Pflanzentechnologe/Pflanzentechnologin
Einleitung
Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung). Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis 2022). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in den novellierten Ausbildungsordnungen wie z.B. die für den Fachmann und die Fachfrau für Systemgastronomie wird der Begriff „Klimaschutz“ in den berufsprofilgebenden Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten nicht genannt – obwohl die Ernährung nachweislich erheblich für den Klimawandel verantwortlich ist. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030;
- BBBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten.
Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) meint eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen (BMBF o. J.). BBNE ist somit nur ein Teil von BNE, der an alle Bürger*innen adressiert ist. Eine Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn Menschen weltweit, gegenwärtig und in Zukunft würdig leben und ihre Bedürfnisse und Talente unter Berücksichtigung planetarer Grenzen entfalten können. … BNE ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen (ebd.).
Grundlage für BNE ist heutzutage die Agenda 2030 mit ihren 17 SDG (Sustainable Development Goals). Die 17 Ziele bilden den Kern der Agenda und fassen zusammen, in welchen Bereichen nachhaltige Entwicklung gestärkt und verankert werden muss (ebd.). Die Materialien der Projektagentur sollen Lehrkräften an Berufsschulen und Ausbildende dabei helfen, die Ideen der SDG in die Bildungspraxis einzubringen. Sie sind somit ein wichtiges Element insbesondere für das Ziel vier “Hochwertige Bildung”: “Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, …” (ebd.).
Während die Grundlage in den Impulspapieren die Ausbildungsordnungen und die Rahmenlehrpläne der beruflichen Bildung waren, die mit den SDG vernetzt wurden, geht das Hintergrundpapier den umgekehrten Weg: Wir betrachten die SDG im Hinblick auf ihre Bedeutung für die berufliche Bildung und stellen uns der Frage, welche Anforderungen ergeben sich aufgrund der SDG und deren Unterziele an die Berufsbildung? Die folgenden Beschreibungen haben deshalb immer die gleiche Struktur:
- Es wird das SDG beschrieben.
- Es werden relevante Unterziele benannt.
- Es wird (wissenschaftlich) ausgeführt, was diese Unterziele für das jeweilige Berufsbild bedeuten.
Glossar
Folgende Abkürzungen werden in diesem Dokument verwendet:
Abkürzung | Bezeichnung |
AO | Ausbildungsordnung |
BMUV | Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit |
Care | Segment der AHV, hier: Krankenhäuser, Pflegeheime |
CO2-Äq | Kohlendioxid-Äquivalente |
FS | Foliensammlung |
HGM | Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial) |
IP | Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial) |
KI | Künstliche Intelligenz |
ÖPNV | Öffentlicher Personennahverkehr |
RLP | Rahmenlehrplan |
SBBP | Standardberufsbildposition |
SDG | Sustainable Development Goals |
THG | Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq) |
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/17281
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.a): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.b): Ausbildung gestalten. Online: BIBB / Reihen / Ausbildung gestalten
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE? Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
SDG 2 Kein Hunger
“Den Hunger beenden, Ernährungssicherheitund eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern”
Das SDG 2 zielt primär auf die Welternährung im Kampf gegen den Hunger vor allem durch eine nachhaltigere Landwirtschaft ab. Zwei relevante Unterziele im nationalen Kontext sind (Destatis o. J.):
2.4 Bis 2030 die Nachhaltigkeit der Systeme der Nahrungsmittelproduktion sicherstellen und resiliente landwirtschaftliche Methoden anwenden, die die Produktivität und den Ertrag steigern, zur Erhaltung der Ökosysteme beitragen, die Anpassungsfähigkeit an Klimaänderungen, extreme Wetterereignisse, Dürren, Überschwemmungen und andere Katastrophen erhöhen und die Flächen- und Bodenqualität schrittweise verbessern
2.5 Bis 2020 die genetische Vielfalt von Saatgut, Kulturpflanzen sowie Nutz- und Haustieren und ihren wildlebenden Artverwandten bewahren, unter anderem durch gut verwaltete und diversifizierte Saatgut- und Pflanzenbanken auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene, und den Zugang zu den Vorteilen aus der Nutzung der genetischen Ressourcen und des damit verbundenen traditionellen Wissens sowie die ausgewogene und gerechte Aufteilung dieser Vorteile fördern, wie auf internationaler Ebene vereinbart
Bezüge zwischen diesem SDG 2 “Kein Hunger” und der Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit” gibt es in allen Positionen a) bis e). Global betrachtet ist es Aufgabe der Landwirtschaft, die Nahrungsmittelproduktion und damit die Ernährung weltweit zu sichern und Hunger sowie Mangelernährung zu bekämpfen (Bundesregierung 2021). Die nationale Umsetzung des SDG 2 stellt die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und die Produktion gesunder Nahrungsmittel in den Mittelpunkt (ebd.). Dies soll insbesondere durch eine nachhaltige und verantwortungsvolle Nutzung natürlicher Ressourcen wie Boden, Wasser, Luft und biologische Vielfalt erreicht werden (ebd.). Die Entwicklung widerstandsfähiger und standortangepasster Arten und Sorten sowie die Stärkung des Integrierten Pflanzenschutzes durch den Pflanzentechnologen und der Pflanzentechnologin können dazu beitragen, diese nationalen Aufgaben zu bewältigen (BMEL 2021).
Züchtung nachhaltiger Kultursorten
Im pflanzenbaulichen Bereich kann die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen (2.1) durch die Züchtung nachhaltiger Kultursorten unterstützt werden. Die Ansprüche an neue Sorten für die Zukunft sind vielfältig: Sie sollen “anpassungsfähig, klimatolerant und möglichst resistent gegen Krankheitsbefall sein und gleichzeitig mit wenig Wasser und Dünger auskommen” (LfL 2022). Im konventionellen Erwerbsanbau wird die Züchtung über die rechtlichen Instrumente des Sortenschutzes und der Sortenzulassung vorangetrieben und finanziert. Parallel dazu gewinnen Initiativen, die Saatgut als Gemeingut fördern möchten, zunehmend an Bedeutung für gesamtgesellschaftliche Leistungen. Um nachhaltige Züchtungsziele zu erreichen, stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung.
Schutz und Zulassung neuer Pflanzensorten
Der Sortenschutz ist ein gesetzlich geregeltes Verfahren zum Schutz des geistigen Eigentums an einer neuen Pflanzensorte. Die Erteilung des Sortenschutzes umfasst folgende Teilprozesse (Bundessortenamt 2019):
● Antrag auf Sortenschutz beim Bundessortenamt
● Prüfung auf Unterscheidbarkeit, Homogenität, Beständigkeit, Neuheit und Sortenbezeichnung
● Prüfungsanbau beim Bundessortenamt und an anderer Stelle
● Prüfungsbericht und Entscheidung
● Erteilung des Sortenschutzes
Sorten landwirtschaftlicher Pflanzenarten, Gemüsearten und Reben, die für den gewerblichen Betrieb bestimmt sind, benötigen eine Sortenzulassung. Die Prüfkriterien für die Sortenzulassung umfassen Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit, eine eintragbare Sortenbezeichnung sowie, für Sorten landwirtschaftlicher Kulturarten, einen Nachweis des landeskulturellen Wertes (ebd.).
Die Prozesse des Sortenschutzes und der Sortenzulassung sind aufwändig und kostspielig. Mit den Vorgaben des Sortenrechts soll die Pflanzenzüchtung wirtschaftlich abgesichert und die Interessen der Akteure wie folgt ausgeglichen werden (ebd.):
● Durch das Sortenrecht erwirbt der Züchter/ die Züchterin das exklusive Nutzungsrecht auf eine neu entwickelte Sorte.
● Landwirtinnen und Landwirte dürfen samenfeste, zum Nachbau geeignete Sorten nachbauen. Beim Nachbau wird ein Teil der Ernte wieder als Saatgut ausgebracht; für diese betriebsinterne Saatgutgewinnung sind Hybridsorten nicht geeignet. Für den Nachbau muss eine Gebühr entrichtet werden, die niedriger ist als neues Saatgut zu erwerben.
● Kleinlandwirte sind von der Gebühr für den Nachbau befreit.
Gesamtgesellschaftliche Leistungen durch Erhaltungssorten/ OSS
Auch für alte Sorten, sogenannte Erhaltungs- und Amateursorten, gilt eine Zulassungspflicht, wenn sie gewerblich vertrieben werden sollen. Die Zulassung dieser Sorten ist in Deutschland in der „Erhaltungssortenverordnung“ geregelt, deren Vorgaben deutlich geringere Hürden darstellen, als die Zulassung kommerzieller Sorten. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für Initiativen, Kleinunternehmen und einzelne „Amateure“, die die Förderung und Erhaltung genetischer Ressourcen mit regionaler Bedeutung zum Ziel haben (ebd.).
Parallel zu staatlich geregelten Sortenzulassungen hat in den vergangenen Jahren die Idee der Open Source Seeds (OSS) an Bedeutung gewonnen, mit dem Ziel, Saatgut als Gemeingut zu schützen und zur Erhaltung der Biodiversität, Pflege von Kulturlandschaften und ihren Ökosystemleistungen sowie der Anpassung an den Klimawandel beizutragen (Kotschi und Horneburg 2018). Die OSS-Lizenz wurde von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe aus Pflanzenzüchter*innen, Agrarwissenschaftler*innen, Juristen und Commons-Expert*innen in Europa entwickelt (ebd.). Um Saatgut-Sorten vor Patenten oder anderen Formen der Privatisierung zu schützen, werden sie mit einer Open-Source Lizenz versehen, die auf drei grundlegenden Regeln basiert:
● Regel 1: Jeder darf das Saatgut frei nutzen, es vermehren, weiterentwickeln, züchterisch bearbeiten und es im Rahmen bestehender Gesetze weitergeben“.
● Regel 2: Niemand darf das Saatgut und seine Weiterentwicklungen mit geistigen Eigentumsrechten wie Patenten belegen.
● Regel 3: Jeder Empfänger überträgt zukünftigen Nutzern des Saatguts und seinen Weiterentwicklungen die gleichen Rechte und Pflichten.”
Die OSS-Lizenz ist mit den geltenden Saatgutgesetzen kompatibel (ebd.).
Konventionelle Züchtung versus Grüne Gentechnik
Im Abschnitt Konventionelle Züchtung versus Gentechnik stehen folgende Methoden zur Diskussion:
● Konventionelle Züchtung: Hierzu zählen die Kreuzung und Selektion, bei der Elternpflanzen mit den gewünschten Merkmalen und Eigenschaften gekreuzt werden. Die Samen, die mit dem Zuchtziel am meisten übereinstimmen, werden weiter ausgesät. Bei der Hybridzüchtung werden zwei genetisch unterschiedliche Linien gekreuzt. Die Hybriden vereinen die gewünschten Zuchtziele und potenzieren sie zum Teil (Grossniklaus et al 2020) .
● Gentechnik der ersten Generation: Bei der Gentechnik der ersten Generation erhält eine Pflanzenzelle neue genetische Eigenschaften, indem Erbgut aus anderen Pflanzen oder Bakterien in das Erbgut der Zielpflanze übertragen wird. Bei den Verfahren der ersten Generation konnte nicht genau bestimmt werden, an welcher Stelle das eingeschleuste Erbgut eingebaut wird (Leopoldina o. J.).
● Markergestützte Selektion (MAS): Bei der markergestützten Selektion werden Pflanzen mit Hilfe von Genmarkern auf bestimmte Eigenschaften hin untersucht, um dann für die weitere Züchtung ausgewählt zu werden. Das Markern von Genen dient als Vehikel, eine gentechnische Veränderung findet nicht statt (LfL 2022).
● Genome editing ist ein weiteres gentechnisches Verfahren, das seit 2013 in der Pflanzenzüchtung angewandt wird. Mit Hilfe von Enzymen wird die DNA einer Pflanzenzelle an bestimmten Stellen geschnitten. An diesen Stellen können einzelne oder mehrere Bausteine gezielt entfernt, ausgetauscht oder eingefügt werden. Mit der Genomeditierung, darunter ist die “Genschere” das bekannteste Verfahren (“CRISPR”), lassen sich durch die gezielte Veränderung des Genoms bestimmte Eigenschaften bearbeiten. Der Fortschritt gegenüber der Gentechnik der ersten Generation besteht darin, dass mit dieser Technik steuerbar ist, an welcher Stelle des Erbgutes ein neuer Baustein eingefügt wird (Leopoldina o. J.).
Während der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in einigen Ländern der Welt zugelassen und praktiziert wird, werden in Deutschland seit 2012 keine gentechnisch veränderten Pflanzen kommerziell angebaut. Weltweit werden hauptsächlich fünf gentechnisch veränderte Kulturarten angebaut: Sojabohnen, Mais, Baumwolle, Raps und Zuckerrüben. Die wichtigsten Herkunftsländer dieser Kulturen sind die USA, Argentinien, Brasilien, Indien, China und Kanada. In die EU dürfen diese Produkte nur eingeführt werden, wenn sie eine der 50 existierenden Import Zulassungen besitzen. Die eingeführten gentechnisch veränderten Pflanzen werden überwiegend als Futtermittel genutzt. Lebensmittel können Verarbeitungsprodukte aus diesen Pflanzen enthalten, wie z. B. Fette, Öle oder Stärke (Bundesregierung o. J.).
Mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel soll der Verbraucher/ die Verbraucherin zusätzlich geschützt und aufgeklärt werden. Das Siegel gewährleistet, dass gekennzeichnete Lebensmittel keine gentechnisch veränderten Bestandteile enthalten, also keine gentechnisch veränderten Enzyme oder Zusatzstoffe wie Vitamine, Aminosäuren oder Aromen (ebd.).
In der Züchtung stehen sich unterschiedliche Positionen gegenüber: Befürworter*innen gentechnisch veränderter Pflanzen argumentieren, dass Erträge gesteigert und Kosten gesenkt werden können. Weiterhin können mittels Gentechnik gezielt Pflanzen mit Eigenschaften wie Resistenz gegen Krankheiten und Schädlingsbefall gezüchtet werden.
Expert*innen der konventionellen Züchtung kommen zu dem Schluss, dass Gentechnik langwierig und kostspielig ist und die konventionelle Züchtung Probleme schneller lösen kann (CIMMYT o. J.). Dies wird am Forschungsprojekt “Improved Maize for African Soils” deutlich: Kleinbauern in afrikanischen und vielen anderen Ländern des globalen Südens müssen auf nährstoffarmen Böden wirtschaften, können sich keinen Dünger leisten oder haben keinen Zugang dazu. Auf die Umweltbelastung durch Gewässerverunreinigung wurde bereits hingewiesen. Im Rahmen des genannten Projektes wurden in vier Jahren über 20 Maissorten konventionell (durch Kreuzung und Selektion) gezüchtet, die mehr Ertrag aus stickstoffarmen Böden gewinnen können. Die Wissenschaftler*innen kamen zu dem Schluss, dass sie für eine vergleichbare Gentechnik-Maissorte weitere zehn Jahre gebraucht hätten (Gilbert 2014).
Derzeit setzt die Forschung große Hoffnungen in das Verfahren der markergestützen Selektion (LfL 2022). Diese Methode ermöglicht eine schnelle Selektion von Pflanzen mit den gewünschten Eigenschaften, ohne dass eine gentechnische Veränderung stattfindet (ebd.). Mit der Entwicklung neuer gentechnischer Verfahren, wie der Genschere, kommt Bewegung in die politische Diskussion auf europäischer Ebene (Leopoldina o. J.). Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass die Genomeditierung geeignet ist, Eigenschaften von Nutzpflanzen kosten- und zeitsparend zu verändern. Auf diese Art und Weise kann eine neue Form der Gentechnik dazu beitragen, die Ernährung weltweit zu sichern und gleichzeitig landwirtschaftliche Nutzungsformen nachhaltiger zu gestalten (ebd.). Weltweit sind die USA und China führend auf dem Gebiet der Genomeditierung (Parisi und Rodríguez-Cerezo 2021). In der Europäischen Union führt Deutschland die Rangliste mit den meisten Anwendungen der Genomeditierung an (ebd.). Im Jahr 2021 wurden weltweit 427 Anwendungen der Genomeditierung in Pflanzen identifiziert, von denen bisher eine Anwendung Marktreife erzielte. Es handelt sich z. B. um eine Sojabohnensorte mit hohem Ölsäuregehalt. 16 genomeditierte Pflanzen, wie Mais, Sojabohnen, Reis und Kartoffeln, wurden mit Merkmalen Herbizidtoleranz, Pilzresistenz, modifizierter Öl- oder Stärke Zusammensetzung ausgestattet und befinden sich vor der Markteinführung. 117 genomeditierte Pflanzen befinden sich im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium und 292 im frühen Entwicklungsstadium (ebd.). Zunehmend steigen Länder des globalen Südens in die Genomeditierung ein. Viele Anwendungen befassen sich mit der Stärkung biotischer und abiotischer Stresstoleranz (verursacht z. B. durch Dürre, Versalzung, Temperatur, Schädlinge). So führt beispielsweise Nigeria Genomeditierung an Bananen, Libanon an Kichererbsen und Peru an Kartoffeln durch, um die Stresstoleranz der Kulturen zu erhöhen (ebd.). Alle Verfahren befinden sich noch im frühen Entwicklungsstadium (ebd.).
Standortangepasste und trockenresistente Pflanzensorten
Die Pflanzenzüchtung kann einen wesentlichen Beitrag zur Pflanzengesundheit und Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenstress und Schaderregern leisten. Für die Landwirtschaft und den Erwerbsgartenbau ist es wichtig, dass neue Sorten Trocken- oder Krankheitsresistenz auf der einen Seite mit guten Anbaueigenschaften und einer hohen Ertragsleistung auf der anderen Seite verbinden (BMEL 2021). Bisher wurde die Vermeidung von Trockenheit im Pflanzenbau, wenn möglich, über die Bewässerung geregelt. In der Zukunft wird die Entwicklung trockenresistenter und angepasster Sorten jedoch nicht nur als vorbeugende Pflanzenschutzmaßnahme, sondern auch als Anpassungsmaßnahme im Klimaschutz an Bedeutung gewinnen.
Neben der Entwicklung neuer Sorten kann die Erweiterung der bestehenden Palette an Kulturarten um neue oder bislang unbedeutende Kulturarten einen wichtigen Baustein darstellen, um Landwirtschaft und Erwerbsgartenbau an sich ändernde Umwelt- und Klimabedingungen anzupassen. Dies setzt voraus, dass für diese neuen Kulturen auch ein wirtschaftliches Potenzial besteht oder erschlossen wird. Beispielsweise stellt sich die wirtschaftliche Bedeutung verschiedener bisher untergeordneter, trockentoleranter Kulturarten in Deutschland wie folgt dar (GFPi o. J.):
● Erbse: mittlere wirtschaftliche Bedeutung
● Süßlupine: geringe wirtschaftliche Bedeutung
● Soja: geringe wirtschaftliche Bedeutung
Linse: Wirtschaftliche Bedeutung noch nicht absehbar
Eigene Sorten für den ökologischen Landbau
Seit 1. Januar 2022 ist die neue EU-Öko-Verordnung 2018/848 in Kraft. Mit der Verordnung wurden neue Regeln in unterschiedlichen Bereichen der ökologischen Landwirtschaft festgelegt. Im Bereich Pflanzenbau werden mit der Verordnung erstmals auch Definitionen und Regeln für ökologisch gezüchtete Sorten eingeführt, um die Züchtung von Sorten für den ökologischen Landbau zu fördern:
● Mit „Pflanzenvermehrungsmaterial“ wurde ein Begriff in die Verordnung eingeführt, der Saatgut und vegetatives Vermehrungsmaterial umfasst.
● Mit den Regeln für „ökologisch gezogenes heterogenes Material“ soll die Erzeugung, Vermarktung und Verwendung sogenannter „Hofsorten“ aus der bäuerlichen Saatgutgewinnung erleichtert werden
An Sorten für den ökologischen Landbau werden besondere Anforderungen gestellt. Sie müssen ohne chemischen Dünger und Pestizide auskommen und gleichzeitig hohe Erträge liefern. Ein Beispiel ist die samenfeste Karottensorte „Solvita“, die sowohl im ökologischen Erwerbsgemüsebau als auch im Hobbygartenbereich eingesetzt wird.
Auf Bundesebene gibt es noch keine gesetzlichen Regelungen für die Züchtung ökologischen Pflanz- und Saatguts. Der Verein Kultursaat e. V. setzt sich in Deutschland seit vielen Jahren für die ökologische Pflanzenzüchtung ein. Aus Kooperationen von Zuchtgärten in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz sind inzwischen 120 samenfeste Sorten hervorgegangen, die als Gemeingut (Commons) zur Verfügung stehen. In der neuen EU-Öko-Verordnung 2018/848 wurden Regeln für „ökologisch gezogenes heterogenes Material“eingeführt, die die Erzeugung, Vermarktung und Verwendung sogenannter heterogener Populationen aus bäuerlicher Saatgutpflege – auch als „Hofsorten“ bezeichnet – ermöglichen sollen.
Integrierter Pflanzenschutz (IPS)
In der Pflanzentechnologie geht es darum, Versuche und Untersuchungsreihen mit Kulturpflanzen zu Vermehrungs- oder Züchtungszwecken sowie im Bereich des Pflanzenschutzes im Freiland, Gewächshaus oder Labor durchzuführen. Bedingt durch den Versuchsaufbau sind nicht alle Parameter frei wählbar. So muss auch im Hinblick auf den Pflanzenschutz sichergestellt werden, dass das jeweilige Versuchsziel erreicht werden kann, und der Schaden an Pflanzen durch Schädlinge und Krankheiten den Versuchsaufbau nicht unkontrolliert beeinflusst. Der Integrierte Pflanzenschutz stellt in diesem Zusammenhang eine Anforderung dar, die nicht auf dem Freiwilligenprinzip basiert, sondern seit 1987 im deutschen Pflanzenschutzgesetz und seit 2013 im „Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) “ verankert ist. Auch die Europäische Pflanzenschutzrahmenrichtlinie (2009/128/EG) hat den IPS als Leitlinie im Pflanzenschutz in der Europäischen Union aufgenommen (BMEL 2021). Die Bedeutung des IPS als systemischer Ansatz, den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden signifikant zu reduzieren, wird in einer aktuellen Studie von BUND/ Ecologic (2022) unterstrichen.
Konzept des IPS
“So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ – auf diesem Grundsatz baut das Konzept des integrierten Pflanzenschutzes (IPS) auf. Bei der Umsetzung sind alle verfügbaren Maßnahmen, gemäß der Maßnahmenpyramide des IPS, sorgsam gegeneinander abzuwägen und vorbeugende Maßnahmen vor nicht-chemischen und chemischen Maßnahmen zu priorisieren. Dadurch soll die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf ein notwendiges Maß beschränkt werden (BMEL 2021):
1. Maßnahmen zur Vorbeugung und/oder Bekämpfung eines Schadorganismus, z. B.
● Fruchtfolge
● Geeignete Kultivierungsverfahren
● Anbau resistenter/toleranter Sorten
● Verwendung zertifizierten Saat- und Pflanzguts
● Hygienemaßnahmen (z. B. Reinigen der Maschinen und Geräte)
● Ökologische Lebensräume zum Schutz und zur Förderung von Nützlingen, wie Hecken und Blühstreifen, Graswege
● Bedarfsgerechte Düngung und Bewässerung
2. Alternative, nicht-chemische Pflanzenschutzverfahren
● Biologische, biotechnische Pflanzenschutzverfahren, Grundstoffe, Biostimulanzien
● Physikalische und mechanische Pflanzenschutzverfahren
● Andere nicht chemische Pflanzenschutzverfahren
3. Chemischer Pflanzenschutz
● Pflanzenschutzmittel werden spezifisch und zielgenau eingesetzt Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf das unbedingt notwendige Maß beschränken
Anbau resistenter/toleranter Sorten
Die Wahl standortangepasster, trockentoleranter und krankheitsresistenter Sorten ist laut Nationalem Aktionsplan Pflanzenschutz (BMEL 2017: 50) als vorbeugende Maßnahme des integrierten Pflanzenschutzes (IPS) hervorzuheben. Für eine standortangepasste Landwirtschaft steht Landwirt*innen und Erwerbsgärtner*innen bereits aus eine breite Auswahl an Sorten einer bestimmten Kulturart zur Verfügung, z. B.:
● Nematoden-tolerante Zuckerrübensorten (z. B. Lunella KWS, Thaddea KWS RZ, Caprianna KWS RZ, Blandina KWS) in Anbaugebieten mit hohem Nematodendruck (KWS 2022)
● Anbauempfehlungen für Winterraps-Sorten unter hessischen Anbaubedingungen: Architect, DK Exception, DK Expansion und Puzzle (LLH 2021)
Öko-Weizensorte Moschus auf stickstoffreichen Standorten oder nach Kleegrasumbruch und wenig Unkrautdruck (LWK NRW 2021).
