Holzblasinstrumentenmacher/Holzblasinstrumentenmacherin
Einleitung
Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung). Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis 2022). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die Materialien der Projektagentur
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in novellierten Ausbildungsordnungen in Berufen mit großer Relevanz für wichtige Themen der Nachhaltigkeit wie z. B. dem Klimaschutz werden wichtige Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen nicht genannt – obwohl die Berufe deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten könnten. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030. Das Impulspapier ist spezifisch für einen Ausbildungsberuf erstellt, fasst aber teilweise spezifische Ausbildungsgänge zusammen (z. B. den Fachmann und die Fachfrau zusammen mit der Fachkraft sowie die verschiedenen Fachrichtungen)
- BBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS) und Handreichung (HR): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten. Das Material liegt auch als Handreichung (HR) mit der Folie und Notizen vor.
Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Modulare Rahmenaufgaben
Zur Verbesserung der Anschaulichkeit der integrativen Förderung nachhaltigkeitsorientierter Kompetenzen wird in diesem Impulspapier eine exemplarische Aufgabenstellung für die betriebliche oder berufsschulische Unterrichtung vorgeschlagen:
- Zunächst wird die Herkunft ausgewählter Früchte von Konditoreiprodukten bestimmt und unter Nachhaltigkeitsaspekten beurteilt.
- Vertiefend erfolgt eine Auseinandersetzung mit Pro- und Kontra-Argumenten im Rahmen eines Rollenspiels, um die Kundenberatung bei Produktfragen nachhaltigkeitsorientiert ausrichten zu können und geeignete Verkaufsstrategien zu entwickeln.
Zielkonflikte und Widersprüche
Zielkonflikte und Widersprüche sind bei der Suche nach dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit immanent und für einen Interessenausgleich hilfreich. In dem Kapitel 7. werden beispielhafte Zielkonflikte aufgezeigt. Ergänzend werden in dem hierzu gehörigen Dokument auch einige Folien (pptx bzw. pdf) erstellt, die für Lernprozesse verwendet werden können. Ein Beispiel für einen berufsbildbezogenen Zielkonflikt ist der folgende:
- “Niedrige Retouren (wenige Überschüsse von Brot und Backwaren) vs. volle Regale bis Ladenschluss”:
- Betriebe, die Lebensmittelabfälle bzw. Retouren vermeiden wollen, bieten den Kunden kurz vor Betriebsschluss unter Umständen nicht mehr dasselbe umfangreiche Angebot wie Betriebe, die den Kunden bis zum Ladenschluss das komplette Sortiment anbieten, um die Kunden nicht zu verlieren.
- Es ergibt sich somit der Konflikt zwischen der Notwendigkeit, Abfall zu vermeiden und dem Wunsch, die Kunden*innen durch ein jederzeit umfangreiches Angebot zufriedenzustellen.
Hinweis für handwerkliche, kaufmännische und Industrieberufe
Die in den folgenden Tabellen 1 und 2 im didaktischen Impulspapier (IP), im Hintergrundmaterial (HGM) sowie in den Foliensätzen zu den Zielkonflikten (FS) vorgeschlagenen Hinweise zu Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. Lernfelder, Aufgabenstellungen und Zielkonflikte bilden den in 2022 aktuellen Stand der Entwicklungen in Hinsicht auf technische Verfahren, Dienstleistungen und Produkte in Bezug auf Herausforderungen der Nachhaltigkeit bzw. deren integrative Vermittlung in den verschiedenen Berufen dar. Sie enthalten Anregungen und Hinweise ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Mit Lesen dieses Textes sind Sie als Ausbilder:innen und Berufsschullehrkräfte eingeladen, eigene Anregungen in Bezug auf die dann jeweils aktuellen Entwicklungen in ihren Unterricht einzubringen. Als Anregungen dient diesbezüglich z. B. folgende hier allgemein formulierte Aufgabenstellung (analog zu IP, Tabelle 1), die Sie in Ihren Unterricht aufnehmen können:
Recherchieren Sie (ggf. jeweils alternativ:) Methoden, Verfahren, Materialien, Konstruktionen, Produkte oder Dienstleistungen, die den aktuellen Stand der (technischen) Entwicklung darstellen und die in Hinblick auf die Aspekte der Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial-kulturell und/oder ökonomisch) bessere Wirkungen und/oder weniger negative Wirkungen erzielen als die Ihnen bekannten, eingeführten und „bewährten“ Ansätze.
Beschreiben Sie mögliche positive Wirkungen dieser neuen Methoden, Verfahren, Materialien, Konstruktionen, Produkte und/oder Dienstleistungen auf die Nachhaltigkeit in Ihrem Betrieb.
