Fachverkäufer/Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk Ausbildung nach Schwerpunkt – Bäckerei
Einleitung
BBNE und BNE - Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung) . Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die Materialien der Projektagentur
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in novellierten Ausbildungsordnungen in Berufen mit großer Relevanz für wichtige Themen der Nachhaltigkeit wie z. B. dem Klimaschutz werden wichtige Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen nicht genannt – obwohl die Berufe deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten könnten. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030. Das Impulspapier ist spezifisch für einen Ausbildungsberuf erstellt, fasst aber teilweise spezifische Ausbildungsgänge zusammen (z. B. den Fachmann und die Fachfrau zusammen mit der Fachkraft sowie die verschiedenen Fachrichtungen)
- BBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS) und Handreichung (HR): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten. Das Material liegt auch als Handreichung (HR) mit der Folie und Notizen vor.
Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Die Berufsbildpositionen der Ausbildungsordnung und die Lernfelder
Nachhaltigkeit sollte integrativ vermittelt werden, sie sollte auch in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen verankert werden (BIBB o. J.):
“Die berufsübergreifenden Inhalte sind von den Ausbilderinnen und Ausbildern während der gesamten Ausbildung integrativ, das heißt im Zusammenspiel mit den berufsspezifischen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten, zu vermitteln.”
Aus diesem Grund haben wir die jeweiligen Berufsbildpositionen sowie die Lernfelder des gültigen Rahmenlehrplanes gleichfalls betrachtet in
Tabelle 2: Berufsbildpositionen und Lernfelder mit Bezug zur Nachhaltigkeit
Die Betrachtung ist beispielhaft, es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Folgende tabellarische Darstellung wurde gewählt:
Spalte A: Berufsbildposition und Lernfeld(er)
Spalte B: Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten gemäß Ausbildungsordnung (AO) sowie Lernfelder des Rahmenlehrplans (RLP, kursive Zitierung). Explizite Formulierungen des RLP zu Themen der Nachhaltigkeit werden als Zitat wiedergegeben;
Spalte C: Beispielhafte Bezüge zur Nachhaltigkeit;
Spalte D: Referenz auf die jeweilige Position der Standardberufsbildposition (siehe Tabelle 1, Spalte A).
Modulare Rahmenaufgaben
Zur Verbesserung der Anschaulichkeit der integrativen Förderung nachhaltigkeitsorientierter Kompetenzen wird in diesem Impulspapier eine exemplarische Aufgabenstellung für die betriebliche oder berufsschulische Unterrichtung vorgeschlagen:
- Zunächst wird die Herkunft ausgewählter Früchte von Konditoreiprodukten bestimmt und unter Nachhaltigkeitsaspekten beurteilt.
- Vertiefend erfolgt eine Auseinandersetzung mit Pro- und Kontra-Argumenten im Rahmen eines Rollenspiels, um die Kundenberatung bei Produktfragen nachhaltigkeitsorientiert ausrichten zu können und geeignete Verkaufsstrategien zu entwickeln.
Zielkonflikte und Widersprüche
Zielkonflikte und Widersprüche sind bei der Suche nach dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit immanent und für einen Interessenausgleich hilfreich. In dem Kapitel 7. werden beispielhafte Zielkonflikte aufgezeigt. Ergänzend werden in dem hierzu gehörigen Dokument auch einige Folien (pptx bzw. pdf) erstellt, die für Lernprozesse verwendet werden können. Ein Beispiel für einen berufsbildbezogenen Zielkonflikt ist der folgende:
- “Niedrige Retouren (wenige Überschüsse von Brot und Backwaren) vs. volle Regale bis Ladenschluss”:
- Betriebe, die Lebensmittelabfälle bzw. Retouren vermeiden wollen, bieten den Kunden kurz vor Betriebsschluss unter Umständen nicht mehr dasselbe umfangreiche Angebot wie Betriebe, die den Kunden bis zum Ladenschluss das komplette Sortiment anbieten, um die Kunden nicht zu verlieren.
- Es ergibt sich somit der Konflikt zwischen der Notwendigkeit, Abfall zu vermeiden und dem Wunsch, die Kunden*innen durch ein jederzeit umfangreiches Angebot zufriedenzustellen.
