Fertigungsmechaniker/Fertigungsmechanikerin
Einleitung
Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung). Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis 2022). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die Materialien der Projektagentur
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in novellierten Ausbildungsordnungen in Berufen mit großer Relevanz für wichtige Themen der Nachhaltigkeit wie z. B. dem Klimaschutz werden wichtige Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen nicht genannt – obwohl die Berufe deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten könnten. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030. Das Impulspapier ist spezifisch für einen Ausbildungsberuf erstellt, fasst aber teilweise spezifische Ausbildungsgänge zusammen (z. B. den Fachmann und die Fachfrau zusammen mit der Fachkraft sowie die verschiedenen Fachrichtungen)
- BBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS) und Handreichung (HR): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten. Das Material liegt auch als Handreichung (HR) mit der Folie und Notizen vor.
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) meint eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen (BMBF o. J.). BBNE ist somit nur ein Teil von BNE, der an alle Bürger*innen adressiert ist. Eine Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn Menschen weltweit, gegenwärtig und in Zukunft würdig leben und ihre Bedürfnisse und Talente unter Berücksichtigung planetarer Grenzen entfalten können. … BNE ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen (ebd.).
Grundlage für BNE ist heutzutage die Agenda 2030 mit ihren 17 SDG (Sustainable Development Goals). Die 17 Ziele bilden den Kern der Agenda und fassen zusammen, in welchen Bereichen nachhaltige Entwicklung gestärkt und verankert werden muss (ebd.). Die Materialien der Projektagentur sollen Lehrkräften an Berufsschulen und Ausbildende dabei helfen, die Ideen der SDG in die Bildungspraxis einzubringen. Sie sind somit ein wichtiges Element insbesondere für das Ziel vier “Hochwertige Bildung”: “Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, …” (ebd.).
Während die Grundlage in den Impulspapieren die Ausbildungsordnungen und die Rahmenlehrpläne der beruflichen Bildung waren, die mit den SDG vernetzt wurden, geht das Hintergrundpapier den umgekehrten Weg: Wir betrachten die SDG im Hinblick auf ihre Bedeutung für die berufliche Bildung und stellen uns der Frage, welche Anforderungen ergeben sich aufgrund der SDG und deren Unterziele an die Berufsbildung? Die folgenden Beschreibungen haben deshalb immer die gleiche Struktur:
- Es wird das SDG beschrieben.
- Es werden relevante Unterziele benannt.
- Es wird (wissenschaftlich) ausgeführt, was diese Unterziele für das jeweilige Berufsbild bedeuten.
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) meint eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen (BMBF o. J.). BBNE ist somit nur ein Teil von BNE, der an alle Bürger*innen adressiert ist. Eine Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn Menschen weltweit, gegenwärtig und in Zukunft würdig leben und ihre Bedürfnisse und Talente unter Berücksichtigung planetarer Grenzen entfalten können. … BNE ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen (ebd.).
Grundlage für BNE ist heutzutage die Agenda 2030 mit ihren 17 SDG (Sustainable Development Goals). Die 17 Ziele bilden den Kern der Agenda und fassen zusammen, in welchen Bereichen nachhaltige Entwicklung gestärkt und verankert werden muss (ebd.). Die Materialien der Projektagentur sollen Lehrkräften an Berufsschulen und Ausbildende dabei helfen, die Ideen der SDG in die Bildungspraxis einzubringen. Sie sind somit ein wichtiges Element insbesondere für das Ziel vier “Hochwertige Bildung”: “Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, …” (ebd.).
Während die Grundlage in den Impulspapieren die Ausbildungsordnungen und die Rahmenlehrpläne der beruflichen Bildung waren, die mit den SDG vernetzt wurden, geht das Hintergrundpapier den umgekehrten Weg: Wir betrachten die SDG im Hinblick auf ihre Bedeutung für die berufliche Bildung und stellen uns der Frage, welche Anforderungen ergeben sich aufgrund der SDG und deren Unterziele an die Berufsbildung? Die folgenden Beschreibungen haben deshalb immer die gleiche Struktur:
- Es wird das SDG beschrieben.
- Es werden relevante Unterziele benannt.
- Es wird (wissenschaftlich) ausgeführt, was diese Unterziele für das jeweilige Berufsbild bedeuten.
Die Bedeutung der deutschen Industrie für die Nachhaltigkeit
Die deutsche Industrie und die zwei Seiten einer Medaille
Die Industrie in Deutschland trägt auf der einen Seite maßgeblich zu Wachstum und Wohlstand bei. Auf der anderen Seite hat die industrielle Produktion durch den Verbrauch von Ressourcen und den Ausstoß von Emissionen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt.
Deutsche Industrieunternehmen sind u.a. spezialisiert auf die Entwicklung und Herstellung komplexer Güter, vor allem auf Investitionsgüter, auf innovative Produktionstechnologien und auf Kraftfahrzeuge. Innerhalb Deutschlands hat die Industrie im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften ein deutlich höheres Gewicht. Im Jahre 2020 arbeiteten insgesamt 7,5 Millionen Menschen in der Industrie und dem verarbeitenden Gewerbe (rd. 17% aller Erwerbstätigen). Damit sind Arbeitsplätze und Einkommen verbunden. Die Industrie trägt mit ihren Produkten und Leistungen wesentlich zur Exportstärke Deutschlands bei. 2020 wurde in der Industrie ein Umsatz in Höhe von 2,1 Billionen Euro erzielt, es wurden 54,7 % für Material- und 20,8 % Personalaufwendungen eingesetzt (Statistisches Bundesamt 2022).
Diese wirtschaftlichen Leistungen gehen jedoch mit einem erheblichen Ressourcenverbrauch und Auswirkungen auf die Umwelt einher. Der Rohstoffeinsatz insgesamt betrug 2019 in Deutschland 2.536 Mio. Tonnen, davon 945 Mio. Tonnen aus inländischen Quellen. Von diesen waren 63% (594 Mio. t) nichtmetallische Mineralien, 22% (211 Mio. t) Biomasse und 15% (138 Mio. t) fossile Energieträger. Diese Rohstoffentnahmen sind oft mit erheblichen Eingriffen in die Umwelt verbunden (UBA (2022). Die Industrie verbrauchte in 2021 rd. 699 Terawattstunden Energie, das entspricht 29% des Gesamtenergieverbrauchs Deutschlands (UBA 2022; siehe auch SDG 7).
Zudem sind mit der industriellen Produktion Treibhausgasemissionen verbunden. In Deutschland wurden 2021 rd. 762 Mio. Tonnen Treibhausgase freigesetzt – das sind gut 33 Millionen Tonnen oder 4,5 Prozent mehr als 2020 (729 Mio. Tonnen),aber weniger als die 800 Millionen Tonnen, die noch 2019 emittiert wurden. Insgesamt sind die Emissionen seit 1990 in Deutschland um 38,7 Prozent gesunken. Der Anstieg im letzten Jahr ist insbesondere im Energiesektor zu verzeichnen: Dieser weist ein Plus von 27 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente auf, da wegen steigender Stromnachfrage, geringerer Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und des gestiegenen Gaspreises verstärkt Kohle zur Stromerzeugung genutzt wurde.
Im Industriesektor stiegen die Emissionen in 2021 gegenüber dem Vorjahr um gut neun Millionen Tonnen CO2-Äquivalente an (plus 5,5 Prozent). Mit rund 181 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten lagen sie damit wieder fast auf dem Niveau von 2019, aber knapp unter der im Bundes-Klimaschutzgesetz festgeschriebenen Jahresemissionsmenge von 182 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (BMWK 2022). Der Anteil der Industrie an den Treibhausgasemissionen in Deutschland betrug somit rund 24%.
Berufsspezifische Besonderheiten
Die hier betrachteten vier Metallberufe werden beim Ansteuern von Nachhaltigkeit, verschiedenen Herausforderungen und auch Zielkonflikten bzw. Widersprüchen begegnen. Zugleich müssen sie in einem sehr großen Markt mit vielen Konkurrenten und dynamischen technologischen Innovationen ihre Erfolge erzielen. Bedingt durch die volatilen Marktverhältnisse, die unter anderem von unsicheren Liefer- und Wertschöpfungsketten sowie Preisschwankungen gekennzeichnet sind, sind die in frage kommenden Teilbranchen des Metallbereiches, wie andere Wirtschaftsbereiche auch, auf weiter steigende Effizienz und Effektivität ausgerichtet.
Hinzu kommen die auf dem Weltmarkt „nachziehenden“ Staaten und dortige Unternehmen mit meist geringeren Kosten. Klassisch ist der Zielkonflikt zwischen Ökonomie einerseits und Ökologie sowie Soziales andererseits, die für nachhaltige Entwicklung maßgebliche Qualitäten sind. Ökologische, umweltschonende und sozial gestaltete Produktionsverfahren sind meist aufwändiger und teurer als “herkömmliche” (nicht-nachhaltige), da diese alle Rohstoffe und technologischen Verfahren zur Effizienzsteigerung vorbehaltlos nutzen und bestimmte Kosten externalisieren – das müssen dann Andere bezahlen bzw. erleiden (schmutzige, vergiftete Luft, Wassermangel, Arbeitsunfälle, Ressourcenerschöpfung). Werden diese Kosten jedoch internalisiert, erhöht dies die Produktionskosten und in der Folge die Preise der produzierten Werkzeuge und Anlagen. Höhere Preise wiederum führen häufig zu Absatzeinbußen. Der Umsatz kann sinken und der betroffene Betrieb wird womöglich in seiner Existenz gefährdet. Unternehmen versuchen dies durch noch mehr “Effizienz” zu kompensieren, aber “Effizienz” führt nicht unbedingt zu mehr „Nachhaltigkeit“.