Technische Lösungen
Auf der technischen Ebene ermöglichen neue Lösungen im Bereich der Sensorik eine zielgenaue und bedarfsgerechte Ausbringung von Pestiziden. Sensorsysteme werden direkt an der Feldspritze montiert. Während der Überfahrt wird der Pflanzenbestand auf beiden Seiten der Fahrgasse gescannt. Vom Sensormessgerät wird dann automatisch die optimale Dosis für die Pflanzenschutzmittel abgeleitet und die erforderliche Menge zur Ausbringung bemessen. So können beispielsweise in dünnen Pflanzenbeständen mit geringem Krankheitsdruck weniger Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Durch die zielgenaue Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln werden die Umweltbelastungen, insbesondere die Einträge in Boden und Gewässer sowie der Abtrieb reduziert und Kosten gespart. Umgekehrt steigt die Ausbringungsmenge mit dem Krankheitsdruck und der Bestandesdichte. Die teilschlag- bzw. pflanzenspezifische Feldbearbeitung mittels Sensorik bietet eine Möglichkeit, dem Zielkonflikt zwischen Nachhaltigkeit und Produktivität zu begegnen (Fraunhofer o. J.).
Das Thema “Digitaler Pflanzenschutz” wird umfassend vom Projekt FarmerSpace des Fraunhofer Instituts aufgegriffen. Um marktfähige, digitale Lösungen für den praxisnahen Einsatz auf dem Feld zu entwickeln, werden verschiedene Technologien, wie Sensorik, Robotik und digitale Lösungen auf den Prüfstand gestellt, um Handlungsempfehlungen abzuleiten und die Landwirte entsprechend zu beraten (Fraunhofer 2021).
Kritische Betrachtung des IPS
Wie oben dargelegt, sieht die Maßnahmenpyramide des IPS den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel als letzte Maßnahme vor. Dies ließe den Schluss auf eine Verringerung des Pflanzenschutzmittelkonsums in Deutschland und des Risikos für Mensch und Umwelt zu. Trotz anspruchsvoller Ziele und rechtlicher Rahmenbedingungen belegen Zahlen jedoch, dass die jährlichen Verkaufsmengen von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland nicht gesunken sind und das Potenzial zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln bisher nicht ausreichend genutzt wurde. Laut NABU (2022) reichen die Ursachen für eine ungenügende Anwendung des IPS seitens Landwirt*innen von Nutzergewohnheiten, über einen Fokus auf der Verbesserung der Pestizideffizienz bis hin zur Ausgestaltung der EU-Agrarpolitik. Die Anwendung des IPS erfordert ein umfangreiches Wissen der Landwirt*innen zu alternativen Maßnahmen, z. B. Anwendung biologischer Schädlingsbekämpfung (ebd.). Der integrierte Pflanzenschutz ist ein Mindeststandard, der hinter den Anforderungen der biologischen Landwirtschaft zurückfällt. Auch das Umweltbundesamt hat mit dem Scientific Opinion Paper: Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Pflanzenschutz (2022d) zahlreiche zusätzliche Handlungsempfehlungen vorgeschlagen, die von Schulung, Aufklärung und Sensibilisierung bis hin zur Ausweisung von pestizidfreien Flächen zum Tier- und Artenschutz reichen. Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie der NABU schlagen ebenfalls eine stärkere finanzielle Honorierung und Förderung von Biodiversität Leistungen seitens der Europäischen Agrarpolitik vor (NABU 2022).
Der Einsatz von Pestiziden gilt als eine der Hauptursachen für das Insektensterben (Tennekes, Henk 2011), zumal mit der Ausbringung von Pestiziden nicht nur Schädlinge, sondern auch Nützlinge erfasst werden. Die Auswirkungen des Pflanzenschutzmitteleinsatzes werden besonders am Beispiel der Stoffe der Neonikotinoide deutlich, die in einigen Pflanzenschutzmitteln, auch für den Hobbygarten Bereich, enthalten sind. Diese Stoffe stören das Orientierungsvermögen der Bienen und schwächen ihr Immunsystem. Dies kann zum Aussterben eines ganzen Bienenvolkes führen (ebd.). Auch hier hat der IPS noch keinen nennenswerten Beitrag geleistet. Eine Studie aus Kanada hebt zudem hervor, dass Wildbienen auf Flächen, deren Böden mit Pestiziden behandelt wurden, im Vergleich zu unbehandelten Flächen deutlich weniger Pollen sammeln und weniger Nester bauen. Auf behandelten Böden bringen Wildbienen 89 Prozent weniger Nachkommen hervor und verringern somit die Bestäubung der (Kultur)Pflanzen (vgl. ökoreich, 2021).
Quellenverzeichnis
BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2021): Ackerbaustrategie 2035 Perspektiven für einen produktiven und vielfältigen Pflanzenbau. Online: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/ackerbaustrategie2035.pdf?__blob=publicationFile&v=8
BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2017): Nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz. Online: https://www.nap-pflanzenschutz.de/fileadmin/SITE_MASTER/content/Startseite/NAP_2013-2__002_.pdf
BUND/ Ecologic (2022): Alternativen zu chemisch- synthetischen Pestiziden in der Landwirtschaft Zusammenfassung und Überblick zum aktuellen wissenschaftlichen Stand. Online: https://www.ecologic.eu/sites/default/files/publication/2022/50086-Umweltgifte-Broschuere-Pestizidalternativen-Ansicht.pdf
Bundessortenamt (2019): Das Bundessortenamt Schutz und Zulassung neuer Pflanzensorten. Online: https://www.bundessortenamt.de/bsa/media/Files/BroschuereBSA.pdf
CIMMYT (o. J.): Online: Improved Maize for African Soils. Online: https://www.cimmyt.org/projects/improved-maize-for-african-soils-imas/
Fraunhofer (2021): Forschung kompakt. Digitalisierung in der Landwirtschaft. Online: file:///Users/keya/Downloads/iosb-ast-digitaler-pflanzenschutz.pdf
Fraunhofer (o. J.): Sensoren für die Landwirtschaft. Online: https://www.ipm.fraunhofer.de/de/gf/gastechnologie-spektroskopie/anw/umwelt/landwirtschaft-sensoren.html
GFPi Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation (o. J): Positionspapier “KULTURARTENVIELFALT Pflanzenzüchterische Ansätze für die Landwirtschaft”. Online: https://www.bdp-online.de/de/GFPi/Aktuelles/GFPi_Positionspapier_Kulturartenvielfalt.pdf
Gilbert, N. (2014): Cross-bred crops get fit faster. Nature Ausgabe 513. Online: https://www.nature.com/articles/513292a
Grossniklaus et al (2020): Pflanzenzüchtung – von klassicher Kreuzung bis Genom-Editierung. Online: https://www.research-collection.ethz.ch/handle/20.500.11850/444182
Kotschi J, Horneburg B (2018) The Open Source Seed Licence: A novel approach to safeguarding access to plant germplasm. PLoS Biol 16(10): e3000023. Online: https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3000023
KWS (2022): Kriterien zur Sortenwahl Zuckerrübe. Online: https://www.kws.com/de/de/beratung/saatgut/sortenwahl/sortenwahl-zuckerruebe/
Leopoldina (o. J.): Pflanzenzucht mit der Genschere. Online: https://www.leopoldina.org/wissenschaft/gruene-gentechnik/gruene-gentechnik-einleitung/
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Parisi, C., Rodríguez-Cerezo, E., Current and future market applications of new genomic techniques, EUR 30589 EN, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2021, ISBN 978-92-76-30206-3, doi:10.2760/02472, JRC123830. Online: https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/handle/JRC123830
Tennekes und Henk (2011): Das Ende der Artenvielfalt: Neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel. Herausgeber BUND, Berlin.
UBA Umweltbundesamt (2022d): Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Pflanzenschutz
Bewertung des Verordnungsentwurfs zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln 2022/0196 (COD) mit Fokus auf den Umweltschutz. Online:
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2022-10-17_auf_dem_weg_zu_einem_nachhaltigen_pflanzenschutz_sciop_sur_de.pdf
(Bundesregierung o. J.): Lebensmittel in Deutschland grundsätzlich gentechnikfrei. Online: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/archiv/alt-inhalte/lebensmittel-in-deutschland-grundsaetzlich-gentechnikfrei-348862
NABU (2022): Integrierter Pflanzenschutz – gut gemeint, schlecht gemacht? Online: https://blogs.nabu.de/naturschaetze-retten/nabu-agrar-blog-ips/
SDG 3 Gesundheit und Wohlergehen
“Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern”
Das SDG 3 zielt darauf ab, Menschen jeden Alters ein gesundes Leben zu ermöglichen und ihr Wohlergehen zu fördern. Das im Rahmen der Pflanzentechnologie relevante Unterziel 3.9 strebt an,3.9. Bis 2030 die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und der Verschmutzung und Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich zu verringern.
Folglich tragen alle Beiträge und Maßnahmen in den Bereichen Luftreinhaltung, Chemikaliensicherheit, Wiederherstellung gesunder Böden und sauberen Wassers dazu bei, die menschliche Gesundheit zu erhalten und das SDG 3 zu erreichen.
Im Zusammenhang mit der Pflanzentechnologie und den damit verbundenen landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Tätigkeiten sind die gesundheitlichen Risiken eines übermäßigen Eintrags von Nitrat in Böden und Grundwasser von Bedeutung sowie die Risiken der Verwendung von Pestiziden.
Die Schnittmenge für das SDG 3 “Gesundheit und Wohlergehen” ergibt sich aus den folgenden Nummern der Standardberufsbildposition (BGBl 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragenb) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Nitrat in Grund- und Trinkwasser
Trinkwasser in Deutschland gilt als Lebensmittel, wird sorgfältig kontrolliert und überwacht und ist in den Wasserversorgungsgebieten flächendeckend von guter bis sehr guter Qualität. Das Rohwasser für die Trinkwassergewinnung kommt zu 68,5 Prozent aus Grundwasser, zu 15,8 Prozent aus Oberflächenwasser und zu 15,7 Prozent aus sonstigen Ressourcen wie z. B. Uferfiltrat (UBA und BMG 2021: 1).
Sowohl für Trinkwasser als auch für Grundwasser gelten gesetzlich festgeschriebene Grenzwerte für Nitrat von 50 mg pro Liter (TrinkwV 2021 und GrwV 2017). Die Messungen des Grundwassers zeigen jedoch, dass dieser Grenzwert oft überschritten wird, insbesondere in Einzugsgebieten, die landwirtschaftlich genutzt werden, z. B. als Ackerflächen, Grünland oder Gemüseanbauflächen. Rund 30 Prozent der Grundwassermessstellen in Deutschland überschreiten den Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter (BMUV und BMEL 2020: 5, 10, 21). Da Grundwasser die überwiegend genutzte Ressource für die Trinkwassergewinnung in Deutschland ist, gilt dieser Zustand auch in Fachkreisen als besorgniserregend.
Wie gelangt Nitrat ins Grundwasser? Wird dem Boden über die landwirtschaftliche Düngung mehr Stickstoff zugeführt, als von den Kulturpflanzen aufgenommen werden kann, kommt es zu einem Nitratüberschuss. Nitrat ist leicht löslich und wird mit dem Sickerwasser über tiefere Erdschichten in das Grundwasser transportiert. Grundsätzlich kann Nitrat im Grundwasserkörper bis zu einem gewissen Grad mit Hilfe von Bakterien abgebaut werden. Dieses Potenzial ist jedoch begrenzt und je nach Belastungsgrad zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeschöpft. Steigende Nitratkonzentrationen im Grundwasser sind die Folge.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR, 2013) stuft Nitrat selbst als gesundheitlich unbedenklich ein. Gesundheitlich problematisch ist der Stoff Nitrit, der im Lebensmittel oder während der Verdauung durch die Einwirkung von Bakterien aus Nitrat entstehen kann. Nitrit im Körper sorgt dafür, dass der rote Blutfarbstoff, das Hämoglobin, in Methämoglobin umgewandelt und dadurch die Sauerstoffbindung im Blut unterbunden wird. Die Folge ist eine mangelnde Sauerstoffversorgung des Gewebes und der Organe des menschlichen Körpers. Ein gesundheitliches Risiko durch zu hohe Nitrat- bzw. Nitritaufnahme besteht vor allem für Säuglinge. Ein weiteres Risiko besteht, wenn nitrathaltige Lebensmittel bei einer bakteriellen Infektion des Magen-Darm-Traktes aufgenommen werden, da in diesem Fall Nitrat im Darm verstärkt zu Nitrit umgewandelt wird. Insbesondere bei Kindern wird dann zu nitratarmer Kost geraten (ebd.).
Neben den oben genannten akuten Wirkungen, wird die chronische Wirkung durch die Aufnahme von Nitrat oder Nitrit und die Umwandlung in krebserregende N-Nitrosoverbindungen im menschlichen Körper in der Fachwelt diskutiert. Das BfR empfiehlt daher, die Nitrat- und Nitritzufuhr beim Menschen weitestgehend zu reduzieren, beispielsweise durch entsprechende Ernte- und Anbaumaßnahmen bei nitrathaltigem Gemüse (ebd.).
Die Aufnahme von Nitrat erfolgt in erster Linie über den Verzehr von Frischgemüse, Getreide und Obst sowie über das Trinkwasser. Zu den Gemüsesorten mit hohem Nitratgehalt (1.000–4.000 mg Nitrat/kg Gemüse) zählen (LgL 2021):
● Blattgemüse, z. B. Kopfsalat, Endivie, Eissalat, Feldsalat, Spinat, Stielmangold, Rucola
● Kohlgemüse, z. B. Grünkohl, Weißkohl, Wirsing
● Wurzelgemüse, z. B. Rote Rüben, Radieschen, Rettich
Folgende Gemüsearten weisen niedrigere Nitratgehalte auf (<500 mg Nitrat/ kg Gemüse):
● Fruchtgemüse, z. B. Erbsen, Gurken, Grüne Bohnen, Paprika, Tomate
● Kohlgemüse, z. B. Rosenkohl
● Zwiebelgemüse, z. B. Knoblauch, Zwiebeln
Zu Gemüsearten mit mittleren Nitratgehalt (1.000–500 mg Nitrat/kg Gemüse) zählen:
● Wurzel- und Knollengemüse, zB. Karotten, Kohlrabi, Sellerie
● Kohlgemüse, z. B. Blumenkohl
● Zwiebelgemüse, z. B. Lauch
Gesundheitliche Risiken und Pestizide
Durch zahlreiche Quellen wird belegt, dass sich die Verwendung von chemischen Pestiziden in der Landwirtschaft und im Gartenbau negativ auf die menschliche Gesundheit, Natur und Umwelt auswirkt (u. a. UBA 2016a, Boell Stiftung 2022). Dennoch steigt der Pestizideinsatz weltweit. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland über 42.000 Tonnen Pestizide ausgebracht (Boell Stiftung 2022). Im Jahr 2021 wurden in Deutschland 39 Pestizide verwendet, die laut EU-Regularien ersetzt werden sollten, sogenannte Substitutionskandidaten. Bei diesen Pestiziden handelt es sich um Stoffe, die für die Gesundheit oder Umwelt als besonders gefährlich gelten und für die eine ungefährliche Alternative gefunden werden soll (ebd.). Die Zahl der jährlichen Pestizidvergiftungen weltweit ist mittlerweile auf 385 Millionen Fälle gestiegen (Boedeker et al 2020). Neben diesen akuten Schäden werden Pestizide zunehmend mit chronischen Krankheiten wie Parkinson, Leukämie, Leber- und Brustkrebs, Typ-II-Diabetes und Asthma in Verbindung gebracht (Boell Stiftung 2022).
Vor dem Hintergrund der oben skizzierten Problemfelder wurde bereits im Jahr 2009 die sogenannte Pflanzenschutz-Rahmenrichtlinie (2009/128/EG) verabschiedet. Mit der Unterzeichnung der Richtlinie verpflichten sich die Mitgliedsstaaten zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden in der EU (Europäische Union 2009). Die Richtlinie schreibt weiterhin vor, nationale Aktionspläne aufzustellen, „mit denen quantitative Vorgaben, Ziele, Maßnahmen, Zeitpläne und Indikatoren zur Verringerung der Risiken und Auswirkungen der Verwendung von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt festgelegt werden und die Entwicklung und Einführung eines integrierten Pflanzenschutzes sowie von alternativen Konzepten oder Techniken zur Verringerung der Abhängigkeit von der Verwendung von Pestiziden gefördert wird.“ (Europäische Union, 2009).
Weitere Aspekte des Integrierten Pflanzenschutzes werden im Zusammenhang mit dem SDG 12 erläutert.
Quellenverzeichnis
BfR Bundesamt für Risikobewertung (2013): Fragen und Antworten zu Nitrat und Nitrit in Lebensmitteln. Online: https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_nitrat_und_nitrit_in_lebensmitteln-187056.html
BMUV und BMEL (2020): Nitratbericht 2020. Gemeinsamer Bericht der Bundesministerien für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie für Ernährung und Landwirtschaft. Online: https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Binnengewaesser/nitratbericht_2020_bf.pdf
Boedeker, W., Watts, M., Clausing, P. et al (2020): The global distribution of acute unintentional pesticide poisoning: estimations based on a systematic review. BMC Public Health 20, 1875 . Online: https://doi.org/10.1186/s12889-020-09939-0.
Boell Stiftung (2022): Pestizidatlas. Daten und Fakten zu Giften in der Landwirtschaft. Online: https://www.boell.de/sites/default/files/2022-01/Boell-Pestizidatlas-2022.pdf
Europäische Union (2009): Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden.
GrwV Grundwasserverordnung (2017): Verordnung zum Schutze des Grundwassers. Online: https://www.gesetze-im-internet.de/grwv_2010/
LgL Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (2021): Nitrat-Gehalt in Gemüse. Online: https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/chemie/kontaminanten/nitrat/index.htm#:~:text=Niedrig%20sind%20die%20Nitratgehalte%20zum,%2C%20Gurken%2C%20Blumenkohl%20und%20Kartoffeln
TrinkwV (2021): Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 2016 (BGBl. I S. 459), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 22. September 2021 (BGBl. I S. 4343). Online: http://www.gesetze-im-internet.de/trinkwv_2001/BJNR095910001.html
UBA und BMG Umweltbundesamt und Bundesministerium für Gesundheit (2021): Bericht des Bundesministeriums für Gesundheit und des Umweltbundesamtes an die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasser) in Deutschland (2017-2019). Berichtszeitraum: 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2019. Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/5750/publikationen/2021-04-06_uug_01-2021_trinkwasserqualitaet_0.pdf
UBA Umweltbundesamt (2016a): Leitfaden Nachhaltige Chemikalien. Eine Entscheidungshilfe für Stoffhersteller, Formulierer und Endanwender von Chemikalien. Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1968/publikationen/161215_uba_fb_chemikalien_dt_bf.pdf
SDG 4 Hochwertige Bildung
“Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern”
Das SDG zielt primär auf die globale Entwicklung von guten Bildungssystemen ab. Im Berufsbildungssystem ist Deutschland weltweit führend – trotz einiger Defizite wie Personalausstattung, Digitalisierung oder knappe Investitionsbudgets – viele Länder versuchen ein ähnliches Berufsbildungssystem wie in Deutschland aufzubauen. Insofern ist vor allem das Unterziel 4.7 relevant:
Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung
Das SDG 4 spiegelt sich in der fachlichen Unterrichtung der Stichpunkte der anderen SDG wieder, mündet aber in den Positionen e und f der neuen Standardberufsbildposition (BMBF 2022):
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
10 “Goldene Handlungsregeln” für eine BBNE
Die Nachhaltigkeitsforschung und die Bildungswissenschaften haben inzwischen umfassende Erkenntnisse gesammelt, wie eine berufliche Bildung für Nachhaltigkeit gefördert werden kann (vgl. u. a. vgl. Schütt-Sayed u.a. 2021; Kastrup u. a. 2012; Melzig u. a. 2021). Das Ergebnis sind die folgenden 10 didaktischen Handlungsregeln, die das Berufsbildungspersonal dabei unterstützen, Lehr-/Lernprozesse zielgruppengerecht und angemessen zu gestalten. Diese insgesamt 10 Handlungsregeln lassen sich in vier Schritten zuordnen.
Schritt 1 – Richtig anfangen:
Identifizierung von Anknüpfungspunkten für BBNE
1) Ansatzpunkte: Fordern Sie die Verantwortung im eigenen Wirkungsraum heraus, ohne die Berufsschüler und Berufsschülerinnen mit „Megaproblemen“ zu überfordern!
2) Anknüpfungspunkte: Die Curricula sind Grundlage der Lehr-/Lernprozesse – es kommt darauf an, sie im Sinne der Nachhaltigkeit neu zu interpretieren!
3) Operationalisierung: Nachhaltigkeit ist kein „Extra- Thema“, sondern ein integraler Bestandteil des beruflichen Handelns!
Um nachhaltigkeitsorientierte Lehr-/Lernarrangements zu entwickeln, sind zunächst Anknüpfungspunkte für Nachhaltigkeit in den betrieblichen Abläufen zu identifizieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausbildungsordnungen und Lehrpläne die rechtliche Grundlage der beruflichen Bildung sind. Es gilt diese im Sinne der Nachhaltigkeit zu interpretieren, sofern nicht bereits konkrete Nachhaltigkeitsbezüge enthalten sind.
Wichtig ist dabei, dass Auszubildende nicht mit den „Megaproblemen“ unserer Zeit überfordert werden, sondern zur Verantwortung im eigenen Wirkungsraum herausgefordert werden – sowohl im Betrieb als auch im Privaten. Denn Auszubildende sind selbst Konsument/-innen, die durch eine angeleitete Reflexion des eigenen Konsumverhaltens die Gelegenheit erhalten, ihre „Wirkungsmacht“ im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in ihrer eigenen Branche zu verstehen.
Schritt 2 – Selbstwirksamkeit schaffen:
Eröffnung von Nachhaltigkeitsorientierten Perspektiven
4) Handlungsfolgen: Berufliches Handeln ist nie folgenlos: Machen Sie weitreichende und langfristige Wirkungen erkennbar!
5) Selbstwirksamkeit: Bleiben Sie nicht beim „business as usual“, sondern unterstützen Sie Schüler*innen dabei, Alternativen und Innovationen zu entdecken!
6) Zielkonflikte: Verstecken Sie Widersprüche nicht hinter vermeintlich einfachen Lösungen, sondern nutzen Sie sie als Lern- und Entwicklungschancen!!
7) Kompetenzen: Bildung für nachhaltige Entwicklung verbindet Wahrnehmen, Wissen, Werten und Wirken!
Im nächsten Schritt sind nachhaltigkeitsorientierte berufliche Perspektiven für die Auszubildenden zu eröffnen. Diese sollten an einer positiven Zukunftsvision und an Lösungen orientiert sein. Auszubildenden sind dabei die weitreichenden Wirkungen ihres Handelns vor Augen zu führen. Sie sollen verstehen können, warum ihr Handeln nicht folgenlos ist. Das bedeutet gleichzeitig, Auszubildenden die positiven Folgen eines nachhaltigen Handelns vor Augen zu führen. In diesem Zusammenhang ist die Selbstwirksamkeitserfahrung von großer Bedeutung. Sie ist eine der Voraussetzungen, um motiviert zu handeln. Auszubildende dabei zu unterstützen, Alternativen zum nicht-nachhaltigen Handeln zu erkennen und Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung zu entdecken, sollte dabei für Lehrpersonen selbstverständlich sein. Dabei ist immer die individuelle Motivation der Auszubildenden entscheidend, denn zum nachhaltigen Handeln braucht es nicht nur Wissen (Kopf), sondern auch authentisches Wollen (Herz). Wesentlich ist hierbei die Gestaltung ganzheitlicher Lernprozesse, die sowohl den kognitiven als auch den affektiven und psychomotorischen Bereich einbeziehen (vgl. Költze, S.206).
Schritt 3 – Ganzheitlichkeit:
Gestaltung transformativer Lernprozesse
8) Lebendigkeit: Ermöglichen Sie lebendiges Lernen mit kreativen und erfahrungsbasierten Methoden!
9) Beispiele: Nutzen Sie motivierende Beispiele: Sprechen Sie über Erfolgsgeschichten, positive Zukunftsvisionen und inspirierende Vorbilder!
Aber wie können Lernsituationen in der Praxis so gestaltet werden, dass sie ganzheitlich aktivierend für die Auszubildenden sind? Es sollte ein lebendiges Lernen mit Hilfe kreativer, erfahrungsbasierter Methoden ermöglicht werden. Dies ist ein grundlegender (kein neuer) didaktischer Ansatz für die Förderung einer nachhaltigkeitsorientierten Handlungskompetenz. Im Kern bedeutet dies: Lernen mit Lebensweltbezug, welches ausgerichtet ist auf individuelle Lebensentwürfe und das eigene (auch künftige) berufliche Handlungsfeld, z. B. indem Recherchen im eigenen Unternehmen zu Möglichkeiten der Energieeinsparung durchgeführt werden. Lernen soll vor diesem Hintergrund vor allem unter Berücksichtigung der Sinne stattfinden, d. h. mit Körper und Geist erfahrbar sowie sinnlich-stimulierend sein. Die Auszubildenden sollen sich dabei zudem als Teil einer gestalterischen Erfahrungsgemeinschaft erleben. Dies kann durch gemeinsame Reflexionen über das eigene Verhalten und persönliche Erfahrungen gefördert werden, beispielsweise durch die Entwicklung und Verkostung eigener Lebensmittelkreationen unter Nachhaltigkeitsaspekten. Hierfür muss unbestritten immer auch der „Raum“ zur Verfügung stehen (siehe z.B. Hantke 2018 „‘Resonanzräume des Subpolitischen‘ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen“). Ebenso können motivierende Beispiele helfen – wie z. B. Erfolgsgeschichten und inspirierende Vorbilder.
