Änderungsschneider/Änderungsschneiderin
Einleitung
BBNE und BNE - Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung) . Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die Materialien der Projektagentur
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in novellierten Ausbildungsordnungen in Berufen mit großer Relevanz für wichtige Themen der Nachhaltigkeit wie z. B. dem Klimaschutz werden wichtige Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen nicht genannt – obwohl die Berufe deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten könnten. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030. Das Impulspapier ist spezifisch für einen Ausbildungsberuf erstellt, fasst aber teilweise spezifische Ausbildungsgänge zusammen (z. B. den Fachmann und die Fachfrau zusammen mit der Fachkraft sowie die verschiedenen Fachrichtungen)
- BBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS) und Handreichung (HR): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten. Das Material liegt auch als Handreichung (HR) mit der Folie und Notizen vor.
Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Die Berufsbildpositionen der Ausbildungsordnung und die Lernfelder
Nachhaltigkeit sollte integrativ vermittelt werden, sie sollte auch in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen verankert werden (BIBB o. J.):
“Die berufsübergreifenden Inhalte sind von den Ausbilderinnen und Ausbildern während der gesamten Ausbildung integrativ, das heißt im Zusammenspiel mit den berufsspezifischen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten, zu vermitteln.”
Aus diesem Grund haben wir die jeweiligen Berufsbildpositionen sowie die Lernfelder des gültigen Rahmenlehrplanes gleichfalls betrachtet in
Tabelle 2: Berufsbildpositionen und Lernfelder mit Bezug zur Nachhaltigkeit
Die Betrachtung ist beispielhaft, es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Folgende tabellarische Darstellung wurde gewählt:
Spalte A: Berufsbildposition und Lernfeld(er)
Spalte B: Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten gemäß Ausbildungsordnung (AO) sowie Lernfelder des Rahmenlehrplans (RLP, kursive Zitierung). Explizite Formulierungen des RLP zu Themen der Nachhaltigkeit werden als Zitat wiedergegeben;
Spalte C: Beispielhafte Bezüge zur Nachhaltigkeit;
Spalte D: Referenz auf die jeweilige Position der Standardberufsbildposition (siehe Tabelle 1, Spalte A).
Modulare Rahmenaufgaben
Zur Verbesserung der Anschaulichkeit der integrativen Förderung nachhaltigkeitsorientierter Kompetenzen wird in diesem Impulspapier eine exemplarische Aufgabenstellung für die betriebliche oder berufsschulische Unterrichtung vorgeschlagen:
- Zunächst wird die Herkunft ausgewählter Früchte von Konditoreiprodukten bestimmt und unter Nachhaltigkeitsaspekten beurteilt.
- Vertiefend erfolgt eine Auseinandersetzung mit Pro- und Kontra-Argumenten im Rahmen eines Rollenspiels, um die Kundenberatung bei Produktfragen nachhaltigkeitsorientiert ausrichten zu können und geeignete Verkaufsstrategien zu entwickeln.
Zielkonflikte und Widersprüche
Zielkonflikte und Widersprüche sind bei der Suche nach dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit immanent und für einen Interessenausgleich hilfreich. In dem Kapitel 7. werden beispielhafte Zielkonflikte aufgezeigt. Ergänzend werden in dem hierzu gehörigen Dokument auch einige Folien (pptx bzw. pdf) erstellt, die für Lernprozesse verwendet werden können. Ein Beispiel für einen berufsbildbezogenen Zielkonflikt ist der folgende:
- “Niedrige Retouren (wenige Überschüsse von Brot und Backwaren) vs. volle Regale bis Ladenschluss”:
- Betriebe, die Lebensmittelabfälle bzw. Retouren vermeiden wollen, bieten den Kunden kurz vor Betriebsschluss unter Umständen nicht mehr dasselbe umfangreiche Angebot wie Betriebe, die den Kunden bis zum Ladenschluss das komplette Sortiment anbieten, um die Kunden nicht zu verlieren.
- Es ergibt sich somit der Konflikt zwischen der Notwendigkeit, Abfall zu vermeiden und dem Wunsch, die Kunden*innen durch ein jederzeit umfangreiches Angebot zufriedenzustellen.
Hinweis für handwerkliche, kaufmännische und Industrieberufe
Die in den folgenden Tabellen 1 und 2 im didaktischen Impulspapier (IP), im Hintergrundmaterial (HGM) sowie in den Foliensätzen zu den Zielkonflikten (FS) vorgeschlagenen Hinweise zu Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. Lernfelder, Aufgabenstellungen und Zielkonflikte bilden den in 2022 aktuellen Stand der Entwicklungen in Hinsicht auf technische Verfahren, Dienstleistungen und Produkte in Bezug auf Herausforderungen der Nachhaltigkeit bzw. deren integrative Vermittlung in den verschiedenen Berufen dar. Sie enthalten Anregungen und Hinweise ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Mit Lesen dieses Textes sind Sie als Ausbilder:innen und Berufsschullehrkräfte eingeladen, eigene Anregungen in Bezug auf die dann jeweils aktuellen Entwicklungen in ihren Unterricht einzubringen. Als Anregungen dient diesbezüglich z. B. folgende hier allgemein formulierte Aufgabenstellung (analog zu IP, Tabelle 1), die Sie in Ihren Unterricht aufnehmen können:
Recherchieren Sie (ggf. jeweils alternativ:) Methoden, Verfahren, Materialien, Konstruktionen, Produkte oder Dienstleistungen, die den aktuellen Stand der (technischen) Entwicklung darstellen und die in Hinblick auf die Aspekte der Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial-kulturell und/oder ökonomisch) bessere Wirkungen und/oder weniger negative Wirkungen erzielen als die Ihnen bekannten, eingeführten und „bewährten“ Ansätze.
