Mechatroniker/Mechatronikerin
Einleitung
Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung). Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis 2022). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die Materialien der Projektagentur
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in novellierten Ausbildungsordnungen in Berufen mit großer Relevanz für wichtige Themen der Nachhaltigkeit wie z. B. dem Klimaschutz werden wichtige Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen nicht genannt – obwohl die Berufe deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten könnten. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030. Das Impulspapier ist spezifisch für einen Ausbildungsberuf erstellt, fasst aber teilweise spezifische Ausbildungsgänge zusammen (z. B. den Fachmann und die Fachfrau zusammen mit der Fachkraft sowie die verschiedenen Fachrichtungen)
- BBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS) und Handreichung (HR): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten. Das Material liegt auch als Handreichung (HR) mit der Folie und Notizen vor.
Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Die Berufsbildpositionen der Ausbildungsordnung und die Lernfelder
Nachhaltigkeit sollte integrativ vermittelt werden, sie sollte auch in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen verankert werden (BIBB o. J.):
“Die berufsübergreifenden Inhalte sind von den Ausbilderinnen und Ausbildern während der gesamten Ausbildung integrativ, das heißt im Zusammenspiel mit den berufsspezifischen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten, zu vermitteln.”
Aus diesem Grund haben wir die jeweiligen Berufsbildpositionen sowie die Lernfelder des gültigen Rahmenlehrplanes gleichfalls betrachtet in
Tabelle 2: Berufsbildpositionen und Lernfelder mit Bezug zur Nachhaltigkeit
Die Betrachtung ist beispielhaft, es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Folgende tabellarische Darstellung wurde gewählt:
Spalte A: Berufsbildposition und Lernfeld(er)
Spalte B: Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten gemäß Ausbildungsordnung (AO) sowie Lernfelder des Rahmenlehrplans (RLP, kursive Zitierung). Explizite Formulierungen des RLP zu Themen der Nachhaltigkeit werden als Zitat wiedergegeben;
Spalte C: Beispielhafte Bezüge zur Nachhaltigkeit;
Spalte D: Referenz auf die jeweilige Position der Standardberufsbildposition (siehe Tabelle 1, Spalte A).
Modulare Rahmenaufgaben
Zur Verbesserung der Anschaulichkeit der integrativen Förderung nachhaltigkeitsorientierter Kompetenzen wird in diesem Impulspapier eine exemplarische Aufgabenstellung für die betriebliche oder berufsschulische Unterrichtung vorgeschlagen:
- Zunächst wird die Herkunft ausgewählter Früchte von Konditoreiprodukten bestimmt und unter Nachhaltigkeitsaspekten beurteilt.
- Vertiefend erfolgt eine Auseinandersetzung mit Pro- und Kontra-Argumenten im Rahmen eines Rollenspiels, um die Kundenberatung bei Produktfragen nachhaltigkeitsorientiert ausrichten zu können und geeignete Verkaufsstrategien zu entwickeln.
Zielkonflikte und Widersprüche
Zielkonflikte und Widersprüche sind bei der Suche nach dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit immanent und für einen Interessenausgleich hilfreich. In dem Kapitel 7. werden beispielhafte Zielkonflikte aufgezeigt. Ergänzend werden in dem hierzu gehörigen Dokument auch einige Folien (pptx bzw. pdf) erstellt, die für Lernprozesse verwendet werden können. Ein Beispiel für einen berufsbildbezogenen Zielkonflikt ist der folgende:
- “Niedrige Retouren (wenige Überschüsse von Brot und Backwaren) vs. volle Regale bis Ladenschluss”:
- Betriebe, die Lebensmittelabfälle bzw. Retouren vermeiden wollen, bieten den Kunden kurz vor Betriebsschluss unter Umständen nicht mehr dasselbe umfangreiche Angebot wie Betriebe, die den Kunden bis zum Ladenschluss das komplette Sortiment anbieten, um die Kunden nicht zu verlieren.
- Es ergibt sich somit der Konflikt zwischen der Notwendigkeit, Abfall zu vermeiden und dem Wunsch, die Kunden*innen durch ein jederzeit umfangreiches Angebot zufriedenzustellen.
Hinweis für handwerkliche, kaufmännische und Industrieberufe
Die in den folgenden Tabellen 1 und 2 im didaktischen Impulspapier (IP), im Hintergrundmaterial (HGM) sowie in den Foliensätzen zu den Zielkonflikten (FS) vorgeschlagenen Hinweise zu Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. Lernfelder, Aufgabenstellungen und Zielkonflikte bilden den in 2022 aktuellen Stand der Entwicklungen in Hinsicht auf technische Verfahren, Dienstleistungen und Produkte in Bezug auf Herausforderungen der Nachhaltigkeit bzw. deren integrative Vermittlung in den verschiedenen Berufen dar. Sie enthalten Anregungen und Hinweise ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Mit Lesen dieses Textes sind Sie als Ausbilder:innen und Berufsschullehrkräfte eingeladen, eigene Anregungen in Bezug auf die dann jeweils aktuellen Entwicklungen in ihren Unterricht einzubringen. Als Anregungen dient diesbezüglich z. B. folgende hier allgemein formulierte Aufgabenstellung (analog zu IP, Tabelle 1), die Sie in Ihren Unterricht aufnehmen können:
Recherchieren Sie (ggf. jeweils alternativ:) Methoden, Verfahren, Materialien, Konstruktionen, Produkte oder Dienstleistungen, die den aktuellen Stand der (technischen) Entwicklung darstellen und die in Hinblick auf die Aspekte der Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial-kulturell und/oder ökonomisch) bessere Wirkungen und/oder weniger negative Wirkungen erzielen als die Ihnen bekannten, eingeführten und „bewährten“ Ansätze.
Beschreiben Sie mögliche positive Wirkungen dieser neuen Methoden, Verfahren, Materialien, Konstruktionen, Produkte und/oder Dienstleistungen auf die Nachhaltigkeit in Ihrem Betrieb.
Glossar
Folgende Abkürzungen werden in diesem Dokument verwendet:
Abkürzung | Bezeichnung |
AO | Ausbildungsordnung |
BNE | Bildung für Nachhaltige Entwicklung |
BBNE | Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung |
FS | Foliensammlung mit Beispielen für Zielkonflikte |
HGM | Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial) |
IP | Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial) |
RLP | Rahmenlehrplan |
SDG | Sustainable Development Goals |
THG | Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq) |
Literatur
BGBl (2022): Verordnung über die Berufsausbildung zum Bäcker/zur Bäckerin vom 21. April 2004 (BGBl. I S. 632), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Februar 2016 (BGBl. I S. 179) geändert worden ist. https://www.gesetze-im-internet.de/b_ausbv_2004/BJNR063200004.html
BIBB Bundesinstitut für berufliche Bildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/de/pressemitteilung_139814.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.a): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.b): Ausbildung gestalten. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/series/list/2
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BIBB Bundesinstitut für berufliche Bildung (o. J.c): Nachhaltigkeit in der Ausbildung. Online: www.bibb.de/de/142299.php
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE. Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
KMK Kultusministerkonferenz (2004): RAHMENLEHRPLAN für den Ausbildungsberuf Bäcker/Bäckerin.