Hinweis für handwerkliche, kaufmännische und Industrieberufe
Die in den folgenden Tabellen 1 und 2 im didaktischen Impulspapier (IP), im Hintergrundmaterial (HGM) sowie in den Foliensätzen zu den Zielkonflikten (FS) vorgeschlagenen Hinweise zu Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. Lernfelder, Aufgabenstellungen und Zielkonflikte bilden den in 2022 aktuellen Stand der Entwicklungen in Hinsicht auf technische Verfahren, Dienstleistungen und Produkte in Bezug auf Herausforderungen der Nachhaltigkeit bzw. deren integrative Vermittlung in den verschiedenen Berufen dar. Sie enthalten Anregungen und Hinweise ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Mit Lesen dieses Textes sind Sie als Ausbilder:innen und Berufsschullehrkräfte eingeladen, eigene Anregungen in Bezug auf die dann jeweils aktuellen Entwicklungen in ihren Unterricht einzubringen. Als Anregungen dient diesbezüglich z. B. folgende hier allgemein formulierte Aufgabenstellung (analog zu IP, Tabelle 1), die Sie in Ihren Unterricht aufnehmen können:
Recherchieren Sie (ggf. jeweils alternativ:) Methoden, Verfahren, Materialien, Konstruktionen, Produkte oder Dienstleistungen, die den aktuellen Stand der (technischen) Entwicklung darstellen und die in Hinblick auf die Aspekte der Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial-kulturell und/oder ökonomisch) bessere Wirkungen und/oder weniger negative Wirkungen erzielen als die Ihnen bekannten, eingeführten und „bewährten“ Ansätze.
Beschreiben Sie mögliche positive Wirkungen dieser neuen Methoden, Verfahren, Materialien, Konstruktionen, Produkte und/oder Dienstleistungen auf die Nachhaltigkeit in Ihrem Betrieb.
Glossar
Folgende Abkürzungen werden in diesem Dokument verwendet:
Abkürzung | Bezeichnung |
AO | Ausbildungsordnung |
BNE | Bildung für Nachhaltige Entwicklung |
BBNE | Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung |
FS | Foliensammlung mit Beispielen für Zielkonflikte |
HGM | Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial) |
IP | Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial) |
RLP | Rahmenlehrplan |
SDG | Sustainable Development Goals |
THG | Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq) |
Literatur
BGBl (2022): Verordnung über die Berufsausbildung zum Bäcker/zur Bäckerin vom 21. April 2004 (BGBl. I S. 632), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Februar 2016 (BGBl. I S. 179) geändert worden ist. https://www.gesetze-im-internet.de/b_ausbv_2004/BJNR063200004.html
BIBB Bundesinstitut für berufliche Bildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/de/pressemitteilung_139814.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.a): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.b): Ausbildung gestalten. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/series/list/2
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BIBB Bundesinstitut für berufliche Bildung (o. J.c): Nachhaltigkeit in der Ausbildung. Online: www.bibb.de/de/142299.php
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE. Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
KMK Kultusministerkonferenz (2004): RAHMENLEHRPLAN für den Ausbildungsberuf Bäcker/Bäckerin.
Ritter, G., Friedrich, S., Heitkönig, L. (2015a): Reduktion von Lebensmittelabfällen bei Brot und Backwaren. Ein Konzept für Handwerk, Handel und Verbraucher. https://www.fh-muenster.de/isun/downloads/Reduktion_von_Lebensmittelabfaellen_bei_Brot_und_Backwaren.pdf
Ritter, G., Heitkönig, L., Friedrich, S. (2015b): Endbericht zur Studie „Reduktion von Lebensmittelabfällen bei Brot und Backwaren – Entwicklung eines Konzepts für Handel, Handwerk und Verbraucher“. https://www.fh-muenster.de/isun/downloads/Reduktion_von_Lebensmittelabfaellen_bei_Brot_und_Backwaren.pdf
WWF Deutschland (2018): Unser täglich Brot. Von überschüssigen Brotkanten und wachsenden Brotbergen. https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Studie-Unser-taeglich-Brot_Von-ueberschuessigen-Brotkanten-und-wachsenden-Brotbergen_102018.pdf