Beschreiben Sie mögliche positive Wirkungen dieser neuen Methoden, Verfahren, Materialien, Konstruktionen, Produkte und/oder Dienstleistungen auf die Nachhaltigkeit in Ihrem Betrieb.
Glossar
Folgende Abkürzungen werden in diesem Dokument verwendet:
Abkürzung | Bezeichnung |
AO | Ausbildungsordnung |
BNE | Bildung für Nachhaltige Entwicklung |
BBNE | Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung |
FS | Foliensammlung mit Beispielen für Zielkonflikte |
HGM | Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial) |
IP | Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial) |
RLP | Rahmenlehrplan |
SDG | Sustainable Development Goals |
THG | Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq) |
Literatur
BGBl (2022): Verordnung über die Berufsausbildung zum Bäcker/zur Bäckerin vom 21. April 2004 (BGBl. I S. 632), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Februar 2016 (BGBl. I S. 179) geändert worden ist. https://www.gesetze-im-internet.de/b_ausbv_2004/BJNR063200004.html
BIBB Bundesinstitut für berufliche Bildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/de/pressemitteilung_139814.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.a): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.b): Ausbildung gestalten. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/series/list/2
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BIBB Bundesinstitut für berufliche Bildung (o. J.c): Nachhaltigkeit in der Ausbildung. Online: www.bibb.de/de/142299.php
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE. Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
KMK Kultusministerkonferenz (2004): RAHMENLEHRPLAN für den Ausbildungsberuf Bäcker/Bäckerin.
Ritter, G., Friedrich, S., Heitkönig, L. (2015a): Reduktion von Lebensmittelabfällen bei Brot und Backwaren. Ein Konzept für Handwerk, Handel und Verbraucher. https://www.fh-muenster.de/isun/downloads/Reduktion_von_Lebensmittelabfaellen_bei_Brot_und_Backwaren.pdf
Ritter, G., Heitkönig, L., Friedrich, S. (2015b): Endbericht zur Studie „Reduktion von Lebensmittelabfällen bei Brot und Backwaren – Entwicklung eines Konzepts für Handel, Handwerk und Verbraucher“. https://www.fh-muenster.de/isun/downloads/Reduktion_von_Lebensmittelabfaellen_bei_Brot_und_Backwaren.pdf
WWF Deutschland (2018): Unser täglich Brot. Von überschüssigen Brotkanten und wachsenden Brotbergen. https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Studie-Unser-taeglich-Brot_Von-ueberschuessigen-Brotkanten-und-wachsenden-Brotbergen_102018.pdf
Tabelle 1 - Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Standardberufs-bildposition | Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten | Bezüge zur Nachhaltigkeit | Mögliche Aufgabenstellungen im Rahmen von 3e “Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln” | SDG |
3a – Gesellschaft – Gesundheit am Arbeitsplatz |
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| SDG 3 |
3a – Gesellschaft – Gesundheit (Rohstoffe) |
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| SDG 3 SDG 12 |
3a – Gesellschaft – Gesundheit (technische Verfahren) |
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| SDG 3 |
3a – Gesellschaft – Wirtschaft |
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| SDG 9 |
3a – Gesellschaft – Konsum |
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| SDG 12 |
3a – Gesellschaft – Wertschöpfung |
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| SDG 5 SDG 8
|
3a – Umwelt – Klimawandel |
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| SDG 13 |
3a – Umwelt – nachhaltige Textilproduktion |
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| SDG 12 |
3a – Umwelt – Chemie- und Naturfaser- Herstellung |
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| sDG 12 SDG 6 |
3a – Umwelt -Wasser |
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| SDG 6 SDG 12 |
3a – Umwelt – Mikroplastik |
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| SDG 6
|
3a – Umwelt – Textilchemikalien |
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| SDG 12 |
3a – Umwelt – Flächennutzung |
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| SDG 12 |
3b – Energie – Allgemein |
|
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| SDG 7 SDG 13 |
3b – Energie – Geräte |
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| SDG 7 SDG 13 |