Glossar
Folgende Abkürzungen werden in diesem Dokument verwendet:
Abkürzung | Bezeichnung |
AO | Ausbildungsordnung |
BNE | Bildung für Nachhaltige Entwicklung |
BBNE | Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung |
FS | Foliensammlung mit Beispielen für Zielkonflikte |
HGM | Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial) |
IP | Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial) |
RLP | Rahmenlehrplan |
SDG | Sustainable Development Goals |
THG | Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq) |
Literatur
BGBl (2022): Verordnung über die Berufsausbildung zum Bäcker/zur Bäckerin vom 21. April 2004 (BGBl. I S. 632), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Februar 2016 (BGBl. I S. 179) geändert worden ist. https://www.gesetze-im-internet.de/b_ausbv_2004/BJNR063200004.html
BIBB Bundesinstitut für berufliche Bildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/de/pressemitteilung_139814.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.a): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.b): Ausbildung gestalten. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/series/list/2
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BIBB Bundesinstitut für berufliche Bildung (o. J.c): Nachhaltigkeit in der Ausbildung. Online: www.bibb.de/de/142299.php
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE. Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
KMK Kultusministerkonferenz (2004): RAHMENLEHRPLAN für den Ausbildungsberuf Bäcker/Bäckerin.
Ritter, G., Friedrich, S., Heitkönig, L. (2015a): Reduktion von Lebensmittelabfällen bei Brot und Backwaren. Ein Konzept für Handwerk, Handel und Verbraucher. https://www.fh-muenster.de/isun/downloads/Reduktion_von_Lebensmittelabfaellen_bei_Brot_und_Backwaren.pdf
Ritter, G., Heitkönig, L., Friedrich, S. (2015b): Endbericht zur Studie „Reduktion von Lebensmittelabfällen bei Brot und Backwaren – Entwicklung eines Konzepts für Handel, Handwerk und Verbraucher“. https://www.fh-muenster.de/isun/downloads/Reduktion_von_Lebensmittelabfaellen_bei_Brot_und_Backwaren.pdf
WWF Deutschland (2018): Unser täglich Brot. Von überschüssigen Brotkanten und wachsenden Brotbergen. https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Studie-Unser-taeglich-Brot_Von-ueberschuessigen-Brotkanten-und-wachsenden-Brotbergen_102018.pdf
Tabelle 1 - Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Standardberufs-bildposition | Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten | Bezüge zur Nachhaltigkeit | Mögliche Aufgabenstellungen im Rahmen von 3e “Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln” | SDG |
3a – Gesellschaft – Gesundheit |
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| SDG 3 |
3a – Gesellschaft – antike Musikinstrumente; Restaurierung |
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| SDG 11 |
3a – Gesellschaft – Holzverarbeitung – Gesundheit |
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| SDG 3 |
3a – Gesellschaft – Innovationsförderung |
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| SDG 9 SDG 15 |
3a – Umwelt – Wertschöpfungskette |
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| SDG 12 SDG 8 |
3a – Umwelt – Umweltsiegel |
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| SDG 12 SDG 15 |
3b – Energie – Allgemein (für Heizung und Klimaanlage) |
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| SDG 7 SDG 13 |
3b – Energie – Geräte (Energieeffizienz Betriebsstätte) |
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| SDG 13 SDG 7 |
3b – Materialien – Rohstoffe 3a – Umwelt (bedrohte Baumarten) |
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| SDG 15 |
3b – Materialien – Rohstoffe (bedrohte Tierarten) |
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| SDG 15 |
3b – Materialien – Rohstoffe |
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| SDG 12 |
3d – Abfälle vermeiden – Recycling |
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| SDG 12 |
3d – Abfälle vermeiden |
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| SDG 12 |
3f – Nachhaltigkeit kommunizieren |
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| SDG 4 |
Tabelle 2 - Berufsbildpositionen und Lernfelder mit Bezug zur Nachhaltigkeit
Berufsbildposition/ Lernfeld | Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten gemäß Ausbildungsordnung (Lernfelder sind nicht ausgewiesen) | Beispielhafte Bezüge zur Nachhaltigkeit | Standardberufsbildposition | |||||||||
2) Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes | b) Grundfunktionen des ausbildenden Betriebes, wie Beschaffung, Fertigung, Absatz und Verwaltung, erklären |
| 3a – Umwelt – Wertschöpfungskette | |||||||||
3) Arbeits- und Tarifrecht, Arbeitsschutz | d) wesentliche Bestimmungen der für den ausbildenden Betrieb geltenden Arbeitsschutzgesetze nennen |
| 3a – Gesellschaft – Gesundheit 2b, c – Gesundheit | |||||||||