Eine Möglichkeit, für die im Betrieb Beschäftigten der hier betrachteten vier Ausbildungsberufe (also auch die eigenen Kolleginnen und Kollegen) die Entwicklung von Denk- und Verhaltensweisen in Richtung Nachhaltigkeit zu erleichtern und zu unterstützen, ist die Schaffung von Gelegenheitsstrukturen oder auch dem sogenannten “Nudging” – dem symbolisch gemeinten “Anstubsen”. Das Konzept des Nudgings macht sich verhaltenspsychologische Erkenntnisse zunutze, die dem Bedürfnis der Menschen nach Einfachheit, Bequemlichkeit und Gewohnheit entgegenkommen, um ihnen sanft den Weg zu einer alternativen Handlungsweise zu ebnen (UBA 2016). Durch dezente Anreize sollen die Gewohnheit Strukturen von Personen aufgebrochen und mühelos Verhaltensänderungen ermöglicht werden. Dabei wird die Wahlfreiheit der adressierten Personen aufrechterhalten, ein kleiner Schubser in die richtige Richtung soll es ihnen jedoch erleichtern, sich für die vorteilhaftere, nachhaltigere Option zu entscheiden.
● Die Veränderung einer gewohnten Ausgangssituation kann eine einfache Vorgehensweise im Nudging sein. Ist die Fortführung einer alten Gewohnheit für eine Person plötzlich mit mehr Aufwand verbunden, während sich eine alternative Handlungsoption bequem anbietet, wird die weniger umständliche Praxis schnell als neue Normalität akzeptiert (ebd).
● Ein anderer Ansatzpunkt zielt auf die Orientierung von Bürgern an sozialen Normen. Indem Personen die vorbildhaften Gewohnheiten anderer Menschen nahegelegt werden, können Nachahmungseffekte angeregt werden (ebd.).
● Das so genannte “Green Nudging” kann Betrieben dabei helfen, klimafreundliches Verhalten bei ihren Mitarbeitenden zu etablieren (Bremer Energie-Konsens o.J.). Für das Beispiel Wasser könnte ein Sticker neben der Toilette freundlich darauf hinweisen, bei Bedarf die Sparspültaste zu verwenden. Eine andere Anwendung ist in Supermärkten zu finden, wo die Positionierung eines Produkts den Zugriff erleichtert (Gegenteil: “Bückware”).
In einer zukunftsgerichteten Berufsausbildung für die hier betrachteten vier Ausbildungsberufe spielen diese Einflussfaktoren noch keine Rolle, sie dient der Vermittlung der notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, zusammen auch „berufliche Handlungsfähigkeit“ genannt. Ziel ist es, nicht nur die Fachkräfte, sondern auch die Unternehmer von morgen zu bilden und bei ihren Lernprozessen zu begleiten. Diese Fachkräfte und Unternehmer von morgen sollen in die Lage versetzt werden, die Potenziale der Veränderung hin zu mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen zu erkennen und ihren Einfluss auf deren Umsetzung zielgerichtet zu erhöhen. Dazu dienen nachhaltige Kommunikation ebenso wie fundiertes Wissen über relevante Kontexte, also insbesondere über Lieferketten, Zusammenhänge zwischen den betrieblichen Wechselwirkungen und den SDGs sowie der planetaren Kreisläufe.
Allerdings ist zu berücksichtigen, auf welcher Qualifikations- und Hierarchiestufe bzw. in welcher Position einer Kommunikations- und Handlungskette ein Berufstätiger in den hier betrachteten vier Ausbildungsberufe verortet ist. Denn daraus ergeben sich spezifische Gestaltungsoptionen und Gelegenheitsstrukturen (Entscheidungs- bzw. Mitwirkungskompetenzen in der betrieblichen Hierarchie), die mehr oder weniger umfangreich sind. Für die meisten Berufstätigen in diesen vier Berufen dürfte gelten, dass “Die Erfüllung der Arbeitsaufgaben weitgehend vorgegeben” bzw. “teilweise vorgegeben” ist. Vorgaben in diesem Kontext sind Festlegungen durch betriebliche Organisation oder andere Personen z.B. in Form von Arbeits- oder Organisationsanweisungen oder Arbeitsaufträgen. (IG-Metall, o.J.) In der Entscheidungskette über Einkauf, verwendete Rohstoffe und deren Transport stehen Berufstätige der hier betrachteten vier Ausbildungsberufe im branchenüblichen Handlungskontext eher hinten bzw. unten in der Rangfolge. Sie können also selten einen direkten Einfluss auf die Kaufentscheidungen oder die Arbeitsorganisation ausüben. Das hat zur Folge, dass Entwicklungen zu mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen von
Berufstätigen in den hier betrachteten vier Ausbildungsberufen häufig indirekt erfolgen können, aber gegen fundierte, plausible und kollegiale Hinweise wird wohl selten eine vorgesetzte Person (offen) etwas einzuwenden haben.
Für den Blick in die weitere Entwicklung und entsprechende Anforderungen an Wissen, Kompetenzen und Fähigkeiten zur Annäherung an Nachhaltigkeit können Impulse bspw. aus der „Aachener Werkzeugbau Akademie GmbH“ (WBA) herangezogen werden. Sie beziehen sich gemäß dem Namen auf den Werkzeugbau. Doch können die dort zum Ausdruck kommenden Merkmale auch für die anderen drei Metallberufe, also für Fachkraft Metalltechnik, Feinwerkmechaniker_in sowie Fertigungsmechaniker_in als Anregung genutzt werden. In der Vision & Mission der WBA heißt es: „Unser Blick in die Zukunft zeigt eine allgegenwärtige Vernetzung von Systemen, die Digitalisierung von Prozessen und den Einsatz neuer Technologien sowie die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Gesichtspunkte, ohne vollständige Aufgabe ökonomischer Prinzipien. Wir wollen deutsche Werkzeugbaubetriebe dazu befähigen, die Herausforderungen des industriellen Werkzeugbaus zu meistern und die Chancen eines digital vernetzten und nachhaltig agierenden Werkzeugbaus zielgerichtet zu nutzen.“ (WBA o.J.).
In den nachfolgend aufgeführten SDGs werden Bezugspunkte hergestellt, wie Aspekte der Nachhaltigkeit aufgegriffen und umgesetzt werden können, damit die hier betrachteten Ausbildungsberufe Beiträge zur Umsetzung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie leisten können. Auch wenn die SDG auf die globale Entwicklung mit sehr unterschiedlichen und viel gravierenderen Problemen als in Deutschland abzielen (z.B. AIDS in Afrika versus “Wohlstandskrankheiten” in Deutschland), so sind doch alle Länder aufgefordert, einen angemessenen Beitrag zur Verwirklichung der SDGs zu leisten. In dem Dokument DBM wurde aufgezeigt, wie die SDGs mit der Ausbildung der hier betrachteten Metallberufe verbunden sind.
Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie überführt die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN 2015) in eine nationale Strategie. Am 10. März 2021 beschloss die Bundesregierung die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 2021 (Bundesregierung 2021). Ziel ist “ein fortschrittliches, innovatives, offenes und lebenswertes Deutschland, das sich durch hohe Lebensqualität und wirksamen Umweltschutz auszeichnet” Die sechs Nachhaltigkeitsprinzipien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie lauten (ebenda, S. 91 ff.):
1. Nachhaltige Entwicklung als Leitprinzip konsequent in allen Bereichen und bei allen Entscheidungen anwenden,
2. Globale Verantwortung wahrnehmen,
3. Natürliche Lebensgrundlagen erhalten,
4. Nachhaltiges Wirtschaften stärken,
5. Sozialen Zusammenhalt in einer offenen Gesellschaft wahren und verbessern und
6. Bildung, Wissenschaft und Innovation als Treiber einer nachhaltigen Entwicklung nutzen.
Für die Berufsausbildung zu den hier betrachteten Berufen wurden aus der Verknüpfung der Anforderungen aus der Ausbildungsordnung mit denen der SBBP “Umweltschutz und Nachhaltigkeit” relevante Bezüge zu den folgenden sieben SDG hergestellt:
1. SDG 3 – Gesundheit und Wohlergehen
2. SDG 4 – Hochwertige Bildung
3. SDG 7 – Bezahlbare und saubere Energie
4. SDG 8 – Menschenwürdige Arbeit
5. SDG 9 – Industrie, Innovation und Infrastruktur
6. SDG 12 – Nachhaltige/r Konsum und Produktion
7. SDG 13 – Maßnahmen zum Klimaschutz
Glossar
Folgende Abkürzungen werden in diesem Dokument verwendet:
Abkürzung | Bezeichnung |
AO | Ausbildungsordnung |
BMUV | Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit |
Care | Segment der AHV, hier: Krankenhäuser, Pflegeheime |
CO2-Äq | Kohlendioxid-Äquivalente |
FS | Foliensammlung |
HGM | Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial) |
IP | Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial) |
KI | Künstliche Intelligenz |
ÖPNV | Öffentlicher Personennahverkehr |
RLP | Rahmenlehrplan |
SBBP | Standardberufsbildposition |
SDG | Sustainable Development Goals |
THG | Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq) |
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/17281
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.a): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.b): Ausbildung gestalten. Online: BIBB / Reihen / Ausbildung gestalten
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE? Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
SDG 3 Gesundheit und Wohlergehen
“Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern”
Für Deutschland sind die im SDG 3 benannten Themen – Mütter- und Kindersterblichkeit, übertragbare Krankheiten wie AIDS oder TBC vermeiden, Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, selbstbestimmte Familienplanung – eigentlich sehr gering oder kaum bedeutsam. Relevant sind die hier thematisierten Unterziele.