Ritter, G., Friedrich, S., Heitkönig, L. (2015a): Reduktion von Lebensmittelabfällen bei Brot und Backwaren. Ein Konzept für Handwerk, Handel und Verbraucher. https://www.fh-muenster.de/isun/downloads/Reduktion_von_Lebensmittelabfaellen_bei_Brot_und_Backwaren.pdf
Ritter, G., Heitkönig, L., Friedrich, S. (2015b): Endbericht zur Studie „Reduktion von Lebensmittelabfällen bei Brot und Backwaren – Entwicklung eines Konzepts für Handel, Handwerk und Verbraucher“. https://www.fh-muenster.de/isun/downloads/Reduktion_von_Lebensmittelabfaellen_bei_Brot_und_Backwaren.pdf
WWF Deutschland (2018): Unser täglich Brot. Von überschüssigen Brotkanten und wachsenden Brotbergen. https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Studie-Unser-taeglich-Brot_Von-ueberschuessigen-Brotkanten-und-wachsenden-Brotbergen_102018.pdf
Tabelle 1 - Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Berufsbildposition | Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten | Bezüge zur Nachhaltigkeit | Mögliche Aufgabenstellungen im Rahmen von 3e “Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln” | SDG |
3a – Gesellschaft – soziale Verantwortung |
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| SDG 8 SDG16 SDG17 |
3a – Gesellschaft Kommunikation 3a – Gesellschaft Gesundheit und Bildung |
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| SDG 5 SDG17 SDG 3 SDG4 |
3a – Umwelt Ressourcen |
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| SDG9, SDG 12, SDG15 |
3a – Umwelt Wasser, Boden, Luft(Ressourcen – Wasser, Strom, Fläche) |
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| SDG 6 SDG 15 |
3a – Umwelt Umweltmanagement |
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| SDG 9 SDG 12 |
3a – Umwelt (Allgemein) |
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| SDG 13 |
3a – Umwelt (Betrieb) |
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| SDG 6 |
3b -Materialien und Rohstoffe |
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| SDG8, SDG 9, SDG12 |
3b – Energie – Mobilität |
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| SDG 11, SDG 13 |
3b – Wirtschaftlichkeit |
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| SDG 8, SDG12 |
3b- Langlebigkeit |
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| SDG 12 |
3d – Abfälle vermeiden (1) |
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| SDG 8 SDG 12 SDG 17 |
3f – Nachhaltigkeit kommunizieren |
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| SDG 4 |
Tabelle 2 - Berufsbildpositionen und Lernfelder mit Bezug zur Nachhaltigkeit
Berufsbild- position / Lernfeld | Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten gemäß Ausbildungsordnung (kursiv: Lernfelder des RLP) | Beispielhafte Bezüge zur Nachhaltigkeit | Standard- berufsbildposition |
Betriebliche und technische Kommunikation (§ 3 Absatz 2 Nummer 6) Lernfeld 1 und 13 | a) Gespräche mit Vorgesetzten und Mitarbeitern und im Team situationsgerecht führen, Sachverhalte darstellen, deutsche und englische Fachausdrücke anwenden
Lernfeld 1 Analysieren von Funktionszusammenhängen in mechatronischen Systemen
Lernfeld 13 Übergabe von mechatronischen Systemen an den Kunden
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| 3a – Gesellschaft
SDG 6 SDG 9
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Betriebliche und technische Kommunikation (§ 3 Absatz 2 Nummer 6)
Installieren und Testen von Hard- und Softwarekomponenten (§ 3 Absatz 2 Nummer 14)
Lernfeld 5 | c) IT-Systeme handhaben, insbesondere Software einsetzen, Peripheriegeräte anschließen und nutzen
a) Hard- und Software Schnittstellen, Kompatibilität von Hardwarekomponenten sowie Systemvoraussetzungen für Software prüfen
Lernfeld 5 Betriebssysteme o Netzwerksysteme, -komponenten und -topologien o Datenschutz und Datensicherheit o Zugriffsrechte, Netzwerk- und kommunikationssicherheit o Steuerung betrieblicher Prozesse mit Hilfe der Datennutzung, -analyse und -verarbeitung o Ergonomische Gesichtspunkte von Computerarbeitsplätzen |
| 3b – Arbeits- prozessgestaltung Siegel und Zertifikate Fairer Handel
3a – Umwelt-Energie
SDG 13 SDG 7 SDG 12
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Betriebliche und technische Kommunikation (§ 3 Absatz 2 Nummer 6)
Lernfeld 8 | m) im virtuellen Raum zusammenarbeiten, Produkt- und Prozessdaten sowie Handlungsanweisungen und Funktionsbeschreibungen austauschen
Lernfeld 8
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| 3a – Gesellschaft
SDG 6 SDG 9
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Planen und Steuern von Arbeitsabläufen, Kontrollieren und Beurteilen der Arbeitsergebnisse (§ 3 Absatz 2 Nummer 7)
Lernfeld 2 | a) Arbeitsschritte nach funktionalen, fertigungs- technischen und wirtschaftlichen Kriterien festlegen e) Werkzeuge, Geräte und Diagnosesysteme sowie Material und Hilfsmittel auftragsbezogen anfordern und bereitstellen
Lernfeld 2
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| 3a – Umwelt und Gesellschaft [Textflussumbruch]rationelle Energie- und Ressourcenverwendung,
3b – Arbeitsprozesse[Textflussumbruch]Transportwege, Lebensdauer
SDG 8, 16 und 17 |
Lernfeld 4 | b) Arbeitsabläufe und Teilaufgaben unter Beachtung rechtlicher, wirtschaftlicher und terminlicher Vorgaben, der betrieblichen Prozesse sowie vor- und nachgelagerter Bereiche planen, bei Abweichungen von der Planung Prioritäten setzen
Lernfeld 4 Untersuchen der Energie- und Informationsflüsse in elektrischen und hydraulischen Baugruppen
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| 3a – Umwelt
3b – Arbeitsprozesse[Textflussumbruch]– Fußabdruck
3f – Nachhaltigkeit kommunizieren[Textflussumbruch]– Umweltmanagement
SDG 8, 9 und 12 |