Tabelle 1 - Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Standardberufs-bildposition | Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten | Bezüge zur Nachhaltigkeit | Mögliche Aufgabenstellungen im Rahmen von 3e “Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln” | SDG |
3a – Gesellschaft – Ernährung |
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| SDG3 SDG12 |
3a – Gesellschaft – Gesundheit |
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| SDG3 SDG12 |
3a – Gesellschaft – Arbeitsprozesse |
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| SDG12 SDG13 SDG16 |
3a – Umwelt – Ressourcen, Verderbnis und Lagerung |
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| SDG12 |
3a – Umwelt – Klimawandel |
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| SDG12 SDG13 |
3b – Materialien – Rohstoffe |
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| SDG 12 |
3b – Materialien – Wasser |
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| SDG6 |
3b –Energie – Verfahren und Geräte |
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| SDG 7 SDG 13 |
3d – Abfälle vermeiden |
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| 3d – Abfälle vermeiden |
3f – Nachhaltigkeit kommunizieren |
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| SDG 4 |
Tabelle 2 - Berufsbildpositionen und Lernfelder mit Bezug zur Nachhaltigkeit
Berufsbild- position / Lernfeld | Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten gemäß Ausbildungsordnung (kursiv: Lernfelder des RLP) | Beispielhafte Bezüge zur Nachhaltigkeit | Standard- berufsbildposition |
A6 Umsetzen von lebensmittel- und gewerberechtlichen Bestimmungen Lernfeld 1 | a) Grundsätze der Personal-, Arbeits- und Lebensmittelhygiene anwenden b) berufsbezogene lebensmittel- und gewerberechtliche Vorschriften anwenden LF 1.1: Für die Anwendung von Hygienemaßnahmen bei Herstellung, Lagerung und Verkauf leiten sie hygienisches Verhalten im Umgang mit Lebensmitteln ab und setzen umweltschonende Verfahren ein. |
| 3a – Umwelt & Gesellschaft 3b – Materialien |
A7 Vorbereiten von Arbeitsabläufen; Arbeiten im Team Lernfelder 1, 2, 3 | b) Informationen, insbesondere Rezepturen, Produktbeschreibungen, Fachliteratur, Kataloge sowie Herstellungsanleitungen und Gebrauchsanweisungen, beschaffen und nutzen d) Arbeitsabläufe, insbesondere unter Berücksichtigung fertigungstechnischer, betriebswirtschaftlicher und ergonomischer Gesichtspunkte, planen, festlegen und vorbereiten LF 1.4: Sie führen schwerpunktmäßig Berechnungen zur Ausbeute und zu den Verlusten durch. LF 2.2: Sie planen und gestalten die Regal- und Thekenbelegung im Team unter Berücksichtigung der Aspekte der Verkaufsförderung, der Ergonomie und der Qualitätssicherung. […] Die Ware wird gemäß den gesetzlichen Bestimmungen gekennzeichnet. LF 3.5: Sie führen produktionsbezogene und verkaufstypische Berechnungen durch. |
| 3a – Umwelt & Gesellschaft |
A8 Durchführen von qualitätssichernden Maßnahmen Lernfelder 2, 3 | a) zur Verbesserung von Arbeitsvorgängen beitragen e) frische, vorgefertigte und fertige Erzeugnisse beurteilen f) qualitätssichernde Verfahren, insbesondere Kältetechnik und Frischhalteverpackung, anwenden LF 2.2: Sie informieren die Kunden bei der Auswahl der Produkte hinsichtlich Zusammensetzung, Herstellung, Eigenschaften und Qualitätserhaltung. […] Sie planen und gestalten die Regal- und Thekenbelegung im Team unter Berücksichtigung der Aspekte der Verkaufsförderung, der Ergonomie und der Qualitätssicherung. LF 3.2:. Sie wählen Verpackungsmaterialien und Verpackungsverfahren produktbezogen aus. […] … vermitteln im Verkaufsgespräch, dass die Produktqualität wesentlich von der Auswahl und Verarbeitung der Rohstoffe abhängig ist. |
| 3a – Gesellschaft – Traditionen |
