das Format ist auf Diskussionen in Kleingruppen mit vier Personen hin ausgerichtet (www.jugend-debattiert.de/lehrkraefte).
Aufgabenstellung
Ihre Aufgabe lautet wie folgt:
- Debattieren Sie zum Thema Artenschutz im Musikinstrumentenbau. Nutzen Sie dazu das Format „Jugend debattiert“. Ziel der Aufgabe ist es, Sachkenntnis, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft zu stärken. Die Aufgabe ist auch gut geeignet, um auf Gespräche mit Kundinnen und Kunden über die Nachhaltigkeit des Betriebes und seiner Produkte zu führen (Standardberufsbildposition 3f)
In einer Debatte diskutieren jeweils vier Debattanten zu einem Thema, zu dem klar eine Pro- oder Contra-Position übernommen werden muss (jeweils zwei Pro- und zwei Kontra-Debattanten). Der Ablauf der Debatte folgt Regeln:
- Eine Debatte beginnt mit einer Eröffnungsrunde. Hier bekommt jede teilnehmende Person zwei Minuten Zeit, die eigene Position vorzustellen und für seine Seite zu argumentieren. Die Sprechenden dürfen nicht unterbrochen werden.
- Rede und Gegenrede wechseln sich ab. Zuerst spricht in der Eröffnungsrunde die Teilgruppe, die die momentane Situation ändern möchte.
- Es folgt eine freie Aussprache. Diese dauert zwölf Minuten und wird in Form einer unmoderierten Debatte unter den Debattanten geführt.
- Den Abschluss bildet die Schlussrunde. Hier bekommen alle Debattanten erneut eine Minute Redezeit, um noch einmal ihren Standpunkt klarzumachen. Im Unterschied zu anderen Debattenformaten darf die eigene Position in der Schlussrunde geändert werden. Diese Positionsänderung muss mit dem Debattenverlauf begründet werden. Neue Argumente sind in der Schlussrunde nicht zugelassen.
Mögliche Debattenthemen können Sie dem folgenden Abschnitt entnehmen.
Zielkonflikte und Widersprüche
Die Effizienzfalle und Widersprüche
Effizienz beschreibt unter anderem Wirtschaftlichkeit. Wenn so wenig wie möglich von einer notwendigen Ressource verwendet wird, so gilt dies als effizient. So könnte man meinen, dass Effizienzsteigerungen im Unternehmensalltag folglich auch zu einem nachhaltigen Wirtschaften führen. Weniger Abfall oder Energieaufwand bedeutet gleichzeitig weniger Umweltbelastung und längere Verfügbarkeit von endlichen Ressourcen – oder? Nicht unbedingt!
Das Missverständnis hinter dieser Annahme soll anhand eines Beispiels aufgedeckt werden. Seit 1990 hat sich der deutsche Luftverkehr mehr als verdreifacht. Mit Hilfe technischer Innovationen, besserer Raumnutzung und weiterer Maßnahmen konnte der durchschnittliche Kerosinverbrauch pro Fluggast seitdem um 42 Prozent gesenkt werden – eine gute Entwicklung auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick ist jedoch auch zu erkennen, dass das Verkehrsaufkommen im gleichen Zeitraum stark zugenommen hat. Daraus folgt, dass trotz starker Effizienzsteigerungen absolut betrachtet immer mehr Kerosin verbraucht wird – nämlich 85 Prozent mehr seit 1990.
Wissenschaftler sprechen daher auch von einer „Effizienzfalle“. Denn obwohl sich mit Effizienzsteigerung eine relative Umweltentlastung erzeugen lässt, bleibt die Herausforderung des absoluten Produktionswachstums weiterhin bestehen. So ist das effiziente Handeln aus der ökonomischen Perspektive zwar zielführend, aus der ökologischen Perspektive jedoch fraglich. Es lässt sich schlussfolgern, dass Effizienzstreben und Nachhaltigkeitsorientierung zwei eigenständige Rationalitäten darstellen, die von Unternehmen beide gleichermaßen beachtet werden sollten, um zukunftsfähig zu wirtschaften. Eine langfristig erfolgreiche Unternehmensführung würde demnach aus den zur Verfügung stehenden Ressourcen unter Erhalt der Ressourcenbasis möglichst viele ökonomische Werte erschaffen, um somit intergenerational und intragenerational gerecht zu wirtschaften. Somit sollte sich ein zukunftsorientiertes berufliches Handeln sowohl den Herausforderungen der eher kurzfristigen Effizienzrationalität als auch der langfristigen Nachhaltigkeitsrationalität stellen und beide Perspektiven verknüpfen.