Für den Bereich der Metallberufe ist das Unterziel 3.9 besonders relevant:
● SDG 3.9. „Bis 2030 die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und der Verschmutzung und Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich verringern.“
Hierzu gehört ein umweltverträglicher Umgang mit Chemikalien und allen Abfällen während ihres gesamten Lebenszyklus. Dabei gilt es, die betrieblichen, nationalen und vereinbarten internationalen Rahmenregelungen zu realisieren und die Freisetzung jener Stoffe in Luft, Wasser und Boden erheblich zu verringern. Damit sollen ihre nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Aufgrund der häufig unter Zeitdruck und technischer Innovation stehenden Arbeitsprozesse ist das identifizieren und der kompetente Umgang mit gesundheitsschädlichen Materialien und Werk-/Wertstoffe unerlässlich. Siehe hierzu exemplarisch die Dokumente zum Thema Gefährdungsbeurteilungen der . Damit verbunden ergibt sich von Fall zu Fall wohl auch die Aufgabe, Alternativen zu den im Betrieb häufig eingesetzten Chemikalien und Materialien zu ermitteln und einzusetzen.
Die Schnittmenge für das SDG 3 ergibt sich aus den Nummern a und e der Standardberufsbildposition (BGB 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Um das Einatmen von Gefahrstoffen wie beispielsweise Schleifstäube, Kühlschmierstoff-Aerosol-Dämpfe zu vermeiden, ist bei kurzzeitiger Nutzung für ausreichenden Luftwechsel zu sorgen bzw. im Dauerbetrieb eine angemessene Absaugung zu benutzen. Beim Umgang mit Schleif-, Fräs-, Dreh- und anderen Maschinen muss vor kontrolliert bewegten Teilen geschützt werden. Hierzu gehört zum Beispiel, dass der Abstand zwischen Maschinentisch und feststehenden Teilen der Umgebung bei größter Auslade- und Pendelbewegung mindestens 500 mm betragen sollte. Zudem darf der automatische Vorschub erst nach Spannvorgang schaltbar sein.
Bei Lärm ist am Arbeitsplatz angemessener Gehörschutz zur Verfügung zu stellen und das Verwenden zu veranlassen. Allgemein ist der Arbeitsschutz zu organisieren, indem bspw. die Beschäftigten regelmäßig, mindestens einmal jährlich, unterwiesen und dies dokumentiert werden. Und schließlich müssen regelmäßige Prüfungen der Arbeitsmittel durch eine zur Prüfung befähigte Person durchgeführt und dies dokumentiert werden.
Bei der immer häufiger durchzuführenden Bildschirmarbeit sind spezifische Vorkehrungen und Hinweise zu beachten, wie z.B. soll der Bildschirm so aufgestellt werden, dass die Blickrichtung parallel zum Fenster verläuft und Blendungen, Reflexionen und Spiegelungen vermieden werden. Bildschirmarbeiten sind durch andere Tätigkeiten oder Pausen zu unterbrechen. Zum umfassenden, präventiven Schutz sollte regelmäßig arbeitsmedizinische Vorsorge für Bildschirmarbeit angeboten werden. Maßgeblich sind hierfür die Arbeitsblätter der Berufsgenossenschaft Holz und Metall.
Berufsspezifische Besonderheiten
Die Herausforderung, für diese vier Metallberufe nachhaltig Gesundheit und Wohlergehen zu gewährleisten, ist hier in prinzipiellen Zügen beschrieben worden. Hier soll dies kurz konkretisiert werden. Nachhaltigkeit bedeutet auch, den eigenen unmittelbaren Wirkungsbereich zu überschauen und dessen Voraussetzungen und Auswirkungen zu verstehen, sowie möglichst zu verbessern helfen. So sind die Abbaumethoden wichtiger Metalle und Seltener Erden, die meist in Ländern des globalen Südens erfolgen, meist extrem gesundheitsschädlich, finden unter ausbeuterischen Bedingungen und manchmal unter sklavenartigen Bedingungen statt. Gesundheit und Wohlergehen werden dabei keineswegs gewährleistet. Bei Kenntnis, dass dies auch für die Lieferung des eigenen Betriebs der Fall ist, kann gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen sowie den jeweils Zuständigen (z.B. Beschaffungswesen) nach Alternativen gesucht und Veränderungen (andere Zulieferer) vorgenommen werden.
Gesunde Beschäftigte als Ressource
Die Beschäftigten sind die wichtigste Ressource eines Unternehmens. Weitgehend wird heute anerkannt, dass gesunde, engagierte und motivierte Mitarbeiter und menschengerechte Arbeitsbedingungen die Grundvoraussetzungen für Leistungs- und Zukunftsfähigkeit, für gesteigerte Produkt- und Dienstleistungsqualität, für Kundenorientierung und damit letztlich für den Unternehmenserfolg sind (qualifizierte und gesunde Mitarbeiter als Motor des Erfolges von Unternehmen!). Neben der betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise, erlangen somit soziale und kulturelle Aspekte Bedeutung für den Unternehmenserfolg. (Bruch; Kowalewski o.J.) Der Erhalt der Gesundheit ist somit ein wichtiges Element der Personalarbeit und eine wichtige Führungsaufgabe des Managements. Dabei wird zwischen der Verhaltens- und Verhältnisprävention unterschieden. Die Verhaltensprävention bezieht sich auf den einzelnen Beschäftigten und sein Gesundheitsverhalten. Die Verhältnisprävention ist u.a. auf die gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeitsbedingungen, der Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsorganisation gerichtet. Während bei der Gestaltung der Verhältnisprävention das Unternehmen direkt wirksam werden kann, können bei der Verhaltensprävention den Beschäftigten nur Angebote zur Veränderung seines Gesundheitsverhaltens gemacht werden (Raucherentwöhnungskurse, Fitnessangebote, Ernährungsberatung) Dafür kann u.a. die Zusammenarbeit mit den Krankenkassen, die entsprechende Angebote verfügen, genutzt werden (Axt, T. 2021).
Gesundheitliche Risiken für die vier Metallberufe
Tätigkeiten an diesen metallverarbeitenden Arbeitsplätzen können für die an dem Arbeitsprozess beteiligten Personen mit hohen gesundheitlichen Risiken verbunden sein. Die Gefährdungen vergrößern sich vor allem dann, wenn z.B. die Maschinen, die zur Zerspanung oder Geräte mit beweglichen Teilen eingesetzt werden, in engen Räumen installiert sind und mehrere Arbeitskräfte an der Bedienung wirken und sich abstimmen müssen. Die potenziellen Gefahren an einem derartigen Arbeitsplatz entstehen u.a. durch:
● abfliegende Späne bei rotierenden Maschinenelementen und Werkstücken,
● Beanspruchung des Stütz- und Bewegungsapparates durch einseitige körperliche Belastungen in Verbindung mit Zwangshaltungen,
● Lärmbelastung und Gefahr einer Gehörschädigung beim Drehen, Fräsen, Schleifen,
● Beeinträchtigung der Haut durch Kontakt mit Kühlschmierstoffen und Lösemitteln, Klebern (Allergien, Infektionen),
● Gesundheitsgefahren für die Atmungsorgane durch Einatmen von Stäuben und Dämpfen (flüchtige Lösungsmittel)
Gefährdungen durch Kühlschmierstoffe
Besonders der Einsatz von Kühlschmierstoffen (KSS) kann zu Gefährdungen führen. Einige in KSS enthaltene Stoffe (Nitrosamine, Diethylenglykol, verschiedene Lösungsmittel), sind gesundheitlich bedenklich, jedoch können die Risiken minimiert werden, wenn die Richtlinien, Sicherheits- und Herstellungsvorschriften für den Umgang mit und den Einsatz von wassermischbaren Kühlschmierstoffen (Der Metallarbeiter, 2000), vor allem die TRGS (Technische Richtlinie Gefahrstoffe) 611, eingehalten werden. Trotz der kontinuierlichen Reduzierung z.B. von Nitrosaminen sind immer noch verschiedene giftige und mindergiftige (vor allem in Form von Bioziden wie z.B. Formaldehyd Depotstoffe, Thiazole oder Isothiazolinone), also gesundheitsschädliche Stoffe, vor allem aber auch Allergene (besonders in Additiven oder Antioxidantien) enthalten (Koch 1996).
Ein Problem besteht darin, dass die KSS durch schnelllaufende Werkzeuge vernebelt werden und Aerosole bilden. Diese gelangen beim Einatmen in den Körper: Kühlschmierstoffe, die nicht der TRGS 611 entsprechen, können krebserregend sein und über das Einatmen der Aerosole Lungenkrebs verursachen.
Zusammenfassung der Risiken von Kühlschmierstoffen:
● direkter Kontakt mit KSS kann zu Erkrankungen der Haut führen (Kontaktekzem)
● Augenkontakt mit KSS kann zu unterschiedlich heftigen Reizungen der Augen führen
● Einatmen von Dämpfen oder Aerosolen von KSS, oftmals sind Reizungen und Erkrankungen der Atemwege die Folge
● Aufnahme einzelner Bestandteile der KSS über Luft und Haut kann zu Erkrankungen innerer Organe führen, z.B. Niere und Leber werden durch Diethylenglykol, oder die Nerven durch Lösungsmittel angegriffen.
● Gefährdung der Umwelt bei nicht vorschriftsgemäßer Entsorgung
Maßnahmen für einen sicheren Einsatz von KSS
Für den Umgang mit Kühl-Schmierstoffen gibt es ausreichend Hinweise, wie dieser nachhaltig gestaltet werden kann (Safety eXperts, 2023).
Hierzu gehört die Suche nach Alternativen (z.B. die Trockenbearbeitung und die Minimalmengenschmierung). sind mögliche Alternativen.
Hinzu kommt die Organisationsoptimierung für den sicheren Einsatz von Kühlschmierstoffen (z.B. durch Begrenzung der Dauer und des Umfangs des Kontakts mit den KSS durch Arbeitsorganisatorische Maßnahmen wie durch Vorgabe einer bestimmten Zeit pro Schicht / Prozess, oder auch Organisation ausreichender Lüftungsmöglichkeiten, Verlagerung der Arbeiten mit KSS in möglichst großen Räumen bzw. Hallen).
