Zweiradmechatroniker/Zweiradmechatronikerin Ausbildung in Fachrichtung – Fahrradtechnik
Einleitung
Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung). Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis 2022). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die Materialien der Projektagentur
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in novellierten Ausbildungsordnungen in Berufen mit großer Relevanz für wichtige Themen der Nachhaltigkeit wie z. B. dem Klimaschutz werden wichtige Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen nicht genannt – obwohl die Berufe deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten könnten. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030. Das Impulspapier ist spezifisch für einen Ausbildungsberuf erstellt, fasst aber teilweise spezifische Ausbildungsgänge zusammen (z. B. den Fachmann und die Fachfrau zusammen mit der Fachkraft sowie die verschiedenen Fachrichtungen)
- BBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS) und Handreichung (HR): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten. Das Material liegt auch als Handreichung (HR) mit der Folie und Notizen vor.
Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) meint eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen (BMBF o. J.). BBNE ist somit nur ein Teil von BNE, der an alle Bürger*innen adressiert ist. Eine Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn Menschen weltweit, gegenwärtig und in Zukunft würdig leben und ihre Bedürfnisse und Talente unter Berücksichtigung planetarer Grenzen entfalten können. … BNE ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen (ebd.).
Grundlage für BNE ist heutzutage die Agenda 2030 mit ihren 17 SDG (Sustainable Development Goals). Die 17 Ziele bilden den Kern der Agenda und fassen zusammen, in welchen Bereichen nachhaltige Entwicklung gestärkt und verankert werden muss (ebd.). Die Materialien der Projektagentur sollen Lehrkräften an Berufsschulen und Ausbildende dabei helfen, die Ideen der SDG in die Bildungspraxis einzubringen. Sie sind somit ein wichtiges Element insbesondere für das Ziel vier “Hochwertige Bildung”: “Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, …” (ebd.).
Während die Grundlage in den Impulspapieren die Ausbildungsordnungen und die Rahmenlehrpläne der beruflichen Bildung waren, die mit den SDG vernetzt wurden, geht das Hintergrundpapier den umgekehrten Weg: Wir betrachten die SDG im Hinblick auf ihre Bedeutung für die berufliche Bildung und stellen uns der Frage, welche Anforderungen ergeben sich aufgrund der SDG und deren Unterziele an die Berufsbildung? Die folgenden Beschreibungen haben deshalb immer die gleiche Struktur:
- Es wird das SDG beschrieben.
- Es werden relevante Unterziele benannt.
- Es wird (wissenschaftlich) ausgeführt, was diese Unterziele für das jeweilige Berufsbild bedeuten.
Glossar
Folgende Abkürzungen werden in diesem Dokument verwendet:
Abkürzung | Bezeichnung |
AO | Ausbildungsordnung |
BMUV | Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit |
Care | Segment der AHV, hier: Krankenhäuser, Pflegeheime |
CO2-Äq | Kohlendioxid-Äquivalente |
FS | Foliensammlung |
HGM | Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial) |
IP | Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial) |
KI | Künstliche Intelligenz |
ÖPNV | Öffentlicher Personennahverkehr |
RLP | Rahmenlehrplan |
SBBP | Standardberufsbildposition |
SDG | Sustainable Development Goals |
THG | Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq) |
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/17281
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.a): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.b): Ausbildung gestalten. Online: BIBB / Reihen / Ausbildung gestalten
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE? Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
SDG 3 Gesundheit und Wohlergehen
“Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern”
Für Deutschland, bzw. bezogen auf die Fahrradbranche sind die im SDG 3 benannten Themen – Mütter- und Kindersterblichkeit, übertragbare Krankheiten wie AIDS oder TBC vermeiden, Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, selbstbestimmte Familienplanung – eigentlich sehr gering oder kaum bedeutsam. Trotzdem gibt es einige Unterziele, die für Beschäftigte der Fahrradbranche relevant sind:
3.4 Bis 2030 die Frühsterblichkeit aufgrund von nicht übertragbaren Krankheiten durch Prävention und Behandlung um ein Drittel senken und die psychische Gesundheit und das Wohlergehen fördern
3.6 Bis 2020 die Zahl der Todesfälle und Verletzungen infolge von Straßenverkehrsunfällen weltweit halbieren
3.9 Bis 2030 die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und der Verschmutzung und Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich verringern
Um die Inhalte dieser Unterziele umzusetzen, sind vor allem die in den Standardberufsbildpositionen Umweltschutz und Nachhaltigkeit genannten folgenden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten relevant (BMBF 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Die in den oben genannten Unterzielen relevanten Aspekte beziehen sich für die Fahrradbranche vor allem auf die positiven Auswirkungen des Radfahrens sowie Risiken im Straßenverkehr. Diese sollen im vorliegenden Kapitel näher ausgeführt werden.
Bewegungsmangel
Bewegungsmangel in der Bevölkerung ist ein globales Problem und kann Krankheiten wie Herzkreislaufprobleme, Diabetes, Demenz und Fettleibigkeit hervorrufen und verstärken (Bocksch, 2022; Ärzteblatt, 2022). Bis 2030 werden laut WHO bis zu 500 Millionen Menschen weltweit von einer der genannten Krankheiten aufgrund von fehlender körperlicher Betätigung betroffen sein (Costa Santos et al., 2022). In Deutschland bewegt sich fast die Hälfte der Bevölkerung nicht genug, davon betroffen ist vor allem die Jugend, dort fehlt über 80 Prozent zwischen 11 und 17 Jahren ausreichend körperliche Aktivität (Ärzteblatt, 2022). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt mindestens 150 Minuten körperliche Betätigung für Erwachsene, beziehungsweise 30 Minuten moderate Bewegung pro Tag, um Gesundheitsrisiken vorzubeugen (Bocksch, 2022; Umweltbundesamt, 2022). Das Fahrrad ist ein einfaches Werkzeug, um mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren. Durch regelmäßiges Fahrradfahren kann die Lebenserwartung um bis zu einem Jahr erhöht werden (de Hartog et al., 2010). Auch das psychische Wohlbefinden profitiert von der Nutzung eines Fahrrads (Wild & Woodward, 2019) Das können sich auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zunutze machen: je mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, desto weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter melden sich krank (Umweltbundesamt, 2022). Darüber hinaus hat regelmäßiges Fahrradfahren allgemeine Auswirkungen auf die körperliche Fitness: Beispielsweise wird das Immunsystem gestärkt, die allgemeine Leistungsfähigkeit verbessert, kardiovaskuläre Risikofaktoren gemindert, die Koordination geschult und die großen Hauptgelenke regelmäßig mobilisiert (Froböse, 2006).
Risiken im Straßenverkehr
Menschen, die im städtischen Berufsverkehr Fahrrad fahren, sind erhöhter Luftverschmutzung, sowie einem höheren Unfallrisiko durch den motorisierten Straßenverkehr ausgesetzt. Belastungen durch Luftschadstoffe, zu denen beispielsweise Feinstaub, Stickstoffoxide und Kohlenmonoxid gehören, haben gesundheitliche Auswirkungen (Fischer et al., 2023). Dazu gehören ein erhöhtes Risiko für Durchblutungsstörungen, Schlaganfälle oder Herzinfarkte, Atemwegserkrankungen sowie Lungenkrebs. Auch vorzeitige Sterblichkeit gehört dazu. Drei Faktoren beeinflussen die Aufnahme von Luftschadstoffen: Konzentration von Schadstoffen in der Luft, Atemfrequenz (diese ist bei Radfahrenden bis zu 4,3 mal höher als die von Autofahrenden, da sie sich körperlich betätigen) sowie Dauer der Aussetzung (ebd.). Individuell können also Maßnahmen getroffen werden, um die Feinstaubbelastung zu verringern, beispielsweise durch die Wahl alternativer, verkehrsberuhigter Routen (ebd.). Die gesundheitlichen Auswirkungen von Luftschadstoffen werden jedoch durch die positiven Effekte der körperlichen Betätigung ausgeglichen. Denn wie oben bereits erwähnt, erhöht Fahrrad fahren die Lebenserwartung um bis zu 14 Monate (de Hartog et al., 2010). Belastung von Radfahrenden durch Schadstoffe in der Luft dagegen verkürzt die Lebensdauer um maximal 40 Tage (ebd.). Auch das höhere Unfallrisiko wird durch die positiven Effekte des Radfahrens ausgeglichen. Die allgemeine Lebenserwartung wird durch schwere Unfälle um maximal 9 Tage verkürzt (ebd.). Ein wichtiger Punkt ist, dass die vermehrte Nutzung von Fahrrädern, E-Bikes und Pedelecs dazu beiträgt die Luftverschmutzung und das Unfallrisiko durch motorisierten Individualverkehr in Städten zu reduzieren und somit einen wichtigen Teil zur Gesundheit der gesamten Stadtbevölkerung beiträgt (ebd.).
Quellenverzeichnis
Ärzteblatt (2022): Bewegungsmangel mit verheerenden Folgen. Deutsches Ärzteblatt. Online: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/138244/Bewegungsmangel-mit-verheerenden-Folgen
Bocksch, René (2022): Infografik: Träge Deutsche. Statista Infografiken. Online: https://de.statista.com/infografik/28526/praevalenz-von-bewegungsmangel-in-deutschland-nach-altersgruppen
Costa Santos, Andreia; Willumsen, Juana; Meheus, Filip; Ilbaw, Andre; Bull, Fiona C. (2022): The Cost of Inaction on Physical Inactivity to Healthcare Systems. SSRN Electronic Journal. doi: 10.2139/ssrn.4248284.
de Hartog, Jeroen Johan; Boogaard, Hanna; Nijland, Hans; Hoek, Gerard (2010): Do the Health Benefits of Cycling Outweigh the Risks? Environmental Health Perspectives 118(8):1109–16. doi: 10.1289/ehp.0901747.
Fischer, Martin; Dröge, Janis; Braun, Markus; Groneberg, David A. (2023): Die Feinstaubbelastung Radfahrender im innerstädtischen Straßenverkehr: Einflussfaktoren der Exposition. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie. doi: 10.1007/s40664-023-00494-0.
Froböse, Ingo (2006): Cycling & Health. Kompendium gesundes Radfahren. Zentrum für Gesundheit. Online: https://backend.orlis.difu.de/server/api/core/bitstreams/88fbaecd-7725-405c-aa29-a1c5a21e6b8d/content
Umweltbundesamt (2022): Radverkehr. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/radverkehr
Wild, Kirsty & Woodward, Alistair (2019): Why are cyclists the happiest commuters? Health, pleasure and the e-bike. Journal of Transport & Health, 14, 100569. https://doi.org/10.1016/j.jth.2019.05.008
SDG 4 Hochwertige Bildung
“Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern”
Das SDG zielt primär auf die globale Entwicklung von guten Bildungssystemen ab. Im Berufsbildungssystem ist Deutschland weltweit führend – trotz einiger Defizite wie Personalausstattung, Digitalisierung oder knappe Investitionsbudgets – viele Länder versuchen ein ähnliches Berufsbildungssystem wie in Deutschland aufzubauen. Insofern ist vor allem das Unterziel 4.7 relevant:
Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung
Das SDG 4 spiegelt sich in der fachlichen Unterrichtung der Stichpunkte der anderen SDG wieder, mündet aber in den Positionen e und f der neuen Standardberufsbildposition (BMBF 2022):
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
10 “Goldene Handlungsregeln” für eine BBNE
Die Nachhaltigkeitsforschung und die Bildungswissenschaften haben inzwischen umfassende Erkenntnisse gesammelt, wie eine berufliche Bildung für Nachhaltigkeit gefördert werden kann (vgl. u. a. vgl. Schütt-Sayed u.a. 2021; Kastrup u. a. 2012; Melzig u. a. 2021). Das Ergebnis sind die folgenden 10 didaktischen Handlungsregeln, die das Berufsbildungspersonal dabei unterstützen, Lehr-/Lernprozesse zielgruppengerecht und angemessen zu gestalten. Diese insgesamt 10 Handlungsregeln lassen sich in vier Schritten zuordnen.
Schritt 1 – Richtig anfangen:
Identifizierung von Anknüpfungspunkten für BBNE
1) Ansatzpunkte: Fordern Sie die Verantwortung im eigenen Wirkungsraum heraus, ohne die Berufsschüler und Berufsschülerinnen mit „Megaproblemen“ zu überfordern!
2) Anknüpfungspunkte: Die Curricula sind Grundlage der Lehr-/Lernprozesse – es kommt darauf an, sie im Sinne der Nachhaltigkeit neu zu interpretieren!
3) Operationalisierung: Nachhaltigkeit ist kein „Extra- Thema“, sondern ein integraler Bestandteil des beruflichen Handelns!
Um nachhaltigkeitsorientierte Lehr-/Lernarrangements zu entwickeln, sind zunächst Anknüpfungspunkte für Nachhaltigkeit in den betrieblichen Abläufen zu identifizieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausbildungsordnungen und Lehrpläne die rechtliche Grundlage der beruflichen Bildung sind. Es gilt diese im Sinne der Nachhaltigkeit zu interpretieren, sofern nicht bereits konkrete Nachhaltigkeitsbezüge enthalten sind.
Wichtig ist dabei, dass Auszubildende nicht mit den „Megaproblemen“ unserer Zeit überfordert werden, sondern zur Verantwortung im eigenen Wirkungsraum herausgefordert werden – sowohl im Betrieb als auch im Privaten. Denn Auszubildende sind selbst Konsument/-innen, die durch eine angeleitete Reflexion des eigenen Konsumverhaltens die Gelegenheit erhalten, ihre „Wirkungsmacht“ im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in ihrer eigenen Branche zu verstehen.
Schritt 2 – Selbstwirksamkeit schaffen:
Eröffnung von Nachhaltigkeitsorientierten Perspektiven
4) Handlungsfolgen: Berufliches Handeln ist nie folgenlos: Machen Sie weitreichende und langfristige Wirkungen erkennbar!
5) Selbstwirksamkeit: Bleiben Sie nicht beim „business as usual“, sondern unterstützen Sie Schüler*innen dabei, Alternativen und Innovationen zu entdecken!
6) Zielkonflikte: Verstecken Sie Widersprüche nicht hinter vermeintlich einfachen Lösungen, sondern nutzen Sie sie als Lern- und Entwicklungschancen!!
7) Kompetenzen: Bildung für nachhaltige Entwicklung verbindet Wahrnehmen, Wissen, Werten und Wirken!
Im nächsten Schritt sind nachhaltigkeitsorientierte berufliche Perspektiven für die Auszubildenden zu eröffnen. Diese sollten an einer positiven Zukunftsvision und an Lösungen orientiert sein. Auszubildenden sind dabei die weitreichenden Wirkungen ihres Handelns vor Augen zu führen. Sie sollen verstehen können, warum ihr Handeln nicht folgenlos ist. Das bedeutet gleichzeitig, Auszubildenden die positiven Folgen eines nachhaltigen Handelns vor Augen zu führen. In diesem Zusammenhang ist die Selbstwirksamkeitserfahrung von großer Bedeutung. Sie ist eine der Voraussetzungen, um motiviert zu handeln. Auszubildende dabei zu unterstützen, Alternativen zum nicht-nachhaltigen Handeln zu erkennen und Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung zu entdecken, sollte dabei für Lehrpersonen selbstverständlich sein. Dabei ist immer die individuelle Motivation der Auszubildenden entscheidend, denn zum nachhaltigen Handeln braucht es nicht nur Wissen (Kopf), sondern auch authentisches Wollen (Herz). Wesentlich ist hierbei die Gestaltung ganzheitlicher Lernprozesse, die sowohl den kognitiven als auch den affektiven und psychomotorischen Bereich einbeziehen (vgl. Költze, S.206).
Schritt 3 – Ganzheitlichkeit:
Gestaltung transformativer Lernprozesse
8) Lebendigkeit: Ermöglichen Sie lebendiges Lernen mit kreativen und erfahrungsbasierten Methoden!
9) Beispiele: Nutzen Sie motivierende Beispiele: Sprechen Sie über Erfolgsgeschichten, positive Zukunftsvisionen und inspirierende Vorbilder!
Aber wie können Lernsituationen in der Praxis so gestaltet werden, dass sie ganzheitlich aktivierend für die Auszubildenden sind? Es sollte ein lebendiges Lernen mit Hilfe kreativer, erfahrungsbasierter Methoden ermöglicht werden. Dies ist ein grundlegender (kein neuer) didaktischer Ansatz für die Förderung einer nachhaltigkeitsorientierten Handlungskompetenz. Im Kern bedeutet dies: Lernen mit Lebensweltbezug, welches ausgerichtet ist auf individuelle Lebensentwürfe und das eigene (auch künftige) berufliche Handlungsfeld, z. B. indem Recherchen im eigenen Unternehmen zu Möglichkeiten der Energieeinsparung durchgeführt werden. Lernen soll vor diesem Hintergrund vor allem unter Berücksichtigung der Sinne stattfinden, d. h. mit Körper und Geist erfahrbar sowie sinnlich-stimulierend sein. Die Auszubildenden sollen sich dabei zudem als Teil einer gestalterischen Erfahrungsgemeinschaft erleben. Dies kann durch gemeinsame Reflexionen über das eigene Verhalten und persönliche Erfahrungen gefördert werden, beispielsweise durch die Entwicklung und Verkostung eigener Lebensmittelkreationen unter Nachhaltigkeitsaspekten. Hierfür muss unbestritten immer auch der „Raum“ zur Verfügung stehen (siehe z.B. Hantke 2018 „‘Resonanzräume des Subpolitischen‘ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen“). Ebenso können motivierende Beispiele helfen – wie z. B. Erfolgsgeschichten und inspirierende Vorbilder.
Schritt 4 – Lernort Betrieb:
Entwicklung nachhaltiger Lernorte
10) Lernende Organisationen: Auch Organisationen können „Nachhaltigkeit lernen“: Entwickeln Sie Ihre Institution Schritt für Schritt zum nachhaltigen Lernort!