Schritt 4 – Lernort Betrieb:
Entwicklung nachhaltiger Lernorte
10) Lernende Organisationen: Auch Organisationen können „Nachhaltigkeit lernen“: Entwickeln Sie Ihre Institution Schritt für Schritt zum nachhaltigen Lernort!
Schließlich geht es im vierten Schritt darum, den Lernort in den Blick zu nehmen und diesen als nachhaltigen Lernort zu gestalten. Den gesamten Betrieb nachhaltig auszurichten ist u. a. deshalb entscheidend, da andernfalls die an Nachhaltigkeit orientierten Inhalte der Ausbildung wenig glaubwürdig für Auszubildende sind. Der Betrieb als Institution sollte dafür an einem gemeinschaftlichen Leitbild ausgerichtet sein, welches neben den üblichen ökonomischen auch soziale und ökologische Ziele beinhaltet. So kann BBNE überzeugend in die Organisation integriert und vom betrieblichen Ausbildungspersonal umgesetzt werden.
BBNE für Pflanzentechnolog*innen
Bildung ist mehr als nur Wissen: Im Ausbildungskontext betrifft BNE vor allem die Kompetenz, dieses Wissen artikulieren zu können und in einen Dialog mit wechselseitiger Kommunikation zu gehen. Die adressatengerechte Kommunikation über Vorschläge für nachhaltiges Handeln stellt eine wichtige Qualifikation dar. Im erweiterten Kontext des Lebenslanges Lernens hat BNE die Aufgabe, Lernende mit Kompetenzen auszustatten, die es ihnen ermöglichen, auch jenseits der Ausbildung Entscheidungen für das eigene Handeln zu treffen und dafür Verantwortung zu tragen (Bundesregierung 2021). Daher hat die BNE in der Ausbildung auch die Chance, Inhalte an Auszubildende so zu vermitteln, dass sie sich auch zukünftig für Nachhaltigkeitsthemen engagieren und sich in gesellschaftliche Anliegen aktiv einbringen können. In der Ausbildung können Methoden wechselseitiger Kommunikation einen Beitrag leisten, die über reine Gespräche hinausgehen. Beispielsweise können Recherchen zu bestimmten Themen so aufbereitet werden, dass Kernbotschaften auch für Außenstehende zur Verfügung stehen (z B. in Form einer Ausstellung oder eines Standes auf einem Nachbarschaftsfest). Hier haben junge Erwachsene auch die wertvolle Aufgabe, rein praktisches Wissen zu verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen aus ihrer Ausbildung einem größeren Kreis verfügbar zu machen und so den abstrakten Terminus Nachhaltigkeit mit Leben zu füllen. Sie werden gewissermaßen als Botschafter*innen der Nachhaltigkeit aktiv und als solche wahrgenommen. Konkrete Umfragen (auch untereinander) können helfen, mehr über das Interesse und Problembewusstsein junger Menschen zu erfahren und sie bei ihren Themen abzuholen. Beispielsweise wurden im Zuge der Erstellung des Pestizidatlasses (Boell Stiftung 2022: 40) über 1100 junge Erwachsene mit unterschiedlichen Bildungshintergründen und aus verschiedenen Regionen Deutschlands zum Themenkomplex “Pestizideinsatz und Auswirkungen auf den Umwelt- und Artenschutz” befragt. Im Ergebnis hat die Mehrheit der Befragten dafür gestimmt, auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutz in der Landwirtschaft zu verzichten oder den Einsatz erheblich zu reduzieren. Auch Diskussionsfelder wie Glyphosat oder Insektensterben waren den Befragten durchaus bekannt. Insgesamt ergab die Umfrage keine signifikanten Unterschiede zwischen Stadt, Land und Bildungsabschlüssen (ebd.).
Folgende Aspekte wären im (Aus)Bildungskontext zu behandeln bzw. zu diskutieren, um mögliche Antworten zu suchen:
● Probleme und Lösungen im Themenfeld Pestizide, Gesundheit, Biodiversität und Umweltschutz. Welche Lösungen können im Ausbildungskontext (Integrierter Pflanzenschutz) gefunden werden, welche im privaten Kontext (z. B. über das Einkaufsverhalten)?
● Verbinden von fachlichen Kompetenzen mit globalem Lernen: Bumerang-Effekte bei Pestiziden durch deutsche Exporte von Pestiziden ohne EU-Zulassung und Import von Früchten, die mit diesen Pestiziden belastet sind.
● Warum bedeutet Moorschutz gleich Klimaschutz? Welche Lösungen können im Ausbildungskontext (Torfminderung, Torfersatzstoffe, geeignete Substratmischungen) gefunden werden, welche im Hobbygarten Bereich (z. B. torffreie Erden)?
● Ursachen der Nitratbelastung des Grundwassers in Deutschland, praktische, politische und wirtschaftliche Lösungsansätze
● Potenziale und Risiken unterschiedlicher Züchtungsmethoden (z. B. sind marktfähige trockenresistente Sorten oft gentechnisch verändert und in Deutschland nicht zugelassen; neue Verfahren wie markergestützte Selektion befinden sich noch in der Versuchsphase; klassische Züchtung trocken und krankheitstoleranter Sorten steckt noch in den Kinderschuhen)
Quellenverzeichnis
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
Boell Stiftung (2022): Pestizidatlas. Daten und Fakten zu Giften in der Landwirtschaft. Online: https://www.boell.de/sites/default/files/2022-01/Boell-Pestizidatlas-2022.pdf
Bundesregierung (2021): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. Online: www.deutsche-nachhaltigkeitsstrategie.de
Kastrup, Julia; Kuhlmeyer, Werner; Nölle-Krug, Marie (2022): Aus- und Weiterbildung des betrieblichen Bildungspersonals zur Verankerung einer Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: MICHAELIS, Christian; BERDING, Florian (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Umsetzungsbarrieren und interdisziplinäre Forschungsfragen. Bielefeld 2022, S. 173-189
Költze, Horst (1993): Lehrerbildung im Wandel. Vom technokratischen zum humanen Ausbildungskonzept. In Cohn, Ruth C.; Terfurth, Christina (Hrsg.): Lebendiges Lehren und Lernen. TZI macht Schule. Klett-Cotta. S. 192-212
Handke, Harald (2018): „Resonanzräume des Subpolitischen“ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen – eine Forschungsheuristik vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsidee. In bwp@Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online (Nr. 35), 2018, S. 1-23.
Melzig, Christian; Kuhlmeyer, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg. 2021): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. Bonn 2021. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
Schütt-Sayed, Sören; Casper, Marc; Vollmer, Thomas (2021): Mitgestaltung lernbar machen – Didaktik der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: Melzig, Christian; Kuhlmeier, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. S. 200-227. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
SDG 5 Geschlechtergleichstellung
“Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen”
Das SDG 5 “Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen” verfolgt 9 Ziele, von denen zwei Unterziele für die Pflanzentechnologie relevant sind.
5.5. Die volle und wirksame Teilhabe von Frauen und ihre Chancengleichheit bei der Übernahme von Führungsrollen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung im politischen, wirtschaftlichen und öffentlichen Leben sicherstellen5.b Die Nutzung von Grundlagen Technologien, insbesondere der Informations- und Kommunikationstechnologien, verbessern, um die Selbstbestimmung der Frauen zu fördern
Die Schnittmenge für das SDG 5 “Geschlechtergleichstellung” ergibt sich aus den folgenden Nummern der Standardberufsbildposition (BGBl 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Geschlechtergerechtigkeit in Unternehmen
Es gibt in Deutschland viele Unternehmen, die sich um geschlechtergerechte Arbeitsplätze bemühen, wie 2020 im Rahmen der Studie „Top Karrierechancen für Frauen“ des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung (IFMW 2020) herausgefunden wurde. Sie fördern die Gleichstellung von Frauen durch Mentoring-Programme aber auch durch gleiche Bezahlung. Hierfür sind bestimmte Voraussetzungen notwendig. Der Begriff Nachhaltigkeit lässt sich grundsätzlich auf viele Aspekte des Unternehmens anwenden, zunächst geht es darum, dass ein Unternehmen über tragfähige Strukturen verfügt, mit denen es auf unbegrenzte Zeit im Wirtschaftssystem bestehen kann. Im Rahmen des betrieblichen Nachhaltigkeitskonzepts spielt die Belegschaft eine wesentliche Rolle. Grundlage eines nachhaltigen Unternehmens sind die Kernarbeitsnormen der ILO (International Labour Organisation). Neben dem Verbot von Ausbeutung oder von Kinderarbeit ist das Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf zentral. Es handelt sich hierbei um das Übereinkommen 111 (ILO 1958), das bereits 1960 in Kraft getreten ist und schon damals definierte, worin Diskriminierung besteht. Bereits Artikel 1 des Übereinkommens über Diskriminierung der ILO legt fest, in welchen Fällen dieser Sachverhalt im Beschäftigungskontext gilt. Heute fällt dies unter Begriffe wie beispielsweise “Bekenntnis von Unternehmen zur Charta der Vielfalt, zu Corporate Social Responsibility”. Die Forderungen sind also nicht neu, werden unter andere Konzepte gefasst und werden heutzutage intensiver gefordert und gelebt. Große Konzerne bekennen sich dazu, setzen das Thema auf die Agenda, sind durch mittlerweile geltende Gesetze wie beispielsweise das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG 2006), das 2006 in Kraft trat, dazu verpflichtet.
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist jedoch auch heute in Deutschland immer noch weit verbreitet, insbesondere am Arbeitsplatz. Vor allem Frauen erleben demnach regelmäßig sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Entgeltungleichheit, Benachteiligung beim beruflichen Aufstieg oder Diskriminierung aufgrund einer Schwangerschaft oder beim Wiedereinstieg nach der Elternzeit. Die internationale Job- und Recruiting-Plattform Glassdoor hat in ihrer Studie in vier Ländern (USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland) “Diversity & Inclusion Study 2019” herausgefunden, dass 37 Prozent der deutschen Befragten schon einmal selber von Diskriminierung betroffen gewesen oder Zeuge davon gewesen sind. Die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts wird dort mit 24 Prozent am häufigsten angegeben, gefolgt von Altersdiskriminierung mit 22 Prozent, Rassismus mit 21 Prozent oder Benachteiligung aufgrund von sexueller Orientierung mit 15 Prozent. (Glassdoor 2019).
Laut Gender Equality Index (GEI) aus dem Jahr 2021 liegt Deutschland bezüglich der Gleichberechtigung in der Kategorie Arbeit in den Mitgliedstaaten der EU auf Platz 17, Schweden hingegen an erster Stelle. In der Kernkategorie „Arbeit“ werden im Speziellen 5 Indikatoren untersucht und bewertet:
- Die Erwerbsbeteiligung anhand der Beschäftigungsquote – Vollzeitäquivalent (FTE).
- Die Dauer des Erwerbslebens.
- Die sektoralen Segregationsmuster anhand der anteiligen Beschäftigung in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Sozialarbeit.
- Die Flexibilität der Arbeitszeit anhand der Möglichkeiten, sich für persönliche oder familiäre Angelegenheiten freizunehmen.
- Die beruflichen Perspektiven anhand des Karriereperspektiven Index.
Der Gender Equality Index wird vom Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen (European Institute for Gender Equality – EIGE) in unregelmäßigen Abständen für jedes Land der Europäischen Union erhoben. Für Geschlechtergerechtigkeit in deutschen Unternehmen und Organisationen gibt es (noch) kein Patentrezept. Es gibt allerdings wichtige Voraussetzungen für eine geschlechtergerechte Arbeitswelt, die nachfolgend vorgestellt wird, wobei die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
Geschlechtergerechte Arbeitsorganisation
Eine geschlechtergerechte Arbeitsorganisation, d.h. eine geschlechtergerechte Unternehmenskultur der Vielfalt muss im Unternehmensleitbild verankert sein. Sie wird nach innen und nach außen über Offenheit, Wertschätzung, Vertrauen, Solidarität und Kollegialität vermittelt. Eine Voraussetzung dafür ist das Bekenntnis zu gleichberechtigten Unternehmensstrukturen, die sich zur Geschlechtergleichstellung und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bekennen, vorrangig für Frauen, da diese laut Bundesfamilienministerium (BMFSFJ 2019) immernoch den größten Anteil der Care-Arbeit verrichten. Aber auch alle anderen marginalisierten Gruppen im Unternehmen müssen für eine Kultur der Vielfalt im Unternehmen mitgenommen werden. Notwendig ist eine vollständige Integration aller Mitarbeiter*innen sowohl strukturell als auch in die informellen Netzwerke, älterer und jüngerer Mitarbeiter*innen, LGBTIQ, sowie die Integration von Menschen mit Behinderungen. Das Bekenntnis zu einer für Diversität offenen Betriebskultur muss auch Grundlage bei der Personalgewinnung sein. Geschlechtergerechte Arbeitsorganisation braucht diskriminierungsfreie Einstellungsverfahren, beispielsweise durch anonymisierte Bewerbungsverfahren, bei denen Namen und Geschlecht für Personalverantwortliche nicht erkennbar sind. Vorurteils- und diskriminierungsfreie Verfahren und Praktiken in der Personalpolitik bauen auf gemischte Teams, die Förderung von Frauen in der Führungsebene oder in bislang klassischen Männerdomänen, die Integration von Menschen aus verschiedenen Sprach- und Kulturräumen sowie unterschiedlichen Lebens- und Herkunft Kontexten. Über den Gender pay Gap wird schon seit 1995 die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern gemessen, die in Deutschland immer noch auf 18 Prozent beziffert wird (Destatis 2020), wobei sich diese Zahl nur auf die Differenz des durchschnittlichen Stundenverdienstes bezieht. So wird von Wissenschaftler*innen gefordert, gleiche Bezahlung für vergleichbare Arbeit zu fordern, und den Gender Income Gap (Allmendinger 2020) zu bemessen und folgerichtig zu beheben. Innerhalb von Unternehmen sollten die Gehälter so ausgehandelt werden, dass Transparenz darüber besteht, welche Arbeitsinhalte wie und unter Berücksichtigung von Care-Arbeit belohnt werden. Die Grundlage hierzu ist eine lebensphasenorientierte Arbeitszeitgestaltung, so dass Mitarbeiter*innen zeitweilig aus- und wieder einsteigen können, ohne den Verlust der Karriereoptionen. Wenn Führungsaufgaben in Teilzeit möglich sind, wird auch die gerechte Aufteilung von Care-Arbeit aller Art auf Männer und Frauen ermöglicht. Innerhalb von Teilzeitstrukturen ist eine Anpassung der Arbeitsorganisation notwendig, so dass vielfältige, familien- und sorgegerechte Arbeitszeitoptionen angeboten werden können (ebd.).
Es ist davon auszugehen, dass geschlechtergerechte Strukturen in der Arbeitswelt zu positiven Auswirkungen führen und Unternehmen stärken. Motivierte Arbeitskräfte, die ihre Leistungskraft in gesünderen, nachhaltigeren Strukturen entfalten, können dafür sorgen, dass sich Belegschaften stabilisieren, die Fluktuation reduziert wird und sich das Klima des Umgangs miteinander nachhaltig zum Positiven verändert. (ifw Kiel 2019). Dies steigert die Produktivität, Innovation und Kreativität von Unternehmen und reduziert Kosten für Krankheitsvertretungen, vermindert Mobbing und führt zu einem stabilen und gesunden Arbeitsumfeld. So werden durch stereotypes Verhalten begünstigte Bedingungen eingedämmt, wie das Institut für Weltwirtschaft aus Kiel in einer Studie herausfand (ebd.). Derzufolge treffen Gruppen je nach Zusammensetzung unterschiedliche Entscheidungen und sobald ein Geschlecht überrepräsentiert ist, wird stereotypes Verhalten begünstigt. Wodurch reine Männerteams beispielsweise bei Entscheidungen zu viel Risiko eingehen und reine Frauengruppen weniger Chancen nutzen. Die Forschung zeigt, dass Menschen persönlich profitieren, wenn sie an einem Ort arbeiten, an dem es keine Geschlechterdiskriminierung gibt. Dies wirkt sich auf die Gesundheit von Arbeitnehmer*innen aus. Längerfristig verbessern nachhaltige und geschlechtergerechte Arbeitsbedingungen den Markenwert von Unternehmen, können die Akquise neuer Zielgruppen erleichtern und die Bindung bestehender Kund*innen, die Haltung, Bekanntheit erleichtern. Dies gilt insbesondere in Branchen, die Arbeitskräftemangel zu beklagen haben, wie es beispielsweise im Rahmen einer Studie zu Diversity in deutschen Unternehmen deutlich wurde: 97 Prozent der befragten Unternehmen, die die Charta der Vielfalt unterzeichnet haben, sehen mit Vielfalt konkrete Vorteile für das Unternehmen verbunden und für einen Großteil erhöht sich damit dessen Attraktivität für Arbeitnehmer*innen und Zielgruppen (Ernst & Young 2016).
Eine geschlechtergerechte Arbeitswelt kann einen Beitrag zu einer demokratischen, sozialen und freiheitlichen Gesellschaft leisten, in der verschiedenste Menschen ihren Platz finden. Dabei ist es besonders wichtig, die Potenziale von Frauen zu nutzen sowie Strukturen und Prozesse zu verändern, die Frauen behindern. Die Unternehmen und Organisationen, in denen Menschen arbeiten, können Standards setzen und eine gesellschaftliche Wende mit anschieben. Gleichwohl braucht es grundlegende gesellschaftliche und politische Veränderungen wie beispielsweise die Umverteilung von Care-Arbeit zwischen den Menschen oder eine Neubewertung von Arbeit und sowie die Wertigkeit von Tätigkeiten (ebd.).
Digitalisierung und Geschlechtergerechtigkeit
In der Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung (BMFSFJ 2020) werden die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Geschlechterverhältnisse als noch nicht absehbar angesehen. Die Geschlechterfrage ist jedoch relevant, da die Ungleichheit der Geschlechter im Zuge zunehmend datenbasierter und mechanisierter Entscheidungsfindung durch beispielsweise diskriminierende Datensätze und/oder Algorithmen wieder ansteigen könnte wenn keine entsprechenden Strategien oder Regulierungen eingeplant werden.
In der „Umsetzungsstrategie ‚Digitalisierung gestalten‘ der Bundesregierung“ (BPA 2021) ist die Gleichstellung als Querschnittsthema verankert, das bei Planungen in der Digitalisierung berücksichtigt werden soll. Es wird auch festgestellt, dass bei anderen Gremien und Regierungsprogrammen zur Digitalisierung Geschlechteraspekte jedoch noch kaum Eingang gefunden haben.
Quellenverzeichnis
AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz 2006 (BGBl. I S. 1897/BGBl. I S. 768): Online: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/AGG/agg_gleichbehandlungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile
Allmendinger J. (2021): Es geht nur gemeinsam! Wie wir endlich Geschlechtergerechtigkeit erreichen.
BMFSJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2019): Gender Care Gap – ein Indikator für die Gleichstellung. Online: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/gender-care-gap/indikator-fuer-die-gleichstellung/gender-care-gap-ein-indikator-fuer-die-gleichstellung-137294
BPA Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (2021): Digitalisierung gestalten Umsetzungsstrategie der Bundesregierung. Online: https://www.bundesregierung.de/breg-en/service/information-material-issued-by-the-federal-government/digitalisierung-gestalten-1605002
Destatis Statistisches Bundesamt 2020. Gender pay Gap. Online: https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Arbeitsmarkt/GenderPayGap.html;jsessionid=D40F6183038F2B114933146463686F52.live741
Ernst&Young GmbH Stuttgart (2016): Diversity in Deutschland, Studie anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Charta der Vielfalt. Online: https://www.charta-der-vielfalt.de/fileadmin/user_upload/Studien_Publikationen_Charta/STUDIE_DIVERSITY_IN_DEUTSCHLAND_2016-11.pdf
Glassdoor, Inc. (2019): Diversity & Inclusion Study 2019. Online: Glassdoor-Diversity-Survey-Supplement-1.pdf
IFMW Institut für Management- und Wirtschaftsforschung 2020: Siegel-Studie „Top-Karrierechancen für Frauen. Online: https://www.marktforschung.de/aktuelles/marktforschung/das-sind-die-top-arbeitgeber-fuer-frauen/
ILO International Labour Organization (1958): Übereinkommen 111; Übereinkommen über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.
ifw Kiel 2019
SDG 6 Sauberes Wasser
“Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten”
Das SDG 6 “Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen für alle“ strebt an, die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle zu gewährleisten. Mit diesem SDG wurde auf globaler Ebene ein umfassendes und ganzheitliches Wasserziel formuliert. Im Kontext der Pflanzentechnologie sind folgende Unterziele relevant:
6.3 Bis 2030 die Wasserqualität durch Verringerung der Verschmutzung, Beendigung des Einbringens und Minimierung der Freisetzung gefährlicher Chemikalien und Stoffe, … weltweit verbessern
6.4 Bis 2030 die Effizienz der Wassernutzung in allen Sektoren wesentlich steigern und eine nachhaltige Entnahme … von Süßwasser gewährleisten, um der Wasserknappheit zu begegnen …
6.6 Bis 2020 wasserverbundene Ökosysteme schützen und wiederherstellen …
Die Schnittmenge für das SDG 6 „Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen für alle” ergibt sich aus den folgenden Nummern der Standardberufsbildposition (BGBl 2022):
a)Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
In Deutschland sind der Zugang zu sicherem Trinkwasser (6.1) und eine Grundsanitärversorgung für alle (6.2) sichergestellt. Im Hinblick auf die Verbesserung der Gewässerqualität (6.3) fällt Deutschland jedoch hinter den Zielvorgaben der Europäischen Union deutlich zurück. Da die Probleme der Belastung von Gewässern auch durch die Landwirtschaft entstehen, stehen sie in engem Zusammenhang mit der Pflanzentechnologie, insbesondere was die Anwendung von Phosphat- und Stickstoffdüngern sowie Pflanzenschutzmitteln im Freiland und im Gewächshaus betrifft.
Europäischer Rahmen für den Gewässerschutz
Die deutschen Bemühungen im Gewässerschutz und Wassermanagement sind mit dem Regelwerk der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL – 2000/60/EG) in Einklang zu bringen. Die WRRL legt die Ziele für den guten chemischen und ökologischen Gewässerzustand für Oberflächengewässer und den guten chemischen und mengenmäßigen Grundwasserzustand fest. Diese Ziele, alle Flüsse, Seen, Küstengewässer und Grundwasser in einen „guten Zustand“ zu bringen, müssen die EU Mitgliedsstaaten, so auch Deutschland, bis spätestens 2027 umsetzen (Bundesregierung 2016: 105).
Zustand der Oberflächengewässer in Deutschland
Nach Angaben des UBA (2022a) erreichen aktuell nur 9 Prozent aller Oberflächengewässer einen sehr guten oder guten ökologischen Zustand. Einen guten ökologischen Zustand weisen beispielsweise der Bodensee, Teile der Donau und Isar, einige bayerische Seen sowie die Eider in Norddeutschland auf. Einen schlechten ökologischen Zustand besitzen z. B. Teile des Neckars nördlich von Stuttgart und der Saar (UBA 2022a: 54). Der Grad des ökologischen Gewässerzustands wird anhand der im Wasser lebenden Organismen einer Lebensgemeinschaft bestimmt. Je größer die Abweichung der Zusammensetzung einer Lebensgemeinschaft vom natürlichen Zustand ist, desto schlechter ist der Zustand eines Gewässers.
Einen guten chemischen Zustand erreicht hingegen keines der Oberflächengewässer in Deutschland. Die Gründe dafür, dass die Oberflächengewässer den guten chemischen Zustand nicht erreichen, sind hohe Nährstoffbelastungen, vor allem durch Phosphat und Stickstoff, beides Stoffe, die durch die Landwirtschaft eingetragen werden. Ein weiterer Faktor ist die Belastung mit Quecksilber, das durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe entsteht und über die Luft und Niederschläge in Böden und Gewässer eingetragen werden (ebd.).