4) Arbeitssicherheit, Umweltschutz und rationelle Energieverwendung |
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8) Bestimmen und Zuordnen von Instrumenten | a)Holzblasinstrumente im Hinblick auf Werkstoff, Tonerzeugung und Konstruktionsmerkmale bestimme |
| 3b – Materialien – Rohstoffe 3a – Vermeidung von Belastungen für Umwelt | |||||||||
9) Auswählen der Werk- und Hilfsstoffe und deren Lagerung |
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11) manuelles und maschinelles Bearbeiten von Werkstoffen |
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12) Warten und Pflegen von Betriebsmitteln | a) Betriebsmittel, insbesondere Werkzeuge und Maschinen, reinigen, warten und vor Korrosion schützen |
| 3a – Gerätelaufzeiten 3b -Materialien Rohstoffe | |||||||||
14) Fügen | a) Lötverfahren entsprechend Material und Beanspruchung bestimmen |
| 3b – Materialien – Rohstoffe (Hilfswerkstoffe) | |||||||||
17) Behandeln von Oberflächen | c) metallische Oberflächen behandeln, insbesondere durch Schleifen, Polieren und Lackieren f) Oberflächen aus Holz behandeln, insbesondere durch Schleifen, Polieren, Lackieren und Färben |
| 3b – Materialien – Rohstoffe (Hilfswerkstoffe) 2b, c – Gesundheit 3a Umwelt |
21) Spielfertigmachen von Instrumenten | d) Kunden auf die vorbeugende Instandhaltung, insbesondere Reinigung, hinweisen |
| 3f – Nachhaltigkeit kommunizieren – Reparatur |
22) Reparieren von Instrumenten | e) Defekte beseitigen |
| 3b – Materialien – Rohstoffe 3f – Nachhaltigkeit kommunizieren – Reparatur |
Unterrichts- und Ausbildungsmodule
Das hier vorgeschlagene Unterrichts- und Ausbildungsmodul besteht aus einer Rahmenaufgabe mit drei Modulen zum Thema „Artenschutz”. Die Rahmenaufgaben sind hinsichtlich ihres Aufbaus für alle Fachrichtungen des Instrumentenbaus gleich. Je nach Ausbildungsgang werden jedoch unterschiedliche pflanzliche oder tierische Materialien und deren zugehörigen Merkmale in den Mittelpunkt gerückt. Die folgende Rahmenaufgabe thematisiert diese vorrangige Nachhaltigkeitsherausforderung in Bezug zum Holzblasinstrumentenbau.
Es sei darauf verwiesen, dass weitere Nachhaltigkeitsaspekte (siehe Tabellen 1 und 2) teils hohe Übereinstimmungen mit anderen Berufen im stationären Handwerk aufweisen. Dies gilt beispielsweise für Energieeinsparpotenziale d oder Gesundheitsrisiken durch Feinstaubbelastungen und die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen im Betrieb. Die entsprechenden Unterrichts- und Ausbildungsmodule anderer Berufsbilder können somit auch bei der Berufsausbildung von Musikinstrumentenbauern und Musikinstrumentenbauerinnen herangezogen werden.
Rahmenaufgabe Artenschutz
„Artenschutz bedeutet, die Vielfalt an Pflanzen und Tieren zu bewahren und dem zunehmenden Verlust an Biodiversität entgegenzuwirken“ (https://www.bfn.de/artenschutz). Diese Definition verwendet das Bundesamt für Naturschutz (BfN), eine Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) mit der Aufgabe über das Artenschutzrecht zu informieren und sowie aktuelle Forschungsergebnisse und Daten zu Natur und Landschaft bereitzustellen
Der Artenschutz ist hierarchisch organisiert. Streng geschützten Arten kommt ein besonderes Schutzniveau zu. Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Washingtoner Artenschutzübereinkommen zum internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen sowie zum Schutz vor übermäßiger Ausbeutung. Es trat 1975 in Kraft. Das Abkommen wird im Laufe der Jahre von mehr als 180 Staaten unterzeichnet. Es ist auch unter der Abkürzung seiner englischen Bezeichnung CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) bekannt. Das BfN ist die deutsche Vollzugsbehörde von CITES.
Die Liste der durch CITES geschützten Pflanzen und Tiere wird laufend aktualisiert. Diese Arten werden in zwei Anhängen zum Abkommen aufgeführt. Für vom Aussterben bedrohte Arten (z. B. Wiederausfuhren oder Einfuhren von Elfenbein, Dalbergia nigra, und Dalbergia cochinchinensis) ist der Handel grundsätzlich verboten. Diese Arten sind in Anhang I verzeichnet. Anhang II führt Arten auf, die zwar noch nicht vom Aussterben bedroht, aber durch den Handel gefährdet sind (z. B. Dalbergia spp (Palisander) oder Dalbergia melanoxylon (Grenadill).
Für fertige Musikinstrumente, Teile und Zubehör wurden in CITES Ausnahmeregelungen vereinbart, die jedoch widerrufen werden können. Alle drei Jahre werden auf einer internationalen Konferenz die bestehenden Beschlüsse überprüft, neue Arten aufgenommen oder die Schutzniveaus einzelner Arten hoch- oder herabgestuft (vgl. https://www.bmuv.de/themen/naturschutz-artenvielfalt/artenschutz/internationaler-artenschutz/cites). Die geltenden Regelungen können in deutscher Sprache über das Wissenschaftliche Informationssystem zum Internationalen Artenschutz unter https://www.wisia.de/ recherchiert werden, wo auch umfassende Informationen bereitgestellt werden.