j) Qualifikationsdefizite feststellen, Qualifikationsmöglichkeiten nutzen sowie unterschiedliche Lerntechniken anwenden |
| 3a – Gesellschaft
3f Nachhaltigkeit kommunizieren
SDG 4 | |
Qualitätsmanagement (§ 3 Absatz 2 Nummer 8) | a) Qualitätssicherungssystem in Verbindung mit technischen Unterlagen und dessen Wirksamkeit beurteilen, Verfahren anwenden |
| 3a – Umwelt SDG 8, 9, 12 und 15 |
Qualitätsmanagement (§ 3 Absatz 2 Nummer 8) | e) Lebenszyklusdaten von Aufträgen, Dienstleistungen, Produkten und Betriebsmitteln auswerten und Vorschläge zur Optimierung von Abläufen und Prozessen erarbeiten |
| 3b – Langlebigkeit
3d – Abfälle vermeiden
3f Nachhaltigkeit kommunizieren
SDG 8, 12 und 17
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Installieren elektrischer Baugruppen und Komponenten (§ 3 Absatz 2 Nummer 12) | b) Komponenten für elektrische Hilfs- und Schalteinrichtungen auswählen, einbauen, verbinden und kennzeichnen |
| 3b – Materialien und Rohstoffe
SDG 8, 9 und 12 |
Manuelles und maschinelles Spanen, Trennen und Umformen (§ 3 Absatz 2 Nummer 10) | a) Bleche, Platten und Profile aus Metall und Kunststoff nach Anriss sägen e) Werkstücke durch Drehen bearbeiten f) Werkstücke durch Fräsen bearbeiten
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| 3b Arbeitsprozess gestaltung 3a – rationelle Energie- und Ressourcenverwendung
SDG 7 und 13 |
Messen und Prüfen elektrischer Größen (§ 3 Absatz 2 Nummer 13)
Prüfen und Einstellen von Funktionen an mechatronischen Systemen (§ 3 Absatz 2 Nummer 19) | e) elektrische Kenndaten von Baugruppen und Komponenten prüfen
a) Mess- und Prüfverfahren sowie Diagnosesysteme auswählen, elektrische Größen und Signale an Schnittstellen prüfen i) elektrisch und elektronisch gesteuerte Antriebe prüfen und einstellen |
| 3b – Arbeitsprozess gestaltung
3a – rationelle Energie- und Ressourcenverwendung
3e – Vorschläge für nachhaltiges Handeln
SDG 7, 8 und 13 |
Zusammenbauen von Baugruppen und Komponenten zu Maschinen und Systemen (§ 3 Absatz 2 Nummer 17) | c) Schmier- und Kühleinrichtungen einbauen e) Rohr- und Schlauchleitungen zurichten, verlegen, verbinden und auf Dichtheit prüfen |
| 3b – Materialien und Rohstoffe
3a – rationelle Energie- und Ressourcenverwendung
SDG 8, 9 und 12 |
Instandhalten mechatronischer Systeme (§ 3 Absatz 2 Nummer 21)
Inbetriebnehmen und Bedienen mechatronischer Systeme (§ 3 Absatz 2 Nummer 20)
Lernfeld 12 | a) mechatronische Systeme inspizieren, Funktionen von Sicherheitseinrichtungen prüfen sowie Prüfungen protokollieren b) mechatronische Systeme nach Wartungs- und Instandhaltungsplänen warten, Verschleißteile im Rahmen der vorbeugenden Instandhaltung austauschen h) mechatronische Systeme an geänderte Betriebsbedingungen anpassen i) Diagnose- und Wartungssysteme nutzen h) Befestigung, Energieversorgung, Schmierung, Kühlung und Entsorgung prüfen und sicherstellen l) Schutzmaßnahmen zur elektromagnetischen Verträglichkeit prüfen m) Systemparameter bei der Inbetriebnahme ermitteln, mit vorgegebenen Werten vergleichen und einstellen
Lernfeld 12 Vorbeugende Instandhaltung
Anforderungen
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| 3a – Rohstoffe
3a – Produktlebens dauer
3b – Arbeitsprozess gestaltung – Lebensdauer und Nutzbarkeit
SDG 7, 8, 12 und 13 |
Unterrichts- und Ausbildungsmodule
Auf dem Weg zur nachhaltigen Entwicklung kann Bildung wichtige Beiträge leisten. Allen Menschen den Zugang zu Faktenwissen und Informationen zu ermöglichen, ist als Ziel in SDG 4 formuliert. Bildung ermöglicht methodische Vorgehensweisen und Wege der Transformation zu erkunden, zu reflektieren und in geplante Handlungen zu übersetzen.
Bildung für nachhaltige Entwicklung – die Auseinandersetzung mit den 17 Zielen der Nachhaltigkeit – kann als Querschnittsaufgabe im Unterricht der Berufsschule verstanden werden. Die 17 Ziele berühren alle Lebensbereiche und fokussieren jeweils auf unterschiedliche Teilbereiche von Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft; sie stehen untereinander in Wechselbeziehung bzw. überlappen sich wechselseitig. Alle Themen der Berufstätigkeit und des Unterrichts können in Beziehung zu einem oder mehreren Zielen betrachtet werden, wodurch im Verlauf der Ausbildung das komplexe Bild der Nachhaltigkeit in seiner Ganzheit und Komplexität sichtbar wird.
Die hier vorgeschlagenen Unterrichts- und Ausbildungsmodule sind auf Lernfeld 9 “Untersuchen des Informationsflusses in komplexen mechatronischen Systemen” sowie auf den Ausbildungsordnungspunkt § 3 Absatz 2 Nummer 19) “Prüfen und Einstellen von Funktionen an mechatronischen Systemen” des Ausbildungsberufsbildes Mechatroniker:in ausgerichtet. Damit wird den Berufsschülern und Berufsschülerinnen die Bedeutung des Energiebedarfs des Betriebes für den nachhaltigen Unternehmenserfolg in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht vermittelt. Die Tätigkeiten der Beschäftigten im Unternehmen sollten darauf ausgerichtet sein, Energiesparpotenziale zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu deren Senkung umzusetzen. Die Aufgaben des Moduls können auch einzeln bearbeitet werden.
Beispielhafte Bestimmung des Stromverbrauchs von Anlagen
Mechatroniker:innen errichten Maschinen und Automatisierungsanlagen weltweit, dazu gehören Einzelteilfertigung, Montage, elektrische Installation, Inbetriebnahme und Konfiguration. Durch den stetig wachsenden Einsatz von IKT in der Industrie und die immer komplexer werdenden Anlagen ist es notwendig, so früh wie möglich in der Ausbildung für Verbräuche und Energieeffizienz zu sensibilisieren. Die folgende Aufgabe dient den Auszubildenden als Grundlage, tatsächliche Verbräuche abschätzen zu können, Energiesparpotenziale leichter zu erkennen und Maßnahmen zu entwickeln, um diese umzusetzen.