Schließlich geht es im vierten Schritt darum, den Lernort in den Blick zu nehmen und diesen als nachhaltigen Lernort zu gestalten. Den gesamten Betrieb nachhaltig auszurichten ist u. a. deshalb entscheidend, da andernfalls die an Nachhaltigkeit orientierten Inhalte der Ausbildung wenig glaubwürdig für Auszubildende sind. Der Betrieb als Institution sollte dafür an einem gemeinschaftlichen Leitbild ausgerichtet sein, welches neben den üblichen ökonomischen auch soziale und ökologische Ziele beinhaltet. So kann BBNE überzeugend in die Organisation integriert und vom betrieblichen Ausbildungspersonal umgesetzt werden.
BBNE für Beschäftigte in der Fahrradbranche
Im Rahmen einer guten Unterrichtung von BBNE sollten Beschäftigte in der Fahrradbranche einen Überblick über die Herausforderungen des nachhaltigen Handelns in ihrem Berufsbild erhalten. Sie sollten wissen und erklären können, wie in ihrem Berufszweig die Nachhaltigkeit gefördert werden kann. Dabei sind verschiedene Aspekte relevant: Die Auswahl der verwendeten Produkte, Materialien und Einzelteile unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit sowie die Beratung der Kundinnen und Kunden mit Blick auf nachhaltige Kaufentscheidungen, beziehungsweise Reparaturoptionen. Für dieses Werben können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fahrradbranche aber auch auf Entwicklungen setzen und die im (Aus)Bildungskontext behandelt bzw. zu diskutiert werden sollten:
- Das Fahrrad, beziehungsweise E-Bike oder Pedelec ist oftmals das schnellste Verkehrsmittel: 40 Prozent aller Autofahrten in deutschen Großstädten werden über eine Strecke von weniger als 5 Kilometer zurückgelegt – über diese Entfernung ist das Fahrrad die schnellste Verkehrsmittelwahl (Umweltbundesamt, 2022).
- Aus den oben genannten Zahlen wird deutlich, dass sich ein Umstieg vom Auto aufs Fahrrad gerade in dieser Entfernungsspanne lohnen würde, damit geht ein großes Einsparpotential einher: pro Personenkilometer könnten 140g Treibhausgas-Emissionen eingespart werden (Umweltbundesamt, 2022).
- Im Zuge der Coronapandemie wurden in vielen Großstädten sogenannte Pop-Up Radwege gebaut, welche die Infrastruktur für Fahrradfahrende verbesserten. Der nationale Verkehrsplan 3.0 der Bundesregierung sieht bis 2030 “Ein lückenloses Netz aus sicher, intuitiv und komfortabel nutzbaren Wegen und Straßen” vor (PTV GROUP et al., 2022).
- Zukünftig wollen mehr als 40 Prozent der Deutschen das Fahrrad, Pedelec oder E-Bike nutzen – damit stellt es das Verkehrsmittel mit dem höchsten Wachstumspotenzial dar (Jurczok, 2021).
- Kundinnen und Kunden haben ein hohes Umweltbewusstsein – für über zwei Drittel der Deutschen ist Umwelt- und Klimaschutz sehr wichtig und über 80 Prozent wünschen sich mehr Radverkehrsinfrastruktur (Umweltbundesamt, 2022).
Quellenverzeichnis
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
Jurczok, Franziska (2021): Fahrrad-Monitor Deutschland 2021. Online: https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/StV/fahrrad-monitor-2021.pdf?__blob=publicationFile
Kastrup, Julia; Kuhlmeyer, Werner; Nölle-Krug, Marie (2022): Aus- und Weiterbildung des betrieblichen Bildungspersonals zur Verankerung einer Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: MICHAELIS, Christian; BERDING, Florian (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Umsetzungsbarrieren und interdisziplinäre Forschungsfragen. Bielefeld 2022, S. 173-189
Költze, Horst (1993): Lehrerbildung im Wandel. Vom technokratischen zum humanen Ausbildungskonzept. In Cohn, Ruth C.; Terfurth, Christina (Hrsg.): Lebendiges Lehren und Lernen. TZI macht Schule. Klett-Cotta. S. 192-212
Handke, Harald (2018): „Resonanzräume des Subpolitischen“ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen – eine Forschungsheuristik vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsidee. In bwp@Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online (Nr. 35), 2018, S. 1-23.
Melzig, Christian; Kuhlmeyer, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg. 2021): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. Bonn 2021. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
PTV GROUP, ifok GmbH, & Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI (2022): Fahrradland Deutschland 2030—Nationaler Radverkehrsplan 3.0. Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Online: https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/StV/nationaler-radverkehrsplan-3-0.pdf?__blob=publicationFile
Schütt-Sayed, Sören; Casper, Marc; Vollmer, Thomas (2021): Mitgestaltung lernbar machen – Didaktik der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: Melzig, Christian; Kuhlmeier, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. S. 200-227. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
UBA Umweltbundesamt (2022): Umweltbewusstsein in Deutschland. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeit-strategien-internationales/umweltbewusstsein-in-deutschland
SDG 6 Sauberes Wasser
“Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten”
Das SGD 6 “Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen” verfolgt fünf Ziele, von denen zwei für die Fahrradbranche relevant sind aufgrund der Umweltauswirkungen der Rohstoffgewinnung für Einzelteile von Fahrrädern, sowie Auswirkungen durch die Nutzung von Fahrrädern, wie beispielsweise Reifenabrieb:
6.3 Bis 2030 die Wasserqualität durch Verringerung der Verschmutzung, Beendigung des Einbringens und Minimierung der Freisetzung gefährlicher Chemikalien und Stoffe, …
6.4 Bis 2030 die Effizienz der Wassernutzung in allen Sektoren wesentlich steigern und eine nachhaltige Entnahme und Bereitstellung von Süßwasser gewährleisten, um der Wasserknappheit zu begegnen …
Die Schnittmenge für das SDG 6 ergibt sich aus den Nummern a und b der Standardberufsbildposition (BMBF 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Besonders relevant für Deutschland ist das Unterziel 6.3 Verschmutzung der Wasserressourcen. Vor dem Hintergrund der Zunahme der “Hitzesommer” ist die effiziente Nutzung von Wasser notwendig.
Auswirkungen des Lithiumabbaus
Bei den Akkus von E-Bikes und Pedelecs handelt es sich oft um Lithium-Ionen Batterien. 70 Prozent des für die Herstellung notwendigen weltweiten Lithiumvorkommens kommt im Dreiländereck von Argentinien, Bolivien und Chile vor (Weltfriedensdienst, o. J.). Die Region ist durch extreme Trockenheit geprägt. Lithium findet sich in sogenannten Salzwüsten, die aus ausgetrockneten Salzseen entstanden sind. Zur Gewinnung wird salzhaltiges Grundwasser in künstliche Becken gepumpt. Es wird eine Konzentration von 97 Prozent Lithium benötigt, das restliche Wasser wird in mehreren Schritten verdunstet (ebd.). Das dafür verwendete Wasser ist kein Trinkwasser. Dieses ist durch das Verfahren trotzdem gefährdet, denn sinkt der Salzwasserspiegel zu stark ab, kann es sein, dass Süßwasser nachfließt und sich mit dem Salzwasser vermischt (ebd.). Ist die nötige Lithiumkonzentration erreicht, wird das Gemisch weiter getrocknet und gereinigt, damit dann der Rohstoff Lithiumcarbonat gewonnen werden kann. In weiteren Produktionsschritten werden auch Süßwasservorräte angezapft und somit die Wasserverfügbarkeit der Menschen und Ökosysteme vor Ort gefährdet, da Feuchtgebiete und Flussläufe trocken fallen können und teilweise Wasser für die Landwirtschaft fehlt (Rueter, 2023). Für die Lithiumgewinnung wird sehr viel Wasser benötigt: in einem Kilogramm Lithium stecken 2.000 Liter Wasser (Weltfriedensdienst, o. J.). In einer E-Bike Batterie befinden sich 2 Gramm Lithium, also wurden 400 Liter Wasser für den Abbau des Rohstoffs benötigt (Stanciu, 2016). Eine Möglichkeit, den Wasserstress in der Region zu mindern, wäre, entsalztes Meerwasser anstelle von Süßwasser zu verwenden (Drobe, 2020). Allerdings ist die Entsalzung mit hohem Energieaufwand verbunden. Nur durch den Einsatz von erneuerbaren Energien kann die Entsalzung weitgehend klimaneutral betrieben werden (ebd.).
Der größte Exporteur von Lithium ist derzeit Australien, dort wird Lithiumerz aus Festgestein durch Sprengen und Bohren gewonnen. Die für die Gewinnung benötigte Menge an Süßwasser ist doppelt so hoch wie bei der Gewinnung aus Salzseen (ebd.). Allerdings geschieht der Abbau dort entweder in recht feuchten Gebieten, in denen hauptsächlich Regenwasser zur Aufbereitung genutzt wird oder in trockenen Gebieten, die jedoch schwach besiedelt sind und in denen keine landwirtschaftlichen Tätigkeiten stattfinden (ebd.). Auch in Deutschland gibt es Lithiumvorkommen, beispielsweise unter dem Rhein. Diese werden bisher noch nicht abgebaut, dies soll sich in den kommenden Jahren jedoch ändern. Lithium kommt hier in heißem Thermalwasser vor, welches heute schon für die Erzeugung von Energie mittels Geothermie-Anlagen genutzt wird (Diermann, 2022). Momentan werden Verfahren entwickelt, mit denen das Leichtmetall aus dem Wasser gewonnen werden soll. Die Verfahren seien laut dem Unternehmen Vulcan Energie klimaneutral, da sie ohne zugeführte Energie auskommen (ebd.). Eine Möglichkeit, den Wasserfußabdruck von Lithium zu senken, wäre die Verwendung von recyceltem Material (Schmidt, 2023). Momentan spielt Recycling aus Batterien noch keine große Rolle, das wird sich jedoch laut DERA bis 2030 ändern, somit könnte ein Teil des Lithiumbedarfs durch recyceltes Metall gedeckt werden (ebd.).
Mikroplastik
Mikroplastik spielt im Hinblick auf Wasser, Wäsche und Verkehr eine bedeutende Rolle. Es handelt sich hierbei um feste, unlösliche, partikuläre und nicht biologisch abbaubare synthetische Polymere in einem Größenbereich von weniger als 5 Millimetern bis 1.000 Nanometer (vgl. UBA 2020, Quarks 2022). Mikroplastik wird unterschieden in primäres und sekundäres Mikroplastik. Als primäres Mikroplastik werden Partikel bezeichnet, die bei Eintritt in die Umwelt bereits im Größenbereich von Mikroplastik sind. Primäres Mikroplastik Typ A wird bereits in diesem Größenbereich eingesetzt. Dazu gehören beispielsweise Partikel, die in der Kosmetik- und Körperpflege-Industrie eingesetzt werden. Primäres Mikroplastik Typ B entsteht während der Nutzungsphase. Hierzu gehören zum Beispiel der Abrieb von Autoreifen, oder Fasern aus synthetischen Textilien, die beim Waschen ins Abwasser gelangen. Sekundäres Mikroplastik entsteht bei dem Zerfall größerer Kunststoffteile im Verwitterungsprozess z. B. durch Wellenbewegung und Sonneneinstrahlung (vgl. Quarks 2022). Eine der größten Mikroplastikquellen stellt der Abrieb von Reifen dar. Wie hoch dabei der Anteil von Fahrradreifenabrieb ist, ist noch ungenügend erforscht. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts schätzt den Anteil von Fahrradreifenabrieb auf den Gesamtabrieb auf höchstens 1 Prozent. Auf städtischen Straßen gelangt der größte Teil der abgeriebenen Partikel in die Kanalisation, wo 95 Prozent zurückgehalten werden. Außerhalb von Städten und Ortschaften läuft der größte Teil mit Regenwasser in die obere bewachsene Bodenzone, ein Teil von maximal 20 Prozent gelangt in Flüsse und Seen und ein Teil von ungefähr 2 Prozent wird dann ins Meer transportiert. Auch wenn zum Anteil des Abriebs von Fahrradreifen noch Forschungsbedarf besteht, ist davon auszugehen, dass er wesentlich geringer ist als der von Autoreifen und somit die Gewässerbelastung aufgrund von Mikroplastik durch Fahrradreifen vergleichsweise gering ist (Lambert, 2021).
Quellenverzeichnis
was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
Diermann, Ralph (2022): Lithium in Deutschland. Süddeutsche.de. Online: https://www.sueddeutsche.de/wissen/deutschland-lithium-1.5703381
Drobe, Malte (2020): Lithium—Informationen zur Nachhaltigkeit. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Online: https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/Informationen_Nachhaltigkeit/lithium.pdf?__blob=publicationFile&v=4
Lambert, Tillmann (2021): Fahrrad Reifenabrieb belastet die Umwelt nur geringfügig. SAZbike. Online: https://www.sazbike.de/inside/nachhaltigkeit/fahrradreifenabrieb-belastet-umwelt-geringfuegig-2657447.html
Quarks (2022): Mikroplastik überall: Und jetzt? Podcast. Online: www.quarks.de/podcast/quarks-daily-spezial-folge-50-mikroplastik-ueberall-und-jetzt/
Quarks (2022): Wie gefährlich ist Mikroplastik? Online: www.quarks.de/umwelt/muell/fakten-zu-mikroplastik/
Rueter, Gero (2023): Lithium, das weiße Gold: Wie nachhaltig sind Abbau und Verkauf? DW. Online: https://www.dw.com/de/lithium-das-wei%C3%9Fe-gold-wie-nachhaltig-sind-abbau-und-verkauf/a-64664350
Schmidt, Michael (2023): Rohstoffrisikobewertung – Lithium. Deutsche Rohstoffagentur (DERA). Online: https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-54.pdf?__blob=publicationFile&v=2
Stanciu, Uli (2016): Wie viel Potenzial steckt noch in der Li-Ionen-Technik? BIKE – das Mountainbike Magazin. https://www.bike-magazin.de/komponenten/motoren/wie-viel-potenzial-steckt-noch-in-der-li-ionen-technik/
Tagesschau (2021): Am Rhein ruhen große Lithium-Vorkommen. Online: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/der-deutsche-lithium-schatz-101.html
UBA Umweltbundesamt (2020): Was ist Mikroplastik? Online: www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/was-ist-mikroplastik
Weltfriedensdienst. (o. J.): Wasserverbrauch von Lithiumabbau in Südamerika. Online: https://wfd.de/thema/lithiumabbau
SDG 7 Bezahlbare und saubere Energie
“Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern”
Das SDG 7 “Bezahlbare und saubere Energie” beinhaltet soziale und ökologische Anforderungen an den Klimaschutz. Für Beschäftigte in der Fahrradbranche sind vor allem zwei Unterziele wichtig (Destatis o. J.):
7.2 Bis 2030 die weltweite Steigerungsrate der Energieeffizienz verdoppeln
7.3 Bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energie am globalen Energiemix deutlich erhöhen
Im wesentlichen geht es im SDG 7 um einen Umbau des bisherigen Energiesystems hin zu mehr Erneuerbare Energien und eine Verbesserung der Effizienz der Energienutzung, da ökologische und das Klima schützende Anforderungen schon durch andere SDGs (insbesondere 13, 14 und 15) abgedeckt werden.
“Saubere Energie”, wie dies in SDG 7 genannt wird, bedeutet heute für den Klimaschutz grundsätzlich der Umstieg auf erneuerbare Energien (EE) sowie eine höhere Energieeffizienz. Weitere Probleme der Energieerzeugung mit der Nachhaltigkeit betreffen
- Umweltschutz und Arbeitsbedingungen bei der Rohstoffgewinnung
- Ökologische und Gesundheitsfolgen der Energienutzung, insbesondere bei der Verbrennung
- Flächenkonkurrenzen bei dem Anbau von Energiepflanzen (Mais, Zuckerrohr u. a.)
Die Schnittmenge für das SDG 7 ergibt sich aus den Nummern a und b der Standardberufsbildposition (BMBF 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
In der Fahrradbranche spielt Energie für die Ladung der Akkus von E-Bikes und Pedelecs sowie die Produktion von Fahrrädern und ihren Einzelteilen eine Rolle, aber natürlich auch für die Versorgung des Betriebs mit Strom. Die Nachhaltigkeit von E-Bikes und Pedelecs wird maßgeblich davon beeinflusst, aus welcher Quelle der zum Laden des Akkus benötigte Strom stammt. Produkte, Einzelteile, Material und Werkzeug brauchen Energie in der Produktion und im Transport. Bei all diesem stellt sich die Frage: Wie kann die Energie möglichst klimaschonend erzeugt werden, wie kann sie energiesparend genutzt werden? Dieses Kapitel beschreibt die Grundlagen der verwendeten Energieformen und eingesetzten Verfahren, soweit sie den Hintergrund der Einrichtungen und Arbeiten der Fahrradbranche betreffen.
Erneuerbare Energien
Die einfachste Maßnahme zum Umstieg auf erneuerbare Energien ist der Bezug von Ökostrom. Die Produktion erfolgt dabei in der Regel aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasserkraft. Im ersten Halbjahr 2022 lag der Anteil der Erneuerbaren bei 51,6 Prozent. Da die Stromproduktion aus verschiedenen Quellen schwankend ist, zeigt erst die Jahresendbilanz, wie die Verteilung sein wird. In 2021 stammten 23 Prozent der gesamten Stromproduktion aus Windkraft, 9,8 Prozent aus der Photovoltaik, 8,8 Prozent aus Biomasse und 4 Prozent aus Wasserkraft. Braun- und Steinkohle lieferten 20,7 Prozent des Stroms, Erdgas 10,5 Prozent und die Kernenergie gut 13,3 Prozent (Stromreport 2022).