Als Rahmenaufgabe bietet sich eine Analyse der aktuell geltenden sowie der in der Diskussion befindlichen international geltenden CITES-Regelungen an, um die Bedeutung des Artenschutz für die den Handel von Hölzern mit Bezug zum Instrumentenbau, dem Handel von Instrumenten, Reisen mit Instrumenten und damit auch für die Ausführung des Handwerks und ggf. der Anpassung von betrieblichen Produktionsabläufen erfassen zu können. Die Analyse fokussiert auf den pflanzlichen Artenschutz am Beispiel des Holzes Grenadill. Der wissenschaftliche Name lautet Dalbergia melanoxylon. Es ist auch unter den Bezeichnungen Mpingo oder Afrikanisches Schwarzholz. bekannt. Die Pflanze wächst in Zentral- und Ostafrika und wird hauptsächlich für den Bau hochwertiger Holzblasinstrumente verwendet. Sie ist nicht zu verwechseln mit sonstigen Dalbergia-Gattungen und Arten.
Modul 1 Analyse der Vielfalt des Rückgangs von Arten mit Relevanz für den Holzblasinstrumentenbau am Beispiel Oboe
Die Materialien für den Bau Ihres Instrumentes sowie die klassischen im Instrumentenbau verwendeten pflanzlichen und tierischen Werkstoffe kennen Sie. Ein nicht vollständiger Überblick von geschützten Tier- oder Pflanzenarten wie Elfenbein oder Tropenhölzer findet sich im Internetangebot des BfN, Informationen hierzu können über das BfN-Artenschutzdatenbank WISIA und dort den Auswahlpunkt „Washingtoner Artenschutzübereinkommen“ recherchiert werden (s. Links unten). Weitere Informationen beispielsweise zum regionalen Bezug finden sich allerdings nur in englischer, französischer und spanischer Sprache in der Checklist oft CITES Species und können dort unter Verwendung der lateinischen Bezeichnungen gesucht werden. Diese Bezeichnungen wiederum können WISIA entnommen werden.
Aufgabenstellung
Ihre Aufgabe lautet wie folgt:
- Erstellen Sie eine Tabelle der von Ihnen verwendeten pflanzlichen und tierischen Werkstoffe und deren Verwendungszwecke.
- Recherchieren den lateinischen Namen im Regelwerk und schlagen Sie die regionalen Bezüge über die CITES-Checkliste nach unter https://checklist.cites.org/#/en.
- Prüfen Sie den gesetzgeberischen Schutzumfang für die jeweiligen Arten (über WISIA unter https://www.wisia.de/).
Tabelle: Werkstoffe im Holzinstrumentenbau und deren Schutzniveau im Washingtoner Artenschutzübereinkommen
Werkstoff (heutig und traditionell) | Verwendungszweck im Holzblasinstrumentenbau | Einstufung des Schutzumfangs im WA | (gültiger) Name im Regelwerk | Ursprungsland/länder** |
Grenadill | Korpus | Anhang II | Dalbergia melanoxylon | Mosambik, Tansania und weitere Staaten |
Mopane | Korpus | Anhang II | Ansellia africana | Simbabwe, Botswana, Sambia, Angola und Malawi und weitere Staaten |
Cocobolo | Korpus | Anhang | Dalbergia retusa | Mexiko, Panama, Kolumbien, El Salvador und ca. 5 weitere |
Ebenholz | Korpus | Anhang II | Diospyros spp. | Madagaskar |
Elfenbein |
* auch unter anderen Bezeichnungen bekannt (s. oben); **„Location“ in https://checklist.cites.org/
Modul 2 Das Für und Wider des Artenschutzes am Beispiel von Grenadill im Oboenbau
Das von der Europäischen Union (EU) 1973 unterzeichnete Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) soll sicherstellen, dass der internationale Handel mit Exemplaren wildlebender Tiere und Pflanzen deren Überleben nicht bedroht. Es gewährt mehr als 30.000 Tier- und Pflanzenarten unterschiedlichen Schutz. Im Rahmen von CITES wird der internationale Handel mit Exemplaren ausgewählter Arten bestimmten Kontrollen unterworfen. Dazu gehört ein Genehmigungssystem, das die Genehmigung der Einfuhr und (Wieder-)Ausfuhr von unter das Übereinkommen fallenden Arten vorschreibt. Die unter das CITES-Übereinkommen fallenden Arten sind in drei Anhängen aufgelistet, die den dort aufgelisteten Arten jeweils einen unterschiedlich starken Schutz zuordnen, wobei dem Anhang I das höchste Schutzniveau zukommt (Europäische Kommission o. J.).