3b – Materialien – Wasser |
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| SDG 6 |
3b – Materialien – Rohstoffe |
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| SDG 12 |
3d – Abfälle vermeiden (1) |
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| SDG 12 |
3f – Nachhaltigkeit kommunizieren |
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| SDG 4 |
Tabelle 2 - Berufsbildpositionen und Lernfelder mit Bezug zur Nachhaltigkeit
Berufsbild-position / Lernfeld | Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten gemäß Ausbildungsordnung (kursiv: Lernfelder des RLP) | Beispielhafte Bezüge zur Nachhaltigkeit | Standard- berufsbildposition |
A5 – Planen und Vorbereiten von Arbeitsabläufen
| a) Arbeitsabläufe unter Berücksichtigung von Terminen und betriebswirtschaftlichen Aspekten festlegen
|
| 3b – Energie – Digitalisierung
|
A5 – Planen und Vorbereiten von Arbeitsabläufen | b) Arbeitsplatz ergonomisch einrichten
|
| 3a – Gesellschaft – Gesundheit |
A5 – Planen und Vorbereiten von Arbeitsabläufen Lernfeld 1,2, 10 | c) Werk- und Hilfsstoffe sowie Zubehör und Arbeitsgeräte auswählen und bereitstellen, Materialbedarf ermitteln Lernfeld 1: Auswählen eines Werkstoffes …Kenntnisse über technologische, pflegerische und bekleidungsphysiologische Eigenschaften von Faserstoffen, … begründen ihre Werkstoffauswahl Lernfeld 2: … übernehmen Verantwortung für die Qualität des Produktes und legen Beurteilungskriterien fest Lernfeld 10: … beurteilen den Gebrauchswert des Bekleidungsstückes unter besonderer Berücksichtigung eines verantwortlichen Umgangs mit Rohstoffen und Produkten zur Schonung von Mensch und Umwelt |
| 3a – Gesellschaft – Gesundheit 3a – Umwelt 3b – Materialien – Rohstoffe
|
A5 – Planen und Vorbereiten von Arbeitsabläufen Lernfeld 4,6,10 | c) Werk- und Hilfsstoffe sowie Zubehör und Arbeitsgeräte auswählen und bereitstellen, Materialbedarf ermitteln Lernfeld 4: … entwickeln ein Bewusstsein für den ökologischen und ökonomischen Einsatz der Werkstoffe und Maschinen Lernfeld 6: Bei der Fertigungsplanung beachten Sie die Maßnahmen zum nachhaltigen Umgang mit textilen Werkstoffen, Geräten und Maschinen. Lernfeld 10: … beurteilen den Gebrauchswert des Bekleidungsstückes unter besonderer Berücksichtigung eines verantwortlichen Umgangs mit Rohstoffen und Produkten zur Schonung von Mensch und Umwelt |
| 3a – Umwelt
|
A5 – Planen und Vorbereiten von Arbeitsabläufen Lernfeld 4,6,10 | c) Werk- und Hilfsstoffe sowie Zubehör und Arbeitsgeräte auswählen und bereitstellen, Materialbedarf ermitteln Lernfeld 4: … entwickeln ein Bewusstsein für den ökologischen und ökonomischen Einsatz der Werkstoffe und Maschinen Lernfeld 6: Bei der Fertigungsplanung beachten Sie die Maßnahmen zum nachhaltigen Umgang mit textilen Werkstoffen, Geräten und Maschinen. Lernfeld 10: … beurteilen den Gebrauchswert des Bekleidungsstückes unter besonderer Berücksichtigung eines verantwortlichen Umgangs mit Rohstoffen und Produkten zur Schonung von Mensch und Umwelt |
| 3d – Abfälle |
A5 – Planen und Vorbereiten von Arbeitsabläufen Lernfeld 4,6 | d) Geräte, Maschinen und Zusatzeinrichtungen nach ihrem Einsatz unterscheiden, auswählen und einrichten Lernfeld 4: … entwickeln ein Bewusstsein für den ökologischen und ökonomischen Einsatz der Werkstoffe und Maschinen Lernfeld 6: Bei der Fertigungsplanung beachten Sie die Maßnahmen zum nachhaltigen Umgang mit textilen Werkstoffen, Geräten und Maschinen.
|
| 3b – Energie – Geräte |
A5 – Planen und Vorbereiten von Arbeitsabläufen Lernfeld 4,6 | d) Geräte, Maschinen und Zusatzeinrichtungen nach ihrem Einsatz unterscheiden, auswählen und einrichten Lernfeld 4: … entwickeln ein Bewusstsein für den ökologischen und ökonomischen Einsatz der Werkstoffe und Maschinen Lernfeld 6: Bei der Fertigungsplanung beachten Sie die Maßnahmen zum nachhaltigen Umgang mit textilen Werkstoffen, Geräten und Maschinen. |
| 3b – Materialien – Rohstoffe |
A5 – Planen und Vorbereiten von Arbeitsabläufen | e) Arbeitsabläufe im Team abstimmen
|
| 3a – Umwelt
|
A5 – Planen und Vorbereiten von Arbeitsabläufen Lernfeld 6 | f) Änderungsteile, Werk- und Hilfsstoffe sowie Zubehör sortieren und lagern Lernfeld 6: Bei der Fertigungsplanung beachten Sie die Maßnahmen zum nachhaltigen Umgang mit textilen Werkstoffen, Geräten und Maschinen. |
| 3b – Materialien – Rohstoffe |