A9 Kundenberatung, Verkauf von Produkten Lernfelder 1, 2 | b) Erwartungen von Kunden an das Verkaufspersonal im Hinblick auf Sprache, Körperhaltung, Gestik, Mimik und Kleidung beachten h) Kunden über Zutaten von Erzeugnissen informieren i) Ergänzungs-, Ersatz- oder Zusatzangebote unterbreiten m) ernährungsphysiologische Bedeutung von Inhalts- und Zusatzstoffen darlegen q) Trends erfassen und innerbetrieblich weiterleiten LF 1.3: Sie beraten Kundinnen/Kunden und berücksichtigen neben lebensmittelrechtlichen, ökonomischen, ökologischen, sensorischen besonders ernährungsphysiologische Aspekte und führen Nährwertberechnungen durch. Sie entwickeln geeignete Verkaufsargumente und gehen auf Kundinnen und Kunden ein. LF 2.1: […] führen Aushändigungsgespräche und Verkaufshandlungen durch. [… Sie wenden ihre Kenntnisse über Kaufmotive verkaufsfördernd an. Im Verkaufsgespräch empfehlen sie geeignete Produkte, und machen Verwendungs- und Zubereitungsvorschläge. […]Sie bieten Zusatz- und Alternativprodukte an mit dem Ziel, Kaufwünsche zu bestätigen oder neue zu wecken. […] LF 2.2: Sie informieren die Kunden bei der Auswahl der Produkte hinsichtlich Zusammensetzung, Herstellung, Eigenschaften und Qualitätserhaltung. LF 2.3: […] Sie beachten ernährungsphysiologische und sensorische Aspekte. |
| 3a – Umwelt & Gesellschaft3 f – Kooperation & Kommunikation |
A10 Handhaben und Pflegen von Anlagen, Maschinen und Geräten
Lernfeld 1 | a) Anlagen, Maschinen und Geräte pflegen und reinigen LF 1.4: Sie entwickeln Ablaufpläne und setzen Maschinen und Apparate zur rationellen Herstellung und Bevorratung der Teige und Gebäcke auch unter Einbeziehung der Kältetechnik ein. […] Unter Berücksichtigung der Arbeitssicherheit beherrschen sie die Techniken zur Beschickung der Backgeräte sowie des Ausbackens. |
| 3a – Umwelt & Gesellschaft 3b – Materialien (Energie) |
A11 Lagern und Kontrollieren von Lebensmitteln, Verpackungsmaterial und Betriebsmitteln Lernfelder 1, 3 | b) Lagerverfahren für vorgefertigte und fertige Erzeugnisse unter Berücksichtigung von Temperatur, Licht, Feuchtigkeit und Trockenheit festlegen und anwenden c) Arten und Eigenschaften von Lebensmitteln, insbesondere ihre wechselseitige Beeinträchtigung bei der Lagerung, berücksichtigen d) Umverpackungen lagern und entsorgen e) Verpackungsmaterialien zur Warenabgabe lagern LF 1.1.: Für die Anwendung von Hygienemaßnahmen bei Herstellung, Lagerung […] leiten sie hygienisches Verhalten im Umgang mit Lebensmitteln ab und setzen umweltschonende Verfahren ein. LF 3.2: Bei der Lagerung der Erzeugnisse berücksichtigen sie die besonderen Erfordernisse hinsichtlich Frischhaltung und Hygiene. |
| 3a – Umwelt & Gesellschaft 3b – Materialien |
A13 Durchführen von Werbung und Verkaufsförderung Lernfelder 1, 2, 3 | d) Werbeaktionen, insbesondere mit regionalen und jahreszeitlichen Themen und Formen, planen und durchführen LF 1.3: Sie beraten Kundinnen/Kunden und berücksichtigen neben lebensmittelrechtlichen, ökonomischen, ökologischen, sensorischen besonders ernährungsphysiologische Aspekte und führen Nährwertberechnungen durch. Sie entwickeln geeignete Verkaufsargumente und gehen auf Kundinnen und Kunden ein. LF 2.4: […] beurteilen den Einsatz von Werbemaßnahmen, […] bewerten die Kosten-Nutzen-Relation […]. Sie wählen wirksame Werbeträger aus und erstellen diese mit geeigneten Gestaltungsmitteln. Dabei berücksichtigen sie wirtschaftliche, rechtliche und ethische Gesichtspunkte. […] präsentieren ausgewählte Produkte […] unter Berücksichtigung von ökonomischen, ökologischen, ästhetischen sowie hygienischen Grundsätzen. LF 3.5: … bewerten Maßnahmen der Verkaufsförderung und wählen eine für den Betrieb geeignete Aktion aus. Sie planen im Team zielgruppengerichtet ein Marketingkonzept und wählen dazu Produkte nach sensorischen, ökonomischen und ökologischen Aspekten aus. |
| 3 f – Kooperation & Kommunikation |
A14 Verpacken und Aushändigen von Waren Lernfelder 1, 2 | a) Verpackungsmaterial auswählen LF 1.3: […] verpacken Produkte fachgerecht […] LF 2.1: […] verpacken die Ware und händigen sie situationsbezogen aus. LF 2.3: Die Speisen werden […] kundenorientiert ausgehändigt. |
| 3a – Umwelt & Gesellschaft 3b – Materialien |