Zustand der Grundwasserkörper in Deutschland
Aktuell erreichen 67 Prozent der Grundwasserkörper einen guten chemischen Zustand (ebd.). Verschiedene Ursachen führen dazu, dass 33 Prozent diesen Zustand nicht erreichen. Auf die Problematik des Stickstoffeintrags in Grundwasserkörpern und die gesundheitlichen Auswirkungen wurde bereits unter SDG 3 eingegangen. Weitere Belastungen des Grundwassers entstehen durch Pestizide, insbesondere durch 6 Unkrautvernichtungsmittel, die in der Landwirtschaft und im Gemüsebau eingesetzt werden, und die z. T. in Deutschland nicht mehr zugelassen sind (Atrazin, Bentazon und Chloridazon, ebd.).
Bei 77 Prozent der Oberflächengewässer und 29 Prozent des Grundwassers ist die Landwirtschaft verantwortlich für die Auswirkungen auf den Gewässerzustand (ebd.). Unter dem Dach der WRRL werden an die Landwirtschaft zukünftig hohe Anforderungen gestellt, um den Eintrag von Nähr- und Schadstoffen aus der Landwirtschaft in Gewässer zu verringern.
Maßnahmen zum Gewässerschutz
Oberflächengewässer zukünftig besser schützen
Folgende Maßnahmen sollen zukünftig dazu beitragen, Belastungen der Oberflächengewässer durch die Landwirtschaft zu verringern (ebd.):
● Reduzierung der Nährstoffeinträge durch Auswaschung durch optimierten Düngeeinsatz oder die Umstellung von konventionellem auf ökologischen Landbau;
● Reduzierung der Nährstoff- und Feinmaterialeinträge durch Erosion, z. B. durch Hangbegrünung oder Zwischenfruchtanbau;
● Anlage von Gewässerrandstreifen mit naturnahen Gehölzen als Puffer gegen Nährstoff- und Feinmaterialeinträge;
● Reduzierung diffuser Nährstoffeinträge durch Drainagen sowie
● Reduzierung der Einträge von Pflanzenschutzmitteln (schonende Ausbringungsverfahren oder Ausbringungsverbote).
Pflanzenbauliche Maßnahmen zur Verringerung des Stickstoffeintrags können gleichzeitig zum Schutz von Insekten beitragen und ihren stark reduzierten Bestand erhöhen. Damit gehört das (indirekte) “Bienen füttern” durch eine vielfältige Fruchtfolge oder ökologische Landbaupraktiken zu den Aufgaben der Landwirtschaft. Die Initiative “Bienen füttern” setzt hier an und wurde 2014 vom BMEL ins Leben gerufen. Sie richtet sich zuerst an die Landwirtschaft und Politik, aber auch an andere Einrichtungen wie Unternehmen und Schulen (BMEL, 2022 b). Gerade Ausbildungsbetriebe für “Grüne Berufe” können sich an der Initiative beteiligen, um ihre nachhaltige Ausrichtung zu vertiefen und zu dokumentieren.
Maßnahmen zum Grundwasserschutz
Um Belastungen des Grundwassers durch die Landwirtschaft zu verringern, sollen folgende Maßnahmen verstärkt zum Einsatz kommen (UBA 2022a):
● Reduzierung der Nährstoffeinträge durch Auswaschung durch optimierten Düngeeinsatz, Zwischenfruchtanbau;
● Reduzierung der Nährstoffeinträge in Wasserschutzgebieten (Vertragliche Vereinbarungen zwischen Landwirten und Kommunen) und
● Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln (Maßnahmen des Integrierten Pflanzenschutzes).
Technische Neuerungen im Bereich der teilflächenspezifischen Düngung ermöglichen eine zielgenaue und bedarfsgerechte Ausbringung von Düngemitteln, die nicht nur übermäßige Nitratbelastungen vermeiden, sondern auch den Ernteertrag erhöhen können. In diesem Kontext werden große Hoffnungen in die Nahinfrarotspektroskopie (NIR) und in Nahinfrarotspektroskopie-Sensoren (NIRS) gesetzt. Die Verwendung eines solchen Sensors ermöglicht es dem Nutzer, Gülleinhaltsstoffe exakt zu bestimmen – sowohl bei der Entnahme von Gülle aus Silos als auch bei der Ausbringung der Gülle auf Feldflächen. Die Verwendung der Sensoren gepaart mit Applikationskarten, welche die unterschiedlichen Bedarfe der Kulturpflanzen auf verschiedenen Bereichen der Fläche darstellen, ermöglicht eine zielgenaue statt großflächige Ausbringung von Gülle und Nährstoffen (Bökle et al. 2020). Vorteilhaft ist hierbei nicht nur, dass die Nitratbelastung im Grundwasser gesenkt werden kann, sondern auch, dass Ressourcen und Mittel auf effizientere Weise genutzt werden und die Pflanzen ideal mit Nährstoffen versorgt werden (Henseling et al. 2022).
Rolle der Pflanzentechnologie
Die Pflanzentechnologie kann zukünftig in unterschiedlichen Feldern einen wichtigen Beitrag leisten, um die diffuse Nährstoffbelastung in Gewässern zu reduzieren:
● Züchtung von Kultursorten, die auch bei geringer Nährstoffversorgung ausreichende Erträge liefern;
● Versuche, bei denen Stickstoff durch gezieltes Zwischenfrucht-Management reguliert wird (entweder Stickstoff in den Boden bringen oder dem Boden Nährstoffe entziehen) sowie
● Versuche zu intelligenten Pflanzenbausystemen (Fruchtfolgen), die eine Stickstoffauswaschung verhindern.
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2020): Empfehlung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung vom 17. November 2020 zur „Anwendung der Standardberufsbildpositionen in der Ausbildungspraxis“. BAnz AT 22.12.2020 S4. Online: https://www.bibb.de/dokumente/pdf/HA172.pdf
BMEL (2023): Initiative “Bienen füttern”. Online: BMEL – Artenvielfalt – Initiative „Bienen füttern!“
Bökle, S.; Reiser, D.; Griepentrog, H. W. (2020): Automatisierte und digitale Dokumentation der Applikation organischer Düngemittel. In: Gandorfer et al. (Hrsg.): Digitalisierung für Mensch, Umwelt und Tier. 40. GIL-Jahrestagung.
Bundesregierung (2016): Zustand unserer Gewässer – Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Online: Drucksache 19/5812 (bundestag.de)
Henseling, Christine; Willim, Zoe (2022): NIRS-Technologie zur Ausbringung organischer Düngemittel – Einschätzungen und Anforderungen aus Sicht der Nutzer. Berlin. (im Erscheinen)
WRRL Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG : Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik. Online: https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:2000L0060:20090625:DE:PDF
UBA Umweltbundesamt (2022a): Die Wasserrahmenrichtlinie. Gewässer in Deutschland 2021 Fortschritte und Herausforderungen. Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/221010_uba_fb_wasserrichtlinie_bf.pdf
SDG 7 Bezahlbare und saubere Energie
“Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern”
Das SDG 7 beinhaltet soziale und ökologische Anforderungen an den Klimaschutz. Für die Kreislauf- und Abfallwirtschaft sind daher vor allem 3 Unterziele wichtig (Destatis o. J.):
SDG 7.1 “Bis 2030 den allgemeinen Zugang zu bezahlbaren, verlässlichen und modernen Energiedienstleistungen sichern.”
SDG 7.2 “Bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energie am globalen Energiemix deutlich erhöhen.”
SDG 7.3 “Bis 2030 die weltweite Steigerungsrate der Energieeffizienz verdoppeln.”
Das SDG 7 “Bezahlbare und saubere Energie” beinhaltet soziale und ökologische Anforderungen an den Klimaschutz. Ökologische und das Klima schützende Anforderungen werden durch andere SDGs (insbesondere 13, 14 und 15) abgedeckt (Destatis o. J.). “Saubere Energie”, wie dies in SDG 7 genannt wird, bedeutet heute für den Klimaschutz grundsätzlich der Umstieg auf erneuerbare Energien (EE), eine höhere Energieeffizienz und Energiesparen. Die Schnittmenge für das SDG 7 ergibt sich aus vier Nummern der Standardberufsbildposition (BGBl 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen.
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Dieses Kapitel beschreibt die Grundlagen der verwendeten Energieformen und eingesetzten Verfahren sowie wichtige Themen aus dem Bereich „Bezahlbare und saubere Energie”. Es ist sozusagen das Basiswissen, welches heute in jeder Ausbildung vermittelt werden sollte, da kein Beruf mehr ohne die nachhaltige Nutzung von Energie auskommen kann. Zum Abschluss wird auf spezielle Themen des Berufsbildes Pflanzentechnologie hingewiesen: Energieeffizienz im Freilandanbau, Energiesparmaßnahmen im Gewächshaus und erneuerbare Energien in der Pflanzentechnologie.
Erneuerbare Energien
Die einfachste Maßnahme zum Umstieg auf erneuerbare Energien ist der Bezug von Ökostrom. Die Produktion erfolgt dabei in der Regel aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasserkraft. Im ersten Halbjahr 2022 lag der Anteil der Erneuerbaren bei 51,6%. Da die Stromproduktion aus verschiedenen Quellen schwankend ist, zeigt erst die Jahresendbilanz, wie die Verteilung sein wird. In 2021 stammten 23% der gesamten Stromproduktion aus Windkraft, 9,8% aus der Photovoltaik , 8,8% aus Biomasse und 4% aus Wasserkraft. Braun- und Steinkohle lieferten 20,7% des Stroms, Erdgas 10,5% und die Kernenergie gut 13,3% (Stromreport 2022).
Wichtig sind hinsichtlich des Ziel “bezahlbarer Energie” vor allem die Kosten von Strom und Wärme. Die Stromgestehungskosten waren in 2021 wie folgt (ISE 2021, gerundet): Dachkleinanlagen 6-11 Cent/kWh, große Dachanlagen 5-10 Cent/kWh, Freiflächenanlagen 3-6 Cent/kWh. Die Stromgestehungskosten fossiler Stromerzeugung lagen in 2021 zwischen 8-13 Cent/kWh für Gas- und Dampfkraftwerke, zwischen 11-28 Cent/kWh bei Gaskraftwerken, 10-15 Cent/kWh Braunkohlekraftwerke sowie 11-20 Cent/kWh bei Steinkohlekraftwerken. Für Kernkraft, mit Rückbau und Endlagerung werden die Stromgestehungskosten auf 50 bis 100 Cent/kWh geschätzt (Siemens-Stiftung 2015). Die konkreten Stromgestehungskosten sind von einer Reihe von Faktoren abhängig. Dazu zählen der Standort (z.B. Entfernung zwischen Kraftwerk und Abbaugebiet), Größe und Alter der Anlagen, Subventionen, Wartung, Abschreibungen sowie die verbaute Erzeugungstechnologien
Im Folgenden wird eine Übersicht über die wichtigsten Technologien zur Nutzung der Erneuerbaren Energien gegeben:
● Solarenergie: Solarenergie mit Hilfe von Photovoltaik ist mit gut 21 Prozent der EE-Stromproduktion (Stromreport 2022) seit 2007 stark ausgebaut worden und damit die jüngste breit genutzte erneuerbare Stromquelle (vgl. die Graphik auf Wikimedia 2020). Ab 2013 stagnierte der Zuwachs von Solarenergie, weil die Konditionen der Einspeisung verschlechtert wurden. Insbesondere die Energiekrise im Zuge des Ukraine Krieges zeigt, dass der Ausbau jetzt stark beschleunigt werden muss.
● Solarthermie: Es stehen jährlich 1.050 KWh/m2 Solarstrahlung für die Umwandlung von Sonnenenergie in Wärme zur freien Verfügung. Hiermit lassen sich Strom sowie Wärme für Heizung und Warmwasser erzeugen. In Deutschland wird Solarthermie dennoch nur in weniger als 10 Prozent (co2online 2022) der Heizanlagen für Häuser und Wohnungen genutzt.
● Windenergie: 50 Prozent des EE-Stromes in Deutschland wurden 2021 aus Windenergie erzeugt (Stromreport 2022). Der Ausbau hat wesentlich in den Jahren von 2000 bis 2017 stattgefunden. Seitdem ist der Zuwachs geringer, weil sich lokal viele Menschen gegen Windkraftanlagen wehren. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges und dem damit verbundenen Gaslieferstopp Rußlands, sowie seit den deutlichen Auswirkungen der Klimakrise (Waldbrände, Flut), werden wieder höhere Ausbauziele der Windenergie genannt.
● Wärmeerzeugung: Zur Wärmeerzeugung können Bioenergie (insbesondere Festbrennstoffe wie Holz) sowie die Umgebungs- bzw. bodennahe Erdwärme eingesetzt werden. Wie bei der Stromerzeugung aus Wasserkraft gibt es für die Verbrennung von Biomasse kein Wachstumspotenzial mehr, sondern muss auf “ein naturverträgliches Maß begrenzt” werden (UBA 2021b). Im Gegensatz dazu setzt die Bundesregierung auf den Ausbau der Nutzung von Umgebungswärme, wozu auch die bodennahe Erdwärme gehört (Tagesschau 2022).
Photovoltaik
Photovoltaik ist die Umwandlung von Sonnenlicht in Strom. Dies geschieht mit Hilfe von PV-Modulen, in denen die Solarstrahlung Strom erzeugt. Der Strom wird über Leitungen zu einem Wechselrichter geführt, der den Gleichstrom aus den PV-Modulen in Wechselstrom umwandelt. Die Kosten der PV-Technologie sind bei höherer Leistung – trotz Preissteigerungen aufgrund des Krieges – deutlich günstiger als vor 20 Jahren. Für den Betrieb von Photovoltaik-Anlagen gibt es drei Betriebsmodelle:
● Dachverpachtung: Die einfachste Möglichkeit, von einem geeigneten Dach zu profitieren, ist die Verpachtung der Dachfläche an Dritte. Diese sind dann Betreiber der Anlage. Stadtwerke, Energieversorgungsunternehmen und Projektentwickler bieten bereits „schlüsselfertige“ Dachpachtlösungen an. Dabei baut der Betreiber auf seine Kosten die Anlage, bewirtschaftet sie und übernimmt das unternehmerische Risiko.
● Eigenverbrauch mit Überschusseinspeisung: Besonders attraktiv ist die Gestaltung des Eigenverbrauchs. Der Eigentümer errichtet die Anlage auf eigene Kosten und versucht, seine Stromnutzung so zu gestalten, dass bei Sonnenschein Strom entweder verbraucht oder in Batterien gespeichert wird.
● Volleinspeisung: In diesem Fall ist der Dacheigentümer auch Betreiber der PV-Anlage. Der gesamte erzeugte Strom wird in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist und der Anlagenbetreiber erhält für jede eingespeiste kWh die sog. Einspeisevergütung.
Im Folgenden werden kurz die wichtigsten Technologien zur Solarstromerzeugung vorgestellt:
● Solarzellen aus kristallinem Silizium: Solarzellen aus kristallinem Silizium werden mit über 90Prozent am häufigsten verbaut. Als Ausgangsmaterial für ihre Herstellung dient Siliziumdioxid (SiO2), das als Quarzsand oder Quarzkristall abgebaut wird. Aus SiO2 wird in einem mehrstufigen und sehr energieaufwendigen Verfahren hochreines polykristallines Silizium (poly-Si) mit einer Reinheit von 99, 99999 Prozent hergestellt. Die Herstellung erfolgt in einem Lichtbogenofen bei Temperaturen von etwa 2.000 °C. Anschließend werden Silizium-Einkristalle (mono-Si) gezogen. Die gewonnenen Einkristalle werden in etwa 0,2 mm dicke Scheiben («Wafer») gesägt und in einer Abfolge von mehreren Prozessschritten zu Solarzellen und dann zu PV-Modulen weiterverarbeitet.
● Dünnschicht-Solarmodule: Die Module bestehen wie die obigen PV-Module ebenfalls aus elektrischen Kontakten und einem absorbierenden Material, allerdings werden auf dem Trägermaterial verschiedene Schichten von Metallen aufgetragen. Die Dicke der lichtabsorbierenden Schicht liegt in der Regel bei 1-3 µm, also etwa hundertmal weniger als bei den Solarzellen aus kristallinem Silizium. Als Trägermaterial können, je nach Technologie, Glas, Metall- oder Kunststofffolien eingesetzt werden. Als Schichtmaterialien kommen insbesondere Halbleitermaterialien wie Galiumarsenid (GaAs), Cadmiumtellurid (CdTe) oder Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) zum Einsatz. Vorteile der Dünnschichtzellen sind ihr geringes Gewicht, ihre guten Erträge bei diffusem Sonnenlicht und schlechtem Wetter sowie die schnelle energetische Amortisation aufgrund des geringen Energieeinsatzes bei ihrer Herstellung.
Hauptsächlich gibt es zwei Arten für Photovoltaikanlagen:
● Aufdachmontage: Aufdach-Photovoltaikanlagen sind eine weit verbreitete Möglichkeit für Eigenheime, Unternehmen und öffentliche Gebäude um ihren eigenen Strom zu erzeugen. Vorteile sind: Das vorhandene Dach kann optimal genutzt werden; das Dach wird vor eventuellen Umwelteinwirkungen zusätzlich geschützt; aufdach-montierte Anlagen sind meist schnell und einfach sowie mit geringem Wartungsaufwand zu installieren. . Nachteile sind höhere Kosten der Montage, mögliche Probleme bei der Befestigung und Tragfähigkeit, Platzbeschränkungen durch die Dachfläche sowie der unveränderliche Winkel des Daches (der nicht immer optimal zur Nutzung der Solarstrahlung ist).
● Bodenmontage (Freiflächenmontage): Bodenmontierte Photovoltaikanlagen sind inzwischen ebenfalls weit verbreitet, werden aber vorwiegend von großen Unternehmen, professionellen Investoren bzw. Energieanbietern genutzt. Vorteile sind: Aufgrund ihrer Größe ist auch eine größer dimensionierte Stromerzeugung möglich; bodenmontierte Anlagen haben die Möglichkeit die festen Winkelbeschränkungen zu umgehen und sie haben einfache Wartungsmöglichkeiten. Nachteilig sind die Flächenbedarfe (“ganze Äcker”) und ihre optische Auffälligkeit (Landschaftsbild).
Solarwärme
Solarthermie erzeugt warmes oder heißes Wasser, zusammen mit einem Wärmespeicher kann dann insbesondere in den Sommermonaten ein erheblicher Teil des Wärmebedarfs mit Solarenergie CO2-frei bereitgestellt werden. Im folgenden werden die beiden wichtigsten Kollektortypen sowie die Wärmespeicherung und die Einbindung der Solarwärme vorgestellt:
● Flachkollektoren: Bei Flachkollektoren ist der metallische Solarabsorber zwischen einer transparenten Abdeckung und einer Wärmedämmung eingefasst. Dies minimiert die Wärmeverluste des Kollektors, wodurch in Abhängigkeit der Bauart Nutztemperaturen bis 100 °C effizient bereitgestellt werden können. Das Spektrum reicht von kompakten Kollektormodulen mit ca. 2 m² bis hin zu Großflächenkollektoren mit 10 bis 12 m²
● Vakuumröhrenkollektoren: Bei Vakuumröhrenkollektoren können die Wärmeverluste durch Konvektion und Wärmeleitung deutlich reduziert und somit mehr Wärme erzeugt werden. Der sinnvolle Einsatzbereich dieser Kollektoren bei 80 bis 130 °C, der höhere Wert wird mit Spiegeln auf der Rückseite erzeugt.
● Speicherung: In der Regel ist ein Pufferspeicher zentraler Bestandteil einer solaren Prozesswärmeanlage, da das Solarangebot nicht immer mit dem Wärmebedarf der zu versorgenden Verbrauchsstellen zeitlich übereinstimmt. Zur Einbindung des Speichers gibt es mehrere Möglichkeiten: Typischerweise wird der mit einem Wasser-Glykol-Gemisch betriebene Solarkreis durch einen Wärmeübertrager vom Speicherkreis getrennt.
● Einbindung von Solarwärme: Bei der Einbindung von Solarwärme lässt sich grundsätzlich die Versorgungs- von der Prozessebene unterscheiden. Viele Industrie- oder Gewerbebetriebe haben ein zentrales Kesselhaus zur Erzeugung von Wärme und ein Rohrnetz zur Verteilung der Wärme an die Verbrauchsstellen. Je nach Nutztemperatur wird die Wärme über Dampf (140-200 °C), Heißwasser (90-160 °C) oder Warmwasser (<100 °C) verteilt und direkt oder indirekt über einen Wärmeüberträger an die Wärmesenke abgegeben.
Bioenergie
Unter Bioenergie wird die energetische Nutzung biogener Energieträger verstanden. Biogene Energieträger sind pflanzlicher oder tierischer Herkunft. Zu den typischen biogenen Energieträgern zählen Holz und Stroh sowie ihre Derivate wie Holzschnitzel- oder -pellets. Aber auch Biogas aus der Vergärung von Bioabfällen, Ernterückständen oder von tierischen Abfällen wie Mist und Gülle-Exkremente. Obwohl bei der Verbrennung von Biomasse oder Biogas Kohlendioxid freigesetzt wird, wird die Erzeugung und Nutzung von Bioenergie als klimaneutral angesehen, denn das freigesetzte CO2 wurde während des Pflanzenwachstums der Atmosphäre entzogen. Allerdings verursacht die Verbrennung von Biomasse weiterer Luftschadstoffe wie NOX und insbesondere Feinstaub (Kamine im Eigenheimbereich).
Der typische Einsatz von Biogas zur Energieerzeugung erfolgt über Blockheizkraftwerke (BHKW), die sowohl Wärme als auch Strom erzeugen. Problematisch ist der Anbau von Energiepflanzen wie z. B. Mais, Raps, Futterrüben, Hanf, Chinaschilf, schnellwachsende Bäume (Pappeln, Weiden), Zuckerrohr und Algen. In der Regel erfolgt deren Anbau in schnell wachsenden Monokulturen und haben damit einen erheblichen Einfluss auf Landschaft und Boden. Zudem kann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zum Verlust von Biodiversität, die Düngung zur Belastung des Grundwassers und der Verbrauch von Trinkwasser zur regionalen Verknappung von Wasser führen (UBA o. J.b.). Des Weiteren ist der energetische Wirkungsgrad der Biomassenproduktion mit 0,5 – 1,5 Prozent (Pflanzenforschung 2020) wesentlich geringer als der von Photovoltaik , der in der Regel 15 – 22 Prozent beträgt (Eigensonne o. J.). Zudem gibt es eine Flächenkonkurrenz – anstelle von Energiepflanzen könnten auch Feldfrüchte oder Getreide angebaut werden – im Sinne des SDG 2 “Kein Hunger”.
Erd- und Umgebungswärme
Eine Möglichkeit der Wärmeerzeugung ist die Nutzung von Temperaturunterschieden zwischen Gebäuden und ihrer Umgebung oder dem Erdreich mit Wärmepumpen. Eine Wärmepumpe funktioniert wie ein Kühlschrank oder eine Klimaanlage (Tagesschau 2022). Die Pumpe entzieht der Umgebung (z. B. dem Erdreich) mit einem Kältemittel Wärme und kühlt sie dabei ab. Ein Kompressor verdichtet das Kältemittel und erhöht dabei dessen Temperatur, die dann zur Raumheizung genutzt wird. Das Kältemittel kondensiert und gibt die Wärme frei. In einem Ventil verdampft das Kühlmittel wieder, kühlt sich dabei stark ab und kann aufs Neue der Umgebung Wärme entziehen. Zum Antrieb einer Wärmepumpe wird elektrischer Strom benötigt, der allerdings aus erneuerbaren Quellen stammen sollte. Bei der Nutzung von Erdwärme wird zwischen Tiefengeothermie und oberflächennaher Geothermie unterschieden.
Die oberflächennahe Geothermie nutzt den Untergrund bis zu einer Tiefe von ca. 400 m und Temperaturen von bis zu 25 °C für das Beheizen und Kühlen von Gebäuden, technischen Anlagen oder Infrastruktureinrichtungen. Hierzu wird die Wärme oder Kühlenergie aus den oberen Erd- und Gesteinsschichten oder aus dem Grundwasser gewonnen. Als Tiefengeothermie bezeichnet man die Nutzung der Erdwärme in Tiefen zwischen 400 und 5.000 Metern. Im Vergleich zur oberflächennahen Geothermie sind dort die Temperaturen weitaus höher. Der Vorteil der Geothermie ist ihre ständige Verfügbarkeit. Die geothermische Stromerzeugung in Deutschland steht noch am Anfang und ist noch ausbaufähig.
Rationelle Energienutzung und Energiesparen
Neben dem Einsatz erneuerbarer Energien zählt auch die rationelle Energienutzung zu den Maßnahmen, um das Energiesystem in Richtung Nachhaltigkeit zu transformieren. Typische Handlungsfelder der rationellen Energienutzung sind die Energieeffizienz und das Energiesparen, die beide eng miteinander verknüpft sind.