Wichtig sind hinsichtlich des Ziel “bezahlbarer Energie” vor allem die Kosten von Strom und Wärme. Die Stromgestehungskosten waren in 2021 wie folgt (ISE 2021, gerundet): Dachkleinanlagen 6-11 Cent/kWh, große Dachanlagen 5-10 Cent/kWh, Freiflächenanlagen 3-6 Cent/kWh. Die Stromgestehungskosten fossiler Stromerzeugung lagen in 2021 zwischen 8-13 Cent/kWh für Gas- und Dampfkraftwerke, zwischen 11-28 Cent/kWh bei Gaskraftwerken, 10-15 Cent/kWh Braunkohlekraftwerke sowie 11-20 Cent/kWh bei Steinkohlekraftwerken. Für Kernkraft, mit Rückbau und Endlagerung werden die Stromgestehungskosten auf 50 bis 100 Cent/kWh geschätzt (Siemens-Stiftung 2015). Die konkreten Stromgestehungskosten sind von einer Reihe von Faktoren abhängig. Dazu zählen der Standort (z. B. Entfernung zwischen Kraftwerk und Abbaugebiet), Größe und Alter der Anlagen, Subventionen, Wartung, Abschreibungen sowie die verbaute Erzeugungstechnologien.
Im Folgenden wird eine Übersicht über die wichtigsten Technologien zur Nutzung der Erneuerbaren Energien gegeben:
Solarenergie: Solarenergie mit Hilfe von Photovoltaik ist mit gut 21 Prozent der EE-Stromproduktion (Stromreport 2022) seit 2007 stark ausgebaut worden und damit die jüngste breit genutzte erneuerbare Stromquelle (vgl. die Graphik auf Wikimedia 2020). Ab 2013 stagnierte der Zuwachs von Solarenergie, weil die Konditionen der Einspeisung verschlechtert wurden. Insbesondere die Energiekrise im Zuge des Ukraine Krieges zeigt, dass der Ausbau jetzt stark beschleunigt werden muss.
Solarthermie: Es stehen jährlich 1.050 KWh/m2 Solarstrahlung für die Umwandlung von Sonnenenergie in Wärme zur freien Verfügung. Hiermit lassen sich Strom sowie Wärme für Heizung und Warmwasser erzeugen. In Deutschland wird Solarthermie dennoch nur in weniger als 10 Prozent (co2online 2021) der Heizanlagen für Häuser und Wohnungen genutzt.
Windenergie: 50 Prozent des EE-Stromes in Deutschland wurden 2021 aus Windenergie erzeugt (Stromreport 2022). Der Ausbau hat wesentlich in den Jahren von 2000 bis 2017 stattgefunden. Seitdem ist der Zuwachs geringer, weil sich lokal viele Menschen gegen Windkraftanlagen wehren. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges und dem damit verbundenen Gaslieferstopp Rußlands, sowie seit den deutlichen Auswirkungen der Klimakrise (Waldbrände, Flut), werden wieder höhere Ausbauziele der Windenergie genannt.
Wärmeerzeugung: Zur Wärmeerzeugung können Bioenergie (insbesondere Festbrennstoffe wie Holz) sowie die Umgebungs- bzw. bodennahe Erdwärme eingesetzt werden. Wie bei der Stromerzeugung aus Wasserkraft gibt es für die Verbrennung von Biomasse kein Wachstumspotenzial mehr, sondern muss auf “ein naturverträgliches Maß begrenzt” werden (UBA 2021b). Im Gegensatz dazu setzt die Bundesregierung auf den Ausbau der Nutzung von Umgebungswärme, wozu auch die bodennahe Erdwärme gehört (Tagesschau 2022).
Photovoltaik
Photovoltaik ist die Umwandlung von Sonnenlicht in Strom. Dies geschieht mit Hilfe von PV-Modulen, in denen die Solarstrahlung Strom erzeugt. Der Strom wird über Leitungen zu einem Wechselrichter geführt, der den Gleichstrom aus den PV-Modulen in Wechselstrom umwandelt. Die Kosten der PV-Technologie sind bei höherer Leistung – trotz Preissteigerungen aufgrund des Krieges – deutlich günstiger als vor 20 Jahren. Für den Betrieb von Photovoltaik-Anlagen gibt es drei Betriebsmodelle:
Dachverpachtung: Die einfachste Möglichkeit, von einem geeigneten Dach zu profitieren, ist die Verpachtung der Dachfläche an Dritte. Diese sind dann Betreiber der Anlage. Stadtwerke, Energieversorgungsunternehmen und Projektentwickler bieten bereits „schlüsselfertige“ Dachpachtlösungen an. Dabei baut der Betreiber auf seine Kosten die Anlage, bewirtschaftet sie und übernimmt das unternehmerische Risiko.
Eigenverbrauch mit Überschusseinspeisung: Besonders attraktiv ist die Gestaltung des Eigenverbrauchs. Der Eigentümer errichtet die Anlage auf eigene Kosten und versucht, seine Stromnutzung so zu gestalten, dass bei Sonnenschein Strom entweder verbraucht oder in Batterien gespeichert wird.
Volleinspeisung: In diesem Fall ist der Dacheigentümer auch Betreiber der PV-Anlage. Der gesamte erzeugte Strom wird in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist und der Anlagenbetreiber erhält für jede eingespeiste kWh die sog. Einspeisevergütung.
Im Folgenden werden kurz die wichtigsten Technologien zur Solarstromerzeugung vorgestellt:
Solarzellen aus kristallinem Silizium: Solarzellen aus kristallinem Silizium werden mit über 90 Prozent am häufigsten verbaut. Als Ausgangsmaterial für ihre Herstellung dient Siliziumdioxid (SiO2), das als Quarzsand oder Quarzkristall abgebaut wird. Aus SiO2 wird in einem mehrstufigen und sehr energieaufwendigen Verfahren hochreines polykristallines Silizium (poly-Si) mit einer Reinheit von 99, 99999 Prozent hergestellt. Die Herstellung erfolgt in einem Lichtbogenofen bei Temperaturen von etwa 2.000 °C. Anschließend werden Silizium-Einkristalle (mono-Si) gezogen. Die gewonnenen Einkristalle werden in etwa 0,2 mm dicke Scheiben («Wafer») gesägt und in einer Abfolge von mehreren Prozessschritten zu Solarzellen und dann zu PV-Modulen weiterverarbeitet.
Dünnschicht-Solarmodule: Die Module bestehen wie die obigen PV-Module ebenfalls aus elektrischen Kontakten und einem absorbierenden Material, allerdings werden auf dem Trägermaterial verschiedene Schichten von Metallen aufgetragen. Die Dicke der lichtabsorbierenden Schicht liegt in der Regel bei 1-3 µm, also etwa hundertmal weniger als bei den Solarzellen aus kristallinem Silizium. Als Trägermaterial können, je nach Technologie, Glas, Metall- oder Kunststofffolien eingesetzt werden. Als Schichtmaterialien kommen insbesondere Halbleitermaterialien wie Galiumarsenid (GaAs), Cadmiumtellurid (CdTe) oder Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) zum Einsatz. Vorteile der Dünnschichtzellen sind ihr geringes Gewicht, ihre guten Erträge bei diffusem Sonnenlicht und schlechtem Wetter sowie die schnelle energetische Amortisation aufgrund des geringen Energieeinsatzes bei ihrer Herstellung.
Hauptsächlich gibt es zwei Arten für Photovoltaikanlagen:
- Aufdachmontage: Aufdach-Photovoltaikanlagen sind eine weit verbreitete Möglichkeit für Eigenheime, Unternehmen und öffentliche Gebäude um ihren eigenen Strom zu erzeugen. Vorteile sind: Das vorhandene Dach kann optimal genutzt werden; das Dach wird vor eventuellen Umwelteinwirkungen zusätzlich geschützt; aufdach-montierte Anlagen sind meist schnell und einfach sowie mit geringem Wartungsaufwand zu installieren. . Nachteile sind höhere Kosten der Montage, mögliche Probleme bei der Befestigung und Tragfähigkeit, Platzbeschränkungen durch die Dachfläche sowie der unveränderliche Winkel des Daches (der nicht immer optimal zur Nutzung der Solarstrahlung ist).
- Bodenmontage (Freiflächenmontage): Bodenmontierte Photovoltaikanlagen sind inzwischen ebenfalls weit verbreitet, werden aber vorwiegend von großen Unternehmen, professionellen Investoren bzw. Energieanbietern genutzt. Vorteile sind: Aufgrund ihrer Größe ist auch eine größer dimensionierte Stromerzeugung möglich; bodenmontierte Anlagen haben die Möglichkeit die festen Winkelbeschränkungen zu umgehen und sie haben einfache Wartungsmöglichkeiten. Nachteilig sind die Flächenbedarfe (“ganze Äcker”) und ihre optische Auffälligkeit (Landschaftsbild).
Solarwärme
Solarthermie erzeugt warmes oder heißes Wasser, zusammen mit einem Wärmespeicher kann dann insbesondere in den Sommermonaten ein erheblicher Teil des Wärmebedarfs mit Solarenergie CO2-frei bereitgestellt werden. Im folgenden werden die beiden wichtigsten Kollektortypen sowie die Wärmespeicherung und die Einbindung der Solarwärme vorgestellt:
Flachkollektoren: Bei Flachkollektoren ist der metallische Solarabsorber zwischen einer transparenten Abdeckung und einer Wärmedämmung eingefasst. Dies minimiert die Wärmeverluste des Kollektors, wodurch in Abhängigkeit der Bauart Nutztemperaturen bis 100 °C effizient bereitgestellt werden können. Das Spektrum reicht von kompakten Kollektormodulen mit ca. 2 m² bis hin zu Großflächenkollektoren mit 10 bis 12 m²
Vakuumröhrenkollektoren: Bei Vakuumröhrenkollektoren können die Wärmeverluste durch Konvektion und Wärmeleitung deutlich reduziert und somit mehr Wärme erzeugt werden. Der sinnvolle Einsatzbereich dieser Kollektoren bei 80 bis 130 °C, der höhere Wert wird mit Spiegeln auf der Rückseite erzeugt.
Speicherung: In der Regel ist ein Pufferspeicher zentraler Bestandteil einer solaren Prozesswärmeanlage, da das Solarangebot nicht immer mit dem Wärmebedarf der zu versorgenden Verbrauchsstellen zeitlich übereinstimmt. Zur Einbindung des Speichers gibt es mehrere Möglichkeiten: Typischerweise wird der mit einem Wasser-Glykol-Gemisch betriebene Solarkreis durch einen Wärmeübertrager vom Speicherkreis getrennt.
Einbindung von Solarwärme: Bei der Einbindung von Solarwärme lässt sich grundsätzlich die Versorgungs- von der Prozessebene unterscheiden. Viele Industrie- oder Gewerbebetriebe haben ein zentrales Kesselhaus zur Erzeugung von Wärme und ein Rohrnetz zur Verteilung der Wärme an die Verbrauchsstellen. Je nach Nutztemperatur wird die Wärme über Dampf (140-200 °C), Heißwasser (90-160 °C) oder Warmwasser (<100 °C) verteilt und direkt oder indirekt über einen Wärmeüberträger an die Wärmesenke abgegeben.
Bioenergie
Unter Bioenergie wird die energetische Nutzung biogener Energieträger verstanden. Biogene Energieträger sind pflanzlicher oder tierischer Herkunft. Zu den typischen biogenen Energieträgern zählen Holz und Stroh sowie ihre Derivate wie Holzschnitzel- oder -pellets. Aber auch Biogas aus der Vergärung von Bioabfällen, Ernterückständen oder von tierischen Abfällen wie Mist und Gülle-Exkremente. Obwohl bei der Verbrennung von Biomasse oder Biogas Kohlendioxid freigesetzt wird, wird die Erzeugung und Nutzung von Bioenergie als klimaneutral angesehen, denn das freigesetzte CO2 wurde während des Pflanzenwachstums der Atmosphäre entzogen. Allerdings verursacht die Verbrennung von Biomasse weitere Luftschadstoffe wie NOX und insbesondere Feinstaub (Kamine im Eigenheimbereich).
Der typische Einsatz von Biogas zur Energieerzeugung erfolgt über Blockheizkraftwerke (BHKW), die sowohl Wärme als auch Strom erzeugen. Problematisch ist der Anbau von Energiepflanzen wie z. B. Mais, Raps, Futterrüben, Hanf, Chinaschilf, schnellwachsende Bäume (Pappeln, Weiden), Zuckerrohr und Algen. In der Regel erfolgt deren Anbau in schnell wachsenden Monokulturen und haben damit einen erheblichen Einfluss auf Landschaft und Boden. Zudem kann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zum Verlust von Biodiversität, die Düngung zur Belastung des Grundwassers und der Verbrauch von Trinkwasser zur regionalen Verknappung von Wasser führen (vgl. BUND o. J. sowie UBA 2021a). Des Weiteren ist der energetische Wirkungsgrad der Biomassenproduktion mit 0,5 – 1,5 Prozent (Pflanzenforschung 2020) wesentlich geringer als der von Photovoltaik , der in der Regel 15 – 22 Prozent beträgt (Eigensonne o. J.). Zudem gibt es eine Flächenkonkurrenz – anstelle von Energiepflanzen könnten auch Feldfrüchte oder Getreide angebaut werden – im Sinne des SDG 2 “Kein Hunger”.
Erd- und Umgebungswärme
Eine Möglichkeit der Wärmeerzeugung ist die Nutzung von Temperaturunterschieden zwischen Gebäuden und ihrer Umgebung oder dem Erdreich mit Wärmepumpen. Eine Wärmepumpe funktioniert wie ein Kühlschrank oder eine Klimaanlage (Tagesschau 2022). Die Pumpe entzieht der Umgebung (z. B. dem Erdreich) mit einem Kältemittel Wärme und kühlt sie dabei ab. Ein Kompressor verdichtet das Kältemittel und erhöht dabei dessen Temperatur, die dann zur Raumheizung genutzt wird. Das Kältemittel kondensiert und gibt die Wärme frei. In einem Ventil verdampft das Kühlmittel wieder, kühlt sich dabei stark ab und kann aufs Neue der Umgebung Wärme entziehen. Zum Antrieb einer Wärmepumpe wird elektrischer Strom benötigt, der allerdings aus erneuerbaren Quellen stammen sollte. Bei der Nutzung von Erdwärme wird zwischen Tiefengeothermie und oberflächennaher Geothermie unterschieden.
Die oberflächennahe Geothermie nutzt den Untergrund bis zu einer Tiefe von ca. 400 m und Temperaturen von bis zu 25 °C für das Beheizen und Kühlen von Gebäuden, technischen Anlagen oder Infrastruktureinrichtungen. Hierzu wird die Wärme oder Kühlenergie aus den oberen Erd- und Gesteinsschichten oder aus dem Grundwasser gewonnen. Als Tiefengeothermie bezeichnet man die Nutzung der Erdwärme in Tiefen zwischen 400 und 5.000 Metern. Im Vergleich zur oberflächennahen Geothermie sind dort die Temperaturen weitaus höher. Der Vorteil der Geothermie ist ihre ständige Verfügbarkeit. Die geothermische Stromerzeugung in Deutschland steht noch am Anfang und ist noch ausbaufähig
Beleuchtung
Beleuchtung ist in allen Berufen ein Handlungsfeld, bei dem viel Energie eingespart werden kann. Der Standard für Energieeffizienz in der Beleuchtung sind LED-Lampen und LED-Röhren. In 2009 wurde die “Glühbirne” aus Initiative der EU vom Markt genommen, anstelle dessen wurde im breiten Umfange die Energiesparlampe bzw. Leuchtstofflampe (Fachbegriff:Kompaktleuchtstofflampen) verwendet, die bei gleiche Lichtstärke wie eine 75 Watt Glühbirne nur rund 10 Watt verbrauchte. Die technische Entwicklung ging jedoch weiter hin zu LED-Lampen, die wiederum im Vergleich zur Glühbirne rund 70 Prozent bis 90 Prozent der Energie einsparen (enterga o. J., energieexperten o. J.). In Haushalten und kleinen Gewerbebetrieben ohne eigene Produktion fallen rund 10 Prozent des Stromverbrauchs für die Beleuchtung an – dies sind zwischen 350 und 600 kWh/a.
Die Bedeutung des technischen Wandel weg von der Glühbirne (und auch der Halogenbirne) hin zu LED-Technik lässt sich im Rückblick zeigen. In 2003 wurden ca. 71 TWh/a (Terawattstunden pro Jahr) Strom für die Beleuchtung verwendet. Dies waren 71.000 Gigawattstunden. Ein Atomkraftwerk erzeugt zwischen 9.000 und 13.000 GWh Strom, rein rechnerisch mussten fast 9 Atomkraftwerke nur die Beleuchtung laufen (in 2003, stromrechner.com o. J.).
Für Gewerbetreibende mit Büro und Werkstatt sind die LED-Leuchtstoffröhren besonders interessant, da bisher immer Leuchtstofflampen installiert wurden. Heutzutage gibt es LED-Röhren, die ohne Umbau in die vorhandenen Lichtkästen eingebaut werden können. Nur das Vorschaltgerät muss ggf. ausgewechselt werden. Die Einsparung liegt bei 50 Prozent des bisher genutzten Stroms (LEDONLINE o. J.). Die Vorteile neben der Energieeinsparung sind offensichtlich: Die Röhren zerbrechen nicht, sie enthalten kein Quecksilber, sie flimmern nicht und haben einen hohen Leistungsfaktor (ebd.)
Eine weitere mögliche Stellschraube bei der Beleuchtung ist die Verwendung von Strom aus regenerativen Energiequellen. Eine eigene PV-Anlage auf dem Bürogebäude oder auf dem Betriebsgelände in Verbindung mit einem Batteriespeicher kann erheblich Strom aus Sonnenlicht bereitstellen. Allerdings ist die Solarstrahlung in den Wintermonaten – gerade dann, wenn die Anzucht stattfindet, nur gering. In diesem Falle sollte zumindest der Strom aus erneuerbaren Energien – im Winter fast ausschließlich aus Windenergie – bezogen werden.
Rationelle Energienutzung und Energiesparen
Neben dem Einsatz erneuerbarer Energien zählt auch die rationelle Energienutzung zu den Maßnahmen, um das Energiesystem in Richtung Nachhaltigkeit zu transformieren. Typische Handlungsfelder der rationellen Energienutzung sind die Energieeffizienz und das Energiesparen, die beide eng miteinander verknüpft sind.