A15 Präsentieren von Waren Lernfeld 2 | b) Waren und Erzeugnisse kennzeichnen LF 2.2: Sie planen und gestalten die Regal- und Thekenbelegung im Team unter Berücksichtigung der Aspekte der Verkaufsförderung, der Ergonomie und der Qualitätssicherung. LF 2.3: […] stellen ausgewählte Speisen für verschiedene Tageszeiten und Anlässe her und richten sie verkaufsfördernd an. Sie berücksichtigen dabei sensorische, lebensmittelrechtliche und betriebswirtschaftliche Aspekte. LF 2.4: […] präsentieren ausgewählte Produkte ihres Warensortimentes unter Berücksichtigung von ökonomischen, ökologischen, ästhetischen sowie hygienischen Grundsätzen. |
| 3 f – Kooperation & Kommunikation |
A16 Umgang mit Waren, Fachberatung Lernfeld 2 | c) Zusammensetzung und Herstellungsverfahren erläutern d) Produkte aufschneiden und verpacken LF 1.3: […] verpacken Produkte fachgerecht und nehmen Berechnungen vor. LF 2.2.: Sie informieren die Kunden bei der Auswahl der Produkte hinsichtlich Zusammensetzung, Herstellung, Eigenschaften und Qualitätserhaltung. Zusätzlich geben sie geeignete Verwendungsmöglichkeiten an. […] Vorgefertigte Produkte werden für den Verkauf hergerichtet. |
| 3 f – Kooperation & Kommunikation |
Unterrichts- und Ausbildungsmodule
Reduktion von Lebensmittelabfällen von Brot und Backwaren
Einstiegsszenario
Die Handwerksbäckerei Hechtel ist in der Region auch bekannt als “Körner Bäckerei” mit ihrem vielfältigen Produktsortiment (z. B. Vollkornbrote aus heimischen Bio-Dinkel). Sven, Auszubildender zum Fachverkäufer, und Maureen, Auszubildende als Bäckerin, unterhalten sich über die vergangenen Arbeitstage in der Bäckerei. Maureen berichtet über die vielen Körner und Teigreste, die bei der Herstellung von Brot und Backwaren in der Backstube übrig geblieben sind. Auch Sven hat das bemerkt und ergänzt: “Ich finde aber, dass im Verkaufsbereich noch viel mehr Verluste entstehen. Was an manchen Tagen so in den Regalen und in der Auslage übrig bleibt!”“Mir kommt es so vor, dass jeder in seinem Arbeitsbereich tätig ist und nicht über den Tellerrand schaut.
Hinweise für Lehrkräfte zum Szenario:
Im Rahmen des Szenarios können folgende Fragestellungen bearbeitet werden:
- Welchen Beitrag zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen können Fachverkäufer*innen im Lebensmittelhandwerk – Schwerpunkt Bäckerei leisten?
- Welche Rolle spielt die Kommunikation zwischen Backstube und Verkaufsbereich (Schnittstellenmanagement)?
- Welche Maßnahmen fallen den Lernenden konkret für ihren eigenen Arbeitsbereich ein?
Schnittstellen zur Reduktion von Lebensmittelabfällen in der Bäckerei
Einleitender Infotext:
In Deutschland werden jährlich etwa 4,5 Millionen Tonnen Backwaren hergestellt. Davon sind ca. 1,7 Millionen Tonnen als Verluste zu verzeichnen und werden nicht für den eigentlichen Zweck, der Ernährung der Menschen, eingesetzt (WWF 2018). Das entspricht fast 40 Prozent. Am meisten Verluste entstehen bei den Endverbraucher*innen, gefolgt von den Bäckereien. Die Ursachen bei den Bäckereien können vielseitig sein; es empfiehlt sich eine Prozessanalyse, um die betriebsspezifischen Ursachen zu ermitteln und so die Maßnahmen zur Reduktion möglichst passgenau bestimmen zu können.
Die wichtigsten Ursachen, die zu Lebensmittelverlusten in Bäckereien führen, sind betriebsinterne Prozesse, die Marktsituation, Kundenerwartungen und Qualitätsanforderungen sowie externe Faktoren, die Schwankungen in der Nachfrage verursachen (Ritter et al. 2015b, S. 84). In der Produktion sind fehlende technische Innovationen, Fehler von Mitarbeitenden, technische Defekte und Schwächen vor allem in den Kommunikationsprozessen zu nennen. Die Ursachen für die höchsten Verluste im Backwarenbereich sind jedoch am Point of Sale in Form von Retouren zu finden: Verursacht durch fehlende bzw. nicht gut laufender Schnittstellenkommunikation zwischen Backstube und Filiale bzw. durch ein fehlendes Bestellmanagement.
Aufgabe:
- Kennzeichnen Sie mit Hilfe des unteren Fließbildes die Kommunikationsschnittstellen in Ihrem Betrieb. Gerne können Sie hier Ergänzungen vornehmen.