Grenadill, auch bekannt als Afrikanisches Schwarzholz oder in Suaheli Mpingo sowie dem lateinischen Namen Dalbergia melanoxylon , wird für die Herstellung von Klarinetten, Oboen, Dudelsäcken und anderen Musikinstrumenten verwendet. Alternativen hierzu sind Palisander aus Honduras oder Cobolo, die nachrangig sind (Bucur 2019: 33). Seinen Namen Afrikanisches Schwarzholz hat der Baum von seinem dunkel gefärbten Kernholz, das bei der besten Holzqualität tiefschwarz ist. Er kommt hauptsächlich in den Küstengebieten Ostafrikas vor, unter anderem in Tansania und Mosambik, aber auch in Kenia, Äthiopien und Nigeria. Die Art kann unter einer Vielzahl von Bedingungen wachsen, von halbtrockenen über subhumide bis hin zu tropischen Tieflandgebieten, und kommt, sofern die Böden ausreichend feucht sind, dort in Laubwäldern, Küstenbuschland und bewaldeten Grasland vor (Nakai et al. 2019: 1-2). Es handelt sich um einen kleinen, viel verzweigten Baum, der selten mehr als 10 m hoch wird und dessen Stammumfang normalerweise unter 120 cm beträgt. Die Zeitspanne, in der das Schwarzholz seine Größe erreicht, wird auf 70-100 Jahre geschätzt (Ball 2004: 286).
Grenadill-Holz ist aufgrund seiner Dichte und seines äußeren Erscheinungsbildes allgemein bekannt als eines der wertvollsten Materialien für die Herstellung von Oboe und Klarinette, die eine hohe Dimensionsstabilität und geringe Rauheit während des Bearbeitungsprozesses und der Nutzung erfordern (Alkadri et al. 2020, S. 1271). Seit dem frühen neunzehnten Jahrhundert wird es zu diesem Zweck in europäische Länder exportiert. Heute stammt das meiste Schwarzholz aus Mosambik und Südtansania (Ball 2004: 286; Cunningham 2015: 167). Da Grenadill die einzige Holzart ist, die die Anforderungen für die Herstellung dieser Musikinstrumente erfüllen kann, ist die Erhaltung dieser Holzressource für die Musikindustrie von entscheidender Bedeutung (Nakai et al. 2019: 1). Schwarzholz aus dem ostafrikanischen Küstenstreifen steht im Ruf, von schlechter Qualität zu sein, das Kernholz ist oft braun. Kleine Bäume neigen dazu, den Betrieb von Sägewerken durch seitliche Verdrehungen, tiefe Riffelungen und Äste einschließlich Risse ernsthaft zu behindern. Sägewerke ziehen es daher vor, ihr Holz aus dem Landesinneren zu beziehen. Es ist schwierig, gerade und fehlerfreie Holzabschnitte zu finden, die sich für die Herstellung exportfähiger Musikhölzer eignen: Fehler im Holz führen dazu, dass sich diese auf der Drechselbank spalten. Solche Mängel können die allgemeine Leistung von Musikinstrumenten beeinträchtigen. So kann sich beispielsweise die innere Oberflächenbeschaffenheit des Holzes auf die akustische Dämpfung in den zylindrischen Resonatoren von Holzblasinstrumenten auswirken. Infolgedessen fallen in den Sägewerken große Abfallmengen an; die Verwertungsquoten liegen bei ca. 9 Prozent (Ball 2004: 266; Nakai et al. 2019: 2).
Mit der Nutzung des Holzes sind – wie mit anderen Dalbergia-Arten auch – Nachhaltigkeitsfragen mit Bezug zur natürlichen Umwelt und zu Lebensräumen verbunden. Kann sich die Art der aktuellen Abholzungsrate weiterhin in einem nachhaltigen Tempo vermehren? Werden durch die Ernte die Rechte indigener Völker oder das Wohlergehen der lokalen Gemeinschaften beeinträchtigt? Vor allem in den ärmeren Ländern des globalen Südens ist Holz wirtschaftlich so bedeutend, dass Beschränkungen des Wirtschaftszweiges Folgewirkungen haben. Deswegen ist das tatsächliche oder potenzielle Ausmaß der Ausbeutung möglicherweise nicht leicht zu ermitteln (Meier 2008-2023: o.S.). Der sehr niedrige Materialertrag hat in letzter Zeit zu einem erheblichen Rückgang der natürlichen Bestände geführt. Dies könnte schwerwiegende Auswirkungen auf die lokalen Gemeinschaften haben, da diese Baumart oft den Lebensunterhalt von Dörfern sichern kann. Daher ist eine Lösung des Problems im Hinblick auf die nachhaltige Entwicklung der lokalen Gemeinschaften dringend erforderlich. (Nakai et al. 2019: 1).
Da nur wenige Daten über diese Holzart veröffentlicht wurden, sind weitere Studien über zugehörige Ökosysteme und Merkmale der Art erforderlich, um ihre Verarbeitung und Verwendung zu verbessern und sogar nach nachhaltigen alternativen Materialien zu suchen. Der Grenadill Handel wird durch neue Vorschriften zunehmend eingeschränkt. (Alkadri et al. 2020, S. 1269) Seit Januar 2017 fallen alle Arten der Gattung Dalbergia unter den Anhang II des CITES-Abkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES). Diese Entscheidung wurde mit der ständig steigenden Nachfrage, insbesondere durch die asiatische Möbelindustrie nach diesem Holz begründet, der durch die Aufforstungsbemühungen nur unzureichend ausgeglichen wird. Eine einfache Erhöhung des Holzpreises würde das Problem nicht lösen, da es an Daten und Vorschriften mangelt und die ineffiziente Durchsetzung von Gesetzen zu viel illegalem Handel führt (Alkadri et al. 2020, S. 1271-1272). Für die Musikindustrie gelten Ausnahmeregelungen.