Die Schulung von Mitarbeitern z.B. durch regelmäßige Sicherheitsunterweisungen und das gemeinsame Besprechen der Sicherheitsdatenblätter zu den KSS (Safety eXperts, 2023).
Prüfung und Entsorgung von Kühlschmierstoffen kann z.B. durch einen Prüfplan unterstützt werden, in dem die Sollwerte für Kühlschmierstoffe festgehalten sind und deren regelmäßige Kontrolle und Dokumentation, zeigt, ob die Vorgaben eingehalten werden.
Schließlich sind weitere Informationen zum sicheren Umgang mit Kühlschmierstoffen auf der Homepage der Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. zu finden (DGUV o.J.)
Quellenverzeichnis
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Bundesministerium für Arbeit und Soziales (o.J.) Arbeitsschutz https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsschutz/Technischer-Arbeitsschutz/technischer-arbeitsschutz.html
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (o.J.) Produktsicherheitsgesetz https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsschutz/Produktsicherheit/produktsicherheitsgesetz.html;jsessionid=B2EA53A9DFFF73A598D72099B8DBB006.delivery1-replication
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Bruch, Heike; Kowalewski, Sandra (o.J.): Gesunde Führung. Online: https://www.gesundebetriebe-aargau.ch/files/public/literatur/pdf/gesunde-fuehrung-wie-unternehmen-eines-gesunde-performancelkultur-entwickeln.pdf
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Koch et al.: Kontaktallergien bei Metallarbeitern. Dermatosen 44, 62-67 (1996). Der Metallarbeiter. Umwelt und berufsdermatologisches Bulletin. Hrsg. Fa. Asche AG, Nr. 89 (2000)
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Safety eXperts (2023): Kühlschmierstoffe: 8 Gefahren und Schutzmaßnahmen https://www.safetyxperts.de/gefahrstoffe-und-gefahrengut/kuehlschmierstoffe/
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SDG 4 Hochwertige Bildung
“Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern”
Das SDG zielt primär auf die globale Entwicklung von guten Bildungssystemen ab. Bildung ist die Grundlage dafür, dass Menschen ihre Situation individuell verbessern können. Im Berufsbildungssystem ist Deutschland weltweit führend – trotz einiger Defizite wie Personalausstattung, Digitalisierung oder knappe Investitionsbudgets – viele Länder versuchen ein ähnliches Berufsbildungssystem wie in Deutschland aufzubauen. Neben der individuellen Bildung als Ressource gilt es, Menschen für nachhaltige Entwicklung zu bilden, damit sie ihre eigenen Handlungen mit den Konsequenzen für die Umwelt verstehen und Veränderungen angehen können, um z.B. neue Entdeckungen zu machen oder Neues zu entwickeln – denn das ist die Grundlage von nachhaltiger Entwicklung (BMBF, 2022):
Insofern ist vor allem das Unterziel 4.7 relevant:
● 4.7 Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung
Das SDG 4 spiegelt sich in der fachlichen Unterrichtung der Stichpunkte der anderen SDG wider, mündet aber in den Positionen e und f der neuen Standardberufsbildposition (BMBF 2022):
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
10 “Goldene Handlungsregeln” für eine BBNE
Die Nachhaltigkeitsforschung und die Bildungswissenschaften haben inzwischen umfassende Erkenntnisse gesammelt, wie eine berufliche Bildung für Nachhaltigkeit gefördert werden kann (Schütt-Sayed u.a. 2021; Kastrup u. a. 2012; Melzig u.a. 2021). Das Ergebnis sind die folgenden 10 didaktischen Handlungsregeln, die das Berufsbildungspersonal dabei unterstützen, Lehr-/Lernprozesse zielgruppengerecht und angemessen zu gestalten. Diese insgesamt 10 Handlungsregeln lassen sich in vier Schritten zuordnen.
Schritt 1 - Richtig anfangen: Identifizierung von Anknüpfungspunkten für BBNE
1. Ansatzpunkte: Fordern Sie die Verantwortung im eigenen Wirkungsraum heraus, ohne die Berufsschüler und Berufsschülerinnen mit „Megaproblemen“ zu überfordern!
2. Anknüpfungspunkte: Die Curricula sind Grundlage der Lehr-/Lernprozesse – es kommt darauf an, sie im Sinne der Nachhaltigkeit neu zu interpretieren!
3. Operationalisierung: Nachhaltigkeit ist kein „Extra- Thema“, sondern ein integraler Bestandteil des beruflichen Handelns!
Um nachhaltigkeitsorientierte Lehr-/Lernarrangements zu entwickeln, sind zunächst Anknüpfungspunkte für Nachhaltigkeit in den betrieblichen Abläufen zu identifizieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausbildungsordnungen und Lehrpläne die rechtliche Grundlage der beruflichen Bildung sind. Es gilt diese im Sinne der Nachhaltigkeit zu interpretieren, sofern nicht bereits konkrete Nachhaltigkeitsbezüge enthalten sind.
Wichtig ist dabei, dass Auszubildende nicht mit den „Megaproblemen“ unserer Zeit überfordert werden, sondern zur Verantwortung im eigenen Wirkungsraum herausgefordert werden – sowohl im Betrieb als auch im Privaten. Denn Auszubildende sind selbst Konsument/-innen, die durch eine angeleitete Reflexion des eigenen Konsumverhaltens die Gelegenheit erhalten, ihre „Wirkungsmacht“ im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in ihrer eigenen Branche zu verstehen.
Schritt 2 - Selbstwirksamkeit schaffen: Eröffnung von Nachhaltigkeitsorientierten Perspektiven
4. Handlungsfolgen: Berufliches Handeln ist nie folgenlos: Machen Sie weitreichende und langfristige Wirkungen erkennbar!
5. Selbstwirksamkeit: Bleiben Sie nicht beim „business as usual“, sondern unterstützen Sie Schüler*innen dabei, Alternativen und Innovationen zu entdecken!
6. Zielkonflikte: Verstecken Sie Widersprüche nicht hinter vermeintlich einfachen Lösungen, sondern nutzen Sie sie als Lern- und Entwicklungschancen!
7. Kompetenzen: Bildung für nachhaltige Entwicklung verbindet Wahrnehmen, Wissen, Werten und Wirken!
Im nächsten Schritt sind nachhaltigkeitsorientierte berufliche Perspektiven für die Auszubildenden zu eröffnen. Diese sollten an einer positiven Zukunftsvision und an Lösungen orientiert sein. Auszubildenden sind dabei die weitreichenden Wirkungen ihres Handelns vor Augen zu führen. Sie sollen verstehen können, warum ihr Handeln nicht folgenlos ist. Das bedeutet gleichzeitig, Auszubildenden die positiven Folgen eines nachhaltigen Handelns vor Augen zu führen. In diesem Zusammenhang ist die Selbstwirksamkeitserfahrung von großer Bedeutung. Sie ist eine der Voraussetzungen, um motiviert zu handeln. Auszubildende dabei zu unterstützen, Alternativen zum nicht-nachhaltigen Handeln zu erkennen und Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung zu entdecken, sollte dabei für Lehrpersonen selbstverständlich sein. Dabei ist immer die individuelle Motivation der Auszubildenden entscheidend, denn zum nachhaltigen Handeln braucht es nicht nur Wissen (Kopf), sondern auch authentisches Wollen (Herz). Wesentlich ist hierbei die Gestaltung ganzheitlicher Lernprozesse, die sowohl den kognitiven als auch den affektiven und psychomotorischen Bereich einbeziehen (vgl. Költze, S.206).
Schritt 3 - Ganzheitlichkeit: Gestaltung transformativer Lernprozesse
8. Lebendigkeit: Ermöglichen Sie lebendiges Lernen mit kreativen und erfahrungsbasierten Methoden!
9. Beispiele: Nutzen Sie motivierende Beispiele: Sprechen Sie über Erfolgsgeschichten, positive Zukunftsvisionen und inspirierende Vorbilder!
Aber wie können Lernsituationen in der Praxis so gestaltet werden, dass sie ganzheitlich aktivierend für die Auszubildenden sind? Es sollte ein lebendiges Lernen mit Hilfe kreativer, erfahrungsbasierter Methoden ermöglicht werden. Dies ist ein grundlegender (kein neuer) didaktischer Ansatz für die Förderung einer nachhaltigkeitsorientierten Handlungskompetenz. Im Kern bedeutet dies: Lernen mit Lebensweltbezug, welches ausgerichtet ist auf individuelle Lebensentwürfe und das eigene (auch künftige) berufliche Handlungsfeld, z.B. indem Recherchen im eigenen Unternehmen zu Möglichkeiten der Energieeinsparung durchgeführt werden. Lernen soll vor diesem Hintergrund vor allem unter Berücksichtigung der Sinne stattfinden, d. h. mit Körper und Geist erfahrbar sowie sinnlich-stimulierend sein. Die Auszubildenden sollen sich dabei zudem als Teil einer gestalterischen Erfahrungsgemeinschaft erleben. Dies kann durch gemeinsame Reflexionen über das eigene Verhalten und persönliche Erfahrungen gefördert werden. Hierfür muss unbestritten immer auch der „Raum“ zur Verfügung stehen (Hantke 2018). Ebenso können motivierende Beispiele helfen – wie z.B. Erfolgsgeschichten und inspirierende Vorbilder.
Schritt 4 - Lernort Betrieb: Entwicklung nachhaltiger Lernorte
10. Lernende Organisationen: Auch Organisationen können “Nachhaltigkeit lernen“: Entwickeln Sie Ihre Institution Schritt für Schritt zum nachhaltigen Lernort!