Abb. 1: Beispiel für eine Abbildung von Arbeitsprozessen in Bäckereien (in Anlehnung an Ritter et al. 2015a)
- An welchen Stellen sehen Sie Optimierungsbedarf, bzgl. der Kommunikation? Beschreiben Sie die Probleme der Schnittstellenkommunikation.
- Halten Sie Maßnahmen fest, wie die Kommunikation an einzelnen Schnittstellen zwischen der Backstube und dem Verkaufsbereich verbessert werden kann, um Lebensmittelabfälle zu reduzieren.
Erweiterungsaufgabe:
- Recherchieren Sie im Internet übliche Retourenquoten im Backbereich und erkundigen Sie sich in Ihrem Betrieb nach der Retourenquote des letzten Jahres.
- Vergleichen und beurteilen Sie die Retourenquoten.
- Recherchieren Sie Maßnahmen guter Praxis, wie die Retourenquote möglichst niedrig gehalten werden kann und erläutern Sie diese Maßnahmen.
Goldene Regeln für den Verkauf zur Lebensmittelabfallvermeidung entwickeln
Für den Point of Sale, sprich dem Verkaufsort, sind unterschiedliche Maßnahmen (z. B. regelmäßige Schulung der Mitarbeitenden) möglich, um einen wertschätzenden und behutsamen Umgang mit den Waren und der Vermeidung von Verlusten zu erzielen (vgl. Ritter et al. 2015b, S. 88). Eine Möglichkeit ist die Formulierung von “Goldenen Regeln im Verkauf”, um u.a. die Kundschaft zur Vermeidung von Verlusten zu sensibilisieren und entsprechend zu beraten.
Aufgabe:
- Die Regale in der Filiale der Bäckereien Hechtel am Ring sind noch kurz vor Ladenschluss voll. Kennen Sie diese Situation aus Ihrem Betrieb? Bringen Sie Bilder von Ihren Verkaufsregalen kurz vor Ladenschluss mit und beschreiben Sie die Situation.
- Welche Verkaufsstrategie wenden Sie bei vollen Regalen und Auslagen kurz vor Ladenschluss an? Denken Sie dabei auch an Aspekte, wie z. B. Wetterbedingungen, Kundenanforderungen, die Auswirkungen auf die Verkaufsauslage Ihrer Waren haben können.
- Welche Maßnahmen können angestrebt werden, damit möglichst wenig Verluste im Verkauf anfallen?
- Formulieren Sie aus den Maßnahmen ableitend “Goldene Regeln im Verkauf” in der Beratung und Kommunikation mit der Kundschaft zur Reduzierung von Lebensmittelverlusten. Halten Sie Ihre Regeln in der unteren Vorlage fest.
Abb. 2: Vorlage für die Entwicklung “Goldener Regeln im Verkauf” (in Anlehnung an Ritter et al. 2015b, Anhang 14)
Goldene Regeln für den Verkauf kommunizieren und präsentieren
Aufgabe:
- Führen Sie ein Rollenspiel zu einem ausgearbeiteten Ergebnis der “Goldenen Regeln im Verkauf” durch, indem die Regeln innerhalb des Betriebes und an die Kundschaft kommuniziert werden sollen. Schlüpfen Sie hierbei in unterschiedliche Rollen (z. B. Kunden; Chef; Verkäuferin). Sammeln Sie Argumente für Ihre jeweilige Rolle.
- Greifen Sie im Rahmen des Rollenspiels auch authentische Konfliktsituationen im Verkaufsbereich auf, wie z. B. (vgl. iSuN 2015):
- Dass die Verkäuferin wegen der Chargengröße statt 15 nur 10 Marzipanhörnchen bestellt hat, diese zu 17 Uhr schon verkauft hat und dann ein Kunde kommt, der einen schlechten Tag hatte und unbedingt ein Marzipanhörnchen kaufen will.
- Dass die Chefin feststellt, dass in einer Filiale über mehrere Tage schon zu 16:30 Uhr die Weizenschnittbrötchen ausverkauft sind und in der Filiale bis zum Schluss ein Profit mit diesem Produkt schließlich ausbleibt; die Verkäuferin hingegen hat die Empfehlungen zur Reduzierung der Retouren ernst genommen, daher weniger Weizenschnittbrötchen bestellt und die zunächst erboste Kundschaft mit alternativen Produkten glücklich gemacht hat.
- Dass aufgrund des sonnigen Wetters die Baguettes schon um 14 Uhr ausverkauft sind, obwohl die Verkäuferin mit Blick auf die Wettervorhersage schon extra mehr Baguettes bestellt hat.