● Energieeffizienz: Bei der Energieeffizienz geht es darum, Geräte und Maschinen zu nutzen, die bei gleicher Funktionserfüllung einen geringeren Energiebedarf haben. Effizienz ist dabei eine relationale Größe, die sich auf mindestens zwei vergleichbare Arten bezieht, Energie zu nutzen. Durch optimierte Prozesse sollen die quantitativen und qualitativen Verluste, die im Einzelnen bei der Umwandlung, dem Transport und der Speicherung von Energie entstehen, minimiert werden, um einen vorgegebenen (energetischen) Nutzen bei sinkendem Primär- bzw. Endenergieeinsatz zu erreichen.
● Energieeffizienzkennzeichnung: In der EU gibt die Energieeffizienzkennzeichnung gemäß Verordnung (EU) 2017/1369 Auskunft über die Energieeffizienz von Elektrogeräten und weiteren Energieverbrauchern. Die Kennzeichnung erfolgt für verschiedene Gerätegruppen in Form von Etiketten auf den Geräten und in Werbematerialien. Ab dem Jahr 2021 erfolgt die Kennzeichnung der Energieeffizienz in Form von Effizienzklassen. Deren Skala reicht von „A“ bis „G“, wobei Geräte mit der höchsten Effizienz mit der Kennzeichnung “A” ausgezeichnet werden. Daneben gibt es zahlreiche weitere Kennzeichen. Bekannt ist der amerikanische Energy Star für energiesparende Geräte, Baustoffe, öffentliche/gewerbliche Gebäude oder Wohnbauten. Der Energy Star bescheinigt die jeweiligen Stromsparkriterien der US-Umweltschutzbehörde EPA und des US-Energieministeriums (www.energystar.gov). Auch nationale Umweltzeichen wie der Blaue Engel können, je nach ausgezeichnetem Produkt, aufGrund vergleichsweise besonders hoher Energieeffizienz vergeben werden (www.blauer-engel.de). Für PKW’s gibt es ein eigenes Kennzeichen, welches die Bewertung und Kennzeichnung der Energieeffizienz neuer Personenkraftwagen hinsichtlich Kraftstoff- und Stromverbrauch regelt (Pkw-EnVKV 2020).
● Stromsparen: Die Abgrenzung des Energiesparens zur Energieeffizienz ist allerdings nicht immer eindeutig, denn die Nutzung eines energieeffizienten Gerätes stellt immer auch eine Energieeinsparung gegenüber einem weniger effizienten Gerät dar. Die wichtigsten Stromsparmaßnahmen im Haushalt sind energieeffiziente Geräte (Kühl- und Gefriergeräte, Flachbildschirme u. a.m.) sowie LED-Beleuchtung. Eine Vielzahl von Energiespartipps sind z. B. bei CO2-Online zu finden (ebd. o. J.). Selbst kleine Maßnahmen wie Reduzierung des Standby-Verbrauchs summieren sich im Großen (UBA 2015). EU-weit werden die Leerlaufverluste auf jährlich 51 Mrd. Kilowattstunden geschätzt. Dies entspricht einer Energiemenge, die etwa 14 Großkraftwerke mit jeweils 800 Megawatt Leistung pro Jahr erzeugen und dabei etwa 20 Mio. t CO2 in die Atmosphäre emittieren (ebd.).
Mobilität
Im Rahmen der sogenannten Verkehrswende spielt die Dekarbonisierung der Antriebe eine zentrale Rolle, denn die Treibhausgasemissionen der Mobilität sind, mit rund 149 Mio. t CO2-Äq bzw. fast 20% aller CO2-Emissionen allein in Deutschland im Jahr 2021, maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich (UBA 2022). Differenziert nach verschiedenen Verkehrsarten zeigt sich, dass der Straßengüterverkehr 2020 rund 46 Mio. t CO2-Äq bzw. 30% der Verkehrsemissionen verursacht (ebd.) hat. Es sind somit zwei Trends wirksam: Zum einen eine Minderung der Emissionen (insbesondere der Schadstoffe), die aber bei LKWs deutlich größer sind (-32%) als bei PKWs (-5%). Zum anderen stieg für beide die Zahl der gefahrenen Kilometer – die PKW-Fahrleistung hat sich seit 1995 verdoppelt, die des Güterverkehrs per LKW ist um 74% gestiegen (ebd.).
Logistik und Geschäftsreisen
Die Wahl der Verkehrsmittel entlang der Wertschöpfungskette ist von besonderer Relevanz. Die Emissionen aus der Logistik können leicht mit Hilfe kostenloser Online Tools ermittelt werden, wie z. B. mit carboncare (ebd. o. J.). Hier ist auch der Emissionsanteil für die Erzeugung des Kraftstoffes enthalten. Die folgende Tabelle stellt beispielhaft die CO2- Emissionen unterschiedlicher Transportmittel dar, die bei einem Transport von einer Tonne Gewicht von Shanghai nach Berlin freigesetzt werden.
Tabelle: Emissionen für einen Langstreckentransport – Shanghai nach Berlin.
Transportmittel | Strecke (km, gerundet) | WTW-CO2-Äq |
Schiff LKW | 19.900 km (Schiff) 200 km (LKW) 20.100 km (gesamt) | 73 kg (nur Schiff) 15 kg (LKW) 88 kg (gesamt) |
Bahn (im Bau) | 10.400 km | 120 kg |
Flugzeug | 8.500 km | 6.900 kg |
Quelle: Eigene Berechnungen mit carboncare (ebd. o. J.).
Bei Geschäftsreisen besteht vielfach die Wahl zwischen Bahn und Pkw-Nutzung. Bei innerdeutschen Flügen ist man oder Frau aufgrund der langen Check-In-Zeiten im Prinzip kaum schneller als mit der Bahn. Hier kann der UmweltMobilCheck der Deutschen Bahn eine Orientierung geben (DB o. J.). Eine Fahrt von Berlin nach Hamburg führt bei Pkw-Nutzung zu etwa 54 kg CO2-Äq, bei Bahnnutzung zu 0,03 kg CO2-Äq.
Sollten Geschäftsreisen mit dem Flugzeug gelegentlich unvermeidbar sein, bieten sich Kompensationsmodelle zum Ausgleich der Klimawirkung an, bei denen eine Klimakompensation erfolgt. Hierbei wird ein Geldbetrag entsprechend der verursachten Emissionen überwiesen und dieser wird in Klimaschutzprojekte investiert z. B. in den Moorschutz oder Wiederaufforstung (vgl. atmosfair). Bei einem Hin-und Rückflug von Berlin nach Shanghai entstehen ca. 4.800 kg CO2 Emissionen. Diese können durch 111 € Ausgleichszahlung kompensiert werden.
Antriebskonzepte
Darüber hinaus stellt sich die Frage nach den “Kraftstoffen” für die Mobilität der Zukunft. In der Diskussion stehen Elektrofahrzeuge mit unterschiedlichen Antriebskonzepten, Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzellen sowie biogene Kraftstoffe.
● Elektromobilität: Als Elektromobilität wird schließlich die Nutzung von elektrischem Strom zum Antrieb von Fahrzeugen bezeichnet. Dabei wird elektrischer Strom in Batterien geladen, die im Fahrbetrieb ihre Energie wiederum an einen Elektromotor abgeben. Von entscheidender Bedeutung ist, dass der elektrische Strom zur Ladung der Fahrzeugbatterie mit erneuerbaren Energien erzeugt wird.
● Hybrid-Fahrzeuge: Es gibt verschiedene Typen wie Mild-Hybrid, Voll-Hybrid, Plug-in-Hybrid oder Range Extender, die einen mehr oder weniger starken Verbrenner mit einem Elektroantrieb kombinieren. Solange die Reichweite reiner E-Autos noch begrenzt ist, wird es auch diese Fahrzeuge geben.
● Elektroauto mit Batterie: Ein vollelektrisches Fahrzeug (BEV) wird ausschließlich von einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben. Der wird über das Stromnetz aufgeladen, das heißt: er benötigt keinen fossilen Kraftstoff. Dadurch fährt das Fahrzeug zu 100 Prozent emissionsfrei. Allerdings ist hier der Strommix von Bedeutung: Der Anteil von Gas und Kohle führt zu Emissionen bei der Stromerzeugung.
● Elektroauto mit Brennstoffzelle: Ein Brennstoffzellenauto (FCEV) wird ausschließlich von einem Elektromotor angetrieben. Der Strom wird in einer Wasserstoff-Brennstoffzelle erzeugt. Bei der Nutzung von Wasserstoff in Fahrzeugen ist von entscheidender Bedeutung, dass dieser mit elektrischem Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, ein sogenannter grüner Wasserstoff – denn nur dann ist sein Einsatz in Fahrzeugen CO2-frei und damit klimaneutral. Die Herstellung von grünem Wasserstoff erfolgt mittels Elektrolyse von Wasser.
● Biogene Kraftstoffe: Hier wird der Kraftstoff aus Pflanzen erzeugt. Dies können Öl-Pflanzen wie Raps sein, aus denen Biodiesel, oder Zuckerrohr, aus dem Ethanol erzeugt wird. Letzteres ist z. B. in Brasilien eine wichtige Kraftstoffquelle. Die Antriebstechnik ist vergleichbar mit konventionellen Verbrennungsmotoren mit der Ausnahme, dass das bei der Verbrennung entstehende CO2 klimaneutral ist, denn die bei der Verbrennung freigesetzte CO2-Menge entspricht in etwa derjenigen Menge, die die Pflanze während ihres Wachstums mittels Photosynthese der Atmosphäre entzogen hatte.
Energiespeicherung
Eine zentrale Herausforderung bei der Nutzung erneuerbarer Energien ist ihre Fluktuation, denn Solarstrahlung steht nachts nicht zur Verfügung und auch der Wind weht nicht kontinuierlich. Eine ausgeglichene Balance von Stromerzeugung und Stromnachfrage ist aber unabdingbar für die Versorgungssicherheit sowie die Netzstabilität. Um eine gleichmäßige Frequenz im Stromnetz aufrechtzuerhalten, müssen Erzeugung und Nutzung aufeinander abgestimmt werden. Andernfalls muss die Differenz und mögliche Frequenzschwankungen durch die sogenannte Regelenergie ausgeglichen werden. Möglichkeiten dazu sind:
● Abschaltung von EE-Anlagen (geringere Einspeisung)
● Zuschaltung von Speicherkraftwerken (höhere Einspeisung)
● Abschaltung großer Verbraucher (geringere Entnahme)
Die Abschaltung ist aber unökologisch und unwirtschaftlich. Um dies zu vermeiden, bieten sich Energiespeicher an, die bei Bedarf zugeschaltet werden. Diese sind:
● Pumpspeicherkraftwerke: Kostengünstig, nur für gebirgige dünn besiedelte Regionen (z. B. Norwegen, Öst. Alpen), benötigen einen Netzanschluss z. B. durch sehr lange und teure DC-Leitungen z. B. durch die Ost- und Nordsee bei norwegischen Speichern.
● Druckluft: Einfache Technologie, gut nutzbar bei Anbindung an Windkraftanlagen, aber nur begrenztes Speicherpotential und bisher eher ein Forschungsgegenstand.
● Schwungräder: Einfache Technologie, aber hohe Masse des Rades und noch in der Entwicklung.
● Chemisch als Wasserstoff: Elektrolyse von Wasser zur Stromerzeugung, gut erforscht für Kleinanlagen, derzeit erfolgt ein großtechnischer Aufbau, wichtiger Zielkonflikt: Wasserstoff ist auch relevant für die Stahl-, Zement- und chemische Industrie sowie zum Antrieb von LKWs (evt. Flugzeuge), teure Technologie.
● Chemisch als Methan: Elektrolyse von Wasser zur Stromerzeugung, dann Reduktion von CO2 zu Methan (CH4), relevant für Gebäudeheizungen, teure Technologie.
Allen obigen Technologien ist gemeinsam, dass die Umwandlung von Kraft oder innerer Energie immer mit hohen Verlusten aufgrund der Thermodynamik (Wärmeverluste) verbunden ist. Die wichtigste Batterie ist derzeit die Lithium-Ionen-Batterie. (GRS o. J., ISE 2021): Dieser Batterietyp dient sowohl für die Versorgung von Kleingeräten (Mobiltelefone, Tablet, Notebooks, Werkzeuge) als auch für Fahrzeuge und Fahrräder sowie als Hausspeicher (s.a.u.). Batterien im Kleinstbereich und für die Elektromobilität müssen ein geringes Gewicht beim höchsten Energiegehalt haben. Weitere Faktoren sind die Kosten, die Brandsicherheit, die Ladefähigkeit und die Lebensdauer. Die Kathode enthält Kobalt-Oxid (CoO), die Anode besteht aus Graphit. Als Elektrolyt dienen Li-organische Verbindungen. Die Vorteile sind die höchste Energiedichte aller im großen Maßstab produzierten Batterien, kein Memory Effekt und eine gute Zyklenfestigkeit. Die Nachteile sind ein hoher Preis, ein aufwändiges Zellmanagement aufgrund der geringen Größe und damit verbunden mit einer hohen Anzahl von Zellen. Aus Sicht der Nachhaltigkeit ist insbesondere die Gewinnung von Cobalt in Sambia und der Demokratischen Republik Kongo, dem wichtigsten aller Lieferländer, sehr gewichtig, da hier u. a. ein illegaler und umweltzerstörender Abbaus stattfindet (FAZ-net 2022, Safe the Children 2021). Lithium ist ein Salz, das in verschiedenen Ländern in Salzseen vorkommt. Der größte Produzent ist Australien (51.000 t) vor Chile (13.000 t; VW o. J.). Hierbei spielt insbesondere die Bereitstellung von Wasser und die Abwasserbehandlung eine wichtige Rolle, da die Gewinnung meist in ariden Regionen stattfindet. Die bekannten Reserven übersteigen derzeit die Bedarfe um ein Vielfaches, weshalb diskutiert wird, ob Lithium ein “knappes” Metall ist oder nicht (ebd.).
Beispielhafte Themen für den Pflanzentechnologen/die Pflanzentechnologin
Im Bereich der Pflanzentechnologie sind in erster Linie Maßnahmen zur Energieeffizienz relevant und erprobt. Der Einsatz von erneuerbaren Energien zur Gewinnung von Kälte, Wärme oder Strom für den Pflanzenanbau unter Glas besitzt derzeit noch Pilotcharakter.
Der Energieverbrauch und mögliche Einsparpotenziale sind in den Einsatzbereichen der Pflanzentechnologie – Freiland oder Gewächshaus – sehr unterschiedlicher Natur und daher getrennt zu betrachten:
Energieeffizienz im Freilandanbau
Beim Freilandanbau von Gemüse lässt sich mit einer effizienten Bewässerungsstrategie auch die Energieeffizienz deutlich steigern. Wie im obigen Kapitel “Rationelle Energienutzung und Energiesparen” allgemein formuliert, wird an folgendem Beispiel deutlich, wie Maschinen im Freilandanbau so genutzt werden können , dass sie bei gleicher Funktionserfüllung einen geringeren Energiebedarf haben. Der Schlüssel liegt hier in der Auslegung der Pumpenanlage bei der Beregnung. So wurde im Modellvorhaben „Demonstrationsbetriebe zur Effizienzsteigerung der Bewässerungstechnik und des Bewässerungsmanagements im Freilandgemüsebau“ (BLE 2017) ermittelt, dass 85 Prozent der Betriebskosten einer Pumpenanlage auf die Energiekosten entfallen. Die hohen Energieverbräuche lagen vor allem darin begründet, dass die Leistungsdaten einer Pumpe nicht auf die Bewässerungsanlage abgestimmt waren. Dies wird am folgendem Beispiel deutlich (ebd.):
Wird eine Beregnungspumpe, die mit einem Bedarf von 70 m³/h bei 7 bar konzipiert ist (geeignet für eine Trommelberegnungsanlage), an ein Tropfbewässerungssystem mit einem Bedarf von 20 m3 /h bei 2 bar angeschlossen, wird unnötig Energie verbraucht, da der Druck am Druckminderer reduziert werden muss. Hier kann Energie gespart werden, indem die Drehzahl der Pumpe mittels eines Frequenzumformers gedrosselt wird (ebd.). Auch defekte Pumpen, die bei gleichem Energieverbrauch weniger Leistung bringen, sind ineffizient. Weiterhin gilt – Je geringer der Betriebsdruck im Bewässerungssystem ist, desto geringer ist auch der Energieverbrauch (ebd.). Der Druckbedarf verschiedener Bewässerungssysteme am Hydranten weist deutliche Unterschiede auf (ebd.):
● Rohrtrommelanlage: 6 bis 10 bar
● Rohrberegnung: 5 bis 6 bar
● Kleinregner: ca. 3 bar
● Tröpfchenbewässerung: 0,5 bis 3 bar
Energiesparmaßnahmen im Gewächshaus
Die Produktionsweise hat einen entscheidenden Einfluss auf die Klimabilanz: Gemüse, das im Gewächshaus angebaut wurde, verursacht bis zu 30-mal höhere Treibhausgasemissionen im Vergleich zu Gemüse aus Freilandanbau (vTI 2009). Der hohe Heizbedarf und der damit verbundene Primärenergiebedarf beim Unterglasanbau von Gemüse und Zierpflanzen, insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten, sind zentrale Kritikpunkte im Hinblick auf die Nachhaltigkeit. Zu den gängigen Maßnahmen, um Energieverluste im Gewächshaus zu minimieren, gehören der Ersatz einer Einfach- durch eine Doppelverglasung und/oder der Einsatz von sogenannten Energieschirmen, die unter dem Dach des Glashauses angebracht werden und ein isolierendes Luftpolster schaffen (BZL o. J.).
Zum Einsatz kommen auch computergesteuerte Klimasysteme, die die Temperatur und Luftfeuchte im Glashaus über Sensoren erfassen und den Heizbedarf an den Bedarf der jeweiligen Kultur anpassen. Zusätzlich kann eine Temperaturregelung über Zeitprogramme erfolgen und tagsüber bzw. nachts mit unterschiedlichen Temperaturen gearbeitet werden. Ein entsprechendes Instrument, um den Energiebedarf speziell bei Zierpflanzen zu reduzieren, ist das Weihenstephaner Modell. Über eine flexible und bedarfsgerechte Steuerung der Temperatur wird hier auch der Energiebedarf optimiert (Stiele et al 2022). Der Wissenstransfer des Weihenstephaner Modells erfolgt über einen kostenlosen Onlinekurs, in dem sich Mitarbeiter*innen von Gartenbauunternehmen zur Anwendung des Modells bei Weihnachtssternen (Poinsettien) sowie Beet- und Balkonpflanzen weiterbilden können.
Erneuerbare Energien in der Pflanzentechnologie
Für Betriebe mit Anbau unter Glas kann der Einsatz erneuerbarer Energien einen wichtigen Baustein im Energiemix zur Absicherung der Grundlast darstellen. Betriebe ziehen die Verwendung von Holzhackschnitzeln oder Abwärme von Biogasanlagen zunehmend in Betracht.
Vereinzelte Insellösungen im Gemüseanbau unter Glas warten mit regenerativen Energiekonzepten zur Beheizung von Gewächshäusern auf, die das Potenzial zur Nachahmung besitzen. So bezieht ein Gemüsebaubetrieb in Oberbayern Wärme in Kombination aus einer Geothermie-Bohrung und der Abwärme einer Industrieanlage (Steiner 2022). Den aktuellen Entwicklungsstand zum Einsatz der Geothermie im Gartenbau vermittelt das Online-Seminar „Einsatz von Tiefengeothermie im Agrobusiness in Deutschland und den Niederlanden”, das im Rahmen des Interreg-Projektes Agropole stattgefunden hat. Mit der Geothermie kann einerseits durchaus regionale Wertschöpfung ermöglicht werden. Andererseits ist die Installation von Geothermie mit langwierigen Genehmigungsverfahren und hohen Kosten für Probebohrungen und Inbetriebnahme verbunden (s. a. Kapitel “Erd- und Umgebungswärme”).
Für einen breiteren Einsatz der Geothermie in Unterglasbetrieben ist daher noch Entwicklungsarbeit nötig. Da Lösungen zur Nutzung erneuerbarer Energien mit hohen Investitionen verbunden sind, benötigen die Betriebe auch eine Planungssicherheit durch eine verlässliche Politikgestaltung und Förderlandschaft.
Quellenverzeichnis
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BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/17281
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Carboncare-Rechner (o.J.): CO2Äq/a für internationale Transporte: Online: https://www.carboncare.org/co2-emissions-rechner
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EcoTransIT (o.J.): Emissionsrechner für Treibhausgase und Luftschadstoffe. Online: https://www.ecotransit.org/de/emissionsrechner/
Eigensonne (o.J.): Der Wirkungsgrad moderner Solarzellen – einfach und verständlich erklärt. Online: https://www.eigensonne.de/wirkungsgrad-solarzelle/
FAZ-Net Frankfurter Allgemeine Zeitung (2022 online): Die dunkle Seite der Verkehrswende. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/schneller-schlau/kobalt-aus-kongo-der-dunkle-preis-der-verkehrswende-17731386.html
GRS Batterieforum (o.J.): Lexikon. Online https://www.batterieforum-deutschland.de/infoportal/lexikon/redox-flow-batterien/
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UBA Umweltbundesamt (2022b): Tempolimit. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/tempolimit#t
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Wikimedia (2020): Installierte PV-Leistung in Deutschland. online: www.commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=90477752
SDG 8 Menschenwürdige Arbeit
“Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern”
In der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wird zum SDG 8 auf das Leitbild „Soziale Marktwirtschaft“ verwiesen (Bunderegierung 2021: 2214):
„Soziales Ziel ist es, unternehmerische Freiheit und funktionierenden Wettbewerb mit sozialem Ausgleich und sozialer Sicherheit zu verbinden. Mit Hilfe der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, wie fairer Wettbewerb, Unternehmerverantwortung, Sozialpartnerschaft, Mitbestimmung und gerechte Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir auch in Zukunft noch Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung haben.“
Hinsichtlich des SDG 8 sind zwei Ebenen zu betrachten: Eine nationale Ebene und die globale Ebene.
Auf der nationalen Ebene steht Deutschland laut der „European Working Survey” hinsichtlich der Arbeitsbedingungen sehr gut da – 89 Prozent der Befragten geben an, mit ihrem Job zufrieden zu sein und 91 Prozent bestätigen einen fairen Umgang mit ihnen als Arbeitnehmer*innen (Eurofond 2021). Jedoch zeigt der Index “Gute Arbeit” des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB 2022) detailliert, dass es in manchen Branchen, wie dem Gesundheitssektor und bei Beschäftigten in Leiharbeitsverhältnissen noch große Defizite gibt (DGB 2022). Besonders negativ sind hierbei die Kriterien “Arbeitsintensität” und “Einkommen” aufgefallen, die notwendigen Handlungsbedarf in Berufsbildern aufzeigen.
Auch wenn Kinderarbeit und Sklaverei in Deutschland keine Rolle spielen, so ist die Umsetzung der verschiedenen Unterziele des SDG 8 eine dauerhafte Aufgabe im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Noch ein zweites gilt: Aufgrund der komplexen Lieferketten müssen Unternehmen Verantwortung für ihre Produkte auch in den Ländern, wo diese hergestellt werden, übernehmen. An dieser Stelle sollen folgende Unterziele betrachtet werden:
8.5 Bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle Frauen und Männer, einschließlich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen, sowie gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit erreichen
8.6 Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern
8.b Bis 2020 eine globale Strategie für Jugendbeschäftigung erarbeiten und auf den Weg bringen und den GLOBALEN BESCHÄFTIGUNGSPAKT DER INTERNATIONALEN ARBEITSORGANISATION umsetzen (ILO o. J.; Destatis o. J.)
8.7 Sofortige und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Zwangsarbeit abzuschaffen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden und das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, einschließlich der Einziehung und des Einsatzes von Kindersoldaten, sicherstellen und bis 2025 jede Form von Kinderarbeit ein Ende setzen
8.8 Die Arbeitsrechte schützen und sichere Arbeitsumgebungen für alle Arbeitnehmer, einschließlich der Wanderarbeitnehmer, insbesondere der Wanderarbeitnehmerinnen, und der Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, fördern.
Die Schnittstellen zur neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ergibt sich über die Beachtung der gesellschaftlichen Folgen des beruflichen sowie der zu entwickelnden Beiträge für ein nachhaltiges Handeln (BMBF 2022)
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Menschenwürdige Arbeit
Menschenwürdige Arbeit in Deutschland bedeutet vor allem Arbeit, die sich zumindest an internationalen Standards orientiert. Formuliert sind diese in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Vereinte Nationen 1948; UN-Charta, Artikel 23 und 24). Als “menschenunwürdige Arbeit” werden Kinderarbeit, Sklavenarbeit und teilweise Leiharbeit bezeichnet sowie Merkmale bei den Beschäftigungsverhältnissen, die sich nicht an den o.g. Regelwerken orientieren, wie “fehlende soziale Sicherheit”, “mangelnder Arbeitsschutz”, “Ausnutzung von Scheinselbstständigen” und “Ungleichbehandlung von Frauen”.