Schließlich geht es im vierten Schritt darum, den Lernort in den Blick zu nehmen und diesen als nachhaltigen Lernort zu gestalten. Den gesamten Betrieb nachhaltig auszurichten ist u. a. deshalb entscheidend, da andernfalls die an Nachhaltigkeit orientierten Inhalte der Ausbildung wenig glaubwürdig für Auszubildende sind. Der Betrieb als Institution sollte dafür an einem gemeinschaftlichen Leitbild ausgerichtet sein, welches neben den üblichen ökonomischen auch soziale und ökologische Ziele beinhaltet. So kann BBNE überzeugend in die Organisation integriert und vom betrieblichen Ausbildungspersonal umgesetzt werden.
Schließlich sollten Auszubildende auch sensibilisiert werden auf absehbare künftige Entwicklungen in der Branche und deren Relevanz für eine nachhaltige Entwicklung, also deren jeweiligen Chancen und Risiken. Beispielhaft kann Digitalisierung und deren weitere Nutzung im Werkzeugbau angeführt werden. Hierzu wären neue Entwicklungen computergesteuerter Werkzeuge, sowie der Einsatz von KI oder auch die punktuelle Nutzung von 3D-Druck zum Beispiel im Formenbau oder der Herstellung von Prototypen. Auf allgemeiner Ebene laufen hierzu Forschungsprojekte, um die diesbezüglichen Möglichkeiten oder Gefahren (Vor- und Nachteile) zu eruieren.
Im Rahmen von SDG 4 sind noch zwei weitere Unterziele zu erwähnen, wenngleich diese eher Rahmenbedingungen für die BBNE thematisieren. Es handelts sich um das Unterziel 4.3: „Bis 2030 den gleichberechtigten Zugang aller Frauen und Männer zu einer erschwinglichen und hochwertigen fachlichen, beruflichen und tertiären Bildung einschließlich universitärer Bildung gewährleisten“ und das Unterziel 4.5: „Bis 2030 geschlechtsspezifische Disparitäten in der Bildung beseitigen und den gleichberechtigten Zugang der Schwachen in der Gesellschaft, namentlich von Menschen mit Behinderungen, Angehörigen indigener Völker und Kindern in prekären Situationen, zu allen Bildungs- und Ausbildungsebenen gewährleisten.“
Hierzu gilt es, Sensibilität und Toleranz zu entwickeln – inklusive angemessener Kommunikationskompetenzen. Dies ist in der Vielfalt unterschiedlicher Betriebsstätten und Arbeitsplätze selbstverständlich von sehr unterschiedlicher Bedeutung und Herausforderung.
Berufsspezifische Besonderheiten
Die Herausforderung, für die vier Metallberufe eine angemessene, hochwertige und nachhaltige Bildung anzubieten, ist nun in prinzipiellen, groben Zügen beschrieben worden. Hier soll dies kurz konkretisiert werden. Vor allem geht es um das Erkennen von Zusammenhängen und den angemessenen Umgang damit. Hierzu gehören einerseits die unmittelbaren fachlichen Kenntnisse, aber auch die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die unmittelbaren Produktionsprozesse im Betrieb. Das sind einerseits vor allem die verwendeten Rohstoffe, Energie und Werkstoffe, deren Vorhandensein, Zugänglichkeit, Abbaumethoden und deren ökologischen und sozialen sowie ökonomischen Folgen, deren Beschaffung und Transportbedingungen. Das sind andererseits die konkrete nachhaltige Nutzung im unmittelbaren Arbeitsprozess im Betrieb (Stichwort: Sparsamkeit, Effizienz, Effektivität, Achtsamkeit). Und schließlich sind dies die spätere Distribution des produzierten oder bearbeiteten Objekts, sei es ein Werkstück, Bauteil, eine Maschine oder Anlage (also dessen interner oder externer Vertrieb) sowie deren Nutzung und Anwendung. Wie weiter oben erwähnt, sind manche dieser Aspekte im direkten Aufgabenbereich der Vorgesetzten und leitenden Kolleginnen und Kollegen. Gleichwohl können von den unmittelbar befassten Facharbeiterinnen und Facharbeitern sachdienliche und konstruktive Hinweise gegeben werden. Derartige Hinweise können sich auf Konstruktionsaspekte beziehen (Einsparung von Energie und Material, Reduzierung von Abfall oder Ausschuss) oder alternative Materialien und Energiequellen.
Quellenverzeichnis
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Kastrup, Julia; Kuhlmeyer, Werner; Nölle-Krug, Marie (2022): Aus- und Weiterbildung des betrieblichen Bildungspersonals zur Verankerung einer Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: MICHAELIS, Christian; BERDING, Florian (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Umsetzungsbarrieren und interdisziplinäre Forschungsfragen. Bielefeld 2022, S. 173-189
Költze, Horst (1993): Lehrerbildung im Wandel. Vom technokratischen zum humanen Ausbildungskonzept. In Cohn, Ruth C.; Terfurth, Christina (Hrsg.): Lebendiges Lehren und Lernen. TZI macht Schule. Klett-Cotta. S. 192 – 212
Handke, Harald (2018): „Resonanzräume des Subpolitischen“ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen – eine Forschungsheuristik vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsidee. In bwp@Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online (Nr. 35), 2018, S. 1-23.
Melzig, Christian; Kuhlmeyer, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg. 2021): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. Bonn 2021. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
Schütt-Sayed, Sören; Casper, Marc; Vollmer, Thomas (2021): Mitgestaltung lernbar machen – Didaktik der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: Melzig, Christian; Kuhlmeier, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. S. 200-227. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
SDG 7 Bezahlbare und saubere Energie
“Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern”
Das SDG 7 fordert “Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern”, und beinhaltet soziale und ökologische Anforderungen an den Klimaschutz. Für den Bereich Werkzeugbau und Werkzeugmechaniker_in sind daher vor allem die erste drei Unterziele relevant:
● SDG 7.1: “Bis 2030 den allgemeinen Zugang zu bezahlbaren, verlässlichen und modernen Energiedienstleistungen sichern.”
● SDG 7.2: “Bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energie am globalen Energiemix deutlich erhöhen.”
● SDG 7.3: “Bis 2030 die weltweite Steigerungsrate der Energieeffizienz verdoppeln.”
“Saubere Energie”, wie dies in SDG 7 genannt wird, bedeutet heute für den Klimaschutz grundsätzlich der Umstieg auf erneuerbare Energien (EE) sowie eine höhere Energieeffizienz. Weitere Probleme der Energieerzeugung in Bezug auf Nachhaltigkeit betreffen sowohl den Umweltschutz und die Arbeitsbedingungen bei der Rohstoffgewinnung sowie ökologische und Gesundheitsfolgen der Energienutzung, insbesondere bei der Verbrennung.
Die Schnittmenge für das SDG 7 ergibt sich aus den Nummern a und b der Standardberufsbildposition (BGB 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Erneuerbare Energien
Die einfachste Maßnahme zum Umstieg auf erneuerbare Energien ist der Bezug von Ökostrom. Die Produktion erfolgt dabei in der Regel aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasserkraft. Im ersten Halbjahr 2022 lag der Anteil der Erneuerbaren bei 51,6%. Da die Stromerzeugung aus den verschiedenen Quellen schwankt, zeigt erst die Jahresendbilanz, wie die Verteilung sein wird. In 2021 stammten 23% der gesamten Stromproduktion aus Windkraft, 9,8% aus der Fotovoltaik, 8,8% aus Biomasse und 4% aus Wasserkraft. Braun- und Steinkohle lieferten 20,7% des Stroms, Erdgas 10,5% und die Kernenergie gut 13,3% (Stromreport 2022).
Aus heutiger Sicht ist in Deutschland der weitere Ausbau nur bei Sonnen- und Windenergie nachhaltig. Die Nutzung von Wasserkraft ist hier im Wesentlichen erschöpft, weitere Stauseen sollten aus Landschaftsschutzgründen nicht angelegt werden. Allerdings bedingt die Fluktuation der Erneuerbaren auch die Herausforderung, Energiespeicher zu bauen. Die kostengünstigste Möglichkeit wären Pumpspeicherkraftwerke. Der Ausbau der Biomassenutzung aus Agrarpflanzen, die auch der Ernährung dienen können (Mais, Getreide), stellt eine nicht verantwortbare Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion dar und steht im Konflikt zum SDG 1 “Kein Hunger”. Der energetische Wirkungsgrad der Biomassenentstehung ist mit 0,5 – 1,5% (Pflanzenforschung 2020) zudem wesentlich geringer als der von Fotovoltaik mit in der Regel 15 – 22% (Eigensonne o.J.). Wenn der Bezug von EE-Strom besonders nachhaltig sein soll, ist daher darauf zu achten, dass er aus möglichst aktuell neuen effizienten Wind- oder Solaranlagen stammt. Dieser Strom wird von verschiedenen Einrichtungen wie dem TÜV oder dem Grüner Strom Label e.V. zertifiziert (Ökostromanbieter o.J.)
● Solarenergie: Solarenergie mit gut 21% der EE-Stromproduktion (Stromreport 2022) ist seit 2007 stark ausgebaut worden und damit die jüngste breit genutzte Stromquelle (vgl. die Graphik auf Wikimedia 2020). Ab 2013 stagnierte der Zuwachs von Solarenergie, weil die Konditionen der Einspeisung verschlechtert wurden. Insbesondere die Energiekrise im Zuge des Krieges von Russland zeigt, dass der Ausbau jetzt stark beschleunigt werden muss.
● Windenergie: 50 % des EE-Stromes in Deutschland wurden 2021 aus Windenergie erzeugt (Stromreport 2022). Der Ausbau hat wesentlich in den Jahren von 2000 bis 2017 stattgefunden. Seitdem ist der Zuwachs geringer, weil sich lokal viele Menschen gegen Windkraftanlagen wehren. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges und dem damit verbundenen westlichen Sanktionen und dem Gaslieferstopp Russlands, sowie seit den deutlichen Auswirkungen der Klimakrise (Waldbrände, Flut), werden wieder höhere Ausbauziele der Windenergie genannt.