- Dass eine Bestellung einer Kundin für Landbrote nicht ins System aufgenommen wurde und daher nicht zur Verfügung steht.
- Dass ein Kunde sich über die Preise für eine Platte Butterkuchen beschwert, die beim Discounter zur Hälfte verkauft wird. Zudem merkt er an, dass der Butterkuchen beim Discounter viel ebener bzw. einheitlicher aussieht. Darauf stehen doch die Kunden!
- Nehmen Sie nochmal einen Blick auf Ihre entwickelten Regeln und nehmen Sie ggf. Optimierungen vor.
Erweiterungsaufgabe:
- Entwickeln Sie Präsentationsideen (z. B. Flyer, Aufsteller, interner Aushang, Blog auf der Homepage etc.), wie Sie die oben ausgefüllten “Goldenen Regeln im Verkauf“ an die Kundinnen und Kunden sowie an Ihre Kolleginnen und Kollegen präsentieren und kommunizieren möchten.
- Berücksichtigen Sie bei Ihren Ideen auch bereits bestehende Marketing- und Kommunikationsinstrumente aus Ihrem Betrieb, die Sie ggf. verknüpfen können.
Zielkonflikte und Widersprüche
Beim Ansteuern von Nachhaltigkeit sind Zielkonflikte bzw. Widersprüche nichts Ungewöhnliches. Dies gilt auch für die Gastronomie, die in einem sehr großen Markt mit vielen Konkurrenten ihre Kundschaft suchen und bedienen muss. Bedingt durch die Marktverhältnisse – die durch Corona in 2021/2022 noch schwieriger geworden sind – ist die Gastronomie, wie andere Wirtschaftsbereiche auch, auf Effizienz ausgerichtet. Klassisch ist der Zielkonflikt zwischen Ökonomie und Ökologie. Ökologische und umweltschonende Produktionsverfahren sind teurer als “herkömmliche”, da diese alle technischen, biologischen und chemischen Verfahren zur Effizienzsteigerung nutzen. Höhere Kosten bedingen höhere Menüpreise. Höhere Menüpreise schrecken kostenbewusste Verbraucher ab. Der Umsatz kann sinken und der Betrieb wird gefährdet. Unternehmen versuchen dies durch mehr “Effizienz” zu kompensieren, aber diese “Effizienz” führt nicht unbedingt zu mehr „Nachhaltigkeit“, wie im Folgenden erläutert wird.
Die Effizienzfalle und Widersprüche
Effizienz beschreibt unter anderem Wirtschaftlichkeit. Wenn so wenig wie möglich von einer notwendigen Ressource verwendet wird, so gilt dies als effizient. So könnte man meinen, dass Effizienzsteigerungen im Unternehmensalltag folglich auch zu einem nachhaltigen Wirtschaften führen. Weniger Abfall oder Energieaufwand bedeutet gleichzeitig weniger Umweltbelastung und längere Verfügbarkeit von endlichen Ressourcen – oder? Nicht unbedingt!
Das Missverständnis hinter dieser Annahme soll anhand eines Beispiels aufgedeckt werden. Seit 1990 hat sich der deutsche Luftverkehr mehr als verdreifacht. Mit Hilfe technischer Innovationen, besserer Raumnutzung und weiterer Maßnahmen konnte der durchschnittliche Kerosinverbrauch pro Person seitdem um 42 Prozent gesenkt werden – eine gute Entwicklung auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick ist jedoch auch zu erkennen, dass das Verkehrsaufkommen im gleichen Zeitraum stark zugenommen hat. Daraus folgt, dass trotz starker Effizienzsteigerungen absolut betrachtet immer mehr Kerosin verbraucht wird – nämlich 85 Prozent mehr seit 1990.
Wissenschaftler sprechen daher auch von einer „Effizienzfalle“. Denn obwohl sich mit Effizienzsteigerung eine relative Umweltentlastung erzeugen lässt, bleibt die Herausforderung des absoluten Produktionswachstums weiterhin bestehen. So ist das effiziente Handeln aus der ökonomischen Perspektive zwar zielführend, aus der ökologischen Perspektive jedoch fraglich. Es lässt sich schlussfolgern, dass Effizienzstreben und Nachhaltigkeitsorientierung zwei eigenständige Rationalitäten darstellen, die von Unternehmen beide gleichermaßen beachtet werden sollten, um zukunftsfähig zu wirtschaften. Eine langfristig erfolgreiche Unternehmensführung würde demnach aus den zur Verfügung stehenden Ressourcen unter Erhalt der Ressourcenbasis möglichst viele ökonomische Werte erschaffen, um somit intergenerational und intragenerational gerecht zu wirtschaften. Somit sollte sich ein zukunftsorientiertes berufliches Handeln sowohl den Herausforderungen der eher kurzfristigen Effizienzrationalität als auch der langfristigen Nachhaltigkeitsrationalität stellen und beide Perspektiven verknüpfen.