Für diese Aufgabe werden Datenlogger mit Stromwandlern für einen definierten Messintervall oder alternativ eine S7-1500 mit integriertem Webserver und passenden Stromwandlern für die systematische Erfassung mehrerer Messpunkte verwendet.
Informieren
Für eine erste energetische Analyse ist es hilfreich, zunächst die energetische Betriebsstruktur im Unternehmen darzustellen, hierfür das Beispiel Elektroenergie (s. Tabelle). Dadurch erhält man schnell einen Überblick über die Verursacher des Energieverbrauchs. Gemeinsam mit den Auszubildenden wird eine Gesamtbetrachtung erstellt. Dies kann die Berufsschule mit ihren fachpraktischen Abteilungen oder ein ausgewähltes Musterunternehmen sein.
Tabelle: Bereiche für den Stromverbrauch
Bereich | Stromverbraucher |
Verwaltung | Beleuchtung, IKT |
Räume der Mitarbeiter*innen | Beleuchtung, IKT, Kühlgeräte |
Kantine | Beleuchtung, IKT, Küchengeräte, Konvektomat, Spülmaschine, Kältetechnik |
Labor | Laborgeräte, Kältetechnik, IKT, Beleuchtung |
Werkstätten | Beleuchtung, Geräte |
Produktion | Beleuchtung, Geräte, Maschinen, Druckluft, Absaugung, Wärmeerzeuger |
Lager | Beleuchtung, Geräte |
Fuhrpark | Beleuchtung, Geräte |
Kundenbereiche | Beleuchtung, IKT |
- Um die Bedeutung der Verbraucher an der Energiebilanz zu ermitteln, ist es notwendig, die Verbraucher mit Energieverbrauchszahlen zu untersetzen.
- Dazu werden die Leistungskenndaten der Verbraucher (Maschinen, Geräte, Leuchtmittel, … tabellarisch erfasst, wobei hierfür eine vorhandene Inventarliste als grobe Orientierung hilfreich sein kann.
- Diese Daten befinden sich entweder in Herstellerangaben in der Anlagen- oder Maschinendokumentation oder auf z. B. Typenkennschildern auf den Verbrauchern.
- Dieser Schritt der reinen Erfassung des IST-Zustands kann in kleinen Teams erfolgen. Im Anschluss sind die erhobenen Werte zu vergleichen und auf Plausibilität zu überprüfen.
- Im nächsten Schritt werden die Daten interpretiert.
- Dazu werden die Verbraucher zuerst nach Nennleistung der Größe nach sortiert. Sollte nur der Nennstrom angegeben sein, ist die Leistung rechnerisch zu ermitteln. Es wird deutlich, welche Maschinen die größte elektrische Eingangsleistung beziehen.
- Hier handelt es sich aber nur um die momentane Leistungsaufnahme, für die Ermittlung des Energieverbrauchs ist maßgeblich, über welchen Zeitraum der Verbraucher Strom bezieht.
Für den größten Lerneffekt sollten die Auszubildenden die Nutzungszeiten der Verbraucher nach folgendem Schema schätzen und die Liste neu sortieren. Anschließend wird, je nach Möglichkeit, eine zeitlich begrenzte oder permanente Messung geplant und durchgeführt.
Tabelle: Verschiedene Methoden zur Bestimmung des Energieverbrauchs
Theoretische Abschätzung mittlere Leistung x Betriebsstunden | Zeitlich begrenzte Messung und Hochrechnung | Permanente Messung (EVU und stationäre Untermessung) |
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Methode a) Theoretische Abschätzung
Der Energieverbrauch kann auch ohne Messung geschätzt werden:
- Energieverbrauch [kWh] = mittl. Leistung [kW] x Betriebsstunden [h]
- Energieverbrauch [kWh] = Nennleistung [kW] x Korrekturfaktor x Betriebsstunden [h]
Bei der Multiplikation der Nennleistung (ist dem Typenschild der Anlage zu entnehmen) mit den Betriebsstunden und einem Korrekturfaktor handelt es sich lediglich um eine Abschätzung des Energieverbrauchs. Der Korrekturfaktor soll die Auslastung der Anlage berücksichtigen z. B. „Die Anlage fährt in der Produktion durchschnittlich auf etwa 70 Prozent der Nennleistung.“ -> der Korrekturfaktor für die Näherung betrüge somit 0,7. Diese Methode ist nur dann zu empfehlen, wenn keine großen Schwankungen in der Anlagenauslastung vorliegen bzw. wenn eine grobe Abschätzung des Einflusses auf den gesamten Energieverbrauch benötigt wird.
Die Maschinen können dann z. B. entsprechend des ermittelten Verbrauchs in Kategorien von „A“ bis „C“ taxiert werden:
- Energiekategorie „A“ – großer Verbrauch (> 5 Prozent Anteil am Gesamtverbrauch)
- Energiekategorie „B“ – mittlerer Verbrauch (< 5 Prozent Anteil am Gesamtverbrauch)
- Energiekategorie „C“ – niedriger Verbrauch (unter 1 Prozent Anteil am Gesamtverbrauch)
Nach der groben Abschätzung und der Kategorisierung der Maschinen und Anlagen sollten die errechneten Werte vor allem für die Maschinen und Anlagen der Kategorie „A“ und „B“ mit dem größten Anteil am Gesamtenergieverbrauch, durch Messungen verifiziert werden (s. Methode b und c)
Methode b) Zeitlich begrenzte Messung und Hochrechnung
Bei der zeitlich begrenzten Messung handelt es sich um das Messen mit Hilfe eines mobilen Messgerätes über einen begrenzten Zeitraum.
- Diese Methode der Erfassung des Energieverbrauchs ist dann anzuwenden, wenn Maschinen und Anlagen diskontinuierlich und damit nicht dauerhaft unter Volllast betrieben werden.
- Bei Unternehmen mit Werkstattcharakter sind die Maschinen nur zeitweise in Betrieb, auch hier sind grobe Abschätzungen nicht empfehlenswert.
- Am deutlichsten wird dies bei Kälteanlagen: Hier schaltet bzw. moduliert der Kompressor in Abhängigkeit von der Außentemperatur. Eine Berechnung würde ein sehr ungenaues und damit unzulässiges Ergebnis herbeiführen.
- Bei der Wahl des Messzeitraumes ist es wichtig, exemplarisch einen typischen Produktionszyklus zu wählen (bspw. eine Produktionswoche von 7 Tagen), sodass bei der anschließenden Hochrechnung auf ein Jahr der Jahresenergieverbrauch realitätsnah ermittelt werden kann.