Saisonarbeit
Alle bei einem in Deutschland ansässigen Unternehmen befristet angestellte Arbeitnehmer: innen aus anderen Ländern werden als Saisonarbeiter bezeichnet. Laut Definition in den relevanten Vorschriften üben sie eine Tätigkeit aus die “aufgrund eines immer wiederkehrenden saisonbedingten Ereignisses oder einer immer wiederkehrenden Abfolge saisonbedingter Ereignisse an eine Jahreszeit gebunden sind, während der Bedarf an Arbeitskräften den für gewöhnlich durchgeführte Tätigkeiten erforderlichen Bedarf in erheblichem Maße übersteigt” (Zoll 2022). Folgende Bereiche setzen Saisonarbeitskräfte ein:
● Tourismus: Gaststätten, Hotels für Kellner: innen, Küchenpersonal, Zimmerservice und in Betrieben, die nicht ganzjährig geöffnet sind, wie Biergärten und Skihütten, oder auch zur Abdeckung von Arbeitsspitzen in Ausflugslokalen.
● Schaustellergewerbe auf Volksfesten, Jahrmärkten etc.
● In der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau (Erntehilfen in Sonderkulturbetrieben wie Obst-, Gemüse- oder Weinbau).
DGB Index Gute Arbeit
Die Qualität von Arbeitsbedingungen wird seit 2012 aufgrund von 42 standardisierten Fragen in einer bundesweiten repräsentativen Erhebung ermittelt (DGB 2022). Elf Kriterien der Arbeitsqualität werden abgefragt. Im November 2022 wurde der DGB-Index Gute Arbeit 2022 veröffentlicht. Wie schon in den vorangegangenen Jahren gibt es zu den Kriterien „Arbeitsintensität“ und „Einkommen“ erheblich kritische Bewertungen.
Der Index 2022 zeigt z. B. für die Branchen „Metallerzeugung und –bearbeitung“ (64), „Ver- und Entsorgung“ (69), „Baugewerbe“ (66), „Gastgewerbe“ (62), „Information und Kommunikation“ (69), „Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“ (68) und „Gesundheitswesen“ (62) auf, dass die Arbeitsbedingungen noch weit entfernt sind vom Anspruch „Gute Arbeit“.
In der ausführlichen Debatte über die Detailergebnisse für 2022 sticht hervor, dass Beschäftigte in Leiharbeitsverhältnissen ihre Situation auffällig schlecht bewerten (ebd.).
„Auf Branchenebene kommen Beschäftigte aus dem Gastgewerbe und dem Gesundheitswesen auf die niedrigsten Indexwerte (jeweils 62 Punkte). In der Informations- und Kommunikationsbranche (IuK) liegt der Wert dagegen bei 69 Punkten. Auch in den Branchen treten auf Ebene der Teilindizes zum Teil sehr große Unterschiede zutage. Beim Teilindex „Ressourcen“ kommen IuK-Beschäftigte auf 75 Indexpunkte, Arbeitnehmer*innen aus der Metallerzeugung und -bearbeitung dagegen lediglich auf 68 Punkte. Die höchsten Belastungen finden sich im Bereich Erziehung und Unterricht (54 Punkte) sowie im Gesundheitswesen (56 Punkte), wo häufig sowohl physische als auch psychische Belastungsfaktoren auftreten. Die größte Diskrepanz auf Branchenebene zeigt sich bei der Bewertung von „Einkommen und Sicherheit“. Hier liegen die Befragten aus dem Gastgewerbe mit 54 Punkten um 16 Punkte unter dem Wert der Beschäftigten aus der öffentlichen Verwaltung (70 Punkte).“ (a.a.O., S. 13)
Darüber hinaus zeigt der Blick in einzelne Branchen und Berufsgruppen, dass noch immer körperliche Belastungen in vielen Bereichen sehr verbreitet sind (ebd.:S. 19).
Einen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung der eigenen Arbeitsbedingungen haben die Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten im Arbeitskontext. Im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung ist das Kriterium „Sinn der Arbeit“ eine wesentliche Ressource zur Beurteilung der eigenen Arbeitsbedingungen. Dazu führt der Bericht „Index Gute Arbeit 2022“ aus: „Der Sinngehalt von Arbeit ist eine Ressource, die sich aus unterschiedlichen Quellen speisen kann. Dazu gehört, dass die Produkte bzw. Dienstleistungen, die produziert oder erbracht werden, als nützlich erachtet werden. Häufig ist dies mit der Einschätzung verbunden, ob die Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugt. Sinnhaftigkeit kann dadurch entstehen, dass die Arbeit einen Nutzen für Andere hat. Und wichtig für Sinnempfinden ist auch, dass die eigenen, ganz konkreten Arbeitsaufgaben und -merkmale nicht sinnlos erscheinen. Wird Arbeit als sinnvoll empfunden, wirkt sich das positiv auf die Motivation und das Wohlbefinden der Beschäftigten aus. Dauerhaft einer als sinnlos erachteten Arbeit nachzugehen, stellt dagegen eine mögliche psychische Belastung und damit ein gesundheitliches Risiko dar.
BDA - Die Arbeitgeber
Die Arbeitgeber argumentieren mit positiven Statistiken, dass die Arbeitsbedingungen in Deutschland sehr gut sind (BDA o. J.). So sind laut der European Working survey 89 Prozent der in Deutschland Beschäftigten mit ihrem Job zufrieden, 74 Prozent gaben in der Befragung an, dass ihnen ihr Job Spaß macht und 91 Prozent bestätigen einen fairen Umgang am Arbeitsplatz (Eurofond 2021, BDA o. J.). Auch hinsichtlich der Arbeitssicherheit ist die Entwicklung positiv: Sowohl die Arbeitsunfälle, als auch die Unfallquote hat sich seit 1991 halbiert (BDA o. J.). Diese befinden sich seit 2004 unter 1 Mio. und bewegen sich seitdem zwischen 954.000 und 760.000 gemeldeten Fällen (Statista 2021).
Außerdem wird auf die Prävention und den Gesundheitsschutz hingewiesen, für den 2016 ca. 5 Mrd. € ausgegeben wurden, was 40 Prozent der gesamten Ausgaben von 11,7 Mrd. € ausmacht (BDA o. J.). Die betriebliche Gesundheitsförderung, wie Stressmanagement, gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung oder Reduktion der körperlichen Belastung kommt dabei sowohl den Beschäftigten als auch den Arbeitgebern zugute. Zuletzt wird noch auf die Eigenverantwortung hingewiesen, die aus selbstverantwortlichen Entscheidungen und flexibleren Arbeitszeiten resultiert.
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse
Menschen arbeiten auch in Deutschland teilweise in prekären Beschäftigungsverhältnissen und die “Bedeutung des sogenannten Normalarbeitsverhältnisses nimmt ab, während atypische Formen von Arbeit an Bedeutung zunehmen” (Jakob 2016). Dazu zählen befristete Arbeitsverträge, geringfügige Beschäftigung, Zeitarbeit, (Ketten-)Werkverträge und verschiedene Formen der (Schein-)Selbstständigkeit oder auch Praktika. Durch die Agenda 2010 wurde das Sicherungsniveau für von Arbeitslosigkeit Betroffene deutlich gesenkt (Arbeitslosengeld I in der Regel nur für ein Jahr, danach Arbeitslosengeld II). Menschen sehen sich eher gezwungen, “jede Arbeit zu fast jedem Preis und zu jeder Bedingung anzunehmen. Das hat dazu geführt, dass die Löhne im unteren Einkommensbereich stark gesunken sind” (Jakob 2016). 2015 wurde mit der Einführung des Mindestlohns dagegen gesteuert.
Das Thema betrifft auch das SDG 10 “Ungleichheit”, denn jeder Mensch hat das Recht auf faire und gute Arbeitsverhältnisse, dies ist vielen Menschen jedoch verwehrt. Prekäre Beschäftigung widerspricht dem Leitbild von ”Guter Arbeit“, verbaut Entwicklungsmöglichkeiten von Beschäftigten und verstärkt nachweislich den Trend zu psychischen Belastungen und Erkrankungen sowie deren Folgewirkungen (Jakob 2016) (siehe auch SDG “Gesundheit”).
Kinderarbeit
Zur Definition und Umsetzung von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen sind global große Unterschiede zu verzeichnen. Ein Beispiel hierfür ist die Kinderarbeit, die weltweit noch immer verbreitet ist. 79 Millionen Kinder arbeiten unter ausbeuterischen Bedingungen, vor allem in Fabriken, die wenig qualifiziertes Personal benötigen oder in der Landwirtschaft sowie im Bergbau (BMZ 2021 und 2022). Nach Angaben der ILO müssen weltweit rund 152 Millionen Kinder zwischen fünf und siebzehn Jahren arbeiten, vor allem in der Landwirtschaft, als Hausangestellte oder in Minen. Viele dieser Tätigkeiten sind gesundheitsgefährdend. Die ILO setzt sich schon lange für die Abschaffung von Kinderarbeit ein, sie ist Partnerorganisation in der „Allianz 8.7“, einer globalen Partnerschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, Zwangsarbeit, moderne Sklaverei, Menschenhandel und Kinderarbeit weltweit zu beseitigen, wie es in den Zielen für nachhaltige Entwicklung 2030 formuliert wurde. (ILO 2021) Unter Mitwirkung der deutschen Bundesregierung wird seit 1992 ein von der ILO betriebenes Internationales Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit umgesetzt (International Programme on the Elimination of Child Labour, IPEC<, BMZ 2022)
Arbeitsschutz, Gesundheit und Gute Arbeit
Im Bereich “Gesundheit” und “Gute Arbeit” sind durch die Folgen des Klimawandels wesentliche neue Herausforderungen sowohl für die Arbeitskräfte als auch für die Gesellschaft festzustellen. Bei Bauarbeiten im Freien sind alle Arbeitenden durch Extremwetterereignisse wie hohe Temperaturen und lang anhaltende Hitzewellen, oder auch Starkregenereignisse, mit diesen neuen Herausforderungen direkt konfrontiert.
Gender Pay Gap
Unterschiedliche Entlohnung für vergleichbare Tätigkeiten und Qualifikation für Frauen und Männer lassen sich durch die statistischen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes aufzeigen. In einer Pressemitteilung vom März 2022 wird betont, dass Frauen pro Stunde noch immer 18 Prozent weniger verdienen als Männer: „Frauen haben im Jahr 2021 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer. Damit blieb der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern – der unbereinigte Gender Pay Gap– im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 7. März 2022 weiter mitteilt, erhielten Frauen mit durchschnittlich 19,12 Euro einen um 4,08 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (23,20 Euro).
Deutsches Sorgfaltspflichtengesetz
Um ihrer Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte gerecht zu werden, setzt die Bundesregierung die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen mit dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte von 2016 (Nationaler Aktionsplan, Bundesregierung 2017; 2021; 2022) in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Gesetz um. Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten ist besser unter dem Namen Lieferkettengesetz oder auch Sorgfaltspflichtengesetz bekannt (BMAS 2022, o.a. “Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz”). Dort ist die Erwartung an Unternehmen formuliert, mit Bezug auf ihre Größe, Branche und Position in der Lieferkette in angemessener Weise die menschenrechtlichen Risiken in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten zu ermitteln, ihnen zu begegnen, darüber zu berichten und Beschwerdeverfahren zu ermöglichen.
Das Lieferkettengesetz tritt 2023 in Kraft und gilt dann zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000, ab 2024 mit mehr als 1.000 Angestellten. Es verpflichtet die Unternehmen, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Kleine und mittlere Unternehmen werden nicht direkt belastet. Allerdings können diese dann betroffen sein, wenn sie Teil der Lieferkette großer Unternehmen sind.
Unabhängig ob betroffen oder nicht: Es lohnt sich auch für kleinere Unternehmen, sich mit dem Gesetz adressierten Nachhaltigkeitsthemen auseinanderzusetzen, um das eigene Handeln entlang dieser Leitplanken zu überprüfen. Der Nachhaltigkeitsbezug ist unter anderem durch den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) gegeben, er gab einen wichtigen Impuls für das Gesetz. Der NAP wurde gemeinsam von Politik und Unternehmen verabschiedet, um zu einer sozial gerechteren Globalisierung beizutragen (Bundesregierung 2017). Ergebnisse einer 2020 im Rahmen des Nationalen Aktionsplans durchgeführten repräsentativen Untersuchungen zeigten jedoch, dass lediglich zwischen 13 und 17 Prozent der befragten Unternehmen die Anforderungen des Nationalen Aktionsplans erfüllen (VENRO 2021). Der gesetzgeberische Impuls war also erforderlich, um die Einhaltung der Menschenrechte zu fördern und damit auch zu einem fairen Wettbewerb zwischen konkurrierenden Unternehmen beizutragen.
Das Lieferkettengesetz rückt internationale Menschenrechtsabkommen und lieferkettentypische Risiken in den Blick: Dazu zählen bspw. das Verbot von Kinderarbeit, der Schutz vor Sklaverei und Zwangsarbeit, die Vorenthaltung eines gerechten Lohns, der Schutz vor widerrechtlichem Landentzug oder der Arbeitsschutz und damit zusammenhängende Gesundheitsgefahren. Es werden zudem internationale Umweltabkommen benannt. Sie adressieren die Problembereiche Quecksilber, persistente organische Schadstoffe und die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung. Zu den jetzt gesetzlich geregelten Sorgfaltspflichten der Unternehmen gehören Aufgaben wie die Durchführung einer Risikoanalyse, die Verankerung von Präventionsmaßnahmen und das sofortige Ergreifen von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Rechtsverstößen. Die neuen Pflichten der Unternehmen sind nach den tatsächlichen Einflussmöglichkeiten abgestuft, je nachdem, ob es sich um den eigenen Geschäftsbereich, einen direkten Vertragspartner oder einen mittelbaren Zulieferer handelt. Bei Verstößen kann die zuständige Aufsichtsbehörde Bußgelder verhängen. Unternehmen können von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.
Grundsätzliche Vorschriften für die Beschäftigung von Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeitern in Deutschland
Alle befristet bei einem in Deutschland ansässigen Unternehmen angestellten Arbeitnehmer:innen aus anderen Ländern werden als Saisonarbeitende bezeichnet. Laut Definition in den relevanten Vorschriften üben sie eine Tätigkeit aus die “aufgrund eines immer wiederkehrenden saisonbedingten Ereignisses oder einer immer wiederkehrenden Abfolge saisonbedingter Ereignisse an eine Jahreszeit gebunden sind, während der der Bedarf an Arbeitskräften den für gewöhnlich durchgeführte Tätigkeiten erforderlichen Bedarf in erheblichem Maße übersteigt”. (Zoll 2022)
Folgende Bereiche setzen Saisonarbeitskräfte ein:
● Tourismus: Gaststätten, Hotels für Kellner:innen, Küchenpersonal, Zimmerservice und in Betrieben, die nicht ganzjährig geöffnet sind, wie Biergärten und Skihütten, oder auch zur Abdeckung von Arbeitsspitzen in Ausflugslokalen.
● Schaustellergewerbe auf Volksfesten, Jahrmärkten etc.
● In der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau (Erntehilfen in Sonderkulturbetrieben wie Obst-, Gemüse- oder Weinbau).
Grundsätzlich gelten für alle Unternehmen, die Saisonarbeiter:innen beschäftigen, folgende Vorschriften:
● Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG)
● Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
● Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
● Mindestlohngesetz (MiLoG)
● Sozialversicherungsentgeltordnung(SvEV)
● Gewerbeordnung (GewO)
● Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
● Nachweisgesetz (NachwG)
● Zivilprozessordnung (ZPO)
● Technische Regeln für Arbeitsstätten-Unterkünfte (ASAR 4.4)
● Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG)
● Änderungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie (Richtlinie (EU)2018/957)
● Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung (PfändfreiGrBek)
Durch zahlreiche Verfehlungen von Unternehmen, die während der Coronakrise aufgedeckt wurden, gerieten u. a. die Unterbringung von Saisonbeschäftigten, deren Krankenversicherungen und Besoldungen ins Visier der Öffentlichkeit. Für die Zahlung von Mindestlohn gelten Ausnahmeregelungen zur Anrechnung von Verpflegung und Unterkunft (nach §107 Abs.2 GewO). (Zoll 2022): ““Soweit Arbeitgeber jedoch zur Zahlung eines Mindestentgelts auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) oder des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) verpflichtet sind, ist eine Anrechnung von Sachleistungen nicht zulässig”.
Zur Qualität von Sachleistung – die Unterkünfte von Saisonarbeitskräften sind teilweise katastrophal, siehe unten “Beispiel Obstbetrieb in Baden-Württemberg” – werden auch Vorschriften gemacht (Zoll 2022): “Die vom Arbeitgeber gewährte Sachleistung muss von „mittlerer Art und Güte“ sein; d.h. Unterkunft und Verpflegung dürfen qualitativ nicht zu beanstanden sein. Als Maßstab für die Bewertung können die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten – Unterkünfte (ASR A4.4)“ herangezogen werden. Die Anforderungen nach der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) an Unterkünfte, die vom Arbeitgeber für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von ihrem regelmäßigen Arbeitsplatz entfernt eingesetzt werden, unmittelbar oder mittelbar, entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, sind zwingend einzuhalten.”
Im Bericht “Saisonarbeit in der Landwirtschaft”(Initiative Faire Landarbeit 2021) wird u. a. auf Arbeitsrechtsverletzungen bezüglich fehlender Sozial- und Krankenversicherung aufgrund kurzfristiger Beschäftigung, unvollständige Lohnzahlungen und überhöhte Lohnabzüge, mangelhafte Unterkünfte und Verstöße gegen Infektionsschutzmaßnahmen und gegen den Gesundheitsschutz (Initiative Faire Landarbeit 2021, S. 23) hingewiesen.
“Katastrophale Unterbringung bei einem Obstbetrieb in Baden-Württemberg: Durch eine Videoaufzeichnung eines Beschäftigten und einen Presseartikel wurden die Beratungsstelle mira und die Betriebsseelsorge Stuttgart-Rottenburg auf die Situation einer Gruppe von 24 georgischen Saisonarbeiter*innen auf einem Obsthof aufmerksam. Mehrfach suchten sie die Menschen aus Georgien auf dem Betriebsgelände auf. Was sie vorfanden, waren unzumutbare Verhältnisse: Container mit verschimmelten Wänden und Decken, als Toiletten dienten zum Teil Dixie-Kabinen im Freien, Fenster ließen sich nicht öffnen oder waren zugemauert. In einer Toilette war der Bretterboden durchgebrochen, in einigen Containern gab es keine Spinde für Kleidung. Frauen mussten zur Toilette durch den Männer-Container. Kakerlaken und Ungeziefer waren ständige Begleiter. Arbeitskleidung, die ihnen in Georgien zugesichert worden war, bekamen die Beschäftigten nicht, so dass sie mit Sandalen oder Halbschuhen im Matsch und in der Kälte Erdbeeren pflücken mussten. Verpflegung gab es nur abends, obwohl die Beschäftigten zeitweise um fünf Uhr morgens mit der Arbeit beginnen mussten. Den Hof durften die Saisonarbeiter*innen nicht verlassen, da immer wieder kurzfristig Arbeit angeordnet wurde. …..”
Über die Hauptprobleme in der Landwirtschaft gibt auch die Branchenkoordination Landwirtschaft bei “Faire Mobilität” Auskunft. (Europäischer Verein für Wanderarbeiterfragen – EVW; DGB o. J.)
Saisonarbeit in Gemüsebau, Obstbau und Landwirtschaft
Die Saisonarbeit stellt eine wichtige Unterstützung des landwirtschaftlichen Sektors in Deutschland dar. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes machten Saisonarbeitskräfte in den Jahren 2019/ 2020 rund 30 Prozent der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft aus (Destatis 2022; BMEL 2022). Im Berichtszeitraum März 2019 bis Februar 2020 – also noch vor der Corona-Krise – waren von den bundesweit rund 940.000 Arbeitskräften in der Landwirtschaft 43,4.000 als Familienarbeitskräfte beschäftigt. Von den 504.000 familienfremden Arbeitskräften waren ca. 275.000 als Saisonarbeitskräfte beschäftigt (55%, BMEL 2022). In Rheinland-Pfalz waren es rund 50 Prozent, in Hamburg 44 Prozent und in Brandenburg 40 Prozent aller landwirtschaftlichen Arbeitskräfte (Destatis 2022).
Somit ist aus Sicht der Arbeitgeber*innen und der Volkswirtschaft die Saisonarbeit eine wichtige Stütze der landwirtschaftlichen Betriebe. Ohne Saisonarbeiter*innen wären, besonders in der Erntezeit von Beeren, Baumobst, Weintrauben und Spargel, die anfallenden Arbeiten kaum zu bewältigen (DGB 2022). In den Anfängen von Covid-19 mussten aufgrund der großen Abhängigkeit von Saisonkräften sogar Sonderregelungen geschaffen werden, um Erntehelfer/innen einreisen lassen zu können (Lechner 2020:5). In Deutschland konnte, anders als in anderen EU-Staaten, die Saisonarbeit mehrheitlich mit EU-Bürger*innen abgedeckt werden (v.a. aus Rumänien und Polen, Lechner 2020:5). Sie benötigen keine Arbeitserlaubnis. Allerdings möchten dies immer weniger Menschen aus der EU-Saisonarbeit verrichten. Folgedessen wird mit einem wachsenden Bedarf aus Drittstaaten gerechnet (ebd.). Dafür müssen die Voraussetzungen für die Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit geprüft werden. Mit Georgien und der Republik Moldau wurde hierfür die Befreiung von der Visapflicht geregelt (BA 2021), weitere Absprachen mit Ländern wie Albanien, Bosnien-Herzegowina und Nord Mazedonien stehen an (Lechner 2020:5).
Zuständig für die Vermittlung der Saisonkräfte aus dem Ausland ist die Zentrale Auslandsvermittlung (ZAV). Sie informiert die ausländischen Beschäftigten in einem Info-Brief über den Mindestlohn, die Arbeitszeiten und Pausen, den Arbeitsschutz, Krankheit, Unterkunft und Sozialversicherungsabgaben und Steuern (ZAV 2021) und weist auf Internetseiten wie www.faire-integration.de/en (IQ o. J.) mit Informationen in z. B. rumänisch hin.
Ein großer Anteil der Saisonarbeiter*innen arbeitet auf der Basis der “kurzfristigen Beschäftigung“ (DGB o. J.). Eine kurzfristige Beschäftigung ist sozialversicherungsfrei und an bestimmte Voraussetzungen gebunden: Sie darf maximal 70 Tage pro Jahr und nicht „berufsmäßig“ ausgeübt werden (ebd.). Diese Form der Beschäftigung führt zu einer Reihe von Nachteilen für die Saisonarbeiter*innen, die über unterschiedliche Kanäle aus Ost- und Südosteuropa rekrutiert werden (DGB o. J.). Eines der Hauptprobleme sind für die Betroffenen nicht nachvollziehbare Lohnkürzungen (ebd.). Weiterhin ist die Unterbringung der Arbeitskräfte aufgrund baulicher Mängel und schlechten Sanitäreinrichtungen teilweise problematisch (ebd.). Mangelhafter Arbeitsschutz, insbesondere fehlender UV-Schutz, erschwert die Arbeitsbedingungen auf dem Feld. Ein fehlender bzw. eingeschränkter Krankenversicherungsschutz von kurzfristig Beschäftigten führt zu Problemen im Krankheitsfall, insbesondere bei der Behandlung chronischer Krankheiten (ebd.).
Auf europäischer Ebene werden zurzeit sowohl Regelungen zur Sozialversicherung bzgl. wandernder Arbeitskräfte als auch die Möglichkeit,für die deutsche Bevölkerung in Bezug auf Sozialleistungen und kurzfristig Beschäftigten diskutiert. Solange diese “Grauzone” besteht, wird im Sinne sozialer Nachhaltigkeit die Sorgfaltspflicht von Unternehmen angesprochen.
Zur Stärkung der arbeitsrechtlichen Situation haben der DGB und die IG BAU Forderungen aufgestellt, die Unternehmen als Leitlinien dienen können (DGB 2022):
● Eine transparente, monatlich ausgehändigte Entgeltabrechnung,
● Aushändigung von schriftlichen Arbeitsverträgen (oder im Fall mündlicher Arbeitsverträge der wichtigsten Arbeitsbedingungen nach § 2 Nachweisgesetz) vor der Abreise im Heimatland, in einer für sie verständlichen Sprache in doppelter Ausführung,
● Schutz vor einer Unterschreitung des Mindestlohnes aufgrund von Akkordvereinbarungen durch Verpflichtung aller Betriebe zur Einrichtung eines verlässlichen, objektiven und manipulationssicheren Zeiterfassungssystems,
● ausreichende, flächendeckende und konzertierte Kontrollen durch die unterschiedlichen zuständigen Behörden, die zumindest in der anstehenden Erntesaison durch eine „Task-Force Faire Arbeit in der Landwirtschaft“ zusammengeführt werden sollten,
● Erleichterung der Zutrittsregelungen der IG BAU und der Beratungsstellen der Initiative Faire Landarbeit zu den Beschäftigten, um diese über ihre Rechte am Arbeitsplatz in Deutschland in ihrer jeweiligen Muttersprache aufzuklären und über die Angebote der Beratungsstellen und Gewerkschaft zu informieren.