Im Rahmen des beruflichen Handelns entstehen jedoch Widersprüche zwischen der Effizienzrationalität („Funktionalität“, „ökonomische Effizienz“ und „Gesetzeskonformität“) und der Nachhaltigkeitsrationalität („ökologische Effizienz“, „Substanzerhaltung“ und „Verantwortung“). Ein zukunftsfähiges berufliches Handeln zeichnet sich dadurch aus, mit diesen Widersprüchen umgehen zu können.
Doch stellt sich nun die Frage, was der Umgang mit Widersprüchen für den Berufsalltag bedeutet. In diesem Zusammenhang kann von so genannten „Trade-offs“ – auch „Zielkonflikte“ oder „Kompromisse“ – gesprochen werden. Grundsätzlich geht es darum, den möglichen Widerspruch zwischen einer Idealvorstellung und dem Berufsalltag zu verstehen und eine begründete Handlungsentscheidung zu treffen. Dabei werden Entscheidungsträger häufig in Dilemma-Situationen versetzt. Im beruflichen Handeln geht es oftmals um eine Entscheidung zwischen knappen Ressourcen, wie Geld, Zeit oder Personal, für die es gilt, Lösungen zu finden.
Im Folgenden werden einige Zielkonflikte aufgezeigt.
Beispielhafte Zielkonflikte
Folgende Zielkonflikte sind in der Bäckereien häufig zu finden, die im Rahmen eines Unterrichst- oder Ausbildungsgesprächs diskutiert werden können:
- Niedrige Retouren (wenige Überschüsse von Brot und Backwaren) vs. volle Regale bis Ladenschluss: Betriebe, die Lebensmittelabfälle bzw. Retouren vermeiden wollen, bieten den Kunden kurz vor Betriebsschluss unter Umständen nicht mehr dasselbe umfangreiche Angebot wie Betriebe, die den Kunden bis zum Ladenschluss das komplette Sortiment anbieten, um die Kunden nicht zu verlieren.
- Betriebe, die eher wirtschaftlich ausgerichtet sind, verkaufen Brote und Backwaren vom Vortag selbst zu geringeren Preisen. Wohingegen sozial ausgerichtete Betriebe diese Backwaren vom Vortag an Tafeln und andere Einrichtungen spenden.
- Der Einsatz von Fertigmehlen/Fertigmischungen und Zusatzstoffen beschleunigt zwar Arbeitsprozesse, gefährdet aber auch den Erhalt traditioneller Rezepturen (Kuchen-Vielfalt, regionale Besonderheiten) und kann bei Beratungsgesprächen mit Kunden dazu führen, dass die Inhaltsstoffe nicht oder schwer kommuniziert werden können.
- Eine nachhaltige Bäckerei nutzt Bio-Produkte. Diese sind in der Regel teurer als konventionelle. Das kann ein Hemmnis insbesondere für einkommensschwächere Kunden sein. Damit wären einkommensschwache Gruppen in sozialer Hinsicht benachteiligt. Diese nutzen dann meist andere Bezugsquellen (wie z. B. integrierte Backshops).
- Außer-Haus-Verzehr („to-go“) wird immer mehr nachgefragt, weil Kundinnen und Kunden sich Flexibilität wünschen. Dies sorgt für mehr Verpackungsmaterial, welches zu Müll wird. Mehrwegalternativen werden nicht immer gefunden.
- Immer mehr Betriebe bieten vegane Alternativen in ihrem Sortiment an, um einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Dabei muss unter Umständen viel Zeit in die Entwicklung dieser veganen Produkte investiert werden. Vegane Produkte haben jedoch bei vielen Kunden nicht immer einen guten Ruf (z. B. aufgrund anderer Konsistenz oder nicht identischem Geschmack). Hier ist gute Kommunikation nötig.
Kunden fragen Produkte mit exotischen Früchten nach. Dem gegenüber steht, dass einzelne Rohstoffe/Zutaten nicht regional zur Verfügung stehen. Dies führt z. B. zu evtl. langen Transportwegen und damit hohem CO2-Ausstoß.