Schwarzholz ist nicht unmittelbar vom biologischen Aussterben bedroht, aber illegaler Holzeinschlag, Landrodung und schlechtes Feuermanagement könnten es in naher Zukunft wirtschaftlich unrentabel machen. Schwarzholzplantagen sind wegen der langen Umtriebszeiten wirtschaftlich nicht rentabel. Daher sind die Erhaltung des Wildbestandes und die Bewirtschaftung einer nachhaltigen Ernte von entscheidender Bedeutung, wenn Schwarzholz als Nutzholz weiter verfügbar sein soll. Dies ist in Kenia bereits geschehen. Kenia importiert heute sogar Grenadillholz für eigene kunsthandwerkliche Arbeiten. Auch lokale Experten beispielsweise in Tansania und Mozambique sind der Meinung, dass das derzeitige Ausmaß der Nutzung nicht nachhaltig ist. Erste systematische Untersuchungen wurden auf regionaler Ebene begonnen (Ball 2004: 270).
Das Interesse an der Erhaltung des Schwarzholzes hat seit Mitte der 1980er Jahre zugenommen, als das Umweltprogramm der Vereinten Nationen das Projekt „Don’t Stop the Music“ ins Leben rief, das sich auf diese Baumart konzentrierte. Das Projekt wurde jedoch bald wieder eingestellt (Ball 2004: 267). In Tansania begannen Mitte der 1980er Jahre Forschungsinitiativen zur Vermehrung und Erhaltung der Art, als sich herausstellte, dass die Überernte, die sehr geringe Keimfähigkeit und die niedrige Wachstumsrate der Grenadill-Setzlinge eine ernsthafte Bedrohung für die künftige Verfügbarkeit der Art darstellen (Nyomora et al. 2021, S. 1442). Zwei Gemeinden in Tansania, die im Rahmen des Mpingo Conservation Project arbeiten, erhielten das erste FSC-Zertifikat für gemeinschaftlich bewirtschaftete Naturwälder in Afrika. Schätzungen zufolge brachte diese Errungenschaft den Dörfern Einnahmen in Höhe von 1.800 US-Dollar ein, von denen die Hälfte für die Bezahlung von Wald Patrouillen und die Schaffung von lokalen Arbeitsplätzen und die andere Hälfte für den Bau neuer Häuser verwendet wurde (Oldfield: 2).
Die handwerkliche Herstellung guter Holzblasinstrumenten hat sich über Jahrhunderte hinweg entwickelt, was zu einer Optimierung der Nutzung des Potenzials des Materials geführt hat. Instrumente aus Verbundwerkstoffen sind sehr neu und erfordern möglicherweise eine neue Art von Handwerkskunst, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Die heute im Handel erhältlichen Instrumente aus Verbundwerkstoffen müssen noch weiterentwickelt werden, um das volle Potenzial dieser neuen Materialien auszuschöpfen (Duerinck et al. 2020: 2641).
Aufgabenstellung
Ihre Aufgabe lautet wie folgt:
- Recherchieren Sie Fakten und Argumente zum Thema Artenschutz und Musikinstrumente in Fachzeitschriften und im Internet (beispielsweise in Medienangeboten oder Pressemeldungen von Vereinigungen).
- Ordnen Sie Ihre Rechercheergebnisse in Kategorien wie „Rückgang der Regenwälder“, „Bedeutung von Grenadill im Holzinstrumentenbau“ oder „Neue Materialien“.
- Entwickeln Sie Argumentkarten, die jeweils einen Aspekt anschaulich beleuchten. Beispiele für Argumentkarten finden Sie im Foliensatz.
- Diskutieren Sie die Ergebnisse in der Gruppe.
Argumentkarten werden unter anderem dazu verwendet, Problemlagen und gesetzlich verankerte Maßnahmen aufzuzeigen. Sie können Basiswissen vermitteln, die Blicke der Leser/innen auf Herausforderungen lenken oder unterschiedliche Standpunkte gegenüberstellen. So können sie zu einem gemeinsamen Problemverständnis beitragen. Argumentkarten sind typischerweise nicht nur für Fachleute, sondern auch für nicht mit dem Thema vertraute Personen verständlich. Sie befähigen diese somit, sich an der Diskussion zu Herausforderungen zu beteiligen. In Gruppendiskussionen informieren Argumentkarten die Teilnehmer/innen mit kompakten Textdarstellungen und ggf. auch mit informativen Grafiken übersichtlich. Während der Gruppendiskussionen können die Karten von den beteiligten Personen laufend neu angeordnet werden, um Aspekte oder Zusammenhänge zu hervorzuheben. In der Foliensammlung mit den Zielkonflikten sind Beispiele von Argumentkarten dargestellt.