A6 – Beraten von Kunden Lernfeld 1,9, 10 | a) Kundenwünsche ermitteln e) Kunden über Änderungsmöglichkeiten und Kosten informieren Lernfeld 1: …schätzen Verbraucherinformationen ein und beurteilen textile Flächen bezüglich ihrer Umweltverträglichkeit … Lernfeld 9: Gestalten von Details… informieren sich … über aktuelle Variationen … Lernfeld 10: … beurteilen den Gebrauchswert des Bekleidungsstückes unter besonderer Berücksichtigung eines verantwortlichen Umgangs mit Rohstoffen und Produkten zur Schonung von Mensch und Umwelt |
| 3 f – Nachhaltigkeit kommunizieren |
A6 – Beraten von Kunden Lernfeld 8 | f) Aufträge und Termine abstimmen g) Reklamationen und Beschwerden entgegennehmen und bearbeiten, Beteiligte informieren Lernfeld 8:Nach Fertigstellung der Änderung präsentieren und bewerten sie ihr Arbeitsergebnis und übergeben das Produkt an den Kunden |
| 3 f – Nachhaltigkeit kommunizieren |
A7 – Instandhalten von Geräten, Maschinen und Zusatzeinrichtungen Lernfeld 4,6 | a) Pflege- und Instandhaltungsintervalle beachten, Geräte, Maschinen und Zusatzeinrichtungen pflegen, Funktionen prüfen
Lernfeld 4,6 siehe A5 d |
| 3b – Materialien – Rohstoffe
|
A7 – Instandhalten von Geräten, Maschinen und Zusatzeinrichtungen Lernfeld 4,6
| b) Störungen an Geräten, Maschinen und Zusatzeinrichtungen feststellen und Fehlerbeseitigung einleiten c) Störungen feststellen, Fehler beseitigen und Fehlerbeseitigung veranlassen
Lernfeld 4,6 siehe A5 d |
| 3b – Materialien – Rohstoffe
|
A7 – Instandhalten von Geräten, Maschinen und Zusatzeinrichtungen Lernfeld 4 | d) Bügelgeräte, insbesondere Dampferzeuger, betriebsbereit halten Lernfeld 4: … entwickeln ein Bewusstsein für den ökologischen und ökonomischen Einsatz der Werkstoffe und Maschinen |
| 3b – Energie – Geräte
|
A8 – Zurichten von Kleinstücken und Hilfsstoffen Lernfeld 4
| a) Schnitte von Änderungsteilen unterscheiden, Änderungen dem Schnitt anpassen b) Änderungen markieren, nahttypenspezifische Trennung vornehmen, glatt bügeln und abzeichnen Lernfeld 4 siehe A7 d
|
| 3a – Umwelt 3b – Energie 3b – Materialien – Rohstoffe |
A8 – Zurichten von Kleinstücken und Hilfsstoffen Lernfeld 6
| c) Kleinteile und Hilfsstoffe zuschneiden Lernfeld 6: Bei der Fertigungsplanung beachten Sie die Maßnahmen zum nachhaltigen Umgang mit textilen Werkstoffen, Geräten und Maschinen.
|
| 3b – Materialien – Rohstoffe 3d – Abfälle |
A9 – Zurichten von Großstücken und Hilfsstoffen Lernfeld 4
| b) Schnittschablonen erstellen und anwenden c) Schnitte abnehmen, insbesondere bei Neufütterungen d) Bereiche von Großstücken freilegen, nach Markierungen abzeichnen und zurechtschneiden Lernfeld 4: … entwickeln ein Bewusstsein für den ökologischen und ökonomischen Einsatz der Werkstoffe und Maschinen |
| 3b – Materialien – Rohstoffe 3d – Abfälle |
A 10 – Ausführen von Näharbeiten Lernfeld 1,4
| b) Garne und Nadeln nach Art und Stärke auswählen Lernfeld 1: Auswählen eines Werkstoffes …Kenntnisse über technologische, pflegerische und bekleidungsphysiologische Eigenschaften von Faserstoffen, … begründen ihre Werkstoffauswahl Lernfeld 4: … entwickeln ein Bewusstsein für den ökologischen und ökonomischen Einsatz der Werkstoffe und Maschinen |
| 3b – Materialien – Rohstoffe
|
A 10 – Ausführen von Näharbeiten
| f) Reparaturen an Kleinstücken durchführen, insbesondere an Schlitzen, Manschetten, Bündchen, Aufschlägen und Knopflöchern |
| 3b – Materialien – Rohstoffe 3d – Abfälle |
A 10 – Ausführen von Näharbeiten
| g) offene und verdeckte Reißverschlüsse in Kleinstücken austauschen |
| 3b – Materialien – Rohstoffe |
A 10 – Ausführen von Näharbeiten
| a) Einnadel- und Mehrnadelnähmaschinen, … nach ihrem Einsatz unterscheiden und handhaben
|
| 3b – Energie – Geräte |
A 11 Ändern von Heimtextilien | a) Vorhänge und Decken ändern, insbesondere kürzen und verlängern b) Bezüge ändern
|
| 3b – Materialien – Rohstoffe 3 d – Abfälle |
A 12 – Ausführen von Bügelarbeiten Lernfeld 4 | b) Temperatur, Dampf, Behandlungsdauer und Druck einstellen, überwachen und regulieren | (siehe oben) | |
A 12 – Ausführen von Bügelarbeiten Lernfeld 4
| d) Nähte und Abnäher ausbügeln e) Werk- und Hilfsstoffe bügeln f) Einlagen an Änderungsteilen einbügeln und fixieren g) Fixiereffekte und Festigkeit von Verbindungen prüfen und korrigieren h) empfindliche Stoffe, insbesondere Samt, dämpfen und bügeln i) Änderungsteile unter Berücksichtigung von Form und Aussehen bügeln Lernfeld 4: … entwickeln ein Bewusstsein für den ökologischen und ökonomischen Einsatz der Werkstoffe und Maschinen |