Energieeffizienz: Bei der Energieeffizienz geht es darum, Geräte und Maschinen zu nutzen, die bei gleicher Funktionserfüllung einen geringeren Energiebedarf haben. Effizienz ist dabei eine relationale Größe, die sich auf mindestens zwei vergleichbare Arten bezieht, Energie zu nutzen. Durch optimierte Prozesse sollen die quantitativen und qualitativen Verluste, die im Einzelnen bei der Umwandlung, dem Transport und der Speicherung von Energie entstehen, minimiert werden, um einen vorgegebenen (energetischen) Nutzen bei sinkendem Primär- bzw. Endenergieeinsatz zu erreichen.
Energieeffizienzkennzeichnung: In der EU gibt die Energieeffizienzkennzeichnung gemäß Verordnung (EU) 2017/1369 Auskunft über die Energieeffizienz von Elektrogeräten und weiteren Energieverbrauchern. Die Kennzeichnung erfolgt für verschiedene Gerätegruppen in Form von Etiketten auf den Geräten und in Werbematerialien. Ab dem Jahr 2021 erfolgt die Kennzeichnung der Energieeffizienz in Form von Effizienzklassen. Deren Skala reicht von „A“ bis „G“, wobei Geräte mit der höchsten Effizienz mit der Kennzeichnung “A” ausgezeichnet werden. Daneben gibt es zahlreiche weitere Kennzeichen. Bekannt ist der amerikanische Energy Star für energiesparende Geräte, Baustoffe, öffentliche/gewerbliche Gebäude oder Wohnbauten. Der Energy Star bescheinigt die jeweiligen Stromsparkriterien der US-Umweltschutzbehörde EPA und des US-Energieministeriums (www.energystar.gov). Auch nationale Umweltzeichen wie der Blaue Engel können, je nach ausgezeichnetem Produkt, aufgrund vergleichsweise hoher Energieeffizienz vergeben werden (www.blauer-engel.de). Für Pkw’s gibt es ein eigenes Kennzeichen, welches die Bewertung und Kennzeichnung der Energieeffizienz neuer Personenkraftwagen hinsichtlich Kraftstoff- und Stromverbrauch regelt (Pkw-EnVKV 2020).
Stromsparen: Die Abgrenzung des Energiesparens zur Energieeffizienz ist allerdings nicht immer eindeutig, denn die Nutzung eines energieeffizienten Gerätes stellt immer auch eine Energieeinsparung gegenüber einem weniger effizienten Gerät dar. Die wichtigsten Stromsparmaßnahmen im Haushalt sind energieeffiziente Geräte (Kühl- und Gefriergeräte, Flachbildschirm u. a.m.) sowie LED-Beleuchtung. Eine Vielzahl von Energiespartipps sind z. B. bei CO2-Online zu finden (ebd. o. J.). Selbst kleine Maßnahmen wie Reduzierung des Standby-Verbrauchs summieren sich im Großen (UBA 2015). EU-weit werden die Leerlaufverluste auf jährlich 51 Mrd. Kilowattstunden geschätzt. Dies entspricht einer Energiemenge, die etwa 14 Großkraftwerke mit jeweils 800 Megawatt Leistung pro Jahr erzeugt und dabei etwa 20 Mio. t CO2 in die Atmosphäre emittieren (ebd.).
Mobilität
Im Rahmen der sogenannten Verkehrswende spielt die Dekarbonisierung der Antriebe eine zentrale Rolle, denn die Treibhausgasemissionen der Mobilität sind, mit rund 149 Mio. t CO2-Äq bzw. fast 20 Prozent aller CO2-Emissionen allein in Deutschland im Jahr 2021, maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich (UBA 2022). Differenziert nach verschiedenen Verkehrsarten zeigt sich, dass der Straßengüterverkehr 2020 rund 46 Mio. t CO2-Äq bzw. 30 Prozent der Verkehrsemissionen verursacht (ebd.) hat. Es sind somit zwei Trends wirksam: Zum einen eine Minderung der Emissionen (insbesondere der Schadstoffe), die aber bei Lkws deutlich größer sind (-32 Prozent) als bei Pkws (-5 Prozent). Zum anderen stieg für beide die Zahl der gefahrenen Kilometer – die Pkw-Fahrleistung hat sich seit 1995 verdoppelt, die des Güterverkehrs per Lkw ist um 74 Prozent gestiegen (ebd.).
Logistik
Die Wahl der Verkehrsmittel entlang der Wertschöpfungskette ist sehr relevant für die CO2-Emissionen. Die Emissionen aus der Logistik können leicht mit Hilfe kostenloser Online Tools ermittelt werden wie z. B. mit carboncare ( o. J.), die die Emissionen nach EN 16258-Standard berechnet. Darin ist auch der Emissionsanteil für die Erzeugung und Bereitstellung des Kraftstoffes enthalten. Die folgende Tabelle stellt beispielhaft die CO2– Emissionen unterschiedlicher Transportmittel dar, die bei einem Transport von einer Tonne Gewicht von Shanghai nach Berlin freigesetzt werden. Die Datenauswertung zeigt deutlich, dass Ferntransporte per Schiff zu den energieeffizientesten Transporten gehören. Bereits 1.000 km per Lkw emittieren genauso viel CO2 wie bei 20.000 km Schiffstransport. Die Daten zeigen auch, dass selbst bei einem Transport von Elektronikbauteilen mit geringem Gewicht per Flugzeug, um ein Vielfaches mehr CO2 freigesetzt wird als ein Transport mit anderen Verkehrsmitteln.
Tabelle: Emissionen für einen Langstreckentransport – Shanghai nach Berlin.
Transportmittel | Strecke (km, gerundet) | WTW-CO2-Äq |
Schiff Lkw | 19.900 km (Schiff) 200 km (Lkw) 20.100 km (gesamt) | 73 kg (nur Schiff) 15 kg (Lkw) 88 kg (gesamt) |
Bahn (im Bau) | 10.400 km | 120 kg |
Flugzeug | 8.500 km | 6.900 kg |
Quelle: Eigene Berechnungen mit carboncare (ebd. o. J.).
Fahrradmobilität
Der Verkehrssektor war im Jahr 2019 für 20 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich (Umweltbundesamt, 2023). Im Jahr 2022 konnten die im Klimaschutzgesetz festgelegten Ziele für den Verkehrssektor nicht eingehalten werden . Fahrradfahren ist gemeinsam mit dem Fußverkehr das klimaschonendste Verkehrsmittel. Denn pro Personenkilometer, der durch Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt wurde, können 140g Treibhausgas-Emissionen gegenüber der Fahrt mit dem Auto eingespart werden (Umweltbundesamt, 2022). Das Umweltbundesamt rechnet in diesem Zuge vor: “In der Praxis bedeutet das beispielsweise, dass eine Berufspendlerin oder Berufspendler, die oder der je 5 km mit dem Rad zur Arbeit hin und zurück fährt, durch Verzicht auf die Autonutzung im Jahr rund 300 kg CO2-Emissionen einsparen kann.” (ebd.) In Deutschland werden täglich 11 Prozent der Wege und 3 Prozent der Personenkilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt. 40 Prozent aller Autofahrten werden für Wege, die kürzer als 5 Kilometer sind, unternommen (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2018). Die Treibhausgasemissionen sind hier besonders hoch, da Motoren im kalten Zustand überproportional viel Kraftstoff in Anspruch nehmen. Hier wird ein enormes Umstiegspotential deutlich, denn für Strecken von 5 Kilometern stellt das Fahrrad das ideale Verkehrsmittel dar (Umweltbundesamt, 2022).
Lastenräder
Wie oben bereits ausgeführt, wird das Auto nicht selten für Strecken genutzt, auf denen das Fahrrad die schnellere, gesündere und nachhaltigere Alternative darstellt. Dies gilt bis zu einem gewissen Grad auch für den innerstädtischen Warenverkehr, der “zu ca. 75 Prozent von Pkw oder leichten Nutzfahrzeugen unter 3,5 t durchgeführt” wird. (Gruber & Rudolph, 2021). Hier können Lastenfahrräder für Entlastung und Emissionseinsparungen im Verkehrssektor sorgen. Laut dem Europäischen Radfahrerverband (ECF) könnten über die Hälfte der Fahrten, die mit einem motorisierten Fahrzeug zurückgelegt wurden, durch Lastenräder ausgeführt werden. Dies gilt vor allem für Ladungen bis zu 250 Kilogramm und einer Entfernung von bis zu 7 Kilometern (Netz, o. J.). Sogar bis zu einer Distanz von 20 Kilometern hat das Lastenrad gegenüber dem Pkw fast keinen Geschwindigkeitsnachteil (Gruber & Rudolph, 2021). Unternehmen, die Waren per Rad ausliefern, können mit einer Reduzierung ihrer Kosten rechnen. Gleichzeitig wird ein Beitrag zu lebenswerteren Städten geleistet, denn es wird zu einer Reduzierung des motorisierten Verkehrs beigetragen. Das führt zu einer geringeren Lärmbelastung und geringerer Luftverschmutzung (Netz, o. J.), Vgl. dazu auch das Kapitel zu SDG 11. Ein Hindernisfaktor für die Nutzung von Lastenrädern zur Warenauslieferung ist Niederschlag, Kälte dagegen scheint keine große Rolle zu spielen. Darüber hinaus sind sie eher für kurze Strecken attraktiv. Anreizpunkte statt des Autos ein Lastenrad zu nutzen, stellen eine gute Radinfrastruktur und Parkraumknappheit dar (Gruber & Rudolph, 2021). Gewerblich genutzte Elektro-Lastenräder werden durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle noch bis 2024 bezuschusst (BAFA, o. J.).
Geschäftsreisen
Bei Geschäftsreisen besteht vielfach die Wahl zwischen Bahn und Pkw-Nutzung, wobei die Pkw-Nutzung im Mittel zum Vier- bis Fünffachen an CO2-Emissionen führt (Mein Klimaschutz o. J.). Bei innerdeutschen Flügen ist man oder Frau aufgrund der langen Check-In-Zeiten im Prinzip kaum schneller als mit der Bahn. Hier kann der UmweltMobilCheck der Deutschen Bahn eine Orientierung geben (Deutsche Bahn o. J.). Eine Fahrt von Berlin nach Hamburg führt bei Pkw-Nutzung zu etwa 54 kg CO2-Äq, bei Bahnnutzung zu 0,03 kg CO2-Äq.
Sollten Geschäftsreisen mit dem Flugzeug gelegentlich unvermeidbar sein, bieten sich Kompensationsmodelle zum Ausgleich der Klimawirkung an, bei denen eine Klimakompensation erfolgt. Hierbei wird ein Geldbetrag entsprechend der verursachten Emissionen überwiesen und dieser wird in Klimaschutzprojekte investiert z. B. in den Moorschutz oder Wiederaufforstung (vgl. atmosfair o. J.). Bei einem Hin-und Rückflug von Berlin nach Shanghai entstehen ca. 4.800 kg CO2 Emissionen. Diese können durch 111 € Ausgleichszahlung kompensiert werden.
Fuhrpark für den motorisierten Individualverkehr
Der motorisierte Individualverkehr (MIV) wird mit Pkw´s durchgeführt. Alle Unternehmen besitzen zumindest ein Fahrzeug für den Geschäftsführer, größere Unternehmen stellen Dienstfahrzeuge, große Unternehmen haben ganze Fahrzeugflotten. Laut Statista gab es 2020 mehr als 5 Millionen Pkw’s mit einem gewerblichen Fahrzeughalter (ca. 11 Prozent des Fahrzeugbestandes, Statista 2022b). Um die Emissionen im Verkehr deutlich zu reduzieren – dies ist unbedingt notwendig, um die international vereinbarten Klimaziele zu erreichen – muss der Fuhrpark auf emissionsarme Fahrzeuge umgestellt werden. Bei der Umstellung des betrieblichen Fuhrparks von Fahrzeugen mit (fossilen) Verbrennungsmotoren auf alternative Antriebskonzepte stehen derzeit Elektrofahrzeuge mit unterschiedlichen Antriebskonzepten, Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzellen sowie die Nutzung biogener Kraftstoffe in der Diskussion:
Hybrid-Fahrzeuge: Es gibt verschiedene Typen wie Mild-Hybrid, Voll-Hybrid, Plug-in-Hybrid oder Range Extender, die einen mehr oder weniger starken Verbrenner mit einem Elektroantrieb kombinieren. Solange die Reichweite reiner E-Autos noch begrenzt ist, wird es auch diese Fahrzeuge geben.
Elektroauto mit Batterie: Ein vollelektrisches Fahrzeug (BEV) wird ausschließlich von einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben. Der wird über das Stromnetz aufgeladen, das heißt: er benötigt keinen fossilen Kraftstoff. Dadurch fährt das Fahrzeug zu 100 Prozent emissionsfrei. Allerdings ist hier der Strommix von Bedeutung: Der Anteil von Gas und Kohle führt zu Emissionen bei der Stromerzeugung.
Elektroauto mit Brennstoffzelle: Ein Brennstoffzellenauto (FCEV) wird ausschließlich von einem Elektromotor angetrieben. Der Strom wird in einer Wasserstoff-Brennstoffzelle erzeugt. Bei der Nutzung von Wasserstoff in Fahrzeugen ist von entscheidender Bedeutung, dass dieser mit elektrischem Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, ein sogenannter grüner Wasserstoff – denn nur dann ist sein Einsatz in Fahrzeugen CO2-frei und damit klimaneutral. Die Herstellung von grünem Wasserstoff erfolgt mittels Elektrolyse von Wasser.
Biogene Kraftstoffe: Hier wird der Kraftstoff aus Pflanzen erzeugt. Dies können Öl-Pflanzen wie Raps sein, aus denen Biodiesel, oder Zuckerrohr, aus dem Ethanol erzeugt wird. Letzteres ist z. B. in Brasilien eine wichtige Kraftstoffquelle. Die Antriebstechnik ist vergleichbar mit konventionellen Verbrennungsmotoren mit der Ausnahme, dass das bei der Verbrennung entstehende CO2 klimaneutral ist, denn die bei der Verbrennung freigesetzte CO2-Menge entspricht in etwa derjenigen Menge, die die Pflanze während ihres Wachstums mittels Photosynthese der Atmosphäre entzogen hatte.
Wie wird sich die individuelle und die gewerbliche Mobilität der Zukunft gestalten? Vermutlich wird es die Elektromobilität mit Batterien für Pkw und kleine Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen sein. Von entscheidender Bedeutung ist, dass der elektrische Strom zur Ladung der Fahrzeugbatterie mit erneuerbaren Energien erzeugt wird. Bei Lkw in der Klasse ab 7,5 t ist die Frage noch nicht beantwortet – hier konkurrieren Elektromobilität mit Batterien und Fahrzeuge mit Brennstoffzellen noch miteinander.
Nutzungsverhalten
Neben der Umrüstung der Dienstwagen auf elektrische Antriebe sollte auch der individuelle Umgang mit Mobilität überdacht werden. Es können beispielsweise THG-Emissionen eingespart werden, wenn die Mitarbeitenden zu Fuß oder mit dem Rad zum Arbeitsplatz im Handel kommen, sofern aus gesundheitlichen Gründen oder einer zu großen Distanz zum Arbeitsort nichts dagegen spricht. Zudem kann der Betrieb die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel z. B. durch ein Jobticket attraktiver gestalten. Auch die Förderung von Dienstfahrrädern ist in einigen Städten und Kommunen möglich. Zusätzlich ist die Bildung von Fahrgemeinschaften denkbar, wenn es sich von den Arbeitszeiten und den Wegen anbietet. Strecken, die mit dem Auto gefahren werden müssen, sollten optimiert werden (Routenoptimierung), insbesondere gilt dies für den Transport von Waren. Außerdem hat die Fahrgeschwindigkeit einen erheblichen Einfluss auf die ausgestoßenen THG-Emissionen. Laut Umweltbundesamt verursachten im Jahr 2020 Pkw und leichte Nutzfahrzeuge auf Bundesautobahnen in Deutschland THG-Emissionen in Höhe von rund 30,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Durch die Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf Bundesautobahnen würden die Emissionen um jährlich 2,0 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente reduziert und ein Tempolimit von 100 km/h würde sie um 4,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr mindern (UBA 2022b). Auch ohne generelles Tempolimit kann jede*r die Fahrgeschwindigkeit reduzieren, das spart nicht nur THG-Emissionen sondern auch Kosten ein (mobile.de 2020). Denn bei hohen Geschwindigkeiten verbrauchen Fahrzeuge überdurchschnittlich viel Kraftstoff. Nach Angaben des ADAC verbraucht ein Mittelklasseauto um bis zu zwei Drittel mehr Kraftstoff, wenn es statt 100 km/h mit 160 km/h fährt (ebd.).
Energiespeicherung
Eine zentrale Herausforderung bei der Nutzung erneuerbarer Energien ist ihre Fluktuation, denn Solarstrahlung steht nachts nicht zur Verfügung und auch der Wind weht nicht kontinuierlich. Eine ausgeglichene Balance von Stromerzeugung und Stromnachfrage ist aber unabdingbar für die Versorgungssicherheit sowie die Netzstabilität. Um eine gleichmäßige Frequenz im Stromnetz aufrechtzuerhalten, müssen Erzeugung und Nutzung aufeinander abgestimmt werden. Andernfalls muss die Differenz und mögliche Frequenzschwankungen durch die sogenannte Regelenergie ausgeglichen werden. Möglichkeiten dazu sind:
- Abschaltung von EE-Anlagen (geringere Einspeisung)
- Zuschaltung von Speicherkraftwerken (höhere Einspeisung)
- Abschaltung großer Verbraucher (geringere Entnahme)
Die Abschaltung ist aber unökologisch und unwirtschaftlich. Um dies zu vermeiden, bieten sich Energiespeicher an, die bei Bedarf zugeschaltet werden. Diese sind:
- Pumpspeicherkraftwerke: Kostengünstig, nur für gebirgige dünn besiedelte Regionen (z. B. Norwegen, Öst. Alpen), benötigen einen Netzanschluss z. B. durch sehr lange und teure DC-Leitungen z. B. durch die Ost- und Nordsee bei norwegischen Speichern.
- Druckluft: Einfache Technologie, gut nutzbar bei Anbindung an Windkraftanlagen, aber nur begrenztes Speicherpotential und bisher eher ein Forschungsgegenstand.