Modul 3 Debatte zum Artenschutz im Musikinstrumentenbau
Die obigen Ausführungen verdeutlichen, dass beim Thema Artenschutz im Musikinstrumentenbau unterschiedliche Positionen gegenüberstehen. Zum Abschluss der Rahmenaufgabe bietet sich eine Debatte an, die das Für und Wider aufzeigt. Hierzu können unterschiedliche Herangehensweisen wie Rollenspiele oder die Fishbowl-Diskussion Methode verwendet werden, die den Lehrenden in der Regel aus ihrer Arbeit gut vertraut sind.
Eine weniger bekannte Alternative ist das Format „Jugend debattiert“. Es kann zwar ab der Klassenstufe 8 eingesetzt werden, ist aber auch für junge Erwachsene gut geeignet. Das Format ist auf Diskussionen in Kleingruppen mit vier Personen hin ausgerichtet (www.jugend-debattiert.de/lehrkraefte).
Aufgabenstellung
Ihre Aufgabe lautet wie folgt:
- Debattieren Sie zum Thema Artenschutz im Musikinstrumentenbau. Nutzen Sie dazu das Format „Jugend debattiert“. Ziel der Aufgabe ist es, Sachkenntnis, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft zu stärken. Die Aufgabe ist auch gut geeignet, um auf Gespräche mit Kundinnen und Kunden über die Nachhaltigkeit des Betriebes und seiner Produkte zu führen (Standardberufsbildposition 3f)
In einer Debatte diskutieren jeweils vier Debattanten zu einem Thema, zu dem klar eine Pro- oder Contra-Position übernommen werden muss (jeweils zwei Pro- und zwei Kontra-Debattanten). Der Ablauf der Debatte folgt Regeln:
- Eine Debatte beginnt mit einer Eröffnungsrunde. Hier bekommt jede teilnehmende Person zwei Minuten Zeit, die eigene Position vorzustellen und für seine Seite zu argumentieren. Die Sprechenden dürfen nicht unterbrochen werden.
- Rede und Gegenrede wechseln sich ab. Zuerst spricht in der Eröffnungsrunde die Teilgruppe, die die momentane Situation ändern möchte.
- Es folgt eine freie Aussprache. Diese dauert zwölf Minuten und wird in Form einer unmoderierten Debatte unter den Debattanten geführt.
- Den Abschluss bildet die Schlussrunde. Hier bekommen alle Debattanten erneut eine Minute Redezeit, um noch einmal ihren Standpunkt klarzumachen. Im Unterschied zu anderen Debattenformaten darf die eigene Position in der Schlussrunde geändert werden. Diese Positionsänderung muss mit dem Debattenverlauf begründet werden. Neue Argumente sind in der Schlussrunde nicht zugelassen.
Mögliche Debattenthemen können Sie dem folgenden Abschnitt entnehmen.
Zielkonflikte und Widersprüche
Beim Ansteuern von Nachhaltigkeit sind Konflikte zwischen Zielkonflikte und Widersprüche nichts Ungewöhnliches. Dies gilt auch für den Musikinstrumentenbau: Selbst traditionelle Werk- und Hilfsstoffe können im Widerspruch zu heutigen Nachhaltigkeitskriterien stehen. Im Folgenden werden Zielkonflikte zwischen den Perspektiven von Kulturgütern/traditionellen Herstellungsweisen einerseits und den Nachhaltigkeitsperspektiven Gesellschaft/Gesundheit sowie Rohstoffe/Materialien beispielhaft aufgezeigt. Ergänzend dazu wird das Spannungsfeld von Kundenerwartungen der weiterhin überwiegend traditionell ausgerichteten Klientel und es sind diejenigen Handlungsfelder, die typisch für Herausforderungen des handwerklichen Musikinstrumentenbaus in Deutschland sind. In den Hintergrundmaterialien zum Instrumentenbau werden diese Aspekte inhaltlich vertieft.
Aus gesellschaftlicher Sicht sind zunächst die Anforderungen des heutigen Arbeits- bzw. Gesundheitsschutzes mit Bezug zur Chemikalienverwendung im Instrumentenbau hervorzuheben. Während bei neuen Modellen und auch bei Nachbauten von antiken Instrumenten eine Auswahl aus nicht gesundheitsschädlichen Hilfsmitteln wie Lacken getroffen werden kann, ist bei Restaurierungsarbeiten die Nähe zum ursprünglichen Zustand und sogar der Werterhalt der Instrumente entscheidend. Es liegen derzeit keine wissenschaftlichen Studien vor, ob und wie dieser „Spagat“ von den Handwerksbetrieben geleistet werden kann. Für andere Materialien, insbesondere Blei, sind dagegen bleifreie Alternativen auf dem Markt erhältlich.