| 3b – Energie
|
A 13 – Durchführen von qualitätssichernden Maßnahmen
| a) Ziele, Aufgaben und Bedeutung von qualitätssichernden Maßnahmen unterscheiden b) Zwischenkontrollen durchführen c) Qualitätsvorgaben einhalten f) Ursachen von Qualitätsmängeln feststellen, Lösungen zur Fehlerbeseitigung festlegen, Korrektur-und Vorbeugungsmaßnahmen durchführen |
| 3 b – Energie 3 b – Materialien |
A 13 – Durchführen von qualitätssichernden Maßnahmen | d) Änderungsteile für die Übergabe vorbereiten |
| 3 d – Abfälle |
A 13 – Durchführen von qualitätssichernden Maßnahmen | e) Endkontrolle durchführen, Arbeitsdaten und Zeiten dokumentieren |
| 3a – Umwelt |
A 13 – Durchführen von qualitätssichernden Maßnahmen | g) zur kontinuierlichen Verbesserung von Arbeitsabläufen beitragen |
| 3a – Umwelt |
Unterrichts- und Ausbildungsmodule
Die hier vorgeschlagenen Unterrichts- und Ausbildungsmodule bilden drei Rahmenaufgaben: die Klimaanalyse der Schneiderei, Klimaschutzmaßnahmen durch die Auswahl der Materialien, Energiesparmaßnahmen und die Vermeidung von Abfällen sowie die Entwicklung von weiteren Dienstleistungen und neuen kreativen Angeboten.
Rahmenaufgabe Klimaanalyse
Als Rahmenaufgabe bietet sich eine Klimaanalyse Ihres Ausbildungsbetriebes oder Ihrer Berufsschule an, aus der sich dann Vorschläge zu mehr Klimaschutz entwickeln können. Diese Aufgabe ist im Rahmen eines größeren Projekts mit Auszubildenden gut machbar, es lassen sich aber auch Teilaufgaben bearbeiten. Die Klimaanalyse untersucht folgende drei Aspekte:
- Ressourceneinsatz: Auswahl der Nähgarne, Stoffe und Materialien
- allgemeiner Energieverbrauch und Verbrauch durch die Geräte
- Abfälle in der Schneiderei.
Alle drei Aspekte sind klimarelevant, auch wenn der Materialfluss in der Änderungsschneiderei mengenmäßig nicht so groß ist. Es werden hauptsächlich Garne und Materialien beschafft und Stoffe häufig aus dem Bestand/Stoffresten von Änderungen genutzt. Der Stoffzukauf für Reparaturen ist geringer als in der Maßschneiderei und der Textil- und Maßschneiderei. Bitte informieren Sie sich hierzu im Hintergrundmaterial dieses Projektes (s. WiLa HGM Änderungsschneider/in). Wenn Sie nur Teile der Analyse durchführen wollen, wählen Sie diejenigen Aspekte, Produkte oder Geräte aus, für die Sie gegebenenfalls später klimafreundliche Verbesserungsvorschläge machen wollen.
Auswahl der Materialien - Ressourceneinsatz
Die Verbrauchsmaterialien in Änderungsschneidereien sind in erster Linie Nähgarne, Reißverschlüsse, Knöpfe und andere Verschlußmaterialien (z. B. Klettbänder), Einlagen, Stoffbänder und Stoffe zur Reparatur. Hinzu kommen Nadeln, Scheren, spezielle Materialien und die Geräte. Die Herstellung dieser Arbeitsmittel verbraucht Ressourcen, wie Energie, Erdöl- und Erdölprodukte, Metalle, spezielle Chemikalien, Wasser und Flächen und ist mit Belastungen für Umwelt und Klima verbunden.
Bei der Aufgabe geht es nicht um konkrete, aufwändige Berechnungen. Auf der Grundlage möglichst realitätsnaher Abschätzung des Ressourceneinsatzes steht im Mittelpunkt, sich die Ressourcenströme bewusst zu machen, die Umweltauswirkungen zu reflektieren und konkrete Maßnahmenvorschläge zu entwickeln.
Listen Sie Ihre Verbrauchsmaterialien auf und berechnen Sie anhand von Bestelllisten oder Rechnungen, wie viel pro Jahr in der Berufsschule/Änderungsschneiderei gebraucht wird. Recherchieren Sie und diskutieren Sie mit den Auszubildenden ihrer Gruppe, welche Materialien umwelt- und klimaschädlich in der Herstellung, welche gesundheitsschädlich im Gebrauch und welche schädlich in der Entsorgung sind. Setzen Sie dies in Relation zu den Verbrauchsmengen.
Energieverbrauch in der Schneiderei
Informieren Sie sich zunächst, wie hoch der Energieverbrauch Ihrer Schneiderei ist. Hierzu reichen die Jahresenergierechnungen für Strom und Heizung. Berechnen Sie die CO2-Menge, die bei der Erzeugung des Stroms emittiert wurde.
Um den Energieverbrauch genauer zu bestimmen, können Sie Unterzähler für Großverbraucher oder Gruppen von Großverbrauchern installieren lassen. An kleineren Geräten können Sie selbst mit handelsüblichen “Steckdosen-Messgeräten” die Messungen durchführen. Das eignet sich für Nähmaschine und Bügeleisen.