- Schwungräder: Einfache Technologie, aber hohe Masse des Rades und noch in der Entwicklung.
- Chemisch als Wasserstoff: Elektrolyse von Wasser zur Stromerzeugung, gut erforscht für Kleinanlagen, derzeit erfolgt ein großtechnischer Aufbau, wichtiger Zielkonflikt: Wasserstoff ist auch relevant für die Stahl-, Zement- und chemische Industrie sowie zum Antrieb von Lkws (evt. Flugzeuge), teure Technologie.
- Chemisch als Methan: Elektrolyse von Wasser zur Stromerzeugung, dann Reduktion von CO2 zu Methan (CH4), relevant für Gebäudeheizungen, teure Technologie.
Allen obigen Technologien ist gemeinsam, dass die Umwandlung von Kraft oder innerer Energie immer mit hohen Verlusten aufgrund der Thermodynamik (Wärmeverluste) verbunden ist. Die wichtigste Batterie ist derzeit die Lithium-Ionen-Batterie. (GRS o. J., ISE 2021): Dieser Batterietyp dient sowohl für die Versorgung von Kleingeräten (Mobiltelefone, Tablet, Notebooks, Werkzeuge) als auch für Fahrzeuge und Fahrräder sowie als Hausspeicher (s.a.u.). Batterien im Kleinstbereich und für die Elektromobilität müssen ein geringes Gewicht beim höchsten Energiegehalt haben. Weitere Faktoren sind die Kosten, die Brandsicherheit, die Ladefähigkeit und die Lebensdauer. Die Kathode enthält Kobalt-Oxid (CoO), die Anode besteht aus Graphit. Als Elektrolyt dienen Li-organische Verbindungen. Die Vorteile sind die höchste Energiedichte aller im großen Maßstab produzierten Batterien, kein Memory Effekt und eine gute Zyklenfestigkeit. Die Nachteile sind ein hoher Preis, ein aufwändiges Zellmanagement aufgrund der geringen Größe und damit verbunden einer hohen Anzahl von Zellen. Aus Sicht der Nachhaltigkeit ist insbesondere die Gewinnung von Cobalt in Sambia und der Demokratischen Republik Kongo, den wichtigsten aller Lieferländer, sehr gewichtig, da hier u. a. ein illegaler und umweltzerstörender Abbau stattfindet (FAZ-net 2022, Save the Children 2022). Lithium ist ein Salz, das in verschiedenen Ländern in Salzseen vorkommt. Der größte Produzent ist Australien (51.000 t) vor Chile (13.000 t; VW o. J.). Hierbei spielt insbesondere die Bereitstellung von Wasser und die Abwasserbehandlung eine wichtige Rolle, da die Gewinnung meist in ariden Regionen stattfindet. Die bekannten Reserven übersteigen derzeit die Bedarfe um ein Vielfaches, weshalb diskutiert wird, ob Lithium ein “knappes” Metall ist oder nicht (ebd.). Vgl. dazu auch SDG 6.
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SDG 8 Menschenwürdige Arbeit
“Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern”
In der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wird zum SDG 8 auf das Leitbild „Soziale Marktwirtschaft“ verwiesen (Bundesregierung 2021: 2214):
„Soziales Ziel ist es, unternehmerische Freiheit und funktionierenden Wettbewerb mit sozialem Ausgleich und sozialer Sicherheit zu verbinden. Mit Hilfe der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, wie fairer Wettbewerb, Unternehmerverantwortung, Sozialpartnerschaft, Mitbestimmung und gerechte Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir auch in Zukunft noch Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung haben.“
Hinsichtlich des SDG 8 sind zwei Ebenen zu betrachten: Eine nationale Ebene und die globale Ebene.
Auf der nationalen Ebene steht Deutschland laut der „European Working Survey” hinsichtlich der Arbeitsbedingungen sehr gut da – 89 Prozent der Befragten geben an, mit ihrem Job zufrieden zu sein und 91 Prozent bestätigen einen fairen Umgang mit ihnen als Arbeitnehmer*innen (Eurofond 2021). Jedoch zeigt der Index “Gute Arbeit” des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB 2022) detailliert, dass es in manchen Branchen, wie dem Gesundheitssektor und bei Beschäftigten in Leiharbeitsverhältnissen noch große Defizite gibt (DGB 2022). Besonders negativ sind hierbei die Kriterien “Arbeitsintensität” und “Einkommen” aufgefallen, die notwendigen Handlungsbedarf in Berufsbildern aufzeigen.
Auch wenn Kinderarbeit und Sklaverei in Deutschland keine Rolle spielen, so ist die Umsetzung der verschiedenen Unterziele des SDG 8 eine dauerhafte Aufgabe im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Noch ein zweites gilt: Aufgrund der komplexen Lieferketten müssen Unternehmen Verantwortung für ihre Produkte auch in den Ländern, wo diese hergestellt werden, übernehmen. An dieser Stelle sollen folgende Unterziele betrachtet werden:
8.7 Sofortige und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Zwangsarbeit abzuschaffen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden und das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, einschließlich der Einziehung und des Einsatzes von Kindersoldaten, sicherstellen und bis 2025 jede Form von Kinderarbeit ein Ende setzen
8.8 Die Arbeitsrechte schützen und sichere Arbeitsumgebungen für alle Arbeitnehmer, einschließlich der Wanderarbeitnehmer, insbesondere der Wanderarbeitnehmerinnen, und der Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, fördern.
Die Schnittstellen zur neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ergibt sich über die Beachtung der gesellschaftlichen Folgen des beruflichen sowie der zu entwickelnden Beiträge für ein nachhaltiges Handeln (BMBF 2022)
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Menschenwürdige Arbeit
Menschenwürdige Arbeit in Deutschland bedeutet vor allem Arbeit, die sich zumindest an internationalen Standards orientiert. Formuliert sind diese in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Vereinte Nationen 1948; UN-Charta, Artikel 23 und 24). Als “menschenunwürdige Arbeit” werden Kinderarbeit, Sklavenarbeit und teilweise Leiharbeit bezeichnet sowie Merkmale bei den Beschäftigungsverhältnissen, die sich nicht an den o.g. Regelwerken orientieren, wie “fehlende soziale Sicherheit”, “mangelnder Arbeitsschutz”, “Ausnutzung von Scheinselbstständigen” und “Ungleichbehandlung von Frauen”.
DGB Index Gute Arbeit
Die Qualität von Arbeitsbedingungen wird seit 2012 aufgrund von 42 standardisierten Fragen in einer bundesweiten repräsentativen Erhebung ermittelt (DGB 2022). Elf Kriterien der Arbeitsqualität werden abgefragt. Im November 2022 wurde der DGB-Index Gute Arbeit 2022 veröffentlicht. Wie schon in den vorangegangenen Jahren gibt es zu den Kriterien „Arbeitsintensität“ und „Einkommen“ erheblich kritische Bewertungen.
Der Index 2022 zeigt z. B. für die Branchen „Metallerzeugung und –bearbeitung“ (64), „Ver- und Entsorgung“ (69), „Baugewerbe“ (66), „Gastgewerbe“ (62), „Information und Kommunikation“ (69), „Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“ (68) und „Gesundheitswesen“ (62) auf, dass die Arbeitsbedingungen noch weit entfernt sind vom Anspruch „Gute Arbeit“.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung der eigenen Arbeitsbedingungen haben die Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten im Arbeitskontext. Im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung ist das Kriterium „Sinn der Arbeit“ eine wesentliche Ressource zur Beurteilung der eigenen Arbeitsbedingungen. Dazu führt der Bericht „Index Gute Arbeit 2022“ aus: „Der Sinngehalt von Arbeit ist eine Ressource, die sich aus unterschiedlichen Quellen speisen kann. Dazu gehört, dass die Produkte bzw. Dienstleistungen, die produziert oder erbracht werden, als nützlich erachtet werden. Häufig ist dies mit der Einschätzung verbunden, ob die Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugt. Sinnhaftigkeit kann dadurch entstehen, dass die Arbeit einen Nutzen für Andere hat. Und wichtig für Sinnempfinden ist auch, dass die eigenen, ganz konkreten Arbeitsaufgaben und -merkmale nicht sinnlos erscheinen. Wird Arbeit als sinnvoll empfunden, wirkt sich das positiv auf die Motivation und das Wohlbefinden der Beschäftigten aus. Dauerhaft einer als sinnlos erachteten Arbeit nachzugehen, stellt dagegen eine mögliche psychische Belastung und damit ein gesundheitliches Risiko dar.
BDA - Die Arbeitgeber
Die Arbeitgeber argumentieren mit positiven Statistiken, dass die Arbeitsbedingungen in Deutschland sehr gut sind (BDA 2022). So sind laut der European Working survey 89 Prozent der in Deutschland Beschäftigten mit ihrem Job zufrieden, 74 Prozent gaben in der Befragung an, dass ihnen ihr Job Spaß macht und 91 Prozent bestätigen einen fairen Umgang am Arbeitsplatz (Eurofond 2021, BDA 2021). Auch hinsichtlich der Arbeitssicherheit ist die Entwicklung positiv: Sowohl die Arbeitsunfälle, als auch die Unfallquote hat sich seit 1991 halbiert (BDA o. J.). Diese befinden sich seit 2004 unter 1 Mio. und bewegen sich seitdem zwischen 954.000 und 760.000 gemeldeten Fällen (Statista 2021).
Außerdem wird auf die Prävention und den Gesundheitsschutz hingewiesen, für den 2016 ca. 5 Mrd. € ausgegeben wurden, was 40 Prozent der gesamten Ausgaben von 11,7 Mrd. € ausmacht (BDA o. J.). Die betriebliche Gesundheitsförderung, wie Stressmanagement, gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung oder Reduktion der körperlichen Belastung kommt dabei sowohl den Beschäftigten als auch den Arbeitgebern zugute. Zuletzt wird noch auf die Eigenverantwortung hingewiesen, die aus selbstverantwortlichen Entscheidungen und flexibleren Arbeitszeiten resultiert.
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse
Menschen arbeiten auch in Deutschland teilweise in prekären Beschäftigungsverhältnissen und die “Bedeutung des sogenannten Normalarbeitsverhältnisses nimmt ab, während atypische Formen von Arbeit an Bedeutung zunehmen” (Jakob 2016). Dazu zählen befristete Arbeitsverträge, geringfügige Beschäftigung, Zeitarbeit, (Ketten-)Werkverträge und verschiedene Formen der (Schein-)Selbstständigkeit oder auch Praktika. Durch die Agenda 2010 wurde das Sicherungsniveau für von Arbeitslosigkeit Betroffene deutlich gesenkt (Arbeitslosengeld I in der Regel nur für ein Jahr, danach Arbeitslosengeld II). Menschen sehen sich eher gezwungen, “jede Arbeit zu fast jedem Preis und zu jeder Bedingung anzunehmen. Das hat dazu geführt, dass die Löhne im unteren Einkommensbereich stark gesunken sind” (Jakob 2016). 2015 wurde mit der Einführung des Mindestlohns dagegen gesteuert.
Das Thema betrifft auch das SDG 10 “Ungleichheit”, denn jeder Mensch hat das Recht auf faire und gute Arbeitsverhältnisse, dies ist vielen Menschen jedoch verwehrt. Prekäre Beschäftigung widerspricht dem Leitbild von ”Guter Arbeit“, verbaut Entwicklungsmöglichkeiten von Beschäftigten und verstärkt nachweislich den Trend zu psychischen Belastungen und Erkrankungen sowie deren Folgewirkungen (Jakob 2016) (siehe auch SDG “Gesundheit”) .
Kinderarbeit
Zur Definition und Umsetzung von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen sind global große Unterschiede zu verzeichnen. Ein Beispiel hierfür ist die Kinderarbeit, die weltweit noch immer verbreitet ist. 79 Millionen Kinder arbeiten unter ausbeuterischen Bedingungen, vor allem in Fabriken, die wenig qualifiziertes Personal benötigen oder in der Landwirtschaft sowie im Bergbau (BMZ 2021 und 2022). Nach Angaben der ILO müssen weltweit rund 152 Millionen Kinder zwischen fünf und siebzehn Jahren arbeiten, vor allem in der Landwirtschaft, als Hausangestellte oder in Minen. Viele dieser Tätigkeiten sind gesundheitsgefährdend. Die ILO setzt sich schon lange für die Abschaffung von Kinderarbeit ein, sie ist Partnerorganisation in der „Allianz 8.7“, einer globalen Partnerschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, Zwangsarbeit, moderne Sklaverei, Menschenhandel und Kinderarbeit weltweit zu beseitigen, wie es in den Zielen für nachhaltige Entwicklung 2030 formuliert wurde. (ILO 2021) Unter Mitwirkung der deutschen Bundesregierung wird seit 1992 ein von der ILO betriebenes Internationales Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit umgesetzt (International Programme on the Elimination of Child Labour, IPEC<, BMZ 2022).
Gender Pay Gap
Unterschiedliche Entlohnung für vergleichbare Tätigkeiten und Qualifikation für Frauen und Männer lassen sich durch die statistischen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes aufzeigen. In einer Pressemitteilung vom März 2022 wird betont, dass Frauen pro Stunde noch immer 18 Prozent weniger verdienen als Männer: „Frauen haben im Jahr 2021 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer. Damit blieb der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern – der unbereinigte Gender Pay Gap– im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 7. März 2022 weiter mitteilt, erhielten Frauen mit durchschnittlich 19,12 Euro einen um 4,08 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (23,20 Euro). Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 16.02.2023 müssen Frauen bei gleicher Arbeit auch gleich bezahlt werden, eine individuelle Aushandlung der Lohn- oder Gehaltshöhe ist damit nicht wirksam (Zeit Online 2023).
Deutsches Sorgfaltspflichtengesetz
Um ihrer Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte gerecht zu werden, setzt die Bundesregierung die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen mit dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte von 2016 (Nationaler Aktionsplan, Bundesregierung 2017; 2021; 2022) in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Gesetz um. Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten ist besser unter dem Namen Lieferkettengesetz oder auch Sorgfaltspflichtengesetz bekannt (BMAS 2022, o. a. “Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz”). Dort ist die Erwartung an Unternehmen formuliert, mit Bezug auf ihre Größe, Branche und Position in der Lieferkette in angemessener Weise die menschenrechtlichen Risiken in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten zu ermitteln, ihnen zu begegnen, darüber zu berichten und Beschwerdeverfahren zu ermöglichen.
Das Lieferkettengesetz tritt 2023 in Kraft und gilt dann zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000, ab 2024 mit mehr als 1.000 Angestellten. Es verpflichtet die Unternehmen, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Kleine und mittlere Unternehmen werden nicht direkt belastet. Allerdings können diese dann betroffen sein, wenn sie Teil der Lieferkette großer Unternehmen sind.
Unabhängig ob betroffen oder nicht: Es lohnt sich auch für kleinere Unternehmen, sich mit dem Gesetz adressierten Nachhaltigkeitsthemen auseinanderzusetzen, um das eigene Handeln entlang dieser Leitplanken zu überprüfen. Der Nachhaltigkeitsbezug ist unter anderem durch den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) gegeben, er gab einen wichtigen Impuls für das Gesetz. Der NAP wurde gemeinsam von Politik und Unternehmen verabschiedet, um zu einer sozial gerechteren Globalisierung beizutragen (Bundesregierung 2017). Ergebnisse einer 2020 im Rahmen des Nationalen Aktionsplans durchgeführten repräsentativen Untersuchungen zeigten jedoch, dass lediglich zwischen 13 und 17 Prozent der befragten Unternehmen die Anforderungen des Nationalen Aktionsplans erfüllen (VENRO 2021). Der gesetzgeberische Impuls war also erforderlich, um die Einhaltung der Menschenrechte zu fördern und damit auch zu einem fairen Wettbewerb zwischen konkurrierenden Unternehmen beizutragen.
Das Lieferkettengesetz rückt internationale Menschenrechtsabkommen und lieferkettentypische Risiken in den Blick: Dazu zählen bspw. das Verbot von Kinderarbeit, der Schutz vor Sklaverei und Zwangsarbeit, die Vorenthaltung eines gerechten Lohns, der Schutz vor widerrechtlichem Landentzug oder der Arbeitsschutz und damit zusammenhängende Gesundheitsgefahren. Es werden zudem internationale Umweltabkommen benannt. Sie adressieren die Problembereiche Quecksilber, persistente organische Schadstoffe und die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung. Zu den jetzt gesetzlich geregelten Sorgfaltspflichten der Unternehmen gehören Aufgaben wie die Durchführung einer Risikoanalyse, die Verankerung von Präventionsmaßnahmen und das sofortige Ergreifen von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Rechtsverstößen. Die neuen Pflichten der Unternehmen sind nach den tatsächlichen Einflussmöglichkeiten abgestuft, je nachdem, ob es sich um den eigenen Geschäftsbereich, einen direkten Vertragspartner oder einen mittelbaren Zulieferer handelt. Bei Verstößen kann die zuständige Aufsichtsbehörde Bußgelder verhängen. Unternehmen können von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.
Arbeitsbedingungen im Rohstoffabbau
Für die Produktion von E-Bike-Akkus sind vor allem Lithium und Kobalt wichtige Rohstoffe. Auf die Problematik des Lithiumabbaus wird auch im Kapitel zu SDG 4 eingegangen. Über die Hälfte des weltweit abgebauten Lithium wird im Kongo gewonnen. Vor Ort fehlen Arbeitsschutzmaßnahmen, was für die Arbeiterinnen und Arbeiter zu direktem Kontakt mit Schwermetallen, vor allem Uran und zu tödlichen Unfällen führen kann (Thielmann et al., 2020). Kinderarbeit kommt ebenfalls vor und umfasst teilweise risikobehaftete schwere Arbeit in Vollzeit. Ein einfacher Boykott des Kobalts aus dem Kongo würde jedoch die Umstände der Arbeiterinnen und Arbeiter vor Ort nicht verbessern. Denn die Beschäftigung im Kleinbergbau stellt für die Menschen vor Ort eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit dar. Deshalb müssen die Arbeitsbedingungen verbessert und reguliert werden (ebd.). Dabei stellt die wichtigste Stellschraube starke staatliche Institutionen dar. Die rohstoffverarbeitenden Akteure sollten darauf achten, dass sie um die sozialen und ökologischen Risiken innerhalb der Wertschöpfungskette wissen, transparent darlegen und Maßnahmen etablieren, um diese abzumildern. Daraus ergeben sich, wie oben erläutert, unternehmerische Sorgfaltspflichten, flächendeckend braucht es jedoch eine entsprechende Gesetzgebung (ebd). Vgl. dazu auch obigen Abschnitt zum deutschen Sorgfaltspflichtgesetz.