● Wärmeerzeugung: Zur Wärmeerzeugung wird Bioenergie (insbesondere Festbrennstoffe wie Holz) und Umgebungs- bzw. bodennahe Erdwärme eingesetzt. Wie bei der Stromerzeugung gibt es für die Verbrennung von Biomasse kein Wachstumspotenzial mehr, sondern muss auf “ein naturverträgliches Maß begrenzt” werden (UBA 2021b). Im Gegensatz dazu setzt die Bundesregierung auf den Ausbau der Nutzung von Umgebungswärme, wozu auch die bodennahe Erdwärme gehört (Tagesschau 2022). Die Nutzung erfolgt wie bei einem Kühlschrank oder einer Klimaanlage mittels einer Wärmepumpe. Hier wird die “warme Seite” der Wärmepumpe benutzt. Die Pumpe entzieht der Umgebung (z.B. dem Erdreich) mit einem Kältemittel Wärme und kühlt sie dabei ab. Ein Kompressor verdichtet das Kühlgas und erhöht dabei dessen Temperatur, sodass die Heizung versorgt werden kann. Das Kältemittel kondensiert dabei und gibt die Wärme frei. In einem Ventil verdampft das Kühlmittel wieder, kühlt sich dabei stark ab und kann aufs Neue der Umgebung Wärme entziehen. Für diesen Prozess wird elektrischer Strom benötigt. Dieser muss aus Klimaschutzgründen sinnvollerweise aus Sonnen- oder Windenergie gewonnen werden.
Umweltschutz und Arbeitsbedingungen bei der Rohstoffgewinnung
Rohstoffe für Akkus
Für den Umstieg auf EE werden allgemein Speichermedien benötigt. Im Strombereich sind dies z.B. Akkus für E-Autos. Bisher erfolgt der Abbau des hierfür meist genutzten Lithiums häufig weder sozial noch umweltverträglich, z.B. in Lateinamerika. Eingesetzte Chemikalien und Schwermetalle werden freigesetzt. Kinderarbeit kommt immer noch vor. Wie auch in anderen Bereichen des Bergbaus kann Verbot von Kinderarbeit, eine ökologische und soziale Zertifizierung (Fairtrade) zu “besserem” Lithium führen (Schulz, 2020).
Ökologische und Gesundheitsfolgen der Energienutzung
Heute sind Gesundheitsfolgen durch Feinstaub und Stickoxiden relevant. Ihnen wird mit Filteranlagen, Katalysatoren, AdBlue und strengen Abgasnormen begegnet. Auch der Umstieg auf E-Mobilität trägt zur Reduktion dieser Schadstoffe bei, da diese in Elektromotoren nicht entstehen.
Flächenkonkurrenz
Flächenkonkurrenz gibt es grundsätzlich für alle Einrichtungen und Aktivitäten. Wo ein Auto parkt, kann kein Fahrrad stehen, wo eine Schule gebaut wird, finden keine Wohngebäude mehr Platz. Bei den fossilen Energien ist die im Tagebau gewonnene Braunkohle das offensichtliche Beispiel für Flächenverbrauch und damit Konkurrenz. Innerhalb der EE ist Bioenergie besonders flächenintensiv. Ihr Energieertrag liegt zwischen 1,5 und 7 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr [kWhth/m2/a]. Für andere EE liegen die Werte z.B. für die bodennahe Geothermie: bei 30 – 40 und für Solarwärme bei 100 bis 230 kWhth/m2/a (Dumke, 2017). PV liegt mit der Energiedichte in der Nähe von Solarwärme und für Wind ist der Wert noch höher. Hier hängt die Angabe aber davon ab, wie der “Flächenverbrauch” definiert wird.
Anwendungsmöglichkeiten
Photovoltaik
Jede gut dimensionierte Eigenverbrauchsanlage lohnt sich wirtschaftlich. Das gesetzliche Förderregime, etablierte Technik und Branchenstandards sorgen dafür, dass diese Investition risikoarm ist. So können sich Unternehmen gegen hohe Strompreise absichern. Schon seit einiger Zeit haben sich die relevanten Rahmenbedingungen hin zu einer Stärkung der Photovoltaik entwickelt, denn durch die deutlich gesunkenen Errichtungskosten ist Photovoltaik die günstigste Energieform in beinahe jedem Markt der Welt; auch in Deutschland. Hieraus ergeben sich neue Chancen und Geschäftsmodelle für Immobilienbesitzer und Gewerbetreibende. Zudem kommt die Solardachpflicht für Neubauten.
Es gibt verschiedene Technologien. Weit verbreitet sind Solarzellen aus kristallinem Silizium, sie werden mit über 90% am häufigsten verbaut. Als Ausgangsmaterial für ihre Herstellung dient Siliziumdioxid (SiO2) das als Quarzsand oder Quarzkristall abgebaut wird.
Dünnschicht-Solarmodule
Der Herstellungsprozess der Dünnschicht-Solarmodule unterscheidet sich grundsätzlich von dem der Solarmodule aus kristallinem Silizium. Zwar bestehen die Solarzellen ebenfalls aus elektrischen Kontakten und einem absorbierenden Material, in dem im Zusammenspiel mit weiteren Schichten auch die Trennung der Ladungsträger stattfindet. Diese Schichtstapel werden aber direkt aus einem Trägermaterial hergestellt. Die Dicke der Schichtstapel liegt in der Regel unter 5 µm, wobei die -lichtabsorbierende Schicht nur 1-3 µm einnimmt, also etwa hundertmal weniger als bei den Solarzellen aus kristallinem Silizium. Andere Technologien, die auf dem PV-Markt noch nicht messbar sind, aber ein hohes Potenzial haben, sind Farbstoffsolarzellen (auch Grätzel-Solarzellen genannt), organische Solarzellen, Hybridkollektoren und hocheffiziente Solarzellen in Kombination mit einer Optik, die das Sonnenlicht auf die Solarzellen bündelt (Konzentrator-Solarzellen).
Hauptsächlich gibt es zwei Arten für Photovoltaikanlagen: Aufdachmontage sowie Bodenmontage (Freiflächenmontage). Als dritte Art kann die gebäudeintegrierte Photovoltaik aufgefasst werden, bei der die Module direkt in ein Gebäude z. B. als Fassade integriert sind.
Wärme
Sonnenenergie wird neben der Erzeugung von elektrischer Energie auch zur Erzeugung von Wärme genutzt. Für die Bereitstellung und Nutzung von Solarwärme kommen verschiedene Techniken zum Einsatz. Die wichtigsten Komponenten sind Kollektoren, Speicherung und Einbindung. Hinsichtlich der Kollektoren ist inzwischen ein breites Spektrum an Typen verfügbar und weit verbreitet. Auch bei der Speicherung bieten sich je konkretem Bedarf mehrere Möglichkeiten an. In der Regel ist ein Pufferspeicher zentraler Bestandteil einer solaren Prozesswärmeanlage, da das Solarangebot nicht immer mit dem Wärmebedarf der zu versorgenden Verbrauchsstellen zeitlich übereinstimmt. Neben sogenannten Schwachlastphasen innerhalb eines Produktionstages können dies auch ganze Tage ohne Wärmebedarf, z.B. am Wochenende sein. Da bei den meisten Anwendungsfällen in Industrie und Gewerbe am Wochenende kein oder nur ein sehr geringer Wärmebedarf vorhanden ist, sollte ein Pufferspeicher derart dimensioniert werden, dass er den Solarertrag von mindestens einem Tag speichern kann.
Bei der Einbindung von Solarwärme lässt sich grundsätzlich die Versorgungs- von der Prozessebene unterscheiden. Viele Industrie- oder Gewerbebetriebe haben ein zentrales Kesselhaus zur Erzeugung und ein Rohrnetz zur Verteilung der Wärme an die Verbrauchsstellen. Je nach Nutztemperatur wird die Wärme über Dampf (140-200 °C), Heißwasser (90-160 °C) oder Warmwasser (<100 °C) verteilt und direkt oder indirekt über einen Wärmeüberträger an die Wärmesenke abgegeben.
Energieeffizienz
Bei der Energieeffizienz geht es darum, Geräte und Maschinen zu nutzen, die bei gleicher Funktionserfüllung einen geringeren Energiebedarf haben. Effizienz ist dabei eine relationale Größe, die sich auf mindestens zwei vergleichbare Arten bezieht, Energie zu nutzen. Dann kann bestimmt werden, welche Art effizienter ist. Unter Energieeffizienz wird somit also die rationelle Verwendung von Energie verstanden. Im Europäischen Wirtschaftsraum gibt die Energieeffizienzkennzeichnung gemäß Verordnung (EU) 2017/1369 Auskunft über die Energieeffizienz von Elektrogeräten und weiteren Energieverbrauchern. Daneben gibt es zahlreiche weitere Kennzeichen, wie z.B. der Energy Star, ein US-amerikanisches Umweltzeichen für energiesparende Geräte, Baustoffe, öffentliche/gewerbliche Gebäude oder Wohnbauten (www.energystar.gov).
Energiesparen
Eine weitere Art Energie rationell zu nutzen ist das Energiesparen. Eine typische Maßnahme, um Energie zu sparen, ist der Verzicht auf den „Stand-by-Betrieb“ von Elektrogeräten. Allein in Deutschland kostet der Stromverbrauch durch Leerlaufverluste mehrere Milliarden Euro pro Jahr. EU-weit werden die Leerlaufverluste auf jährlich 51 Mrd. Kilowattstunden geschätzt. Dies entspricht einer Energiemenge, die etwa 14 Großkraftwerke mit jeweils 800 Megawatt Leistung pro Jahr erzeugen und dabei etwa 20 Mio. t CO2 in die Atmosphäre emittieren.