- Falls nur ein Tag gemessen werden kann, sollte ein Korrekturfaktor für die Auslastung der Anlage beigefügt werden. Bei den von klimatischen Einflüssen abhängigen
- Bei manchen Energieverbräuchen (z. B. Kühlenergie) ist es sinnvoll, eine sogenannte Witterungsbereinigung der Messdaten durchzuführen, um so eine jährliche Vergleichbarkeit des Verbrauchs zu ermöglichen.
Methode c) „stationäre Untermessung“
Für die genaueste Ermittlung des Energieverbrauchs sind dauerhaft installierte Messgeräte – sogenannte „stationäre Messungen“ – erforderlich. Bei dieser Methode erfolgt keine Hochrechnung, denn der Verbrauch wird kontinuierlich erfasst.
Eine dauerhafte stationäre Messung von Energieflüssen ist dann sinnvoll, wenn eine Echtzeitmessung für sofortiges Ergreifen von Maßnahmen erforderlich ist, wenn das Verbrauchsverhalten bei wechselnden Betriebszuständen der Anlage dauerhaft überwacht werden soll, oder aber auch zur Klärung der Effizienz größerer Verbraucher.
Planen
Anhand der beschriebenen Verfahren zur Ermittlung von Energieverbrauchsdaten und deren Anwendungsbereich wird der Messplan erstellt.
Unnötige Messungen und damit einhergehend unnötige Beschaffungen teurer Messtechnik kann man so vermeiden. Der Messplan dokumentiert den Umfang (z. B. die Messdauer, Messbereich und das Messintervall), die Art, den Ort und die Zielstellung der Messungen. Die Detailtiefe von Messungen ist abhängig von deren Messaufgabe und Zielstellung. In der Tabelle sind mögliche Detailtiefen aufgeführt.
Abbildung: Konzept der Planung
Betriebsverhalten der Anlage |
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Produktionsdaten (Prozesskette, Produktion im Messzeitraum) | ||||
Besonderheit (Wartung, außergewöhnlicher Betrieb) | ||||
Anlagenlisten (Art, Nennleistung, Alter, Betriebszeite) |
Eine Messtabelle auf Grundlage des Messplans und der nach Pareto-Prinzip ausgewählten Anlagenteile oder Maschinen wird gemeinsam erstellt und soweit möglich vorausgefüllt.
Durchführen
Die auf diese Weise mit A gekennzeichneten Anlagenteile oder Maschinen werden im weiteren Verlauf mit Stromwandlern an allen stromführenden Leitern der Zuleitung ausgestattet. Diese Wandler werden mit einem Datenlogger verbunden. Die Anzahl der notwendigen Datenlogger richtet sich nach den benötigten Messstellen und danach, ob mehrkanalige Geräte verfügbar sind.
Für große Messaufkommen empfiehlt es sich eine SPS (S7-1500 mit der benötigten Anzahl an analogen Eingängen) als Datenlogger zu konfigurieren (kontinuierliche Messwertprotokolle als csv Datei oder in einer Datenbank, die über einen vorinstallierten Webserver auf der SPS ausgewertet werden kann. Beispiele dazu finden sich bei Siemens – Download eines PDFs🙂
Die Auszubildenden müssen also konkret
- Stromwandler fachlich richtig montieren,
- Anschlusskabel nach Bedarf verlängern,
- Sensoren nach Schaltplan mit einem Messgerät oder einer vorbereiteten SPS verbinden und
- Messgeräte / SPS nach Messplan vorkonfigurieren (Messwert, Messbereich, Messdauer, Messintervall).
Für die Interpretation der Messergebnisse sind weitere Einflussparameter wie z. B. das Alter der Maschine mit einzubeziehen. Folgende Einflussfaktoren sind zu berücksichtigen:
- Betriebszeiten mit Art der Beschäftigung (Ein-, Zwei- oder Dreischichtsystem),
- Auslastung je nach Phasen (Volllast, Stand-by-Modus, konstante Auslastung),
- Auslastung je nach Produkt (sofern möglich, ist hier der Energieverbrauch pro produzierte Einheit als Kennzahl zu bestimmen)
Bei der Betriebsdatenerfassung müssen ggf. betroffene Mitarbeiter mit einbezogen werden. In der Metallwerkstatt wären das die Ausbilder für die Dreh- und Fräsautomaten. Dabei sollten die Auszubildenden auch künftig erkennen können, an welcher Maschine, in welcher Arbeitsphase und mit welcher Auslastung nach Betriebszeit die Messung vorgenommen wurde.
Kontrollieren und Bewerten
Das alleinige Überwachen der Kennzahlen verbessert die Energieeffizienz noch nicht. Hierfür ist es zwingend notwendig, die Faktoren, welche den Energieverbrauch beeinflussen, zu kennen. Nur durch die Beeinflussung dieser Faktoren kann eine Steigerung der Energieeffizienz erreicht werden. Die Erfassung der verbrauchten Energie macht also nur dann Sinn, wenn auch gleichzeitig die Zustände der Einflussfaktoren zugeordnet werden können.
Einflussfaktoren auf den Energieverbrauch können sein:
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Bei der Auswertung wird der Stromverbrauch in Bezug zu variablen Einstellungsmöglichkeiten von Geräten und Werkzeugen gemessen und das Einsparpotential ausführlich diskutiert.
Zuletzt werden Herstellerangaben und tatsächliche Messergebnisse des Energieverbrauchs von Maschinen und Antrieben verglichen und im Sinne der Nachhaltigkeit bewertet.
Nach Ermittlung der Einsparpotenziale muss eine wirtschaftliche Betrachtung des Aufwandes zur Umsetzung dieser Potenziale im Verhältnis zum betrieblichen Nutzen durchgeführt werden.
Generell wird empfohlen, organisatorische Maßnahmen vor investiven Maßnahmen umzusetzen, da diese in der Regel nur das Verhalten ändern, oftmals wenig Kosten verursachen und dennoch hohen Nutzen haben. Für investive Maßnahmen sind immer wirtschaftliche Betrachtungen durchzuführen, die neben der Bestimmung der Amortisationszeit weitere Aussagen zur mittel- und langfristigen Wirkung haben sollten.
Einsatz von erneuerbaren Energien als Ergänzung des lokalen Netzes am Beispiel Photovoltaik
Aufgrund der aktuellen politischen Veränderungen im Hinblick auf erneuerbare Energien, sind besonders auch Mechatroniker in KMU betroffen von Fragen zur Errichtung und Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien.
Grundsätzlich sind die Tätigkeiten nicht neu, jedoch konzentriert sich die Ausbildung von Mechatronikern im Regelfall eher auf Industriekomponenten zur Spannungs- und Stromwandlung im Kontext von Antriebstechnik (z. B. Frequenzumrichter zur Drehzahlsteuerung). Die folgende Aufgabe soll einen Überblick über die notwendigen Einflussgrößen bieten und die Möglichkeit zur Abstraktion und Anwendung des Gelernten auf ein neues Anwendungsgebiet.