Unternehmensführung
Nachhaltige Unternehmensführung stellt einen integrativen und holistischen Managementansatz dar, der auf die Berücksichtigung und das Management der Nachhaltigkeit im und durch das Unternehmen fokussiert ist. Dabei werden die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt:
- Die Ökonomie (Sach- und Finanzkapital)
- die Ökologie (natürliche Ressourcen)
- das Soziale (Humankapital).
5 Grundsätze der Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung existieren nach Günther und Ruter (2015):
- Ziel: langfristige Erhaltung des Unternehmens
- Umsetzung der Nachhaltigkeit im strategischen und operativen Geschäft
- Bildung eigener Indikatoren der nachhaltigen Unternehmensführung
- Erfolg der nachhaltigen Unternehmensführung durch Orientierung an Werten und Regeltreue
- Umsetzung der Basisprinzipien nachhaltiger Unternehmensführung: Solidarität, Transparenz und Risikomanagement (öko-Institut o. J.).
Wer seinen Betrieb nachhaltig aufstellen will, hat den Blick nach außen und nach innen zu richten. Der Blick nach außen bezieht sich auf die Gesellschaft und die Umwelt. Der Blick nach innen bezieht sich auf die ressourcen-orientierte Ökonomie und Ökologie, d. h. die Bereiche Beschaffung, Produktion, Absatz und Marketing so zu gestalten, dass die Umwelt geschützt und der Verbrauch von Ressourcen frei nach dem Prinzip so wenig wie möglich, so viel wie nötig, minimiert werden. Kosten für Umweltauswirkungen werden berechnet und in die Preisbildung mit einbezogen. Weiterhin gehören zu dem Blick nach innen die Mitarbeiter*innen.
Es gibt eine Reihe Gemeinwohl-orientierter Wirtschaftsansätze. Dazu zählt die Gemeinwohl-Ökonomie, entwickelt von Christian Felber (ebd. 2015). Dabei basiert das Unternehmen auf gemeinwohl-fördernden Werten wie Kooperation statt auf Konkurrenz und Gewinnmaximierung. Vertrauen, Verantwortung, Teilen und Solidarität sollen gefördert werden. Die Basis des Modells ist die Gemeinwohl-Bilanz, die den unternehmerischen Erfolg nicht nur aus dem monetären Gewinn ableitet (wie in konventionellen Bilanzen), sondern aus den positiven wie negativen Folgen eines Unternehmens für Gesellschaft, Umwelt und Volkswirtschaft. Es geht um das Messen der Punkte, “die wirklich zählen“. Im Vergleich zum jetzigen Wirtschaften seien das sozialer, ökologischer, demokratischer, solidarischer (ebd.).
Personalführung
Nachhaltige Führung baut auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit (Können) und der Motivation (Wollen) der Mitarbeiter*innen auf (gabler o. J., BMBF 2017). Es geht um die Nutzung der Ressourcen bei Erhalt der Arbeitsfähigkeit. Um letztere zu erhalten, kann und sollte der Arbeitgeber in verschiedene Bereiche investieren, z. B. in Weiterbildung, Kommunikationstrainings, Maßnahmen zur Gesundheitsfürsorge und ergonomische Arbeitsmittel. Auch flexible Arbeitszeiten können Stress reduzieren. Qualifizierte Mitarbeiter*innen können besser zum betriebswirtschaftlichen Unternehmenserfolg beitragen.
Die Motivation der Mitarbeiter*innen ist genauso wichtig wie die Arbeitsfähigkeit. Nachhaltig agierende Unternehmenslenker*innen und Vorgesetzte erhalten die Motivation ihrer Mitarbeiter*innen, indem sie daran glauben, dass Menschen von innen motiviert sind und einen sinnvollen Beitrag leisten wollen, indem sie ihnen mit ehrlichem Interesse begegnen. Wird Mitarbeiter*innen zusätzlich zum Lob und Anerkennung in Form von Dank entgegengebracht, können sie das positive Menschenbild noch verstärken. Gesteigert wird die Anerkennung, wenn der Dank individuell und verbal begründet wird. Mitarbeiter*innen können so ihre Arbeit als sinnvoll erleben und motiviert bleiben, denn sie haben das Gefühl, zum Unternehmenserfolg beitragen zu können.
Quellenverzeichnis
Agenda 2030: siehe Vereinte Nationen 2015. Online: https://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf
BDA (o. J.): ARBEITSBEDINGUNGEN IN DEUTSCHLAND MIT SPITZENWERTEN. Online: https://arbeitgeber.de/wp-content/uploads/2021/01/bda-arbeitgeber-argumente-arbeitsbedingungen_in_deutschland_mit_spitzenwerten-2020_04.pdf
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2022): Sorgfaltspflichtengesetz – Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten. Online: https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/gesetz-unternehmerische-sorgfaltspflichten-lieferketten.html
BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2020): Eckpunkte „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft“. Online: www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Pressemitteilungen/2020/eckpunkte-arbeitsschutzprogramm-fleischwirtschaft.pdf
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2017): Nachhaltigkeit im Personalmanagement. Online: nachhaltig-forschen.de/fileadmin/user_upload/FactSheets_LeNa_Personal.pdf
BMZ Bundesministerium für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ)( 2021): Das Lieferkettengesetz. Online: https://www.bmz.de/de/entwicklungspolitik/lieferkettengesetz
BMZ Bundesministerium für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) (2022): Gemeinsam gegen Kinderarbeit. Online: https://www.bmz.de/de/themen/kinderarbeit
Bundesregierung (2017): Online: Nationaler Aktionsplan Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Online: https://india.diplo.de/blob/2213082/a20dc627e64be2cbc6d2d4de8858e6af/nap-data.pdf
Bundesregierung (2021): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 2021. Online: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/archiv/nachhaltigkeitsstrategie-2021-1873560
Bundesregierung (2022): Grundsatzbeschluss 2022 zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Online: https://www.bundesregierung.de/resource/blob/992814/2146150/16d54e524cf79a6b8e690d2107226458/2022-11-30-dns-grundsatzbeschluss-data.pdf?download=1
destatis (o. J.): Internationale Arbeitsorganisation (ILO)-Arbeitsmarktstatistik. Online: https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Erwerbstaetigkeit/Methoden/Erlaeuterungen/erlaeterungen-arbeitsmarktstatistik-ilo.html
destatis (2022): Gender Pay Gap. Online: https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-1/gender-pay-gap.html
Deutsche UNESCO-Kommission (DUK) 2021: Bildung für nachhaltige Entwicklung – Eine Roadmap. BNE / EDS 2030. Online: https://www.unesco.de/sites/default/files/2021-10/BNE_2030_Roadmap_DE_web-PDF_nicht-bf.pdf
Eurofound (2021): Working conditions in the time of Covid-19: Implications for the future. Online: https://www.eurofound.europa.eu/sites/default/files/ef_publication/field_ef_document/ef22012en.pdf
DGB Deutscher Gewerkschaftsbund (o. J.): Decent work – menschenwürdige Arbeit. Online: www.dgb.de/themen/++co++6157a9a0-2961-11df-48e5-001ec9b03e44
DGB (2022): Index Gute Arbeit – Jahresbericht 2022, Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung. Online: https://index-gute-arbeit.dgb.de/++co++b20b2d92-507f-11ed-b251-001a4a160123
Ferber Personalberatung (o. J.): Was Mitarbeiterführung mit Nachhaltigkeit zu tun hat … Online: ferber-personalberatung.de/mitarbeiterfuhrung-nachhaltigkeit/
Günther, Edeltraud; Ruter, Rudolf (Hrsg. 2015): Grundsätze nachhaltiger Unternehmensführung. Online: https://beckassets.blob.core.windows.net/product/other/15238332/9783503163151.pdf
ILO Internationale Arbeitsorganisation (2021): UN startet Internationales Jahr zur Abschaffung der Kinderarbeit 2021. Online: https://www.ilo.org/berlin/presseinformationen/WCMS_766477/lang–de/index.htm
ILO Internationale Arbeitsorganisation (o. J.): Erholung von der Krise: Ein globaler Beschäftigungspakt. Online; https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/—ed_norm/—relconf/documents/publication/wcms_820295.pdf
Jakob, Johannes (2016): Bericht Deutschland und die UN-Nachhaltigkeitsagenda 2016. Noch lange nicht nachhaltig, II.11. Gute und menschenwürdige Arbeit auch in Deutschland. Online: www.2030report.de/de/bericht/317/kapitel/ii11-gute-und-menschenwuerdige-arbeit-auch-deutschland
Öko-Institut (o. J.): Nachhaltige Unternehmensführung: Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt. Online: www.oeko.de/forschung-beratung/themen/konsum-und-unternehmen/nachhaltige-unternehmensfuehrung-verantwortung-fuer-gesellschaft-und-umwelt
Schulten, Thorsten; Specht, Johannes (2021): Ein Jahr Arbeitsschutzkontrollgesetz – Grundlegender Wandel in der Fleischindustrie? Online: www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/fleisch-2021/344835/ein-jahr-arbeitsschutzkontrollgesetz/
Springer Gabler (o. J.): Gabler Wirtschaftslexikon: Definition Nachhaltiges Nachhaltigkeit im Personalmanagement. Online: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/nachhaltiges-personalmanagement-53887
statista (2021): Arbeitsunfälle in Deutschland. Online: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/6051/umfrage/gemeldete-arbeitsunfaelle-in-deutschland-seit-1986/
Thielmann, Axel; Wietschel, Martin; Funke, Simon; Grimm, Anna; Hettesheimer, Tim; Langkau, Sabine; Loibl, Antonia; Moll, Cornelius; Neef, Christoph; Plötz, Patrick; Sievers, Luisa; Espinoza, Luis Tercero; Edler, Jakob (2020): Batterien für Elektroautos: Faktencheck und Handlungsbedarf. Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. Online: https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/cct/2020/Faktencheck-Batterien-fuer-E-Autos.pdf
VENRO Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (2021): Vier Jahre Nationaler Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Online: https://venro.org/publikationen/detail/vier-jahre-nationaler-aktionsplan-wirtschaft-und-menschenrechte-nap
Vereinte Nationen (1948): Resolution der Generalversammlung 217 A (III). Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Online: https://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf
Vereinte Nationen (2015): Resolution der Generalversammlung „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Online: https://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf
Welthungerhilfe (2020): Indien hält bei der Kinderarbeit den traurigen Spitzenplatz. Online: www.welthungerhilfe.de/welternaehrung/rubriken/wirtschaft-menschenrechte/indien-haelt-bei-kinderarbeit-den-traurigen-spitzenplatz
Zeit Online (2023): Lohnunterschiede bei gleicher Arbeit rechtswidrig. Online: www.zeit.de/arbeit/2023-02/lohngleichheit-bundesarbeitsgericht-frauen-urteil-diskriminierung?
Zoll (2022): Verpflegung und Unterkunft für Saisonarbeitskräfte. Online: https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Mindestarbeitsbedingungen/Mindestlohn-Mindestlohngesetz/Berechnung-Zahlung-Mindestlohns/Verpflegung-Unterkunft-Saisonarbeitskraefte/verpflegung-unterkunft-saisonarbeitskraefte_node.html
SDG 11 Nachhaltige Städte und Gemeinden
Das SDG 11 bezieht sich auf urbane Räume und deren nachhaltige Gestaltung. Dabei sind die Themen Wohnen, Mobilität, nachhaltige Stadtplanung, Weltkultur- und -naturerbe, Katastrophenschutz, städtische Umweltbelastung sowie Zugang zu Grünflächen von Bedeutung. Für die Fahrradwirtschaft sind vor allem zwei Unterziele relevant:
11.2 Bis 2030 den Zugang zu sicheren, bezahlbaren, zugänglichen und nachhaltigen Verkehrssystemen für alle ermöglichen und die Sicherheit im Straßenverkehr verbessern, …
11.6 Bis 2030 die von den Städten ausgehende Umweltbelastung pro Kopf senken, unter anderem mit besonderer Aufmerksamkeit auf der Luftqualität und der kommunalen und sonstigen Abfallbehandlung
Die Schnittmenge für das SDG 11 ergibt sich aus den Nummern a und f der Standardberufsbildposition (BMBF 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Die Fahrradbranche leistet einen wichtigen Beitrag zur urbanen Mobilitätswende, darüber hinaus deckt Fahrradfahren alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Kropp, 2019) ab:
- Die ökologische Dimension: Fahrradfahren ist nachhaltig, es werden kaum Emissionen ausgestoßen, die Luft wird nicht verschmutzt, es entsteht auch keine Lärmbelastung. Damit leistet der Umstieg vom Auto auf das Fahrrad einen wichtige Beitrag zur Verringerung der Umweltbelastung durch Städte
- Die soziale Dimension: Fahrradfahren ist gesund und steigert das allgemeine Wohlbefinden, vgl. dazu auch das Kapitel zu SDG 3
- Die ökonomische Dimension: Fahrradfahren ist günstig – damit ist die Fahrradbranche ein wichtiger Baustein zur Erfüllung von Unterziel 11.2, den Zugang zu bezahlbaren und günstigen Verkehrssystemen sicherstellen
Diese Aspekte, mit Ausnahme der gesundheitlichen Dimension, die im Kapitel zu SDG 3 genauer betrachtet wurden, sollen im folgenden Abschnitt genauer beleuchtet werden.
Fahrradfahren ist klimaschonend
Städten kommt in Anbetracht der Klimakrise eine besondere Bedeutung zu. Die Hälfte aller Menschen weltweit lebt in urbanen Ballungszentren (BMZ, 2022). Diese Zahl wird aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren weiter steigen. Gleichzeitig verbrauchen Einwohnerinnen und Einwohner von Städten ungefähr 80 Prozent der Energie und Ressourcen weltweit (ebd.). Der Verkehrssektor war im Jahr 2019 für 20 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Seit 1990 sind die Emissionen dieses Sektors um 7 Prozent gestiegen. Im deutschen Klimaschutzplan ist festgelegt, dass die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent zu senken sind. Im Jahr 2022 konnten die im Klimaschutzgesetz festgelegten Ziele für den Verkehrssektor nicht eingehalten werden (Umweltbundesamt, 2023). Fahrradfahren ist gemeinsam mit dem Fußverkehr das klimaschonendste Verkehrsmittel. Denn pro Personenkilometer, der durch das Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt wurde, können 140g Treibhausgas-Emissionen gegenüber der Fahrt mit dem Auto eingespart werden. Das Umweltbundesamt rechnet in diesem Zuge vor: “In der Praxis bedeutet das beispielsweise, dass eine Berufspendlerin oder Berufspendler, die oder der je 5 km mit dem Rad zur Arbeit hin und zurück fährt, durch Verzicht auf die Autonutzung im Jahr rund 300 kg CO2-Emissionen einsparen kann.” (Umweltbundesamt, 2022) In Deutschland werden täglich 11 Prozent der Wege und 3 Prozent der Personenkilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt. 40 Prozent aller Autofahrten werden für Wege, die kürzer als 5 Kilometer sind, unternommen (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2018) . Die Treibhausgasemissionen sind hier besonders hoch, da Motoren im kalten Zustand überproportional viel Kraftstoff in Anspruch nehmen. Hier wird ein enormes Umstiegspotential deutlich, denn für Strecken von 5 Kilometern stellt das Fahrrad das ideale Verkehrsmittel dar (Umweltbundesamt, 2022).
Auch auf Fahrräder entfallen Treibhausgasemissionen, hauptsächlich in der Herstellung. Bei Pedelecs und E-Bikes sind diese höher als bei Fahrrädern ohne zusätzlichen Antrieb. Die Nachhaltigkeit eines Fahrrads ergibt sich daraus, wie lange es gefahren wird, denn nach einer gewissen Nutzungsdauer haben sich die Herstellungsemissionen amortisiert (Lienhop et al., 2015). Vgl. dazu auch Kapitel zu SDG 12, Abschnitt zu E-Bikes.
Luftverschmutzung
Das in 11.6 festgehaltene Teilziel, die Belastung durch Luftverschmutzung zu senken, ist für Deutschland wichtig. Eine Studie der EU-Umweltagentur untersuchte die Luftqualität in 320 europäischen Städten. Auf den vordersten Plätzen war keine deutsche Stadt zu finden, die erste, Göttingen, fand sich auf Platz 29 (BUND, 2021). Das ist problematisch, denn Luftverschmutzung stellt ein nicht zu vernachlässigendes Gesundheitsrisiko dar (vgl. auch Kapitel zu SDG 3). Im Jahr 2018 starben mehr als 400.000 Menschen europaweit an den Folgen von Luftverschmutzung. Für die schlechte Luftqualität in deutschen Städten hauptverantwortlich ist der Autoverkehr. Durch ihn gelangen Kohlendioxid, Stickoxide, Feinstaub und weitere Schadstoffe in die Luft (BUND, 2021; Umweltbundesamt, 2022). Der Umstieg auf Fahrradfahren kann somit einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Luftqualität in Städten zu verbessern.