Aufgabe: Messen Sie den Stromverbrauch im Standby-Modus und im Normalbetrieb und tragen Sie die Werte in die Tabelle ein:
Gerät | Standby-Betrieb | Normalbetrieb |
Nähmaschine | ||
Overlockmaschine | ||
Bügeleisen | ||
Dampfbügeleisen | ||
Bügelstation | ||
andere: |
Die Emissionen für den Stromverbrauch berechnet man mit Hilfe des sogenannten Strommixes. Strom wird zum großen Teil aus emissionsfreien, erneuerbaren Energiequellen mit Windkraft-, Photovoltaik- oder Biogasanlagen erzeugt. Der andere große Anteil stammt aus fossilen Kraftwerken wie Gas-, Steinkohle- und Braunkohlekraftwerken. In 2022 stammt ein kleiner Teil von ca. 5 Prozent noch aus Atomkraftwerken, die auch emissionsfrei sind. Der Strom aller Anlagen wird in das Stromnetz eingespeist, so dass die Emissionen aus den fossilen Kraftwerken auf den gesamten Strom umgelegt werden. Im Mittel betrugen die Emissionen in 2021 rund 0,42 kg CO2 pro Kilowattstunde Strom.
Aufgaben:
- Bestimmen Sie den Gesamtstromverbrauch Ihrer Schneiderei!
- Bestimmen Sie den Stromverbrauch von Nähmaschinen, Bügeleisen, Dampferzeugern und ggfs. weiteren Geräten!
- Bestimmen Sie die Gesamtemissionen an einem Arbeitstag!
- Berechnen Sie die Emissionen durch den Stromverbrauch für zwei typische Arbeitsaufträge (Reißverschluss neu einsetzen, Kleidung enger/weiter machen)!
Abfälle
Abfälle tragen entscheidend zum Klimawandel bei. Die Entsorgung und Verbrennung von Stoffen und Kleidung setzen Klimagase frei.
Aufgabe: Sammeln Sie die Abfälle von einer Woche getrennt nach Stoff- und Garnresten, weitere Abfälle wie defekte Reißverschlüsse, Haken, Knöpfe etc. und Verpackungsabfälle aus der Bestellung von Materialien. Wiegen Sie die verschiedenen Fraktionen und diskutieren Sie die Ergebnisse.
Zusammenfassung der Ergebnisse zur Klimaanalyse
Wenn Sie alle Analyseschritte durchgeführt haben, können Sie Problemstoffe in der Schneiderei benennen und die THG-Emissionen Ihrer Einrichtung aufgrund des Energieverbrauchs zusammenfassen.
Klimaschutzmaßnahmen
Die Analyse der Schneiderei ist insbesondere sinnvoll, wenn sie der Kompetenzförderung zum beruflichen klimafreundlichen Handeln dient. Hierfür ist es hilfreich, entsprechende Maßnahmen beispielhaft schon in der Ausbildung umzusetzen. Hierbei sind erneut die Bereiche Materialien und Materialien, Energiebedarf und Abfallvermeidung im Fokus.
Klimafreundliche Materialien und reduzierter Konsum
Aufgrund der Klimawirkungen, die insbesondere vom hohen Textilkonsum ausgehen, müssen sich der Konsum und der Umgang mit Textilien in den nächsten Jahren stärker in Richtung längere Nutzungsdauer, Reparierbarkeit und Recycling orientieren. Dies bedeutet nicht, dass alle Menschen zu Minimalisten werden und mit wenigen Kleidungsstücken im Schrank auskommen sollten. Es wird ein längerer Lernprozess sein, der mit der Ausbildung beginnt, in der notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten entwickelt werden. Hierzu gehören das Wissen über die Klimawirksamkeit von Textilien und Kenntnisse über nachhaltige Alternativen wie z. B. Stoffe und Kleidung aus biologisch angebauter Baumwolle, Viskose und andere Chemiefasern aus umweltfreundlicher Produktion oder eine stärkere Nutzung von Recyclingfasern. Die Änderungsschneiderei ist von der Stoffherstellung meist indirekt betroffen, da schon fertige Kleidungsstücke repariert und geändert werden. Oft kann die Änderungsschneiderei schon auf Reststoffe von Reparaturen und überlassenen Kleidungsstücken der Kunden zurückgreifen.
Wählen Sie sich eine besonders klimaschädliche Zutat aus dem Ergebnis Ihrer Analyse aus und entwickeln Sie mit Ihren Auszubildenden eine Alternative. Folgende Fragen können Sie diskutieren:
- Gibt es eine andere Möglichkeit, diese Reparatur oder Änderung auszuführen?
- Ist damit die gleiche Funktion gewährleistet?
- Wie können die Kund*innen von der Alternative überzeugt werden?
Energiesparende Schneiderei
Der elektrische Strom soll mittelfristig “entkarbonisiert” (so der Fachbegriff), also zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Dies setzt aber in allen Bereichen Effizienzsteigerungen und ein bewusstes Nutzerverhalten voraus. Wenn Sie bei der Analyse des Energieverbrauchs in der Schneiderei auf potentielle “Energiefresser” gestoßen sind, so analysieren Sie diese noch einmal genauer und untersuchen Gründe für den hohen Energieverbrauch.