Informieren
Im ersten Schritt werden Möglichkeiten zur Montage von Solarpanelen erfasst. Dazu werden sämtliche verfügbare Dachflächen ausmessen, die eine mögliche Südausrichtung von Solarpanelen erlauben. Hierzu reicht eine Bestimmung der Grundrissmaße des Gebäudes, sofern möglich, eine Ermittlung des Gefälles der Dachfläche. Alle nicht messbaren Werte (aufgrund von Arbeitsschutz oder Unzugänglichkeit) werden geschätzt.
Auch Parkflächen kommen für die Montage von Solaranlagen in Form von Parkraumüberdachung in Frage . Hier ist als Faustformel ca. ⅔ der Parkfläche als Berechnungsgrundlage anzunehmen.
Aktuelle Informationen (Stand Anfang 2023) können beim ISE eingeholt werden (Link)
Im zweiten Schritt werden Installationsmöglichkeiten identifiziert. Maßgeblich dafür sind z. B. möglichst kurze Leitungswege zu Unterverteilungen und Arbeitssicherheitsvorschriften zum Begehen von Dachflächen mit bestimmten Belägen (Dachpappe, Wellasbest, Wellblech).
In der Norm VDE 0100-712:2016-10 – sind die Voraussetzungen für die Installation und den Betrieb von PV-Anlagen geregelt. Diese sind mit den Auszubildenden gemeinsam zu erörtern.
Planen
Um das Potenzial für die Verwendung von PV als Ergänzung zum lokalen Stromnetz zu quantifizieren, sind Berechnungen von möglichen Erträgen notwendig. Dabei wird im Zielkonzept unterschieden zwischen Eigenverbrauch oder Volleinspeisung. Nach der EEG-Reform gibt es jetzt zwei Betreibermodelle mit unterschiedlichen Vergütungssätzen:
- Modell Eigenverbrauch. Eigentümer, die ihren erzeugten Strom teilweise selbst verbrauchen, bekommen künftig bis zu 8,2 Cent pro Kilowattstunde (kWh), die sie ins öffentliche Netz einspeisen – wie bisher im Jahr der Inbetriebnahme und in den 20 Folgejahren.
- Modell Volleinspeiser. Verkaufen Anlagenbetreiber den erzeugten Strom komplett an den Netzbetreiber, erhalten sie künftig bis zu 13 Cent pro Kilowattstunde – doppelt so viel wie bisher.
Für die Berechnung müssen sich die Auszubildenden also entscheiden. Entweder sie verbrauchen einen Teil des erzeugten Solarstroms selbst und sparen damit Stromkosten. Oder sie speisen den Strom komplett ins öffentliche Netz. Dann bekommen sie eine deutlich höhere Einspeisevergütung, sparen aber keinen Cent bei der Stromrechnung.
Berechnung der maximal möglichen PV-Leistung
Ein typisches Photovoltaikmodul hat die Maße 1,70 m x 1 m (= 1,70 m²) und eine Leistung von 340 Wp. Das heißt, ein Quadratmeter Fläche liefert 0,2 kWp. Da nicht alle Fläche belegt werden kann, wird die Dachfläche in m2 durch 7 geteilt (und nicht durch 5) um die mögliche PV-Leistung in kWp zu bestimmen. Bei diesem Faktor sind schon bereits gewisse Freiflächen berücksichtigt.
- Dachfläche [DF] / 7 (m²/ kWp) = Photovoltaikleistung [PL] in kWp
- [PL] = [DF]_______ / 7 (m²/ kWp) = ___________ in kWp
Die Globalstrahlung ist mit durchschnittlich 1.100 Kilowattstunden pro Quadratmeter (kWh/a) im Jahr in Deutschland nahezu halb so groß wie in der Sahara. Zudem erhalten in Deutschland die Photovoltaikmodule die notwendige Kühlung und Selbstreinigung.
Der regionale Energieertrag [RE] für Photovoltaikanlagen berechnet sich auf Basis der Größe der eigenen Anlage in kWp multipliziert mit dem regional unterschiedlichen Ertrag in kWh/kWp (siehe Spalte 3 der Tabelle::
- RE = x kWp * y kWh / kWp x a
- Beispiel für eine Anlage in Brandenburg mit 5 kWp
- RE = 5 kWp * 910 kWh / kWp * 1 a = 4.550 kWh/a
Der tatsächliche Energieertrag hängt unter anderem von der Region ab, in der die Photovoltaikanlage errichtet werden soll, da die Solarstrahlung vom Einstrahlwinkel abhängig ist und dieser sich natürlich mit der geographischen Breite (Abstand vom Äquator).
Tabelle: Regionale Solarstrahlung und regionaler Ertrag
Bundesland | kWh/m2 | kWh / kWp x a |
Baden-Württemberg | 1050 – 1175 | 990 |
Bayern | 975 – 1175 | 950 |
Berlin und Brandenburg | 975 – 1050 | 910 |
Hessen | 975 – 1100 | 940 |
Mecklenburg -Vorpommern | 1000 – 1050 | 920 |
Niedersachsen | 950 – 1025 | 900 |
Hamburg und Bremen | 950 – 1025 | 900 |
Nordrhein-Westfalen | 950 – 1025 | 900 |
Rheinland-Pfalz | 975 – 1125 | 950 |
Saarland | 1050 – 1000 | 970 |
Sachsen | 975 – 1100 | 950 |
Sachsen-Anhalt | 975 – 1050 | 950 |
Schleswig-Holstein | 950 – 1025 | 900 |
(enerix-solar.at, o. J.)
Dachausrichtung und Dachneigung
In der Vergangenheit bestand oft die Meinung, dass nur nach Süden ausgerichtete Module, mit einer Neigung von 30 Grad wirtschaftliche Erträge liefern. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass das zum Glück nicht so ist und dass Ost-, oder Westdächer und sogar flache Norddächer, sinnvolle Erträge liefern. Grundlage für die Ermittlung des Abweichungswertes ist folgende Tabelle, die die zu erwartenden Erträge in Prozent vom Idealwert (Regionaler Ertrag) wiedergibt .