Die Bundesagentur für Arbeit sieht in fairen und attraktiven Lohn- und Arbeitsbedingungen auch einen wichtigen Faktor, um im europaweiten Wettbewerb um Saisonarbeitskräfte konkurrenzfähig zu bleiben (Lechner 2020:6).
Unternehmensführung
Nachhaltige Unternehmensführung stellt einen integrativen und holistischen Managementansatz dar, der auf die Berücksichtigung und das Management der Nachhaltigkeit im und durch das Unternehmen fokussiert ist. Dabei werden die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt:
● Die Ökonomie (Sach- und Finanzkapital)
● die Ökologie (natürliche Ressourcen)
● das Soziale (Humankapital).
5 Grundsätze der Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung existieren nach Günther und Ruthinger (2009):
1. Ziel: langfristige Erhaltung des Unternehmens
2. Umsetzung der Nachhaltigkeit im strategischen und operativen Geschäft
3. Bildung eigener Indikatoren der nachhaltigen Unternehmensführung
4. Erfolg der nachhaltigen Unternehmensführung durch Orientierung an Werten und Regeltreue
5. Umsetzung der Basisprinzipien nachhaltiger Unternehmensführung: Solidarität, Transparenz und Risikomanagement (öko-Institut o. J.).
Wer seinen Betrieb nachhaltig aufstellen will, hat den Blick nach außen und nach innen zu richten. Der Blick nach außen bezieht sich auf die Gesellschaft und die Umwelt. Der Blick nach innen bezieht sich auf die ressourcen-orientierte Ökonomie und Ökologie, d. h. die Bereiche Beschaffung, Produktion, Absatz und Marketing so zu gestalten, dass die Umwelt geschützt und der Verbrauch von Ressourcen frei nach dem Prinzip so wenig wie möglich, so viel wie nötig, minimiert werden. Kosten für Umweltauswirkungen werden berechnet und in die Preisbildung mit einbezogen. Weiterhin gehören zu dem Blick nach innen die Mitarbeiter*innen.
Es gibt eine Reihe Gemeinwohl-orientierter Wirtschaftsansätze. Dazu zählt die Gemeinwohl-Ökonomie, entwickelt von Christian Felber (ebd. 2015). Dabei basiert das Unternehmen auf gemeinwohl-fördernden Werten wie Kooperation statt auf Konkurrenz und Gewinnmaximierung. Vertrauen, Verantwortung, Teilen und Solidarität sollen gefördert werden. Die Basis des Modells ist die Gemeinwohl-Bilanz, die den unternehmerischen Erfolg nicht nur aus dem monetären Gewinn ableitet (wie in konventionellen Bilanzen), sondern aus den positiven wie negativen Folgen eines Unternehmens für Gesellschaft, Umwelt und Volkswirtschaft. Es geht um das Messen der Punkte, “die wirklich zählen“. Im Vergleich zum jetzigen Wirtschaften seien das sozialer, ökologischer, demokratischer, solidarischer (ebd.).
Personalführung
Nachhaltige Führung baut auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit (Können) und der Motivation (Wollen) der Mitarbeiter*innen auf (gabler o. J., BMBF 2017). Es geht um die Nutzung der Ressourcen bei Erhalt der Arbeitsfähigkeit. Um letztere zu erhalten, kann und sollte der Arbeitgeber in verschiedene Bereiche investieren, z. B. in Weiterbildung, Kommunikationstrainings, Maßnahmen zur Gesundheitsfürsorge und ergonomische Arbeitsmittel. Auch flexible Arbeitszeiten können Stress reduzieren. Qualifizierte Mitarbeiter*innen können besser zum betriebswirtschaftlichen Unternehmenserfolg beitragen.
Die Motivation der Mitarbeiter*innen ist genauso wichtig wie die Arbeitsfähigkeit. Nachhaltig agierende Unternehmenslenker*innen und Vorgesetzte erhalten die Motivation ihrer Mitarbeiter*innen, indem sie daran glauben, dass Menschen von innen motiviert sind und einen sinnvollen Beitrag leisten wollen, indem sie ihnen mit ehrlichem Interesse begegnen. Wird Mitarbeiter*innen zusätzlich zum Lob und Anerkennung in Form von Dank entgegengebracht, können sie das positive Menschenbild noch verstärken. Gesteigert wird die Anerkennung, wenn der Dank individuell und verbal begründet wird. Mitarbeiter*innen können so ihre Arbeit als sinnvoll erleben und motiviert bleiben, denn sie haben das Gefühl, zum Unternehmenserfolg beitragen zu können.
Quellenverzeichnis
Agenda 2030: siehe Vereinte Nationen 2015. Online: https://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf
BA Bundesagentur für Arbeit (2021): Saisonbeschäftigung in der Landwirtschaft, Hinweisblatt für Arbeitgeber. Online: www.arbeitsagentur.de/datei/saisonbeschaeftigung-in-der-landwirtschaft_ba146892.pdf
BDA (o. J.): ARBEITSBEDINGUNGEN IN DEUTSCHLAND MIT SPITZENWERTENARBEITSBEDINGUNGEN IN DEUTSCHLAND MIT SPITZENWERTEN
BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2020) Eckpunkte „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft“. Online: www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Pressemitteilungen/2020/eckpunkte-arbeitsschutzprogramm-fleischwirtschaft.pdf
BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2022): Sorgfaltspflichtengesetz – Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten. Online: https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/gesetz-unternehmerische-sorgfaltspflichten-lieferketten.html
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BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2017): Nachhaltigkeit im Personalmanagement. Online: nachhaltig-forschen.de/fileadmin/user_upload/FactSheets_LeNa_Personal.pdf
BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2022): Beschäftigung und Mindestlohn. Online: https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/agrarsozialpolitik/saisonarbeitskraefte-landwirtschaft.html BMZ Bundesministerium für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (2021): Das Lieferkettengesetz. Online: https://www.bmz.de/de/entwicklungspolitik/lieferkettengesetz
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Lechner, Claudia (2020): Anwerbung und Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitskräften. Studie von EMN. Deutschland für das Europäische Migrationsnetzwerk. Working Paper 89 des Forschungszentrums des Bundesamtes, im Auftrag des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Online: www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/EMN/Studien/wp89-saisonarbeitskraefte.pdf
Öko-Institut (o. J.): Nachhaltige Unternehmensführung: Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt. Online: www.oeko.de/forschung-beratung/themen/konsum-und-unternehmen/nachhaltige-unternehmensfuehrung-verantwortung-fuer-gesellschaft-und-umwelt
Q Integration through Qualifikation (o. J.): Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“. Online: https://www.faire-integration.de/en
Schulten, Thorsten; Specht, Johannes (2021): Ein Jahr Arbeitsschutzkontrollgesetz – Grundlegender Wandel in der Fleischindustrie? Online: www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/fleisch-2021/344835/ein-jahr-arbeitsschutzkontrollgesetz/
Springer Gabler (o. J.): Gabler Wirtschaftslexikon: Definition Nachhaltiges Nachhaltigkeit im Personalmanagement. Online: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/nachhaltiges-personalmanagement-53887
statista (2021): Arbeitsunfälle in Deutschland. Online: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/6051/umfrage/gemeldete-arbeitsunfaelle-in-deutschland-seit-1986/
VENRO Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (2021): Vier Jahre Nationaler Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Online: https://venro.org/publikationen/detail/vier-jahre-nationaler-aktionsplan-wirtschaft-und-menschenrechte-nap
Vereinte Nationen (1948): Resolution der Generalversammlung 217 A (III). Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Online: https://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf
Vereinte Nationen 2015: Resolution der Generalversammlung „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Online: https://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf
Welthungerhilfe (2020): Indien hält bei der Kinderarbeit den traurigen Spitzenplatz. Online: www.welthungerhilfe.de/welternaehrung/rubriken/wirtschaft-menschenrechte/indien-haelt-bei-kinderarbeit-den-traurigen-spitzenplatz
ZAV Zentrale Auslandsvermittlung (2021): Wichtige Informationen für Saisonarbeitskräfte, Info Saisonarbeitskräfte. Online: www.arbeitsagentur.de/datei/saisonarbeit-in-deutschland_ba146931.pdf
Zoll 2022: Verpflegung und Unterkunft für Saisonarbeitskräfte. Online: https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Mindestarbeitsbedingungen/Mindestlohn-Mindestlohngesetz/Berechnung-Zahlung-Mindestlohns/Verpflegung-Unterkunft-Saisonarbeitskraefte/verpflegung-unterkunft-saisonarbeitskraefte_node.html
SDG 12 Nachhaltige/r Konsum und Produktion
“Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen”
Das SDG 12 zielt auf die nachhaltige und effiziente Produktion und Nutzung von Ressourcen ab. Ressourcen sind alle Stoffe der Natur (Mineralien und Metalle, biotische Ressourcen wie Holz oder Baumwolle), aber auch Luft, Wasser und Boden (vgl. ProgRess 2016). Abfälle sollen vermieden oder recycelt und gefährliche Abfälle sicher entsorgt werden. Die Nahrungsmittelverschwendung soll verringert werden (s.u.). Weitere Themen sind die nachhaltige Entwicklung von Unternehmen, eine bessere Verbraucher*innen Bildung, nachhaltige Beschaffung und der umweltverträgliche Umgang mit Chemikalien. Für die Pflanzentechnologie sind unter Berücksichtigung der Einsatzgebiete Freiland, Gewächshaus oder Labor folgende Unterziele relevant:
12.2. Bis 2030 die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen erreichen
12.4. Bis 2020 einen umweltverträglichen Umgang mit Chemikalien und allen Abfällen während ihres gesamten Lebenszyklus … erreichen und ihre Freisetzung in Luft, Wasser und Boden erheblich verringern, um ihre nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt auf ein Mindestmaß zu beschränken
12.5. Bis 2030 das Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung deutlich verringern
12.7. In der öffentlichen Beschaffung nachhaltige Verfahren fördern, im Einklang mit den nationalen Politiken und Prioritäten
12.8 Bis 2030 sicherstellen, dass die Menschen überall über einschlägige Informationen und das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung und eine Lebensweise in Harmonie mit der Natur verfügen.
Die Schnittmenge für das SDG 12 „Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen” ergibt sich aus den folgenden Nummern der Standardberufsbildposition (BGBl 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Nachhaltiges Chemikalienmanagement
Ein nachhaltiges Chemikalienmanagement im Betrieb als Ganzes oder bei einem Versuchsaufbau trägt dazu bei, dass Mitarbeitende einem geringeren Risiko ausgesetzt sind, weniger Schadstoffe sowohl durch die Anwendung des Stoffes als auch entlang der Lieferkette in Umweltmedien eingetragen und Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden. Mit zunehmendem Problembewusstsein der Bevölkerung wird die Verwendung nachhaltiger Chemikalien eine höhere Akzeptanz in der Öffentlichkeit erzielen und auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen (s. B. durch reduziertes Risikomanagement, UBA 2016a). Ein umweltverträglicher Umgang mit Chemikalien und allen Abfällen während ihres gesamten Lebenszyklus (12.4), z. B. im Versuchslabor, umfasst folgende Grundsätze (ebd.):
● Vermeidung von Stoffen, die auf Problemstoff-Listen stehen;
● abwägen, was der wirkliche Nutzen bei der Verwendung problematischer Stoffe ist und prüfen, ob der Stoff ersetzt werden kann (Substitutionsprinzip). Bei der Abwägung ist nicht nur der Stoff allein, sondern sein gesamter Lebensweg zu betrachten;
● reflektieren, welche Mengen wirklich eingesetzt werden müssen und ob eine Verringerung, z. B. durch Wechsel der Methode, möglich ist;
● Verwenden von Stoffen, die nicht gesundheitsschädlich sind, in der Umwelt rasch abgebaut werden, nicht bioakkumulieren (Aufnahme eines Stoffes aus der Umwelt und die Anreicherung in einem Organismus);
● Verwenden von Stoffen, die nach dem einfachen Maßnahmenkonzept Gefahrstoffe (EMKG) ein hohes Maß an Risikomanagement erfordern, was Arbeitnehmende schützt und den Aufwand und die Kosten für Risikomanagementmaßnahmen verringert;
● Vermeidung langer Transportwege in der gesamten Lieferkette;
● wenn möglich, Stoffe einsetzen, an denen kein Mangel besteht;
● insbesondere bei Chemikalien, die in großen Mengen eingesetzt werden, auf einen niedrigen Energie und Wasserverbrauch sowie auf ein niedriges Abfallaufkommen bei ihrer Herstellung achten sowie
● Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards des Betriebes selbst sowie der Unternehmen der gesamten Lieferkette von Chemikalien.
Nachhaltige Beschaffung
Vor dem Hintergrund des breiten Tätigkeitsspektrums des Pflanzentechnologen und der Pflanzentechnologin können die Schwerpunkte der nachhaltigen Beschaffung sehr unterschiedlich sein. Je nachdem, ob es sich um den Bereich der Pflanzenzucht oder des landwirtschaftlichen Versuchswesens handelt, der Arbeitsort im Freiland, Gewächshaus oder Labor angesiedelt ist, oder die Betriebe staatliche Institute und Ämter oder private Firmen sind, sind die Handlungsspielräume für einen nachhaltigen Ressourcenverbrauch und die nachhaltige Beschaffung der zum Einsatz kommenden Betriebsmittel sehr unterschiedlich. Für staatliche Stellen gelten z. B. Vorgaben für die öffentliche Beschaffung (s. a. 12.7), während Unternehmen der Privatwirtschaft vielfach zertifizierte Umweltmanagementsysteme (EMAS oder ISO 14001) etabliert haben.
Im Folgenden werden daher einige Schlaglichter für die Einsatzorte Freiland, Gewächshaus oder Labor gesetzt, die vermitteln sollen, wie nachhaltige Beschaffung in die pflanzentechnologische Praxis integriert werden kann.
Die Einführung nachhaltiger Beschaffungsstrategien im Labor steht im Zielkonflikt mit dem Anspruch an Präzision bei der Laborarbeit. Methoden und Prozesse, die sich über lange Zeit bewährt haben, sind festgelegt. Jede Änderung dieser Abläufe muss sicherstellen, dass die Qualität der Ergebnisse und die Sicherheit im Labor nicht beeinträchtigt werden.
Bei der Einführung von Nachhaltigkeitsaspekten in einem Laborbetrieb steht zu Beginn eine Bestandsaufnahme, die sogenannte Input-Output-Analyse. Hier wird ermittelt, wie viel Energie und Material für die Laborarbeit benötigt wird und wie viel Abfall dabei entsteht. Unter Input versteht man alle Ressourcen, die für den Laborbetrieb benötigt werden und die ggf. im Rahmen der Inventarisierung bereits erfasst wurden (Heck und Bemman 2002):
● Eingesetzte Betriebsmittel und Verbrauchsmaterialien, z. B. Laborbehälter, Pipettenspitzen, Filter
● Chemikalien.
● Alle Geräte inkl. Neuanschaffungen.
● Energie für den allgemeinen Laborbetrieb wird sowohl beim Betrieb der erforderlichen Gebäude bzw. Räumlichkeiten sowie für den Einsatz von Kühlgeräten zur Lagerung von Proben, Beleuchtung oder Belüftung benötigt.
● Energie für spezielle Versuchsdurchführungen, z. B. für den Betrieb von Analysegeräten oder die Aufbereitung von Wasser, die “rund-um-die-Uhr” laufen
● Wasserverbrauch, z. B. aufbereitetes Laborwasser, Wasser zur Probenherstellung, zum Kühlen oder Heizen
Unter Output werden alle Emissionen, Abwässer und Abfallfraktionen zusammengefasst, die mit der Laborarbeit verbunden sind (ebd.). Für die nachhaltige Beschaffung von Betriebsmitteln, Chemikalien und Geräten gibt es mehrere Ansatzpunkte:
● Eine elektronisch gestützte Inventarisierung erleichtert das Management von Betriebsmitteln und Chemikalien und gibt Auskunft darüber, welche Artikel zu welchem Zeitpunkt in welchem Umfang benötigt werden und bestellt werden müssen. Die School of Chemistry der Universität von Edinburgh hat bereits 2011 ein elektronisches Trackingsystem für Chemikalien eingeführt, das es erlaubt, Einzelheiten über den Inhalt und den genauen Standort abzurufen. Mitarbeiter*innen haben die Möglichkeit, den aktuellen Chemikalienbestand einzusehen. Dadurch konnten Doppelbestellungen und Verschwendung von ungenutzten Chemikalien erheblich verringert und vor allem Kosten reduziert werden (Heepi/S-Lab 2011).
● Bestellungen sollten dahingehend optimiert werden, dass Transportwege minimiert werden können, z. B. durch die Verwendung regionaler Produkte.
● Für die Lieferantenauswahl sind Kriterien festzulegen, die nachhaltiges Wirtschaften erkennen lassen, beispielsweise die Zertifizierung mit einem anerkannten Umweltmanagementsystem wie ISO 14001 oder EMAS (UBA 2022b), umweltfreundliche Innovationen bei der Produktentwicklung Verpackung oder Transport (Wuppertal Institut 2004) oder die Anwendung einer Nachhaltigkeitsstrategie oder Veröffentlichung eines CSR-Berichts.
● Bei Neuanschaffungen von Geräten ist auf Energieeffizienz und einen schonenden Wasserverbrauch zu achten (s. a. SDG 7).
Labore
Die Einführung nachhaltiger Beschaffungsstrategien im Labor steht im Zielkonflikt mit dem Anspruch an Präzision bei der Laborarbeit. Methoden und Prozesse, die sich über lange Zeit bewährt haben, sind festgelegt. Jede Änderung dieser Abläufe muss sicherstellen, dass die Qualität der Ergebnisse und die Sicherheit im Labor nicht beeinträchtigt werden.
Bei der Einführung von Nachhaltigkeitsaspekten in einem Laborbetrieb steht zu Beginn eine Bestandsaufnahme, die sogenannte Input-Output-Analyse. Hier wird ermittelt, wie viel Energie und Material für die Laborarbeit benötigt wird und wie viel Abfall dabei entsteht. Unter Input versteht man alle Ressourcen, die für den Laborbetrieb benötigt werden und die ggf. im Rahmen der Inventarisierung bereits erfasst wurden (Heck und Bemman 2002):
● Eingesetzte Betriebsmittel und Verbrauchsmaterialien, z. B. Laborbehälter, Pipettenspitzen, Filter
● Chemikalien.
● Alle Geräte inkl. Neuanschaffungen.
● Energie für den allgemeinen Laborbetrieb wird sowohl beim Betrieb der erforderlichen Gebäude bzw. Räumlichkeiten sowie für den Einsatz von Kühlgeräten zur Lagerung von Proben, Beleuchtung oder Belüftung benötigt.
● Energie für spezielle Versuchsdurchführungen, z. B. für den Betrieb von Analysegeräten oder die Aufbereitung von Wasser, die “rund-um-die-Uhr” laufen
● Wasserverbrauch, z. B. aufbereitetes Laborwasser, Wasser zur Probenherstellung, zum Kühlen oder Heizen
Unter Output werden alle Emissionen, Abwässer und Abfallfraktionen zusammengefasst, die mit der Laborarbeit verbunden sind (ebd.). Für die nachhaltige Beschaffung von Betriebsmitteln, Chemikalien und Geräten gibt es mehrere Ansatzpunkte:
● Eine elektronisch gestützte Inventarisierung erleichtert das Management von Betriebsmitteln und Chemikalien und gibt Auskunft darüber, welche Artikel zu welchem Zeitpunkt in welchem Umfang benötigt werden und bestellt werden müssen. Die School of Chemistry der Universität von Edinburgh hat bereits 2011 ein elektronisches Trackingsystem für Chemikalien eingeführt, das es erlaubt, Einzelheiten über den Inhalt und den genauen Standort abzurufen. Mitarbeiter*innen haben die Möglichkeit, den aktuellen Chemikalienbestand einzusehen. Dadurch konnten Doppelbestellungen und Verschwendung von ungenutzten Chemikalien erheblich verringert und vor allem Kosten reduziert werden (Heepi/S-Lab 2011).
● Bestellungen sollten dahingehend optimiert werden, dass Transportwege minimiert werden können, z. B. durch die Verwendung regionaler Produkte.
● Für die Lieferantenauswahl sind Kriterien festzulegen, die nachhaltiges Wirtschaften erkennen lassen, beispielsweise die Zertifizierung mit einem anerkannten Umweltmanagementsystem wie ISO 14001 oder EMAS (UBA 2022b), umweltfreundliche Innovationen bei der Produktentwicklung Verpackung oder Transport (Wuppertal Institut 2004) oder die Anwendung einer Nachhaltigkeitsstrategie oder Veröffentlichung eines CSR-Berichts.
● Bei Neuanschaffungen von Geräten ist auf Energieeffizienz und einen schonenden Wasserverbrauch zu achten (s. a. SDG 7).
Gewächshäuser
Das Spektrum der nachhaltigen Beschaffung für den professionellen Anbau unter Glas reicht von nachhaltigen Produkten für Anzucht und Vermehrung über die Verwendung torfreduzierter Substrate bis hin zu alternativen Energiekonzepten zur Beheizung und Beleuchtung der Gewächshäuser (s. a. SDG 7). Sowohl im konventionellen als auch im ökologischen Gartenbau werden überwiegend Pflanztöpfe, Anzuchtplatten oder Pflanzpaletten aus Kunststoff eingesetzt. Nur ein geringer Teil davon wird recycelt (BLE 2022). Mittlerweile gibt es -vorwiegend für den Hobbygartenbereich- umweltfreundlichere Alternativen, die in Versuchsanstalten oder von den Betrieben selbst auf ihre Eignung im Erwerbsgartenbau untersucht werden (ebd.). Folgende Alternativen sind derzeit auf dem Markt erhältlich und/ oder werden erprobt:
● Pflanztöpfe aus recyceltem Kunststoff mit dem Potenzial, den Wertstoffkreislauf zu schließen: Der Ausgangsstoff der Töpfe stammt aus der haushaltsnahen Wertstoffsammlung. Nach Gebrauch können diese Töpfe dem Recycling zugeführt werden (BLE 2022).
● Töpfe aus biobasiertem Kunststoff, die ganz oder teilweise aus natürlichen Ausgangsstoffen hergestellt werden, wie z. B. Mais, Zuckerrohr, Holz, Cellulose. Diese Töpfe sind biologisch abbaubar oder industriell kompostierbar, aber nicht per se nachhaltig (UBA o. J.).
● mitpflanzbare Töpfe aus schnell verrottbarem Material. Die Verwendung von verrottbaren Töpfen unterstützt ein gutes Anwachsen der Pflanzen. Gleichzeitig spart diese Methode den Zeitaufwand für die Entfernung und Entsorgung herkömmlicher Produkte und daher Kosten (FNR o. J.)
Biologisch abbaubare oder kompostierbarer Stoffe werden wie folgt definiert:
● Biologisch abbaubare Stoffe können von Mikroorganismen zersetzt werden, wobei der Zeitraum, der für die Zersetzung erforderlich ist, nicht festgelegt ist (definiert vom Deutschem Institut für Normierung – DIN).
● Für kompostierbare Stoffe gibt es nach DIN zwei Kategorien:
○ Industriell kompostierbare Kunststoffe werden in einer industriellen Anlage bei circa 60 °C kompostiert und haben sich in maximal zwölf Wochen zersetzt (BLE 2022).
○ Gartenkompostierbare Materialien müssen sich bei 20 bis 30 °C innerhalb eines Jahres zu 90 Prozent zersetzen (BLE 2022).
Die Beleuchtung im Gewächshausanbau und seine Beheizung haben einen maßgeblichen Einfluss auf den Ertrag. Daher bestehen hohe Anforderungen an die Leuchtmittel. Durch eine Umstellung von Natrium-Hochdrucklampen (HPS) auf LED-Lampen kann deutlich Energie eingespart werden (HSWT 2015). Eine weitere mögliche Stellschraube bei der Beleuchtung ist die Verwendung von Strom aus regenerativen Energiequellen (Ökostrom, s. a. SDG 7). In dem SDG 7 “Saubere Energie” werden umfassend die Möglichkeiten der Nutzung erneuerbarer Energien, Energieeffizienz und Energiesparen betrieben, die vielfach für Gewächshäuser Anwendung finden können.