Der Gesundheitsschutz steht auch bei der Bearbeitung von Hölzern und Metallen im Vordergrund. Aus der Analyse der wissenschaftlichen Literatur ergeben sich Hinweise, dass vor allem die Bearbeitung exotischer Hölzer mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Vergleichbares gilt für die Bearbeitung von antiken Legierungen mit unbekannter chemischer Zusammensetzung. Aufgrund der geringen Zahl von Beschäftigten im Instrumentenbau sind die Fallzahlen der Berufskrankheiten so gering, dass Ihnen in der medizinischen Forschung geringe Aufmerksamkeit zuteil wird. Dies gilt nicht nur für Staubbelastungen, sondern auch für weitere Krankheiten wie Kontaktallergien, die durch Bau und Restaurierung ausgelöst werden.
Der pflanzliche und tierische Artenschutz ist nicht zuletzt aufgrund des zunehmenden Raubbaus und in der Folge verstärkten Regelungen in internationalen Abkommen besondere Herausforderungen für die Handwerksbetriebe im Instrumentenbau. Hervorzuheben ist dabei nicht nur, dass die Problemlage seit Jahren erkannt und auch thematisiert wird. Die etablierten Handwerksbetriebe haben in der Regel durch das Aufstocken ihrer Holzlager Vorsorge für das eigene Berufsleben und ggf. auch darüber hinaus getroffen. Damit verschiebt sich die Problemlage jedoch nur, wenn auch um Jahrzehnte. Sofern mittelfristig keine alternativen gleichwertigen Werkstoffe (beispielsweise durch das Härten einheimischer Hölzer oder auf Basis von Kohlenstoff oder Glasfaser zur Verfügung stehen, ist das Handwerk und damit auch das materielle und immaterielle Kulturgut in Deutschland in seinem Bestand bedroht.
Auch kleine und mittlere Handwerksbetriebe sind für den Artenbestand in den Herkunftsländern exotischer Hölzer, aber auch einheimischer Hölzer sensibilisiert. Dass die Qualität der Klanghölzer im Durchschnitt sinkt, ist anerkannt. Es ist positiv zu bewerten, dass sich auch kleine und mittlere Unternehmen vermehrt auch international für den Artenschutz engagieren. Jüngste Entscheidungen der CITES-Konferenz haben zwar die Artenschutzeinstufungen der hochwertigen Dalbergia-Arten und von Fernambuk gesteigert. Allerdings wurden aufgrund der zahlenmäßig geringen Bedeutung der Holznachfrage aus dem Instrumentenbau Ausnahmeregelungen für den Instrumentenbau genehmigt. Daraus folgt jetzt das Dilemma, trotz der Ausnahmeregelungen einen nennenswerten Beitrag für den Artenschutz – beispielsweise durch die Mitwirkung in Initiativen – zu leisten und die Problematik in der Öffentlichkeit zu debattieren.
Eine weitere Herausforderung ergibt sich an der Schnittstelle zum Kunden. Material, Klang und Ästhetik bilden mit Bezug zum kulturellen Erbe eine Einheit. Diese Einheit wird durch den Ersatz traditionellen Materialien wie Grenadill durch z. B. heimische und thermisch bearbeitetet Hölzer verändert. Die Klientel der sehr hochpreisigen handwerklich gefertigten Musikinstrumente ist sehr traditionell ausgerichtet. Sie kennt nicht nur die traditionellen Herstellungsweisen, sondern präferiert auch die Optik der seltenen Hölzer und verbindet mit den Merkmalen einen herausragenden Klang. Der Materialbedarf für ein einzelnes Instrument ist mit Bezug zu der jahrzehntelangen Nutzung teurer Instrumente nicht unverhältnismäßig, vor allem dann, wenn die Qualität der Holzgewinnung durch Umweltsiegel bestätigt wird. Umso größer ist die Herausforderung, Nachhaltigkeitsperspektiven oder sogar alternative Materialien im Kundengespräch zu vermitteln.
Vor allem mit Bezug zu Streichinstrumenten, aber beginnend auch zu Holzblasinstrumenten werden Carboninstrumente diskutiert. Ihnen werden gute Klangeigenschaften attestiert. Die Verarbeitung von Carbonmaterialien weicht jedoch von den Verfahren des handwerklichen Instrumentenbaus ab. Die Kulturtechniken gehen dort verloren. Das Dilemma besteht darin, dass die gut geeigneten Alternativen zwar zum Artenschutz beitragen, jedoch kaum Bezüge zum Handwerk des Instrumentenbaus aufweisen. Auch darf nicht vernachlässigt werden, dass diese kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffe zwar eine alternative zu bedrohten Hölzern bieten, jedoch gleichzeitig selbst mit Nachhaltigkeitsherausforderungen wie Energieverbrauch bei der Herstellung oder Recycling verknüpft sind.
Die geschilderten Zielkonflikte sind gezielt für den Instrumentenbau ausgewählt worden. Weitere Nachhaltigkeitsthemen stimmen mit denen anderer Betriebe des stationären Handwerks überein und können den dort zugehörigen Materialien entnommen werden.