Dachneigung | |||||||
Abwei-[Textflussumbruch]chung | 10° | 20° | 30° | 40° | 50° | 60° | |
Süd | 0° | 95 | 100 | 100 | 100 | 100 | 95 |
10° | 95 | 100 | 100 | 100 | 100 | 95 | |
20° | 95 | 100 | 100 | 100 | 100 | 95 | |
30° | 95 | 98 | 100 | 100 | 95 | 95 | |
40° | 95 | 95 | 98 | 95 | 95 | 90 | |
50° | 95 | 95 | 95 | 95 | 93 | 90 | |
60° | 95 | 95 | 95 | 93 | 90 | 85 | |
70° | 93 | 93 | 90 | 90 | 90 | 80 | |
80° | 90 | 90 | 90 | 90 | 80 | 80 | |
Ost / West | 90° | 90 | 90 | 90 | 80 | 80 | 70 |
Abweichungswert [AW] = _______Prozent
- Persönlicher Energieertrag [PE] = Abweichungswert [AW] x Regionaler Energieertrag
Die oben errechnete Ertrag der Brandenburger 5 kWp Anlage von 4.550 kWh/a reduziert sich also beispielsweise bei einer Abweichung von der Süd-Ausrichtung um 90° (d.h. bei reiner Ost- oder West-Ausrichtung) und einer Dachneigung von 60° auf 70 Prozent, d.h. auf 0,7 * 4.550 = 3.185 kWh/a.
Verschattung
Bei der Planung der Anlage muss darauf geachtet werden, dass die Solarmodule möglichst unverschattet installiert werden. Angrenzende Bäume, Gebäude oder sogar auf dem Dach vorhandene Antennen, Kamine oder Gauben können zeitweise einzelne Module beschatten und beeinträchtigen damit die Leistung aller Module, die an einem Leitungsstrang (String) hängen.
Sollte während des Tages zeitweise oder zu bestimmten Jahreszeiten eine Teilverschattung vorliegen, reduziert sich der Jahresertrag nur minimal. Je nach Größe und Dauer der Beschattung sollte ein Abschlag zwischen 1 bis 5 Prozent einkalkuliert werden.
Autonomiezeitberechnung
Zur Berechnung des Autarkiegrades sind mehrere Vorbetrachtungen notwendig, die den Rahmen der Aufgabe sprengen würden. Auf der Internetseite von Prof. Volker Quaschning (Link) kann man den Autarkiegrad gemeinsam mit den Auszubildenden berechnen und die Abhängigkeit von Stromspeichern von der Anlagenleistung beurteilen.
Durchführen
Zur Durchführung von Installationsarbeiten an PV-Anlagen gibt es in vielen Berufsschulen oder überbetrieblichen Bildungseinrichtungen Übungssets oder Übungsanlagen. Oft wird jedoch nur mit Elektronikern für Betriebstechnik oder Elektronikern für Gebäude und Systeme (IHK) bzw. Elektriker (HWK) an diesen Systemen gearbeitet. Hier nur ein kleiner Abriss der notwendigen Tätigkeiten:
- Installation von Solarpanelen in der Berufsschule inkl. branchenüblicher Verbindungstechnik und Leitungsverlegung
- Absicherung der Anlage, Anwendung der DIN-VDE 0100 – 712
- Anschluss und Konfiguration eines Wechselrichters
- Anschluss und ggf. Konfiguration eines Stromspeichers
- Inbetriebnahme der Anlage mit Verbrauchern verschiedener Lastarten (induktive, ohmsche Lasten)
- Konfigurieren von Überlastverhalten (kurzfristig, langfristig) am Wechselrichter
Kontrolle und Bewertung
Nachdem bei Informieren und Planen Kennzahlen für die PV-Anlage ermittelt wurden und in der Durchführung praktische Erfahrungen sowie ein Überblick über die notwendigen Komponenten für Einrichtung, Betrieb und Absicherung von PV-Anlagen erworben wurde, sollen die Auszubildenden im letzten Schritt ein mögliches Konzept zum Einsatz von erneuerbaren Energien als Ergänzung des lokalen Netzes am Beispiel Photovoltaik erstellen.
Dazu erörtern sie, welche Betriebsteile mit PV-Energie versorgt werden können und warum bzw. warum nicht. Sie beschreiben die Risiken, die beim Einsatz von PV Anlagen entstehen (Sicherheit und Verfügbarkeit von el. Energie, Brandschutz, …)und erörtern, wie mit diesen Risiken umgegangen werden kann (Stromspeicher überdimensionieren, USV Geräte in der IT nachrüsten, Notstromumschalter nachrüsten in allen betroffenen Verteilungen).
Als Ergebnis entsteht ein mögliches Handlungskonzept, in dem die Bewertung der Einsatzmöglichkeit von EE im eigenen Unternehmen ausgearbeitet wurde und das eine wichtige Grundlage zur tatsächlichen Beschaffung leisten kann.
Beim Ansteuern von Nachhaltigkeit sind Zielkonflikte bzw. Widersprüche nichts Ungewöhnliches. Klassisch ist der Zielkonflikt zwischen Ökonomie und Ökologie. Ökologische und umweltschonende Produktionsverfahren sind teurer als “herkömmliche”, da diese alle technischen, biologischen und chemischen Verfahren zur Effizienzsteigerung nutzen. Höhere Kosten bedingen höhere Menüpreise. Höhere Menüpreise schrecken kostenbewusste Verbraucher ab. Der Umsatz kann sinken und der Betrieb wird gefährdet. Unternehmen versuchen dies durch mehr “Effizienz” zu kompensieren, aber diese “Effizienz” führt nicht unbedingt zu mehr „Nachhaltigkeit“, wie im Folgenden erläutert wird.
Die Effizienzfalle und Widersprüche
Effizienz beschreibt unter anderem Wirtschaftlichkeit. Wenn so wenig wie möglich von einer notwendigen Ressource verwendet wird, so gilt dies als effizient. So könnte man meinen, dass Effizienzsteigerungen im Unternehmensalltag folglich auch zu einem nachhaltigen Wirtschaften führen. Weniger Abfall oder Energieaufwand bedeutet gleichzeitig weniger Umweltbelastung und längere Verfügbarkeit von endlichen Ressourcen – oder? Nicht unbedingt!
Das Missverständnis hinter dieser Annahme soll anhand eines Beispiels aufgedeckt werden. Seit 1990 hat sich der deutsche Luftverkehr mehr als verdreifacht. Mit Hilfe technischer Innovationen, besserer Raumnutzung und weiterer Maßnahmen konnte der durchschnittliche Kerosinverbrauch pro Person seitdem um 42 Prozent gesenkt werden – eine gute Entwicklung auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick ist jedoch auch zu erkennen, dass das Verkehrsaufkommen im gleichen Zeitraum stark zugenommen hat. Daraus folgt, dass trotz starker Effizienzsteigerungen absolut betrachtet immer mehr Kerosin verbraucht wird – nämlich 85 Prozent mehr seit 1990.