Berufsspezifische Besonderheiten
Die Herausforderung, für die Ausbildung zu den vier Metallberufen den Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie zu sichern, ist nun in prinzipiellen, groben Zügen beschrieben worden. Hier soll dies kurz konkretisiert werden. Im unmittelbaren Arbeitsprozess kann bereits geprüft werden, ob beispielsweise Energie eingespart werden kann, ob Arbeitsschritte verkürzt oder ersetzt werden können. Darüber hinaus ist die Frage der im Betrieb verwendeten Energieform von großer Bedeutung für die Nachhaltigkeit des jeweiligen Unternehmens. Insofern immer deutlicher wird, dass die Nutzung fossiler Energieträger in Zukunft immer schwieriger und teurer werden wird, dass die immer weiter eingeschränkt werden wird, ist ein Umstieg in eine passende Form regenerativer Energie vor Ort – also der Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie von hoher Wichtigkeit für die weitere Existenz des Betriebs.
Quellenverzeichnis
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SDG 8 Menschenwürdige Arbeit
“Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und
menschenwürdige Arbeit für alle fördern”
In der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wird zum SDG 8 auf das Leitbild „Soziale Marktwirtschaft“ verwiesen (Bunderegierung 2021: 2214):
„Soziales Ziel ist es, unternehmerische Freiheit und funktionierenden Wettbewerb mit sozialem Ausgleich und sozialer Sicherheit zu verbinden. Mit Hilfe der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, wie fairer Wettbewerb, Unternehmerverantwortung, Sozialpartnerschaft, Mitbestimmung und gerechte Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir auch in Zukunft noch Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung haben.“
Hinsichtlich des SDG 8 sind zwei Ebenen zu betrachten: Eine nationale Ebene und die globale Ebene.
Auf der nationalen Ebene steht Deutschland laut der „European Working Survey” hinsichtlich der Arbeitsbedingungen sehr gut da – 89% der Befragten geben an, mit ihrem Job zufrieden zu sein und 91% bestätigen einen fairen Umgang mit ihnen als Arbeitnehmer*innen (Eurofond 2021). Jedoch zeigt der Index “Gute Arbeit” des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB 2022) detailliert, dass es in manchen Branchen, wie dem Gesundheitssektor und bei Beschäftigten in Leiharbeitsverhältnissen noch große Defizite gibt (DGB 2022). Besonders negativ sind hierbei die Kriterien “Arbeitsintensität” und “Einkommen” aufgefallen, die notwendigen Handlungsbedarf in Berufsbildern aufzeigen.
Auch wenn Kinderarbeit und Sklaverei in Deutschland keine Rolle spielen, so ist die Umsetzung der verschiedenen Unterziele des SDG 8 eine dauerhafte Aufgabe im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Noch ein zweites gilt: Aufgrund der komplexen Lieferketten müssen Unternehmen Verantwortung für ihre Produkte auch in den Ländern, wo diese hergestellt werden, übernehmen. An dieser Stelle sollen folgende Unterziele betrachtet werden:
● 8.5 Bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle Frauen und Männer, einschließlich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen, sowie gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit erreichen
● 8.6 Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern
● 8.b Bis 2020 eine globale Strategie für Jugendbeschäftigung erarbeiten und auf den Weg bringen und den GLOBALEN BESCHÄFTIGUNGSPAKT DER INTERNATIONALEN ARBEITSORGANISATION umsetzen (ILO o.J.; Destatis 2022)
● 8.7 Sofortige und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Zwangsarbeit abzuschaffen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden und das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, einschließlich der Einziehung und des Einsatzes von Kindersoldaten, sicherstellen und bis 2025 jede Form von Kinderarbeit ein Ende setzen
● 8.8 Die Arbeitsrechte schützen und sichere Arbeitsumgebungen für alle Arbeitnehmer, einschließlich der Wanderarbeitnehmer, insbesondere der Wanderarbeitnehmerinnen, und der Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, fördern.
Die Schnittstellen zur neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ergibt sich über die Beachtung der gesellschaftlichen Folgen des beruflichen sowie der zu entwickelnden Beiträge für ein nachhaltiges Handeln (BMBF 2022)
a. Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b. bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
e. Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f. unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Menschenwürdige Arbeit
Menschenwürdige Arbeit in Deutschland bedeutet vor allem Arbeit, die sich zumindest an internationalen Standards orientiert. Formuliert sind diese in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Vereinte Nationen 1948; UN-Charta, Artikel 23 und 24). Als “menschenunwürdige Arbeit” werden Kinderarbeit, Sklavenarbeit und teilweise Leiharbeit bezeichnet sowie Merkmale bei den Beschäftigungsverhältnissen, die sich nicht an den o.g. Regelwerken orientieren, wie “fehlende soziale Sicherheit”, “mangelnder Arbeitsschutz”, “Ausnutzung von Scheinselbstständigen” und “Ungleichbehandlung von Frauen”.
Bislang bedeutet menschenwürdige Arbeit in Deutschland vor allem Arbeit, die sich zumindest an internationalen Standards orientiert. Formuliert sind diese in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (UN-Charta, Artikel 23):
● Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
● Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
● Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.
● Jeder hat das Recht, zum Schutze seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.
Konkretere Richtlinien und Vorgaben hinsichtlich menschenwürdiger Arbeit sind von der Internationalen Arbeitsorganisation der UN (IAO bzw. in der englischen Abkürzung ILO) nach langen Aushandlungsprozessen zwischen den Staaten ausgegeben worden. Hierzu gehören vor allem die fünf Grundprinzipien, die das Selbstverständnis und Handeln der ILO und der Mitgliedsstaaten bestimmen sollen (ILO 1998) :
● Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen
● Beseitigung der Zwangsarbeit
● Abschaffung der Kinderarbeit
● Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf
● Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit
Diese Grundprinzipien haben in zehn Übereinkommen, die auch als Kernarbeitsnormen bezeichnet werden, ihre konkrete Ausgestaltung erfahren. Sie haben den Status internationaler Rechtsinstrumente. Durch die Normensetzung bringen die Mitglieder der ILO Arbeits- und Sozialstandards auf den Weg, die weltweit gültig sind. Insgesamt hat die ILO in ihrem hundertjährigen Bestehen 189 Übereinkommen und 205 Empfehlungen verabschiedet. Im Kontext der Nachhaltigkeit sind hier insbesondere das Übereinkommen 155 über „Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt“ (1981) und das Übereinkommen 187 über „Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz“ (2009) zu nennen. In den letzten Jahren werden Nachhaltigkeit und Klimapolitik als weitere Dimensionen einbezogen. „All diesen Überlegungen liegt das oberste Gebot zugrunde, dass die Bekämpfung des Klimawandels einen integralen Bestandteil des Kampfes für globale soziale Gerechtigkeit bildet, zu dem die Agenda für menschenwürdige Arbeit wesentlich beiträgt.“ (IAA 2017, S. 6)
Saisonarbeit
Alle bei einem in Deutschland ansässigen Unternehmen befristet angestellte Arbeitnehmer: innen aus anderen Ländern werden als Saisonarbeiter bezeichnet. Laut Definition in den relevanten Vorschriften üben sie eine Tätigkeit aus die “aufgrund eines immer wiederkehrenden saisonbedingten Ereignisses oder einer immer wiederkehrenden Abfolge saisonbedingter Ereignisse an eine Jahreszeit gebunden sind, während der Bedarf an Arbeitskräften den für gewöhnlich durchgeführte Tätigkeiten erforderlichen Bedarf in erheblichem Maße übersteigt” (Zoll 2022). Folgende Bereiche setzen Saisonarbeitskräfte ein:
● Tourismus: Gaststätten, Hotels für Kellner: innen, Küchenpersonal, Zimmerservice und in Betrieben, die nicht ganzjährig geöffnet sind, wie Biergärten und Skihütten, oder auch zur Abdeckung von Arbeitsspitzen in Ausflugslokalen.
● Schaustellergewerbe auf Volksfesten, Jahrmärkten etc.
● In der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau (Erntehilfen in Sonderkulturbetrieben wie Obst-, Gemüse- oder Weinbau).
Zeitarbeit
In KMU genauso wie in Großunternehmen zeigt sich deutlich der Fachkräftemangel. Der Einsatz von Leiharbeitern kann eine mögliche Lösung sein, ebenso wie die Integration von ausländischen Arbeitskräften. Seit 2015 nimmt die Zahl der in Zeitarbeit Beschäftigten, mit einer durch die Corona Pandemie bedingten Flachung der Kurve, stetig zu (iab, 2023). n. Für Erwerbspersonen sind befristete Arbeitsverträge potenziell eine Brücke in den Arbeitsmarkt und ein mögliches Sprungbrett in eine permanente Beschäftigung. Risiken bestehen aus individueller Sicht vor allem in der mit Befristungen verbundenen Unsicherheit mit Blick auf Beschäftigungs- und Einkommensperspektiven und möglichen Drehtüreffekten zwischen Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit (ebd.).
Für Beschäftigte aus Drittstaaten sieht das Bundesarbeitsministerium (BMAS) ein großes Risiko in der Zeitarbeit in den vielfach kurzen Beschäftigungsverhältnissen. Etwa 40 Prozent aller Leiharbeitnehmer sind beispielsweise weniger als sechs Monate beschäftigt. Anders als bei EU-Bürgern hing der Aufenthaltsstatus von Menschen aus Drittstaaten aber daran, dass sie beschäftigt blieben. Laut Ministerium könne es bei einer Kündigung somit sein, dass die Betroffenen ihren Aufenthaltstitel verlieren und wieder ausreisen müssten (businessinsider.de, 2022).
DGB Index Gute Arbeit
Die Qualität von Arbeitsbedingungen wird seit 2012 aufgrund von 42 standardisierten Fragen in einer bundesweiten repräsentativen Erhebung ermittelt (DGB 2022). Elf Kriterien der Arbeitsqualität werden abgefragt. Im November 2022 wurde der DGB-Index Gute Arbeit 2022 veröffentlicht. Wie schon in den vorangegangenen Jahren gibt es zu den Kriterien „Arbeitsintensität“ und „Einkommen“ erheblich kritische Bewertungen.