Fahrradfahren ist günstig - auch für die Allgemeinheit
Fahrrad fahren ist im Vergleich zum motorisierten Individualverkehr günstig und zwar nicht nur für Individuen, die vom Auto auf das Fahrrad umsteigen, sondern auch für die Umwelt, die Kommunen und die Allgemeinheit. Die Anschaffung und der Unterhalt eines Fahrrads ist im Vergleich zu den Kosten eines Autos wesentlich günstiger (Umweltbundesamt, 2022). Werden Erwerb, nötige Reparaturen sowie eine Pauschale für fahrradspezifische Ausrüstung, also beispielsweise Schloss, Fahrradtasche und Regenhose, berücksichtigt, dann liegen die Kosten bei 10 Cent pro zurückgelegtem Kilometer. Bei Autos liegt der Wert, je nach Wagen, zwischen 40 Cent bis hin zu 3 Euro pro zurückgelegtem Kilometer. Dabei wurden Reparatur, Versicherung, Stellplatzkosten, Wertverlust und Betriebsmittel berücksichtigt (ebd.). Es gibt jedoch auch Kosten, die nicht vom Individuum, das das Verkehrsmittel besitzt, sondern von der Allgemeinheit getragen werden. Sie sind das Ergebnis von Umweltwirkungen, wie Luftverschmutzung, Lärm, Emissionen von Klimagasen sowie dem Eingriff in Natur und Landschaft, die durch den motorisierten Verkehr entstehen (ebd.). Diese sogenannten externen Kosten werden nicht nur von Verkehrteilnehmenden sondern von der Allgemeinheit getragen. Je nach Treibstoff verursacht eine Fahrt im Pkw bis zu 7,5 Cent an Umweltkosten pro Kilometer. Radverkehr dagegen verursacht kaum externe Kosten. Darüber hinaus sind die durch Anlage und Unterhalt entstehenden Kosten von Radverkehrsinfrastrukturen wesentlich geringer und platzsparender als die für den motorisierten Individualverkehr. Somit ist der Radverkehr auch für Kommunen günstiger (ebd.).
Quellenverzeichnis
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMZ (2022): Stadt und Klima. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Online:
https://www.bmz.de/de/themen/klimawandel-und-entwicklung/stadt-und-klima
BUND (2021): So steht es um die Luftqualität in deutschen Städten. BUND – BUND für Naturschutz und Umwelt in Deutschland. https://www.bund.net/themen/aktuelles/detail-aktuelles/news/so-steht-es-um-die-luftqualitaet-in-deutschen-staedten/
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2018): Mobilität in Deutschland – MiD. Ergebnisbericht.
Kropp, Ariane (2019): Grundlagen der Nachhaltigen Entwicklung: Handlungsmöglichkeiten und Strategien zur Umsetzung. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23072-2
Lienhop, Martina; Thomas, Dirk; Brandies, Alexander; Kämper, Claudia; Jöhrens, Julius; Helms, Hinrich (2015): Pedelection. Verlagerungs- und Klimaeffekte durch Pedelec-Nutzung im Individualverkehr. Endbericht. Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH; Institut für Transportation Design (Hochschule für Bildende Künste Braunschweig).
Nobis, Claudia, & Kuhnimhof, Tobias (2018): Mobilität in Deutschland – MiD Ergebnisbericht. Auftrag des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur. Online: www.mobilitaet-in-deutschland.de
Umweltbundesamt (2022): Radverkehr. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/radverkehr
Umweltbundesamt (2023): Klimaschutz im Verkehr. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/klimaschutz-im-verkehr
SDG 12 Nachhaltige/r Konsum und Produktion
“Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen”
Das SDG 12 “Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen”, fordert im Kern zu nachhaltigem Konsum und nachhaltigen Produktionsmustern auf („Ensure sustainable consumption and production patterns“). Es zielt auf die notwendige Veränderung unserer Lebensstile und Wirtschaftsweise ab. Konsumieren und Produzieren muss innerhalb der planetaren ökologischen Grenzen stattfinden. Um dies zu erreichen, sind Konsum- und Produktionsaktivitäten weitgehend vom Ressourcenverbrauch sowie von der Emission von Treibhausgasen zu entkoppeln.
SDG 12 bezieht sich sowohl auf den individuellen Konsum als auch auf die Umgestaltung der Wertschöpfungsmuster, die unserer Produktion zugrunde liegen. Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lieferketten sind dabei ebenso angesprochen wie die Vermeidung beziehungsweise die verantwortungsvolle Entsorgung von Abfällen.
Mit Blick auf den Bereich der Fahrradbranche sind folgende Unterziele von SDG 12 von besonderer Relevanz:
SDG 12.2 Bis 2030 die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen erreichen.
SDG 12.4 Bis 2020 einen umweltverträglichen Umgang mit Chemikalien und allen Abfällen während ihres gesamten Lebenszyklus in Übereinstimmung mit den vereinbarten internationalen Rahmenregelungen erreichen und ihre Freisetzung in Luft, Wasser und Boden erheblich verringern, um ihre nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt auf ein Mindestmaß zu beschränken.
SDG 12.5 Bis 2030 das Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung deutlich verringern.
Darüber hinaus sind erwähnenswert:
SDG 12.1 “Die Umsetzung des Zehnjahresprogramms für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster der UNO.”
SDG 12.6 “Unternehmen zu einer nachhaltigen Unternehmensführung ermutigen.”
SDG 12.8 “Bis 2030 sicherstellen, dass die Menschen überall über einschlägige Informationen und das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung und eine Lebensweise in Harmonie mit der Natur verfügen.”
Die Schnittmenge für das SDG 12 ergibt sich aus den Nummern a, b, d und f der Standardberufsbildposition (BMBF 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
SDG 12 zielt im Kern auf die nachhaltige und effiziente Nutzung der Ressourcen ab. Ressourcen sind alle Stoffe der Natur (Mineralien und Metalle, biotische Ressourcen wie Holz oder Baumwolle), aber auch Luft, Wasser und Boden (vgl. ProgRess 2020).
Von zentraler Bedeutung für die Fahrradbranche sind vor allem Rohstoffe, die in Fahrräder, E-Bikes und Pedelecs verbaut werden, wie beispielsweise Rahmenmaterialien oder Rohstoffe in Akkus und Antriebssystemen, sowie die Dauer der Nutzung von Produkten. Darum soll es im vorliegenden Kapitel anhand ausgewählter Beispiele gehen.
Ressourcen und Ressourceneffizienz
Die weltweite Nachfrage nach Rohstoffen nimmt permanent zu. Bis 2060 wird sich der Verbrauch von Rohstoffen verdoppeln (OECD, 2019). Es werden schon jetzt 1,5 mal mehr Ressourcen verbraucht als sich erneuern können. Dies macht auch der Earth-Overshoot-Day deutlich, welcher jedes Jahr ein bisschen früher eintritt. Der Aktionstag markiert, bis zu welchem Tag die Menschheit so viele Ressourcen verbraucht hat, wie die Natur in einem Jahr regenerieren kann. Der steigende Bedarf hat starke Auswirkungen auf die Umwelt und die Bevölkerung (Umweltbundesamt, 2020). Deshalb ist es umso wichtiger, Rohstoffe so effizient wie möglich zu nutzen und zu recyceln.
Das deutsche Ressourceneffizienzprogramm ProgRess II mit einer Laufzeit von 2016 bis 2020 zielte darauf ab, eine nachhaltige Rohstoffversorgung zu sichern, die Ressourceneffizienz in der Produktion zu steigern, den Konsum ressourcenschonender zu gestalten und die Kreislaufwirtschaft auszubauen. Im Folgeprogramm ProgRess III mit einer Laufzeit bis 2023, das am 17. Juni 2020 vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, werden die Wechselwirkungen von Ressourceneffizienz, Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft vertieft betrachtet.
Ressourceneffizienz ist sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik ein häufig gebrauchter Begriff. Die Interpretationen der jeweils gemeinten Ressourcen unterscheiden sich allerdings deutlich. Aus Sicht eines Unternehmens können als Ressourcen Betriebsstoffe, Werkstoffe, Kapital, Personal, Know-how und Zeit angesehen werden. Die deutsche und europäische Umweltpolitik interpretiert den Begriff Ressource als „Ressource, die Bestandteil der Natur ist. Hierzu zählen erneuerbare und nicht erneuerbare Primärrohstoffe, physischer Raum (Fläche), Umweltmedien (Wasser, Boden, Luft), strömende Ressourcen (z. B. Erdwärme, Wind-, Gezeiten- und Sonnenenergie) sowie die Biodiversität. Es ist hierbei unwesentlich, ob die Ressourcen als Quellen für die Herstellung von Produkten oder als Senken zur Aufnahme von Emissionen (Wasser, Boden, Luft) dienen.“ (Umweltbundesamt, o. J.)
In der Richtlinie VDI 4800-1:2016-0219 wird Ressourceneffizienz als das „Verhältnis eines bestimmten Nutzens oder Ergebnisses zum dafür nötigen Einsatz an natürlichen Ressourcen“ definiert. Natürliche Ressourcen sind laut VDI Richtlinie 4800 Blatt 1 Energieressourcen, Rohstoffe (erneuerbare und nicht erneuerbare Primärrohstoffe), Wasser, Luft, Fläche/Boden, Ökosystemleistungen (VDI, o. J.).
In diesem Kontext geben Gesetze, Verordnungen und Programme den rechtlichen Rahmen vor:
- das im Jahr 2019 unter Federführung des BMU geänderte Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG, 2020)
- das im Jahr 2015 novellierte Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG, 2015).
- das Abfallvermeidungsprogramm (Fortschreibung AbVP) des Bundes und der Länder für den bewussteren Umgang mit Produkten, die Abfall werden können, Dialogprozess zu unterschiedlichen Konzepten der Abfallvermeidung (BMU, 2020)
- das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm, das im Jahr 2012 erstmals von der Bundesregierung beschlossen wurde. Das Programm fördert Innovation im Bereich Ressourceneffizienz, der globalen Verantwortung für die Nutzung von knappen Ressourcen und eine konsequente Kreislaufwirtschaft und wird alle vier Jahre unter Berücksichtigung aktueller umweltpolitischer Herausforderungen unter Federführung des BMU fortgeschrieben (BMU, 2020)
Fahrradbau mit Aluminium
Aluminium, welches ein beliebter Werkstoff für Fahrradrahmen ist, kommt weltweit immer häufiger zum Einsatz. Dies geht jedoch mit starken Auswirkungen für die Umwelt einher. Aluminium wird aus Bauxit gewonnen (Rüttinger et al., 2016). Der Abbau dieses Erzes findet im Tagebau statt und nimmt viel Fläche in Anspruch (Vgl. dazu auch Kapitel zu SDG 15). Dadurch werden natürlich gewachsene Ökosysteme und Böden zerstört, zu denen auch Ur- und Regenwälder gehören. Die zerstörten Flächen werden teilweise wieder aufgeforstet, doch die Regenerierung dauert lange und die biologische Vielfalt ist wesentlich geringer als zuvor (ebd.).
Um Aluminium aus Bauxit zu gewinnen, wird ätzende Natronlauge verwendet. Im Anschluss bleibt Rotschlamm zurück, welcher mit Schwermetallen versetzt ist. Dieser lagert in Deponien oder gelangt in das örtliche Gewässersystem, denn vor Ort fehlen oft Umweltstandards, welche die Bevölkerung und die Umwelt vor den Auswirkungen des Tagebaus schützen (Verbraucherservice Bayern, 2021). Die darauf folgende Verarbeitung des gelösten Aluminiums braucht viel Energie. Pro Tonne wird so viel Strom benötigt, wie ein Zwei-Personen-Haushalt innerhalb von fünf Jahren verbraucht (Döschner, 2014). Dagegen benötigt das Recycling von Aluminium wesentlich weniger Energie, im Vergleich zur Aluminiumgewinnung sind es nur 5 Prozent (Rau, 2022). Auch die Auswirkungen auf die Umwelt sind natürlich nicht gegeben, da für das Recycling kein Bauxit abgebaut werden muss. In Deutschland lautet die offizielle Recyclingquote von Aluminium 90 Prozent (ebd.). Allerdings gibt diese Quote nur an, wie viel Abfall in die Recyclinganlage eingespeist wird. Im Prozess des Recyclings gehen jedoch Rohstoffe verloren, die tatsächliche wiederverwendbare Menge fällt somit geringer aus. Damit geht aus der Quote nicht hervor, wie viel recyceltes Aluminium produziert wird (ebd.).
Fahrradrahmen werden meist aus Aluminium oder Stahl gefertigt, neuerdings aufgrund des Gewichtes auch aus Titan oder Carbon. Die Metalle der Rahmen werden legiert mit Metallen wie Chrom, Kupfer oder Zink, um spezifische Materialeigenschaften zu erhalten (Verbraucherservice Bayern, 2021). Mit Silizium beispielsweise kann die Korrosionsbeständigkeit erhöht werden. Diese aus unterschiedlichen Materialmischungen bestehenden Legierungen, werden allerdings nicht getrennt, wenn sie entsorgt werden, denn das ist mit hohem Aufwand verbunden. Wenn unterschiedliche Legierungen zusammengeschmolzen werden bedeutet das für das Recycling einen Qualitätsverlust (ebd.). Im Bereich des Aluminiumrecyclings besteht Optimierungsbedarf, indem Legierungen besser sortiert und im Anschluss in Abhängigkeit des Materials effizienter aufbereitet werden. Damit ließe sich die Qualität des Aluminiums weitgehend erhalten (Rau, 2022).
Fahrradbau mit Titan
Fahrradrahmen aus Titan sind im Vergleich zu anderen Werkstoffen sehr stabil. Dazu sind sie relativ leicht, gut zu reparieren und haben eine lange Lebensdauer, da sie korrosionsbeständig sind. Aufgrund hoher Duktilität stellen sie eine sichere Variante im Fahrradrahmenbau dar, da sie sich bis zu 30 Prozent verformen können, bevor sie zu Bruch gehen. Somit geht der Rahmen nicht ohne Vorwarnung kaputt (Wertgarantie, 2020). Die Titangewinnung findet mithilfe des so genannten Kroll-Prozesses statt, welcher arbeitsintensiv ist und starke Hitze in Anspruch nimmt. Deshalb ist Titan als Rohstoff nicht nur sehr teuer, sondern in der Herstellung auch energieintensiv (Knight, 2018). Das Material wird spanend bearbeitet, das heißt, dass ein großer Teil des Rohstoffs in Form von Spänen entsorgt wird. Bei großen Bauteilen, wie sie beispielsweise in der Flugzeugindustrie zum Einsatz kommen liegt die Zerspanrate bei 90 Prozent (ebd.). Diese Späne werden aufgrund von Verunreinigungen anschließend nicht auf hochwertige Art recycelt, sondern in weniger anspruchsvollen Prozessketten weiterverwendet. Das ist unter Beachtung der teuren und energieintensiven Herstellung durchaus als problematisch anzusehen. Lange Zeit lohnte sich der Recyclingprozess von Titanschrott wirtschaftlich nicht oder Titanschrott wurde zur Weiterverwertung in nicht-europäische Länder transportiert. Mittlerweile gibt es in Frankreich ein Recyclingwerk, das Titan aufbereitet. Dabei kann Energie und Geld gespart werden und es werden wesentlich weniger Ressourcen beansprucht (ebd.).
Fahrradbau mit Carbon
Ein weiterer verbreiteter Werkstoff für Fahrradrahmen ist Carbon, auch bekannt als kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff. Dabei handelt es sich um ein sehr leichtes Material, welches sich unter Belastung nur minimal verformt und lange haltbar ist (Durant, 2021). Allerdings handelt es sich dabei um einen spröden Werkstoff, das heißt, wenn das Material überlastet wird, dann reißen Faserlagen und es verliert an Festigkeit. Nach Unfällen oder Stürzen sind Fahrradrahmen aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht mehr nutzbar, denn die Schäden sind oft nicht direkt sichtbar. Um Beeinträchtigungen des Materials nach einem Sturz festzustellen, wäre oft eine teure und aufwändige Technologie vonnöten (Mottschall, 2012). Andere Experten sehen dies jedoch nicht als so bedenklich an. Mit einem Drucktest mit dem Daumen kann festgestellt werden, ob der Schaden größer ist (vgl. Caron-Bike o. J.). Wenn sich die defekte Stelle auch nur ein wenig eindrücken lässt, muss ausgeschliffen und das Gewebe neu aufgebaut werden.
Carbonfasern werden aus Polyacrylnitril hergestellt, welches seinerseits aus Propen und Ammoniak hergestellt wird. Basis ist also zum einen das Fracking von Erdöl und das Haber-Bosch-Verfahren mit Erdgas, Wasserdampf und Luft. Somit sind die nicht-erneuerbaren Ressourcen die grundlegenden Rohstoffe für Carbon-Fasern (Durant, 2021). Da es sich bei Carbon um einen Verbund-Werkstoff handelt kommen bei der Herstellung weitere Kunststoffe zum Einsatz, wie beispielsweise das giftige Epoxidharz. Es wird ebenfalls aus Erdöl hergestellt und darüber hinaus mit Chemikalien angereichert, die sich schwer entsorgen lassen (ebd.). Um Carbon herzustellen, ist ein hoher Energie- und Wasseraufwand vonnöten (Szto & Wilson, 2022). Im Fahrradrahmenbau mit Carbon wird ungefähr ein Drittel des Ausgangsmaterials zu Abfall. Da es sich um einen vergleichsweise jungen Werkstoff handelt, ist das Recyclingverfahren noch nicht perfektioniert. Das Harz, von dem die Carbonfasern umschlossen werden, muss chemisch gelöst oder abgeschmolzen werden. Die daraufhin recycelten Carbonfasern sind weniger belastbar als die im Ausgangsmaterial, es findet also ein Downcycling statt (Theis, 2018). Ein Großteil der weltweit verkauften Fahrräder wird in Asien produziert, wo entsprechende Umwelt- und Sicherheitsstandards oft fehlen. So gelangt nicht abbaubares Material auch in die Meere und Arbeiterinnen und Arbeiter sind im Rahmen der Produktion oft nicht ausreichend geschützt (ebd.).
Werkstoffe und Ökobilanz
Aus den obigen Abschnitten zu den verschiedenen Materialien, die im Fahrradrahmenbau eingesetzt werden, sollte deutlich geworden sein, dass alle Rohstoffe Auswirkungen auf die Umwelt haben, wenn auch mit einzelnen Unterschieden. Auch die Entsorgung und das Recycling gestalten sich teilweise problematisch. Bereits 2012 wurde im Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen die sogenannte Abfallhierarchie Deutschlands dargestellt. Der Vermeidung von Abfällen wird hier die größte Bedeutung beigemessen (KrWG, 2012; Verbraucherservice Bayern, 2021). Allerdings ist bei einer Gesamtbetrachtung z. B. in einer Ökobilanz auch die Nutzungsphase mit einzubeziehen.