Wissenschaftler sprechen daher auch von einer „Effizienzfalle“. Denn obwohl sich mit Effizienzsteigerung eine relative Umweltentlastung erzeugen lässt, bleibt die Herausforderung des absoluten Produktionswachstums weiterhin bestehen. So ist das effiziente Handeln aus der ökonomischen Perspektive zwar zielführend, aus der ökologischen Perspektive jedoch fraglich. Es lässt sich schlussfolgern, dass Effizienzstreben und Nachhaltigkeitsorientierung zwei eigenständige Rationalitäten darstellen, die von Unternehmen beide gleichermaßen beachtet werden sollten, um zukunftsfähig zu wirtschaften. Eine langfristig erfolgreiche Unternehmensführung würde demnach aus den zur Verfügung stehenden Ressourcen unter Erhalt der Ressourcenbasis möglichst viele ökonomische Werte erschaffen, um somit intergenerational und intragenerational gerecht zu wirtschaften. Somit sollte sich ein zukunftsorientiertes berufliches Handeln sowohl den Herausforderungen der eher kurzfristigen Effizienzrationalität als auch der langfristigen Nachhaltigkeitsrationalität stellen und beide Perspektiven verknüpfen.
Im Rahmen des beruflichen Handelns entstehen jedoch Widersprüche zwischen der Effizienzrationalität („Funktionalität“, „ökonomische Effizienz“ und „Gesetzeskonformität“) und der Nachhaltigkeitsrationalität („ökologische Effizienz“, „Substanzerhaltung“ und „Verantwortung“). Ein zukunftsfähiges berufliches Handeln zeichnet sich dadurch aus, mit diesen Widersprüchen umgehen zu können.
Doch stellt sich nun die Frage, was der Umgang mit Widersprüchen für den Berufsalltag bedeutet. In diesem Zusammenhang kann von so genannten „Trade-offs“ – auch „Zielkonflikte“ oder „Kompromisse“ – gesprochen werden. Grundsätzlich geht es darum, den möglichen Widerspruch zwischen einer Idealvorstellung und dem Berufsalltag zu verstehen und eine begründete Handlungsentscheidung zu treffen. Dabei werden Entscheidungsträger häufig in Dilemma-Situationen versetzt. Im beruflichen Handeln geht es oftmals um eine Entscheidung zwischen knappen Ressourcen, wie Geld, Zeit oder Personal, für die es gilt, Lösungen zu finden.
Im Folgenden werden einige Zielkonflikte aufgezeigt.
Beispielhafte Zielkonflikte
Folgende Zielkonflikte sind im Maschinenbau häufig zu finden, die im Rahmen eines Unterrichts- oder Ausbildungsgesprächs diskutiert werden können:
- Der Einsatz von Sensorik und Cloud Computing (Big Data zur vorbeugenden Wartung) wird umgangssprachlich als Industrie 4.0 bezeichnet. Durch Industrie 4.0 können Maschinenausfälle frühzeitig verhindert, in der Logistik Leerfahrten vermieden und in der Produktion Ressourcen effektiv genutzt werden. Dies passiert durch eine Wechselwirkung aus massivem Einsatz von Sensortechnik auf der einen Seite und einem starken Zuwachs an IKT auf der anderen Seite. Zwar werden durch den Einsatz von Industrie 4.0 Lösungen gegen Maschinenverschleiß und Materialverbrauch reduziert, jedoch sind zur Herstellung von Sensorik seltene Erden bisher alternativlos, deren Abbau dramatische ökologische und soziale Auswirkungen in den Fördergebieten aufweist.
- Die laufenden Trends von Rationalisierung, Automatisierung und Digitalisierung im Maschinenbau dürfte aufgrund ihrer Bedeutung in der metallverarbeitenden Industrie weiterhin hoch sein, und damit zu einem abnehmenden Gesamtarbeitsvolumen führen (soziale Auswirkungen, Gefahr von Arbeitsplatzverlusten bzw. Chance von Arbeitszeitverkürzungen). Vor allem die Automobil- und Stahlbranche befindet sich in einer tiefen Umbruchphase. Hier sind mögliche und realisierbare Alternativen in den Blick zu nehmen, wie z. B. neue Arbeitszeitmodelle (seit Jahren wird von Australien ausgehend immer häufiger eine 4-Tage-Woche angewendet).
- Der weltweite Nachfrageanstieg nach Metallen und ähnlichen Rohstoffen (insb. von Seiten der schnell wachsenden Verbräuche in den BRICS-Staaten) gefährdet die Versorgungssicherheit mit diesen Komponenten. Die hohe Importabhängigkeit der deutschen Industrie könnte zu weiteren Engpässen führen. Beispiel Kupfer: Deutschland importierte im Jahr 2020 ca. 1,2 Mio. t Kupfererz und -konzentrat (überwiegend aus Peru, Brasilien und Chile). Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um 21,5 Prozent (BGR 2021). Zugleich steigen die Preise sehr stark an und die Lieferketten werden unzuverlässiger.
- Die globalen Materialströme stehen in vielfacher Hinsicht in Wechselwirkung mit nachhaltiger Entwicklung, mit ökologischen, sozial-kulturellen und wirtschaftlichen Faktoren sowie deren Verarbeitung, was wiederum direkt den Klimawandel vorantreibt.
- In der Elektrotechnik ist vor allem die Frage einer nachhaltigen Versorgung mit elektrischer Energie sowie deren sparsamer Verbrauch eine wesentliche Herausforderung. Der Einsatz von Leistungselektronik ermöglicht beispielsweise eine sehr effiziente Energieumwandlung, moderne Elektromotoren sorgen für effiziente Umsetzung in mechanische Energie, die Stromerzeugung aus regenerativen Quellen ist wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Durch die zunehmende Verbreitung moderner Prozess- und Regelungstechnik lässt sich in vielen Anwendungen Energie einsparen und gleichzeitig der Komfort für den Benutzer erhöhen. Zugleich benötigen die verschiedenen Computer und IKT bei ihrer Herstellung und im Betrieb insgesamt immense Energie – und Rohstoffmengen – insbesondere seltener Erden. Hier gilt es, zwischen verschiedenen Nutzungsformen im Sinne der Nachhaltigkeit abzuwägen.
- Bei der Transformation hin zu klimaneutraler Antriebstechnik durch erneuerbare Energien ist die Versorgungssicherheit zu bedenken. Die Produktionskapazitäten für Schlüsselkomponenten der Elektroindustrie zur Errichtung von Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien sind heute stark beschränkt. Der schnelle Nachfrageanstieg gefährdet daher die Sicherstellung der Versorgungssicherheit mit diesen Komponenten bzw. bedingt eine hohe Importabhängigkeit. Diese sind der Enabler für die Verkehrswende, für den Maschinenbau, für die Strominfrastruktur und für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien. (ZVEI 2020)