Im Rahmen des beruflichen Handelns entstehen jedoch Widersprüche zwischen der Effizienzrationalität („Funktionalität“, „ökonomische Effizienz“ und „Gesetzeskonformität“) und der Nachhaltigkeitsrationalität („ökologische Effizienz“, „Substanzerhaltung“ und „Verantwortung“). Ein zukunftsfähiges berufliches Handeln zeichnet sich dadurch aus, mit diesen Widersprüchen umgehen zu können.
Doch stellt sich nun die Frage, was der Umgang mit Widersprüchen für den Berufsalltag bedeutet. In diesem Zusammenhang kann von so genannten „Trade-offs“ – auch „Zielkonflikte“ oder „Kompromisse“ – gesprochen werden. Grundsätzlich geht es darum, den möglichen Widerspruch zwischen einer Idealvorstellung und dem Berufsalltag zu verstehen und eine begründete Handlungsentscheidung zu treffen. Dabei werden Entscheidungsträger häufig in Dilemma-Situationen versetzt. Im beruflichen Handeln geht es oftmals um eine Entscheidung zwischen knappen Ressourcen, wie Geld, Zeit oder Personal, für die es gilt, Lösungen zu finden. Im Folgenden werden einige Zielkonflikte aufgezeigt.
Beispielhafte Zielkonflikte
Beim Ansteuern von Nachhaltigkeit sind Zielkonflikte und Widersprüche nichts Ungewöhnliches. Dies gilt auch für den Musikinstrumentenbau: Selbst traditionelle Werk- und Hilfsstoffe können im Widerspruch zu heutigen Nachhaltigkeitskriterien stehen. Im Folgenden werden Zielkonflikte zwischen den Perspektiven von Kulturgütern/traditionellen Herstellungsweisen einerseits und den Nachhaltigkeitsperspektiven Gesellschaft/Gesundheit sowie Rohstoffe/Materialien beispielhaft aufgezeigt. Ergänzend dazu wird das Spannungsfeld von Kundenerwartungen der weiterhin überwiegend traditionell ausgerichteten Klientel und es sind diejenigen Handlungsfelder, die typisch für Herausforderungen des handwerklichen Musikinstrumentenbaus in Deutschland sind. In den Hintergrundmaterialien zum Instrumentenbau werden diese Aspekte inhaltlich vertieft.
Aus gesellschaftlicher Sicht sind zunächst die Anforderungen des heutigen Arbeits- bzw. Gesundheitsschutzes mit Bezug zur Chemikalienverwendung im Instrumentenbau hervorzuheben. Während bei neuen Modellen und auch bei Nachbauten von antiken Instrumenten eine Auswahl aus nicht gesundheitsschädlichen Hilfsmitteln wie Lacken getroffen werden kann, ist bei Restaurierungsarbeiten die Nähe zum ursprünglichen Zustand und sogar der Werterhalt der Instrumente entscheidend. Es liegen derzeit keine wissenschaftlichen Studien vor, ob und wie dieser „Spagat“ von den Handwerksbetrieben geleistet werden kann. Für andere Materialien, insbesondere Blei, sind dagegen bleifreie Alternativen auf dem Markt erhältlich.
Der Gesundheitsschutz steht auch bei der Bearbeitung von Hölzern und Metallen im Vordergrund. Aus der Analyse der wissenschaftlichen Literatur ergeben sich Hinweise, dass vor allem die Bearbeitung exotischer Hölzer mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Vergleichbares gilt für die Bearbeitung von antiken Legierungen mit unbekannter chemischer Zusammensetzung. Aufgrund der geringen Zahl von Beschäftigten im Instrumentenbau sind die Fallzahlen der Berufskrankheiten so gering, dass Ihnen in der medizinischen Forschung geringe Aufmerksamkeit zuteil wird. Dies gilt nicht nur für Staubbelastungen, sondern auch für weitere Krankheiten wie Kontaktallergien, die durch Bau und Restaurierung ausgelöst werden.