Freilandanbau
Nutzung von Mulchfolie
Im Freilandanbau kommen häufig Mulchfolien zum Einsatz, um die Temperatur zu halten, das Unkrautwachstum zu bekämpfen und den Wasserverbrauch durch Verdunstung zu minimieren. Schwarze Folien absorbieren das Sonnenlicht und erwärmen die Pflanzen zusätzlich. Weiße Folie hingegen absorbiert und verzögert das Wachstum – die Erntezeit kann so ein wenig gesteuert werden. Bisher werden vorwiegend Folien verwendet, deren Ausgangsstoff erdölbasiertes Polyethylen (PE) ist. Beim Einsammeln der Folie nach der Ernte lässt es sich kaum vermeiden, dass Rückstände auf dem Acker verbleiben und mit dem nächsten Arbeitsgang in die Erde eingearbeitet werden. Auf diese Weise ist es möglich, dass die Folienrückstände sehr langsam zersetzt werden und als Mikroplastik in den Boden gelangen. Ob sie von dort in Gewässer und von dort in die Nahrungsmittelkette gelangen, ist bisher unbekannt. Auch die Auswirkungen auf Bodenorganismen (z. B. Regenwürmer) sind noch nicht erforscht, erste Indizien deuten aber darauf hin (NABU nach BR 2021). Leider gibt es nur wenige Alternativen zu PE. Die klassische PE-Folie wird jedoch von zwei Seiten “auf mehr Nachhaltigkeit” getrimmt:
● Zum einen gibt es ein breites Angebot am Markt, von biologisch abbaubaren Folien (vgl. u. a. Hartmann-Brockhaus o. J.; BayWa o. J.; carmen e.V. 2021; Bio-Folien.at o. J.). Aber die Entwicklung ist noch nicht zu Ende, weshalb an weiteren Verbesserungen geforscht wird insbesondere um die Zersetzung schneller zu gestalten. so wird z. B. in einem länderübergreifenden Projekt NewHyPe wird an einer biologisch abbaubaren Papier-Mulchfolie mit einer Beschichtung geforscht (eNewHyPe o. J.). Eine Variante mit beschichtetem Papier befindet sich schon in der Erprobung (DEGA 2021).
● Die andere Variante ist der Nutzung von biobasiertem Plastik, z. B. aus Polymilchsäuren oder Zucker. Hiermit lassen sich in Hinsicht auf die Stabilität und Haltbarkeit den PE-Folien vergleichbare biobasierte Folien herstellen, die kein Erdöl verbrauchen. Allerdings verhalten sie sich wie eine PE-Folien: Sie zerfallen sehr, sehr langsam und werden nicht biologisch abgebaut (LWG o. J.; BR 2021).
Die Abbaubarkeit der Mulchfolien wird durch die Vergabe entsprechender Zertifikate sichergestellt („DIN geprüft bioabbaubar im Boden“ von DIN CERTCO oder „OK biodegradable SOIL“ von TÜV AUSTRIA) (carmen e.V. 2021). Im Freiland sollten ausschließlich zertifizierte Mulchfolien eingesetzt werden.
Geräte für den Freilandanbau
Für die nachhaltige öffentliche Beschaffung von ausgewählten Gartengeräten definiert das UBA (2008) folgende Kriterien, die auch als Leitlinien für weitere Geräte dienen können:
● Schadstoffarme Gerätematerialien
● Langlebigkeit der Produkte, Reparaturfreundlichkeit und Fähigkeit zum Recycling
● Geringe Lärmbelastung, daher werden Geräte mit Verbrennungsmotor nicht empfohlen
● Schadstoffarme und langlebige Akkus bei akkubetriebenen Geräten.
Weiterhin ist zu prüfen, inwiefern für Maschinen und Geräten pflanzenbasierte Hydraulikflüssigkeiten und Schmierstoffe eingesetzt werden können (FNR, o. J.).
Quellenverzeichnis
BayWa (o. J.): Mulchfolie. Online: https://www.baywa.de/de/garten/gartenfolien-vliese/mulchfolien/c-sh_bp_9470546/
Bio-Folien.at (o. J.): Vorteile und Verwendung der biologischen Mulchfolie. Online: http://biofolien.at/biologische-mulchfolie-und-ihre-einsatzgebiete/
BLE (2022): Plastiktöpfe im Öko-Gartenbau: Welche Alternativen gibt es? Online: https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/pflanze/spezieller-pflanzenbau/zierpflanzenbau/plastiktoepfe-im-oeko-gartenbau-welche-alternativen-gibt-es/
BR Bayerischer Rundfunk (2021): Wie umweltschädlich sind Folientunnel auf den Feldern?. Online: www.br.de/radio/bayern1/warum-folien-auf-feldern-100.html
carmen e. V. (2021): Biologisch abbaubare Mulchfolien. Online: https://www.carmen-ev.de/2021/11/18/biologisch-abbaubare-mulchfolien/
DEGA Magazin Deutscher Gartenbau ( 2021): Biologisch abbaubare Mulchpapiere. Mikroplastik auf dem Acker vermeiden. Online: https://www.dega-gartenbau.de/Mikroplastik-auf-dem-Acker-vermeiden,QUlEPTY5ODIyMTkmTUlEPTUxODM5.html
FNR Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (o. J.): Torfminderung in der öffentlichen Beschaffung. Online: https://nachhaltige-beschaffung.fnr.de/handlungsfelder/torffrei-gaertnern
Hartmann-Brockhaus (o. J.): Mulchfolie biologisch abbaubar. Online: https://www.hartmann-brockhaus.de/produkte/Netze–Vliese–Folien/Mulchfolie-biologisch-abbaubar
Heck, P. und U. Bemmann (2002): Praxishandbuch Stoffstrommanagement 2002/2003. Deutscher Wirtschaftsdienst Köln. Online: https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-322-87004-9_1
HSWT Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (2015): Der Einfluss von LED-Licht auf den Rosmarinsäuregehalt in Basilikum. DEGA Gartenbau, Nr. 11/2014. Online: https://www.hswt.de/forschung/wissenstransfer/2014/dezember-2014/forschung-led.html
LWG Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau ( o. J.): Folieneinsatz im Gemüse- und Obstbau sowie sonstigen gärtnerischen Kulturen. Online: www.lwg.bayern.de/folieneinsatz
NABU nach BR 2021: BR Bayerischer Rundfunk (2021): Wie umweltschädlich sind Folientunnel auf den Feldern?. Online: www.br.de/radio/bayern1/warum-folien-auf-feldern-100.html
S-Lab (Safe, Successful and Sustainable Laboratories) initiative of HEEPI (Higher Education for Environmental Performance Improvement) (2011): S-Lab Environmental Good Practice Guide for Laboratories – A Reference Document for the S-Lab Laboratory Environmental Assessment Framework. Online: https://www.ed.ac.uk/sites/default/files/imports/fileManager/S-Lab_Good_Practice_Guide.pdf
UBA Umweltbundesamt (2008): Leitfaden zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung – Gartengeräte. Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/leitfaden_zur_umweltfreundlichen_oeffentlichen_beschaffung_gartengeraete_0.pdf
UBA Umweltbundesamt (2016a): Leitfaden Nachhaltige Chemikalien. Eine Entscheidungshilfe für Stoffhersteller, Formulierer und Endanwender von Chemikalien. Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1968/publikationen/161215_uba_fb_chemikalien_dt_bf.pdf
UBA Umweltbundesamt (2022b): Umwelt- und Energiemanagementsysteme. Online: https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/umwelt-energiemanagementsysteme#umwelt-und-energiemanagement-in-deutschland-eine-positive-bilanz
UBA (o. J.): Der Blaue Engel. Online: https://www.blauer-engel.de/de
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH (2004): Zukunftsfähige Innovationen Erste Schritte zum nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen Potenziale erkennen und nutzen, um eine starke Wettbewerbsposition für die Zukunft zu sichern. Online: https://www.yumpu.com/de/document/read/19266061/ws30pdf-wuppertal-institut
SDG 13 Maßnahmen zum Klimaschutz
“Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen”
Das SDG 13 “Maßnahmen zum Klimaschutz” zielt darauf ab, umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen. Mit dem SDG 13 soll in erster Linie erreicht werden, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Im Zusammenhang mit den Handlungsfeldern der Pflanzentechnologie sind folgende Unterziele des SDG 13 von Bedeutung:
13.1. Die Widerstandskraft und die Anpassungsfähigkeit gegenüber klimabedingten Gefahren und Naturkatastrophen in allen Ländern stärken
13.3. Die Aufklärung und Sensibilisierung sowie die personellen und institutionellen Kapazitäten im Bereich der Abschwächung des Klimawandels, der Klimaanpassung, der Reduzierung der Klimaauswirkungen sowie der Frühwarnung verbessern
Die Schnittmenge für das SDG 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ ergibt sich aus den folgenden Nummern der Standardberufsbildposition (BGBl 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren.
In der internationalen Diskussion wird zwischen Maßnahmen zum Klimaschutz und solchen zur Klimaanpassung unterschieden. Bei der Klimaanpassung geht es darum, geeignete Maßnahmen zur Adaption an den Klimawandel zu entwickeln und umzusetzen, um dadurch die Empfindlichkeit gegenüber klimabedingten Risiken zu vermindern (Klimaresilienz). Die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) ist das grundlegende Strategiepapier (Bundesregierung 2008), um Anpassungsmaßnahmen auch politisch zu verankern und wirksam werden zu lassen. Die folgenden Abschnitte gehen vor dem Hintergrund der Tätigkeiten des Pflanzentechnologen und der Pflanzentechnologin auf die Bedeutung von Mooren als CO2-Speicher und und ihren Beitrag zum natürlichen Klimaschutz, die Reduktion von Stickstoff-Emissionen als wichtige Klimaschutzmaßnahme sowie standortangepasste und trockenresistente Pflanzensorten als Anpassungsmaßnahme ein.
Bedeutung der Moore als CO2-Speicher
In der Pflanzentechnologie werden bei der Durchführung von Versuchen im Freiland und im Gewächshaus sowie bei der Vermehrung von Pflanzenmaterial Kultursubstrate eingesetzt, die vollständig oder zu einem großen Anteil aus Torf bestehen. Weiterhin findet Torf als (Haupt-) Bestandteil in Blumenerden und als Bodenverbesserungsstoff Verwendung. Hinsichtlich der Torfgewinnungsmengen und deren Verwendung gibt es wenig belastbare und aktuelle Zahlen. In Deutschland wurden 2021 rund 12 Millionen Kubikmeter Kultursubstrate erzeugt. Davon gelangen 5,8 Millionen Kubikmeter auf den deutschen Markt. Für die Produktion dieser Menge an Kultursubstraten werden circa 4,2 Millionen Kubikmeter Torf benötigt. 1,6 Millionen Kubikmeter werden durch andere organische Ausgangsstoffe gedeckt (IVG 2020).
In den folgenden Abschnitten werden die Hintergründe dargestellt, inwiefern die Minderung des Torfeinsatzes zum Klimaschutz beiträgt.
Klimawirkung bei der Verwendung von Torf
Kohlenstoffsenken spielen eine zentrale Rolle im Klimaschutz, da sie große Mengen CO2 speichern können. Moore speichern weltweit circa ein Drittel des gesamten organischen Kohlenstoffs, obwohl sie nur 3 Prozent der Landfläche der Erde bedecken. Das macht Moore, neben Wäldern und Permafrostböden, zu den Stars unter den Kohlenstoffsenken der Landbiosphäre (BMEL 2022) und damit wertvoll für den Klimaschutz. Der Wert der Moore wird umso deutlicher, wenn man bedenkt, dass eine Torfschicht durchschnittlich nur einen Millimeter pro Jahr wächst und für eine Schicht von zehn Zentimetern 100 Jahre erforderlich sind (UBA & DEHst 2022). Ein CO2-Überschuss von mehreren Gigatonnen in der Atmosphäre, der von den weltweit vorhandenen Kohlenstoffsenken nicht gebunden werden kann, bereitet den Klimaschützerinnen und Klimaschützern zunehmend Sorge. Die natürlichen CO2-Senken, darunter wertvolle Moore, zu erhalten und in der Zukunft zu stärken, ist daher ein wesentlicher Baustein des Klimaschutzes (Friedlingstein et al 2019).
Schutz der Moore bedeutet Klimaschutz
Um feuchte Moorböden landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich nutzen und bewirtschaften zu können, wurden sie in der Vergangenheit in großem Umfang entwässert und trockengelegt. In der Folge gelangt Sauerstoff in die trocken gelegten Moorböden und regt Zersetzungsprozesse in der Torfschicht an. Durch diese Prozesse wird der in Mooren gespeicherte Kohlenstoff in Form von CO2 freigesetzt und trägt als Treibhausgas zur Erwärmung der Erde, mit negativen Folgen für Ökosysteme und die Landwirtschaft, bei (UBA & DEHst 2022). Politische, wirtschaftliche und ökologische Akteure stehen nun vor folgendem Dilemma: Intakte Moore könnten einerseits als wertvolle Kohlenstoffsenken dienen und überschüssiges CO2 speichern. Andererseits spielt die Nutzung von Torf als Blumenerde, als Kultursubstrat oder zur Bodenverbesserung eine wirtschaftliche Rolle und führt dazu, dass durch den Abbau der Moorböden gebundener Kohlenstoff in großem Umfang als CO2 freigesetzt wird.
Torfabbau in Deutschland und Minderungsstrategie
In Deutschland wird durch politische Vorgaben versucht, den Einsatz von Torf schrittweise zu mindern. So ist im Klimaschutzprogramm 2030 (BMUV 2019) festgeschrieben, den Einsatz von Torf als Kultursubstrat und Bodenverbesserer weitestgehend zu verringern oder ganz darauf zu verzichten. Im Hobbybereich soll die Verwendung von Torf bis 2026 eingestellt werden. Diese Ziele stehen im Einklang mit der Nationalen Moorschutzstrategie (BMUV 2022b), die darauf abzielt, die Torfverwendung im Gartenbau gänzlich einzustellen.
Ersatzstoffe und Substrate
Die Torfminderungsstrategie wird nur akzeptiert und kann nur dann nachhaltig erfolgreich sein, wenn entsprechende Alternativen zur Verfügung stehen. Die Entwicklung von Ersatzstoffen nimmt daher eine zentrale Rolle in der Torfminderungsstrategie ein. Die Bundes- und Landesregierungen fördern deutschlandweit Verbundprojekte, in denen an Ersatzstoffen und torfreduzierten Substraten geforscht wird und Betriebe dabei begleitet werden, diese zu testen und langfristig einzusetzen (LWK Niedersachsen 2019). Im Jahr 2021 wurden 22 Prozent der Ausgangsstoffe für Kultursubstrate für den Erwerbsgartenbau durch Torfalternativen ersetzt. Einen Überblick über die Anteile von Substratausgangsstoffen für den Erwerbsgartenbau gibt die folgende Übersicht (BMEL 2022: 10):
● Schwarztorf: 43% (dunkel, stammt aus den tieferen Moorschichten und ist viel älter als Weißtorf)
● Weißtorf: 35% (hellbraun, wird aus den oberen Schichten der Moore gewonnen)
● Kokosprodukte: 2%
● Holzfasern: 11%
● Rindenhumus: 1%
● Grüngutkompost: 3%
● Sonstige organische Stoffe (z. B. Pinienrinde): 1%
● Mineralische Ausgangsstoffe (z. B. Ton): 4%
Je nach Branche im Gartenbau sehen Fachleute und Praktiker unterschiedliche Potenziale für den Ersatz von Torf in Substraten (BMEL 2022):
● Dem Hobbybereich wird das größte Potenzial zum vollständigen Torfersatz eingeräumt, sofern ausreichende Ersatzprodukte zur Verfügung stehen.
● Im Garten- und Landschaftsbau stellt der insbesondere die Sportrasenproduktion eine Herausforderung für die Torfminderung dar.
● Für den Beerenobstanbau besteht mittelfristig ein Minderungspotenzial von 50-70 Prozent (ebd.) .
● Im Zierpflanzenbau gibt es die meiste einschlägige Erfahrung, gestützt durch zahlreiche Versuche mit Torfminderungspotenzialen von mindestens 50Prozent (ebd.). Dies gilt auch für Containerpflanzen im Baumschulbereich.
● In der Jungpflanzenproduktion im ökologischen Gemüsebau werden für Presstöpfe (unter Druck hergestellte Pflanzbehälter zur Pflanzenanzucht) bis zu 40 Prozent alternative Substratausgangsstoffe beigemischt. Weiteres Reduktionspotenzial für den Torfeinsatz könnte durch die Verkleinerung von Presstöpfen erreicht werden oder einen grundsätzlichen Umstieg auf andere Anzuchtsysteme (ebd.).
Auch wenn die Entwicklung von Torfersatzstoffen noch nicht für alle Einsatzbereiche ausgereift ist, ist es für angehende Pflanzentechnologinnen und Pflanzentechnologen wichtig, die Bedeutung des Schutzes der Moore für den Klimaschutz zu verstehen, ein Bewusstsein für Torfminderungspotenziale zu entwickeln und ihr zukünftiges Handeln an den Leitlinien der Bundesregierung sowie dem aktuellen Forschungsstand auszurichten. Torfreduzierte oder torffreie Substrate müssen für die gartenbauliche Nutzung hohe Qualitätsanforderungen erfüllen. Hier ist es wichtig, die richtigen Mischungen zu kennen und anzuwenden, um mögliche Risiken für die jeweilige Kultur zu vermeiden.
Blick über den deutschen Tellerrand
Um den Torfabbau in Deutschland zu decken, importieren Erdenbetriebe Torf aus anderen Ländern der Europäischen Union (BMEL 2022). Dies hat verheerende Folgen für die Biodiversität in diesen Ländern, da die Regelungen zum Torfabbau dort weniger streng sind. In Deutschland darf der Torfabbau nur auf landwirtschaftlichen und entwässerten Flächen erfolgen, während in anderen Ländern naturnahe Moore abgetorft werden (BMEL 2022). Wie in den obigen Abschnitten skizziert, erstreckt sich das Themenfeld Torfminderung von rein praktischen Fragen in der Substratauswahl bis hin zu politischen Herausforderungen im In- und Ausland.
Distickstoffoxid-Emissionen
Stickstoffhaltiger Dünger in der Landwirtschaft sowie die landwirtschaftliche Tierhaltung bilden die Hauptquellen für Distickstoffoxid-Emissionen (N2O), auch Lachgas genannt. Im Jahr 2021 betrugen die N2O-Emissionen landwirtschaftlichen Ursprungs 77 Prozent der gesamten Lachgasemissionen (UBA 2022e). Mit großem Abstand folgt mit 7 Prozent die Brennstoffnutzung in der Energiewirtschaft sowie mit einem Anteil von 6 Prozent der Verkehr. Mit vergleichbar geringen Mengen folgen die Emissionen aus der Behandlung von Abwasser und Abfall (mechanisch-biologische Abfallbehandlung), aus der chemischen Industrie (Herstellung von Adipinsäure) sowie aus dem verarbeitenden Gewerbe mit Anteilen an den nationalen N2O-Emissionen von je 3 Prozent . Der Vollständigkeit halber ist noch die direkte Verwendung von Lachgas als Emissionsquelle zu nennen. Dazu zählen die Medizin (N2O als Anästhetikum), die Herstellung von Lebensmittel (N2O als Zusatzstoff E 942 z. B. in Sprühsahne) und von Halbleitern sowie die Detonation ammoniumnitrathaltiger Sprengstoffen sowie das Autotuning (Lachgas-Einspritzung) (NIR 2022). Für das Berufsfeld Pflanzentechnologie sind Distickstoffoxid-Emissionen, verursacht durch Stickstoff-Düngergaben von Bedeutung und sollten daher verstärkt betrachtet werden. Neben N2O sind auch Ammoniak-Emissionen (NH3) als umweltschädliches Gas zu erwähnen. Sie stammen allerdings zum Großteil aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung, die für das Berufsbild Pflanzentechnologie nicht relevant ist. Zur Vertiefung des Themas Ammoniak-Emissionen wird an dieser Stelle auf das Berufsbild Landwirtschaft verwiesen.
Lachgas (N2O) ist neben Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), wasserstoffhaltigen Fluorkohlenwasserstoffen (HFKW), perfluorierten Kohlenwasserstoffen (FKW) und Schwefelhexafluorid (SF6) eins von sechs Treibhausgasen, die im Rahmen des Kyoto-Protokolls reglementiert werden und für die Berichtspflichten der Vertragsstaaten bestehen. Mit der Verabschiedung und Ratifizierung des Kyoto-Protokolls hat sich die internationale Staatengemeinschaft erstmals vertraglich dazu verpflichtet, dem Klimawandel zu begegnen und die Treibhausgasemissionen zu senken (UBA 2021a).
Der Weltklimarat (International Panel for Climate Change -IPCC) definiert für jedes Gas einen sogenannten GWP-Wert (Global Warming Potential). Der GWP-Wert ist eine Messgröße, die den Beitrag eines Gases zum Treibhauseffekt (Erwärmungswirkung) über einen bestimmten Zeitraum, in der Regel 100 Jahre, ausdrückt. Als Bezugsgröße dient der GWP-Wert von CO2. Der GWP-Wert eines Treibhausgases gibt an, wie viel eine bestimmte Masse eines Gases im Vergleich zur gleichen Masse CO2 zur Erderwärmung beiträgt. Die GWP-Werte unterschiedlicher Treibhausgase betragen gemäß dem 5. Sachstandsbericht des IPCC (IPCC 2014: 87):
● Kohlendioxid CO2: 1 (Bezugswert)
● Methan CH4: 28
● Distickstoffoxid (Lachgas) N2O: 265
● FCKW (in Deutschland verboten) > 12.000
Im Jahr 2020 hatten die unterschiedlichen Gase folgenden Anteile an der Gesamtemission der Treibhausgase in Deutschland (UBA 2022b):
● Kohlendioxid: 87,1 %
● Methan: 6,5 %
● Lachgas: 4,6 %
● Fluorierte Treibhausgase (F-Gase): wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) und perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW): 1,7 %
Auf den ersten Blick hat Lachgas mit 4,6 Prozent einen vergleichsweise geringen Anteil an den Gesamtemissionen von Treibhausgasen. Jedoch beträgt das CO2-Äquivalent für Lachgas bei einem Zeithorizont von 100 Jahren 298 (IPCC 2007). Das bedeutet, dass ein Kilogramm Lachgas innerhalb der ersten 100 Jahre nach der Freisetzung 298-mal so stark zum Treibhauseffekt beiträgt wie ein Kilogramm CO2. N2O hält sich rund 120 Jahre lang in der Atmosphäre auf. Seine Konzentration liegt dort heute schon um rund 20 Prozent über dem vorindustriellen Wert, und es trägt zwischen sechs und neun Prozent zum globalen Klimaeffekt bei. Zudem trägt Lachgas in den höheren Luftschichten der Stratosphäre zum Abbau von Ozon und damit zum sogenannten Ozonloch bei (Tian et al 2020).
N2O-Emissionen entstehen im Wesentlichen durch mikrobielle Umsetzungen (Nitrifikation und Denitrifikation) von Stickstoffverbindungen. Daher werden sie hauptsächlich durch die Landwirtschaft und in deutlich geringerem Maße auch durch Industrieprozesse und die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursacht und tragen in Deutschland aktuell zu 3,9 Prozent zu den Treibhausgasfreisetzungen bei (NIR 2022).
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland insgesamt 94.000 Tonnen Lachgas durch menschliche Aktivitäten freigesetzt. Das entspricht etwa 27,7 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente. Allerdings sind darin nicht die N2O Emissionen aus der Landnutzung (z. B. industrieller Torfabbau), der Änderung der Landnutzung (Mineralisation von Humus in Böden) sowie der Forstwirtschaft (Totholz und Waldbrände) enthalten (NIR 2022).
Die Potenziale zur Reduzierung der Emissionen von Lachgas durch eine Verringerung des Stickstoffeintrags sind daher von besonderer Bedeutung und werden unter SDG 6 dargelegt.
Um den Düngereinsatz zu mindern bzw. genau an den Pflanzenbedarf anzupassen, sind die Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes (IPS) anzuwenden. Die Basis des integrierten Pflanzenschutzes bildet die Kenntnis vorbeugender Maßnahmen, zu denen auch eine gute Kulturführung und eine angepasste Sortenwahl gehören, z. B. bei der Planung und Durchführung von Versuchen im Freiland. Diese vorbeugenden Maßnahmen sind sorgsam zu planen und während der Kulturzeit durchzuführen, da sie sowohl den Boden als auch die Pflanzen stärken und gesund erhalten. Eine bedarfsgerechte Düngung, insbesondere mit Stickstoff, trägt zur Pflanzengesundheit bei und verhindert, dass Stickstoff-Überschüsse im Boden zu Lachgas umgewandelt werden, das in die Atmosphäre entweicht (BMEL 2021: 41).
Quellenverzeichnis
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BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2022): Torffrei gärtnern, Klima schützen. Die Torfminderungsstrategie des BMEL. Online: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/torfminderungsstrategie.html
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Tian, H., Xu, R., Canadell, J.G., Winiwarter, W. , Suntharalingam, P., Davidson, E.A., Ciais, P., Jackson, R.B., et al. (2020). A comprehensive quantification of global nitrous oxide sources and sinks. Nature 586 248-256. 10.1038/s41586-020-2780-0. Online: https://pure.iiasa.ac.at/id/eprint/16766/1/Tian_RevisedMS_accepted.pdf
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