Betrachtet man nur das Fahrradfahren im Vergleich zum Autofahren, so verursacht letzteres natürlich viel höhere THG – Emissionen. Auch wenn das Fahrrad oder das E- Bike eine additive Mobilität ist – d. h. es ersetzt nicht sondern ergänzt das Auto- fällt die Klimabilanz immer besser aus, selbst wenn die THG – Emissionen für die Produktion mit einberechnet werden.
Werkstoffe im Vergleich
Die Werkstoffsubstitution stellt eine Strategie dar, die das Ziel verfolgt, Ressourcen entlang der gesamten Wertschöpfungskette so effizient wie möglich einzusetzen. Fahrradrahmen beispielsweise können aus verschiedenen Werkstoffen gebaut werden, die sich in Gewicht, aber auch in der Menge der für den Rahmenbau eingesetzten Materialien unterscheiden. Dies wird in folgender Übersicht (Eickenbusch & Luther, 2013) gut illustriert.
Aufgrund ihres geringen Gewichts sind Rahmen aus Aluminium und kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) heute weit verbreitet. Obwohl der Stahlrahmen der schwerste unter den drei Fahrradrahmen ist, so ist der Ressourcenverbrauch im Vergleich am geringsten. Hier müssen Fahrkomfort und individuelle Wünsche von Kundinnen und Kunden gegen Aspekte der Nachhaltigkeit gegeneinander abgewogen werden.
Abfall und Kreislaufwirtschaft
Die weltweite Ressourcenverschwendung und damit einhergehende Knappheit, als auch die begleitenden Umweltauswirkungen zeigen, dass mit den vorhandenen Ressourcen effizient umgegangen werden muss. Gleichzeitig steigt auch das weltweite Abfallaufkommen an. Circa die Hälfte der globalen Treibhausgasemissionen gehen auf den Abbau und die Produktion von Rohstoffen zurück (Europäisches Parlament, 2015). In unserem Wirtschaftssystem werden die gewonnenen Rohstoffe verarbeitet, für den vorgesehenen Zweck verwendet, am Ende des Produktlebenszyklus werden sie zu Abfall und somit weggeworfen oder recycelt (ebd.). Um Abfälle und die damit verschwendeten Ressourcen und einhergehende Umweltauswirkungen zu minimieren, gibt es das Modell der Kreislaufwirtschaft. Der zugrunde liegende Gedanke ist, dass existierende Produkte und Materialien durch Teilen und Leasen, aber auch durch Reparatur, Aufarbeitung und Recycling so lange wie möglich verwendet werden. Ist ein Produkt nicht mehr benutzbar, verbleiben die Rohstoffe und Materialien im Wirtschaftssystem, um mit ihnen weiterhin Wertschöpfung zu erzeugen (ebd).
Nutzen statt Besitzen -Bikesharing
Pendlerinnen und Pendler nutzen ihr Fahrrad täglich auf dem Weg zur Arbeit. Gleichzeitig gibt es viele Fahrräder, die nicht in der gleichen Häufigkeit verwendet werden und irgendwo ungenutzt herumstehen. Vor dem Hintergrund der wertvollen Ressourcen, die in diese Produkte geflossen sind, könnte fast von Verschwendung die Rede sein. Als Alternative haben sich in vielen Städten Bike-Sharing-Systeme entwickelt. Dabei handelt es sich um Leihfahrräder, die über die Stadt verteilt zu jeder Uhrzeit selbstständig ausgeliehen werden können (ADFC Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club, o. J.). Die Vorteile sind vielfältig. Die Anzahl an Fahrrädern, die insgesamt genutzt werden, kann reduziert werden, da sie von mehreren Personen gefahren werden. Das reduziert auch die verwendeten Rohstoffe und damit einhergehende Emissionen und es werden zum Ende des Produktlebenszyklus weniger Räder zu Abfall (siehe unten). Darüber hinaus bieten sie Flexibilität für die Nutzenden und damit steigt oft die Fahrradnutzung insgesamt an. Mit geliehenen Rädern werden bis zu 10 000 Kilometer pro Jahr zurückgelegt. Sie werden somit stärker genutzt als viele Fahrräder von Privatpersonen (ebd.).
Beispiel Fahrradreifen
Haben Fahrradreifen das Ende ihrer Produktlebenszeit erreicht, so werden sie verbrannt. In den Abfallverbrennungsanlagen entsteht dadurch immerhin noch nutzbare Energie, die Rohstoffe sind allerdings verloren. Die Firma Schwalbe hat ein Recyclingverfahren entwickelt, das es ermöglicht, aus alten Reifen neue herzustellen. Im Rahmen des Prozesses soll 80 Prozent Energie eingespart werden (Schmitz, 2022). Dafür werden die Reifen bei teilnehmenden Partnern im Fachhandel abgegeben und gesammelt. Anschließend wird das enthaltene Gummigranulat, Stahl und das Gewebe getrennt. Unter Anwendung des Pyrolyseverfahrens wird das Gummigranulat in Sekundärrohstoffe umgewandelt, dabei entsteht Pyrolyseöl, Pyrolysegas und Pyrolysekoks (ebd).. Das hierbei entstehende Pyrolysekoks wird zu Recovered Black Carbon verarbeitet. Dieses kommt in neuen Produkten zum Einsatz. Das im Prozess entstehende Öl wird an den Chemiekonzern BASF weitergegeben, der es für Textilfasern nutzt. Das entstehende Gas wird in Strom für die Pyrolyse-Anlage umgewandelt, so dass es sich dabei um einen geschlossenen Kreislauf handelt (ebd).
E-Bikes
Die Nutzungsdauer von Fahrrädern hängt von der Langlebigkeit der verwendeten Materialien, aber auch von der jeweiligen Pflege ab. Händler schätzen, dass ein normales Fahrrad 20 Jahre halten kann. Bei E-Bikes und Pedelecs kommt zusätzlich der Aspekt der Elektronik hinzu. Es kann sein, dass nach 5 bis 10 Jahren Ersatzteile nicht mehr verfügbar sind, Software nicht mehr aktualisiert werden kann oder das Produkt nicht mehr unterstützt wird (Lienhop et al., 2015). Tendenziell lassen sich E-Bikes also nicht so lange nutzen wie Fahrräder. Problematisch daran ist, wie oben dargelegt, dass wertvolle Rohstoffe verschwendet werden. Darüber hinaus liegen jedoch die Emissionen der Herstellung eines E-Bikes oder Pedelecs zu 35 Prozent über denen eines Fahrrads (ebd.). Das liegt vor allem an den Komponenten des Antriebssystems und der Batterie. Die Herstellungsemissionen können um 72 Prozent ausgeglichen werden, wenn über einen Zeitraum von 6 Jahren 3.500 Kilometer gefahren werden. Werden über die gesamte Lebensdauer 6.000 Kilometer zurückgelegt, dann können sogar bis zu 90 Prozent abgeschrieben werden (ebd.). Je länger also ein E-Bike gefahren wird, desto geringer sind die auf den gesamten Lebenszyklus fallenden Emissionen.
Nachhaltigkeitssiegel für Fahrräder
Nachhaltigkeitssiegel sollen Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Kaufentscheidung unterstützen, indem sie die sozialökologischen Eigenschaften von Produkten darlegen. Somit müssen Individuen sich nicht selbst auf Informationssuche begeben, sondern können unkompliziert erfassen, ob ein Produkt nachhaltig ist (Stehr & Struve, 2017). Die Kennzeichnung mit Nachhaltigkeitssiegeln deckt dabei folgende Aspekte ab: Standards von Nachhaltigkeitsleistungen die ein Produkt erfüllt, werden definiert; bei den Konsumentinnen und Konsumenten wird Vertrauen im Kaufprozess geschaffen; darüber hinaus wird Unterstützung geleistet bei dem Versuch das Kaufverhalten in eine nachhaltige Richtung zu beeinflussen. Um eine einheitliche Regelung für nachhaltige Produkte zu gewährleisten, wurden entsprechende Richtlinien der Normenreihe ISO 14000 vorgegeben (ebd.). Dabei wurden drei Typen freiwilliger Ökolabel definiert (Stehr & Struve, 2017):
Typ I – ISO 14024: hierbei handelt es sich um zertifizierte Umweltzeichen, welche bei gleichbleibender Qualität eine höhere Umweltleistung von Produkten gewährleistet
Typ II – ISO 14021: diese werden selbstständig von den Herstellern sowie Händlerinnen und Händlern entwickelt, hierbei ist keine Zertifizierung durch eine externe Organisation vorgeschrieben
Typ III – ISO 14025: das sind Umweltzeichen, welche die Ökobilanz Informationen eines Produkts zusammenfassen, dies geschieht durch eine externe Organisation
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Siegeln und nicht immer ist transparent, wie nachhaltig das damit beworbene Produkt wirklich ist. Um dieser Problematik Abhilfe zu schaffen, hat die Bundesregierung die Initiative Siegelklarheit ins Leben gerufen. Auf der Webseite Siegelklarheit.de werden auf unabhängige und transparente Art bestehende Siegel eingeordnet.
Der Blaue Engel für E-Bikes
Eines der bekanntesten Umweltzeichen in Deutschland ist der blaue Engel. Er wird seit 1978 durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vergeben und fällt in die Kategorie ISO 14024 (Typ I). Mit ihm werden Produkte und Dienstleistungen ausgezeichnet, die besonders umweltschonende Eigenschaften haben. Hersteller können ihre Produkte damit freiwillig kennzeichnen (Stehr & Struve, 2017; BMU, 2020). Seit 2015 gibt es das Umweltzeichen “Blauer Engel” für E-Bikes (Umweltbundesamt, 2018). Damit sollen E-Bikes ausgezeichnet werden, welche folgende Eigenschaften besitzen: Eine lange Lebensdauer des Akkus, langfristige Verfügbarkeit von Ersatzteilen (auch Akkus), mechanische und elektrische Sicherheit, sowie eine langlebige Konstruktion, welche reparaturfreundlich und recyclinggerecht ist (ebd.). Darüber hinaus sollen Schadstoffe in den Griffen, dem Sattel und im Akku reduziert werden und Verbraucherinnen und Verbraucher umfassend informiert werden (ebd.). Damit sollen auch die Problematiken, welche oben im Abschnitt “E-Bikes” dieses Kapitels dargelegt wurden, reduziert werden. Stand 2021 hat noch kein Hersteller ein E-Bike mit dem “Blauer Engel” zertifizieren lassen (Holzer, 2021).
Fahrraddiebstahl
Der Aspekt der Sicherheit vor Diebstahl von Fahrrädern findet sich in der sozialen Dimension von Nachhaltigkeit wieder. Wie viele Fahrräder in Deutschland pro Jahr geklaut werden, ist nicht sicher zu ermitteln, da es eine hohe Dunkelziffer gibt, es werden jährlich ungefähr 600.000 Fahrräder unrechtmäßig entwendet (WSM, 2021). Während der Corona-Pandemie sank die Anzahl der gestohlenen Räder aufgrund mangelnder Tatgelegenheiten. Im Jahr 2022 stieg sie wieder an, allerdings nicht auf das Niveau vor der Pandemie. Die Schadenssumme dagegen wird jährlich mehr, im Jahr 2022 haben Versicherer 140 Millionen Euro für gestohlene Fahrräder gezahlt (GDV 2023). Es werden also vor allem teure Räder geklaut (ebd.). Die Aufklärungsquote liegt bei 10 Prozent aller gemeldeten Fahrraddiebstähle (FIS, 2021).
Die öffentliche Fahrradinfrastruktur beeinflusst die Entscheidung von Individuen, ob sie ein Fahrrad nutzen oder nicht. Ihr kommt somit im Rahmen der Verkehrswende eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung zu. Dazu gehören auch sichere Fahrradabstellanlagen. Um Fahrräder im öffentlichen Raum diebstahlsicher abstellen zu können, haben Kommunen die Qualität und Quantität solcher Anlagen erhöht. Dabei sind eine attraktive Lage sowie eine gute Ausstattung und Gestaltung wichtig. Außerdem sollte sie nicht abseits und schlecht einsehbar gelegen sein. Darüber hinaus sollte Schutz gegen Witterung, gute Beleuchtung und eine ausreichende Anzahl von Stellplätzen vorhanden sein (FIS, 2021).
Quellenverzeichnis
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SDG 15 Leben an Land
“Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen”
Das SDG 15 fokussiert sich auf das Leben an Land. Dabei geht es vor allem darum, bestehende Ökosysteme zu schützen und wiederherzustellen. Die Wüstenbildung soll bekämpft und Wälder nachhaltig bewirtschaftet werden. Für die Fahrradwirtschaft ist folgendes Unterziel von Bedeutung:
15.4 Umgehende und bedeutende Maßnahmen ergreifen, um die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume zu verringern, dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende zu setzen und bis 2020 die bedrohten Arten zu schützen und ihr Aussterben zu verhindern
Dieses Ziel findet sich in folgenden Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse der Standardberufsbildpositionen wieder (BMBF, 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen, Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Für Beschäftigte in der Fahrradbranche ist vor allem der Aspekt des Flächenverbrauchs von Bedeutung. Wie das mit dem Unterziel 15.4 und der Nutzung von Fahrrädern zusammenhängt, darum soll es im vorliegenden Kapitel gehen.
Flächenverbrauch und Biodiversität
Als Flächenverbrauch wird die neue Inanspruchnahme von Flächen für Siedlungs- und Verkehrsvorhaben definiert. In Deutschland werden täglich ungefähr 55 Hektar für neue Bebauungsprojekte ausgewiesen, was einer Fläche von 78 Fußballfeldern entspricht (BMUV, 2023). Da Deutschland allerdings nicht mehr neue Fläche “produzieren” kann, handelt es sich um eine endliche Ressource. Um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten, sollte damit sparsam umgegangen werden. Da es sich beim Flächenverbrauch um ein schleichendes Problem handelt, gibt es in Politik und Gesellschaft ein mangelndes Problembewusstsein. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, den Flächenverbrauch bis 2030 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren und bis 2050 sogar auf Netto-Null (ebd.). Das Problem mit fortschreitendem Flächenverbrauch ist, dass fruchtbare Böden, welche für die Landwirtschaft wichtig sind, zerstört und Naturräume zerschnitten werden (ebd.). Durch den Bau von Straßen werden Naturräume in kleinere Teilräume zerschnitten. Damit können sie oft ihrer Funktion als Lebensraum nicht mehr gerecht werden (Henle & Kühn, o. J.). Innerhalb dieser empfindlichen Ökosysteme fallen zuerst große Arten aus, welche störungsanfälliger sind. Daraufhin etwas später auch die immobileren Arten und solche, die sich wenig ausbreiten. Bei dem Versuch, auf eine andere Teilfläche über eine Verkehrsader zu gelangen, besteht ein hohes Risiko, verletzt oder getötet zu werden. Einzelne Arten werden durch Straßen in kleinere Teilpopulationen unterteilt und können daraufhin aussterben. Alles in Allem führt der Flächenverbrauch durch Verkehrsinfrastruktur zu einem Rückgang der Biodiversität (ebd).
Flächenverbrauch durch Verkehr
In deutschen Städten nimmt der motorisierte Individualverkehr einen großen Anteil des öffentlichen Raums ein, was an der autofreundlichen Politik der letzten Jahrzehnte liegt (Nimmrich, 2022). Im Gegensatz dazu ist der Verkehr per Rad oder zu Fuß wesentlich flächeneffizienter. In Berlin beispielsweise nimmt der Autoverkehr eine Fläche von 48 Quadratkilometern ein, während der Fahrradverkehr nur 5 Quadratkilometer beansprucht (Bocksch, 2020). Nur jeder dritte Weg wird in der Hauptstadt durch das Auto zurückgelegt, trotzdem wird 60 Prozent des Straßenraums durch den motorisierten Individualverkehr eingenommen. Alleine der ruhende Verkehr, also parkende Autos, nehmen in Städten wesentlich mehr Platz ein als die Summe aller öffentlich nutzbaren Fahrzeuge und das obwohl das Auto zu 90 Prozent der Zeit nicht genutzt wird (Klimareporter, 2019; Nimmrich, 2022). Auf dem Platz, den ein Auto zum Parken braucht, können 10 Fahrräder abgestellt werden (Bracher et al., 2014). Der Radverkehr beansprucht weniger Fläche als der Autoverkehr, was zukünftig in der Stadt- und Verkehrsplanung berücksichtigt werden muss, denn der geförderte Radverkehr macht Städte auch nachweislich attraktiver (VCD, 2016).
Flächenverbrauch durch Rohstoffabbau
Die für Fahrräder benutzten Rohstoffe, beispielsweise für Rahmen oder Batterien, benötigen im Abbau nicht nur große Mengen an Ressourcen, wie Energie und Wasser, sondern auch Fläche (Rüttinger et al., 2016) (vgl. dazu auch den Abschnitt zu Aluminium im Kapitel zu SDG 12). Aluminium wird durch den Abbau von Bauxit hergestellt. Um im Tagebau an das Erz zu gelangen, werden die obersten Bodenschichten abgetragen, dabei ist der Flächenverbrauch sehr hoch. Hinzu kommt der Verbrauch von Fläche durch die nötige Infrastruktur, um das gewonnene Bauxit zur Weiterverarbeitung in andere Länder oder Regionen zu bringen. Dadurch werden natürlich gewachsene Ökosysteme und Böden zerstört, Wälder zerstört und fragmentiert, was sich auf die Biodiversität vor Ort auswirkt (ebd.).
Quellenverzeichnis
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMUV (2023): Flächenverbrauch – Worum geht es? Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Online: https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit-digitalisierung/nachhaltigkeit/strategie-und-umsetzung/flaechenverbrauch-worum-geht-es
Bocksch, René (2020): Infografik: So viel Raum nimmt der Verkehr in Berlin ein. Statista Infografiken. https://de.statista.com/infografik/23553/flaeche-fuer-verkehrsmittel-in-berlin-2017
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