Der pflanzliche und tierische Artenschutz ist nicht zuletzt aufgrund des zunehmenden Raubbaus und in der Folge verstärkten Regelungen in internationalen Abkommen eine besondere Herausforderungen für die Handwerksbetriebe im Instrumentenbau. Hervorzuheben ist dabei nicht nur, dass die Problemlage seit Jahren erkannt und auch thematisiert wird. Die etablierten Handwerksbetriebe haben in der Regel durch das Aufstocken ihrer Holzlager Vorsorge für das eigene Berufsleben und ggf. auch darüber hinaus getroffen. Damit verschiebt sich die Problemlage jedoch nur, wenn auch um Jahrzehnte. Sofern mittelfristig keine alternativen gleichwertigen Werkstoffe (beispielsweise durch das Härten einheimischer Hölzer oder auf Basis von Kohlenstoff oder Glasfaser zur Verfügung stehen, ist das Handwerk und damit auch das materielle und immaterielle Kulturgut in Deutschland in seinem Bestand bedroht.
Auch kleine und mittlere Handwerksbetriebe sind für den Artenbestand in den Herkunftsländern exotischer Hölzer, aber auch einheimischer Hölzer sensibilisiert. Dass die Qualität der Klanghölzer im Durchschnitt sinkt, ist anerkannt. Es ist positiv zu bewerten, dass sich auch kleine und mittlere Unternehmen vermehrt auch international für den Artenschutz engagieren. Jüngste Entscheidungen der CITES-Konferenz haben zwar den die Artenschutzeinstufungen der hochwertigen Dalbergia-Arten und von Fernambuk gesteigert. Allerdings wurden aufgrund der zahlenmäßig geringen Bedeutung der Holznachfrage aus dem Instrumentenbau Ausnahmeregelungen für den Instrumentenbau genehmigt. Daraus folgt jetzt das Dilemma, trotz der Ausnahmeregelungen einen nennenswerten Beitrag für den Artenschutz – beispielsweise durch die Mitwirkung in Initiativen – zu leisten und die Problematik in der Öffentlichkeit zu debattieren.
Eine weitere Herausforderung ergibt sich an der Schnittstelle zum Kunden. Material, Klang und Ästhetik bilden mit Bezug zum kulturellen Erbe eine Einheit. Diese Einheit wird durch den Ersatz traditionellen Materialien wie Grenadill durch z. B. heimische und thermisch bearbeitetet Hölzer verändert. Die Klientel der sehr hochpreisigen handwerklich gefertigten Musikinstrumente ist sehr traditionell ausgerichtet. Sie kennt nicht nur die traditionellen Herstellungsweisen, sondern präferiert auch die Optik der seltenen Hölzer und verbindet mit den Merkmalen einen herausragenden Klang. Der Materialbedarf für ein einzelnes Instrument ist mit Bezug zu der jahrzehntelangen Nutzung teurer Instrumente nicht unverhältnismäßig, vor allem dann, wenn die Qualität der Holzgewinnung durch Umweltsiegel bestätigt wird. Umso größer ist die Herausforderung, Nachhaltigkeitsperspektiven oder sogar alternative Materialien im Kundengespräch zu vermitteln.
Vor allem mit Bezug zu Streichinstrumenten, aber beginnend auch zu Holzblasinstrumenten werden Carboninstrumente diskutiert. Ihnen werden gute Klangeigenschaften attestiert. Die Verarbeitung von Carbonmaterialien weicht jedoch von den Verfahren des handwerklichen Instrumentenbaus ab. Die Kulturtechniken gehen dort verloren. Das Dilemma besteht darin, dass die gut geeigneten Alternativen zwar zum Artenschutz beitragen, jedoch kaum Bezüge zum Handwerk des Instrumentenbaus aufweisen. Auch darf nicht vernachlässigt werden, dass diese kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffe zwar eine alternative zu bedrohten Hölzern bieten, jedoch gleichzeitig selbst mit Nachhaltigkeitsherausforderungen wie Energieverbrauch bei der Herstellung oder Recycling verknüpft sind.
Die geschilderten Zielkonflikte sind gezielt für den Instrumentenbau ausgewählt worden. Weitere Nachhaltigkeitsthemen stimmen mit denen anderer Betriebe des stationären Handwerks überein und können den dort zugehörigen Materialien entnommen werden.