- Ist es ein altes und wenig effizientes Gerät?
- Wurde das Gerät nur schlecht gewartet und nicht gereinigt (Staub in den Antrieben)?
- Sind die Geräte zu groß für die Nutzung dimensioniert?
- Gibt es hohe Stand-by-Verbräuche, weil nicht abgeschaltet wird?
- Gibt es energieeffizientere Geräte?
Wenn sich bei dieser Untersuchung zeigt, dass die Geräte trotz Reinigung und Wartung einen hohen Energieverbrauch haben, berechnen Sie eine Neuanschaffung:
- Was kostet ein energieeffizientes Gerät?
- Welche Energiekosten werden eingespart?
- Ist das alte Gerät schon abgeschrieben?
- Wie hoch sind die Finanzierungskosten?
- Wie ist die Amortisation der Investition?
Abfallvermeidung
Die Vermeidung von Abfällen ist für den Klimaschutz wichtig. Wenn die Analyse der Abfälle in Ihrem Betrieb Auffälligkeiten ergeben hat, wissen Sie, wo Sie ansetzen müssen. Wie verteilen sich die Abfälle?
- Wie hoch sind die Stoff- und Garnabfälle? Lässt sich daraus etwas Kreatives gestalten? Können sie zum Basteln an Kindergärten oder anderen Einrichtungen abgegeben werden?
- Wie viele Plastikabfälle ergeben sich allein durch Verpackungen?
- Gibt es unnötige Produktionsabfälle? Wo sind die Ursachen? Wie könnte die Beseitigung aussehen?
- Wie sieht es mit der Verpackung der geänderten Kleidungsstücke aus? Werden sie unverpackt mitgegeben, in Folie oder Papier eingepackt?
Entwicklung von kreativen Angeboten und weiteren Dienstleistungen für die Kund*innen
Reparatur und das Anpassen von Kleidung sind Kernaufgaben Ihres Berufes. Sie tragen damit zur Langlebigkeit von Textilien entscheidend bei und unterstützen so die nachhaltige Textilstrategie der EU. Was können Sie noch tun?
Sammeln Sie Ideen in Ihrer Gruppe:
- Wie können Sie Kunden*innen auf Ihre nachhaltigen Aktivitäten aufmerksam machen?
- Was können Sie zusätzlich anbieten? Welche kreativen Ideen sind möglich mit defekten und ausrangierten Kleidungsstücken oder Reststoffen?
- Wie können Pflegehinweise, die ebenfalls zur Langlebigkeit beitragen den Kund*innen vermittelt werden (damit die Kund*innen nebenbei auch ihre wertvolle Änderungs- und Reparaturarbeit wertschätzen lernen?)
Ideen Beispiele für kreative Angebote (z. B. über Hinweistafeln in der Schneiderei oder genähte Beispiele im Schaufenster der Schneiderei)
- Kommen Sie mit ausrangierten und brauchbaren Stoffresten zu uns: Wir nähen eine Tasche aus ihrer alten Jeans oder ihrem Lieblingsrock!
- Werfen Sie Ihre Lieblingsteile nicht vorschnell in die Altkleidertonne: Wir nähen aus zwei alten Kleidungsstücken ein neues für Sie!
- Stofftiere für Kinder, Kinderkleidung aus ausrangierter Erwachsenenkleidung
Ideen Beispiele für mögliche Dienstleistungen:
- Pflegekennzeichnung erklären
- Tipps zur Pflege geben
- zeigen, wie man einen Knopf annäht
Zielkonflikte und Widersprüche
Zielkonflikte und Widersprüche sind bei der Suche nach dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit immanent und für einen Interessenausgleich hilfreich. Beim Ansteuern von Nachhaltigkeit sind Zielkonflikte und Widersprüche nichts Ungewöhnliches. Im Folgenden werden das grundsätzliche Problem der Zielkonflikte sowie beispielhafte Zielkonflikte erläutert.
Die Effizienzfalle und Widersprüche
Effizienz beschreibt unter anderem Wirtschaftlichkeit. Wenn so wenig wie möglich von einer notwendigen Ressource verwendet wird, so gilt dies als effizient. So könnte man meinen, dass Effizienzsteigerungen im Unternehmensalltag folglich auch zu einem nachhaltigen Wirtschaften führen. Weniger Abfall oder Energieaufwand bedeutet gleichzeitig weniger Umweltbelastung und längere Verfügbarkeit von endlichen Ressourcen – oder? Nicht unbedingt!
Das Missverständnis hinter dieser Annahme soll anhand eines Beispiels aufgedeckt werden. Seit 1990 hat sich der deutsche Luftverkehr mehr als verdreifacht. Mit Hilfe technischer Innovationen, besserer Raumnutzung und weiterer Maßnahmen konnte der durchschnittliche Kerosinverbrauch pro Person seitdem um 42 Prozent gesenkt werden – eine gute Entwicklung auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick ist jedoch auch zu erkennen, dass das Verkehrsaufkommen im gleichen Zeitraum stark zugenommen hat. Daraus folgt, dass trotz starker Effizienzsteigerungen absolut betrachtet immer mehr Kerosin verbraucht wird – nämlich 85 Prozent mehr seit 1990.
Wissenschaftler sprechen daher auch von einer „Effizienzfalle“. Denn obwohl sich mit Effizienzsteigerung eine relative Umweltentlastung erzeugen lässt, bleibt die Herausforderung des absoluten Produktionswachstums weiterhin bestehen. So ist das effiziente Handeln aus der ökonomischen Perspektive zwar zielführend, aus der ökologischen Perspektive jedoch fraglich. Es lässt sich schlussfolgern, dass Effizienzstreben und Nachhaltigkeitsorientierung zwei eigenständige Rationalitäten darstellen, die von Unternehmen beide gleichermaßen beachtet werden sollten, um zukunftsfähig zu wirtschaften. Eine langfristig erfolgreiche Unternehmensführung würde demnach aus den zur Verfügung stehenden Ressourcen unter Erhalt der Ressourcenbasis möglichst viele ökonomische Werte erschaffen, um somit intergenerational und intragenerational gerecht zu wirtschaften. Somit sollte sich ein zukunftsorientiertes berufliches Handeln sowohl den Herausforderungen der eher kurzfristigen Effizienzrationalität als auch der langfristigen Nachhaltigkeitsrationalität stellen und beide Perspektiven verknüpfen.
Im Rahmen des beruflichen Handelns entstehen jedoch Widersprüche zwischen der Effizienzrationalität („Funktionalität“, „ökonomische Effizienz“ und „Gesetzeskonformität“) und der Nachhaltigkeitsrationalität („ökologische Effizienz“, „Substanzerhaltung“ und „Verantwortung“). Ein zukunftsfähiges berufliches Handeln zeichnet sich dadurch aus, mit diesen Widersprüchen umgehen zu können.
Doch stellt sich nun die Frage, was der Umgang mit Widersprüchen für den Berufsalltag bedeutet. In diesem Zusammenhang kann von so genannten „Trade-offs“ – auch „Zielkonflikte“ oder „Kompromisse“ – gesprochen werden. Grundsätzlich geht es darum, den möglichen Widerspruch zwischen einer Idealvorstellung und dem Berufsalltag zu verstehen und eine begründete Handlungsentscheidung zu treffen. Dabei werden Entscheidungsträger häufig in Dilemma-Situationen versetzt. Im beruflichen Handeln geht es oftmals um eine Entscheidung zwischen knappen Ressourcen, wie Geld, Zeit oder Personal, für die es gilt, Lösungen zu finden.
Beispielhafte Zielkonflikte
Folgende Zielkonflikte sind in der Änderungsschneiderei zu finden, die im Rahmen eines Unterrichts- oder Ausbildungsgespräches diskutiert werden können:
- Bei der Auswahl von Materialien entstehen mehrere Zielkonflikte. Zum Beispiel besteht ein Zielkonflikt bei der Auswahl von Nähgarn darin, dass ein Baumwollgarn meist nicht so strapazierfähig ist wie Polyestergarn (auch abhängig von der Qualität) und daher meist zu Polyester gegriffen wird. Weitere Aspekte sind die Sortenreinheit der Fasern/Materialien als Vorteil für die Recyclingfähigkeit von Stoffen bzw. Kleidungsstücken sowie die Vermeidung der Abgabe von Mikroplastik aus Kleidungsstücken bei der Wäsche, was für die Verwendung von einem Baumwollgarn, insbesondere für reine Baumwolltextilien, spricht. Zudem wird aus reiner Baumwolle ohne Beschichtung kein Mikroplastik freigesetzt. Meist wird in den Schneidereien Polyestergarn genutzt, da es kostengünstiger und haltbarer ist. Ähnliche Zielkonflikte bestehen bei der Auswahl von Knöpfen und Reißverschlüssen oder bei modischen Accessoires wie Nieten oder Glitzersteine, die keinen bekleidungstechnischen Zweck haben. Sie sind teilweise nicht gesundheitsverträglich und belasten beim Waschen das Wasser vermutlich auch mit Mikroplastik.
- Eine nachhaltige Schneiderei verwendet nachhaltig produzierte Stoffe und Materialien auch mit Öko-Kennzeichen und Zertifizierungen aus fairem Handel. Diese Produkte sind meist teurer als konventionelle, was sich in Mehrkosten beim geänderten Kleidungsstück niederschlägt, die u.U. der Kundin und dem Kunden erklärt werden müssen.
- Ein weiterer Zielkonflikt bei den Schneiderberufen ist in der Bereithaltung von Geräten für den direkten Einsatz, insbesondere Bügelgeräten und dem notwendigen Energiesparen zu sehen. Bügelgeräte und Dampferzeuger sind oft den ganzen Arbeitstag über in Betriebsbereitschaft, damit Stoffe, Nähte und Einlagen zwischen den einzelnen Arbeitsschritten sofort gebügelt werden können. Das ist häufig arbeitstechnisch nicht anders machbar, da z. B. die Weiterverarbeitung eine glatt ausgebügelte Naht erfordert. Doch sollten Möglichkeiten zur Bündelung von Arbeitsschritten bedacht werden sowie Zeiten, in denen die Geräte ganz ausgeschaltet werden können (Zeitschaltuhren). Somit könnten die Standby-Zeiten und der damit verbundene Stromverbrauch verringert werden.