Der Index 2022 zeigt z. B. für die Branchen „Metallerzeugung und –bearbeitung“ (64), „Ver- und Entsorgung“ (69), „Baugewerbe“ (66), „Gastgewerbe“ (62), „Information und Kommunikation“ (69), „Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“ (68) und „Gesundheitswesen“ (62) auf, dass die Arbeitsbedingungen noch weit entfernt sind vom Anspruch „Gute Arbeit“.
In der ausführlichen Debatte über die Detailergebnisse für 2022 sticht hervor, dass Beschäftigte in Leiharbeitsverhältnissen ihre Situation auffällig schlecht bewerten (ebd.).
„Auf Branchenebene kommen Beschäftigte aus dem Gastgewerbe und dem Gesundheitswesen auf die niedrigsten Indexwerte (jeweils 62 Punkte). In der Informations- und Kommunikationsbranche (IuK) liegt der Wert dagegen bei 69 Punkten. Auch in den Branchen treten auf Ebene der Teilindizes zum Teil sehr große Unterschiede zutage. Beim Teilindex „Ressourcen“ kommen IuK-Beschäftigte auf 75 Indexpunkte, Arbeitnehmer*innen aus der Metallerzeugung und -bearbeitung dagegen lediglich auf 68 Punkte. Die höchsten Belastungen finden sich im Bereich Erziehung und Unterricht (54 Punkte) sowie im Gesundheitswesen (56 Punkte), wo häufig sowohl physische als auch psychische Belastungsfaktoren auftreten. Die größte Diskrepanz auf Branchenebene zeigt sich bei der Bewertung von „Einkommen und Sicherheit“. Hier liegen die Befragten aus dem Gastgewerbe mit 54 Punkten um 16 Punkte unter dem Wert der Beschäftigten aus der öffentlichen Verwaltung (70 Punkte).“ (a.a.O., S. 13)
Darüber hinaus zeigt der Blick in einzelne Branchen und Berufsgruppen, dass noch immer körperliche Belastungen in vielen Bereichen sehr verbreitet sind (ebd.: S. 19).
Einen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung der eigenen Arbeitsbedingungen haben die Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten im Arbeitskontext. Im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung ist das Kriterium „Sinn der Arbeit“ eine wesentliche Ressource zur Beurteilung der eigenen Arbeitsbedingungen. Dazu führt der Bericht „Index Gute Arbeit 2022“ aus: „Der Sinngehalt von Arbeit ist eine Ressource, die sich aus unterschiedlichen Quellen speisen kann. Dazu gehört, dass die Produkte bzw. Dienstleistungen, die produziert oder erbracht werden, als nützlich erachtet werden. Häufig ist dies mit der Einschätzung verbunden, ob die Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugt. Sinnhaftigkeit kann dadurch entstehen, dass die Arbeit einen Nutzen für Andere hat. Und wichtig für Sinnempfinden ist auch, dass die eigenen, ganz konkreten Arbeitsaufgaben und -merkmale nicht sinnlos erscheinen. Wird Arbeit als sinnvoll empfunden, wirkt sich das positiv auf die Motivation und das Wohlbefinden der Beschäftigten aus. Dauerhaft einer als sinnlos erachteten Arbeit nachzugehen, stellt dagegen eine mögliche psychische Belastung und damit ein gesundheitliches Risiko dar.
BDA - Die Arbeitgeber
Die Arbeitgeber argumentieren mit positiven Statistiken, dass die Arbeitsbedingungen in Deutschland sehr gut sind (BDA 2022). So sind laut der European Working survey 89% der in Deutschland Beschäftigten mit ihrem Job zufrieden, 74% gaben in der Befragung an, dass ihnen ihr Job Spaß macht und 91% bestätigen einen fairen Umgang am Arbeitsplatz (Eurofond 2021, BDA 2021). Auch hinsichtlich der Arbeitssicherheit ist die Entwicklung positiv: Sowohl die Arbeitsunfälle, als auch die Unfallquote hat sich seit 1991 halbiert (BDA o.J.). Diese befinden sich seit 2004 unter 1 Mio. und bewegen sich seitdem zwischen 954.000 und 760.000 gemeldeten Fällen (Statista 2021).
Außerdem wird auf die Prävention und den Gesundheitsschutz hingewiesen, für den 2016 ca. 5 Mrd. € ausgegeben wurden, was 40% der gesamten Ausgaben von 11,7 Mrd. € ausmacht (BDA o.J.). Die betriebliche Gesundheitsförderung, wie Stressmanagement, gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung oder Reduktion der körperlichen Belastung kommt dabei sowohl den Beschäftigten als auch den Arbeitgebern zugute. Zuletzt wird noch auf die Eigenverantwortung hingewiesen, die aus selbstverantwortlichen Entscheidungen und flexibleren Arbeitszeiten resultiert.
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse
Menschen arbeiten auch in Deutschland teilweise in prekären Beschäftigungsverhältnissen und die “Bedeutung des sogenannten Normalarbeitsverhältnisses nimmt ab, während atypische Formen von Arbeit an Bedeutung zunehmen” (Jakob 2016). Dazu zählen befristete Arbeitsverträge, geringfügige Beschäftigung, Zeitarbeit, (Ketten-)Werkverträge und verschiedene Formen der (Schein-)Selbstständigkeit oder auch Praktika. Durch die Agenda 2010 wurde das Sicherungsniveau für von Arbeitslosigkeit Betroffene deutlich gesenkt (Arbeitslosengeld I in der Regel nur für ein Jahr, danach Arbeitslosengeld II). Menschen sehen sich eher gezwungen, “jede Arbeit zu fast jedem Preis und zu jeder Bedingung anzunehmen. Das hat dazu geführt, dass die Löhne im unteren Einkommensbereich stark gesunken sind” (Jakob 2016). 2015 wurde mit der Einführung des Mindestlohns dagegen gesteuert.
Das Thema betrifft auch das SDG 10 “Ungleichheit”, denn jeder Mensch hat das Recht auf faire und gute Arbeitsverhältnisse, dies ist vielen Menschen jedoch verwehrt. Prekäre Beschäftigung widerspricht dem Leitbild von ”Guter Arbeit“, verbaut Entwicklungsmöglichkeiten von Beschäftigten und verstärkt nachweislich den Trend zu psychischen Belastungen und Erkrankungen sowie deren Folgewirkungen (Jakob 2016) (siehe auch SDG “Gesundheit”).
Kinderarbeit
Zur Definition und Umsetzung von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen sind global große Unterschiede zu verzeichnen. Ein Beispiel hierfür ist die Kinderarbeit, die weltweit noch immer verbreitet ist. 79 Millionen Kinder arbeiten unter ausbeuterischen Bedingungen, vor allem in Fabriken, die wenig qualifiziertes Personal benötigen oder in der Landwirtschaft sowie im Bergbau (BMZ 2021 und 2022). Nach Angaben der ILO müssen weltweit rund 152 Millionen Kinder zwischen fünf und siebzehn Jahren arbeiten, vor allem in der Landwirtschaft, als Hausangestellte oder in Minen. Viele dieser Tätigkeiten sind gesundheitsgefährdend. Die ILO setzt sich schon lange für die Abschaffung von Kinderarbeit ein, sie ist Partnerorganisation in der „Allianz 8.7“, einer globalen Partnerschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, Zwangsarbeit, moderne Sklaverei, Menschenhandel und Kinderarbeit weltweit zu beseitigen, wie es in den Zielen für nachhaltige Entwicklung 2030 formuliert wurde. (ILO 2021) Unter Mitwirkung der deutschen Bundesregierung wird seit 1992 ein von der ILO betriebenes Internationales Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit umgesetzt (International Programme on the Elimination of Child Labour, IPEC<, BMZ 2022)
Arbeitsschutz, Gesundheit und Gute Arbeit
Im Bereich “Gesundheit” und “Gute Arbeit” sind durch die Folgen des Klimawandels wesentliche neue Herausforderungen sowohl für die Arbeitskräfte als auch für die Gesellschaft festzustellen. Bei Bauarbeiten im Freien sind alle Arbeitenden durch Extremwetterereignisse wie hohe Temperaturen und lang anhaltende Hitzewellen, oder auch Starkregenereignisse, mit diesen neuen Herausforderungen direkt konfrontiert.
Gender Pay Gap
Unterschiedliche Entlohnung für vergleichbare Tätigkeiten und Qualifikation für Frauen und Männer lassen sich durch die statistischen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes aufzeigen. In einer Pressemitteilung vom März 2022 wird betont, dass Frauen pro Stunde noch immer 18% weniger verdienen als Männer: „Frauen haben im Jahr 2021 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 % weniger verdient als Männer”. Damit blieb der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern – der unbereinigte Gender Pay Gap– im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 7. März 2022 weiter mitteilte, erhielten Frauen mit durchschnittlich 19,12 Euro einen um 4,08 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (23,20 Euro).
Allerdings vergleicht der unbereinigte Gender Pay Gap lediglich den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerinnen allgemein miteinander. Somit wird auch der Teil des Verdienstunterschiedes erfasst, der beispielsweise durch unterschiedliche Berufe oder Karrierestufen verursacht wird. Dagegen misst der bereinigte Gender Pay Gap den Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien. Strukturbedingte Faktoren sind hier also weitgehend herausgerechnet. Ca. 71 % des Verdienstabstands lassen sich durch derartige strukturbedingte Faktoren wie z.B. dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird und sie seltener Führungspositionen erreichen, erklären. Die verbleibenden 29 % des Verdienstunterschiedes entsprechen dem bereinigten Gender Pay Gap. Hier kann der Verdienstabstand nicht durch strukturbedingte Faktoren erklärt werden. Demnach verdienten Arbeitnehmerinnen im Durchschnitt auch bei vergleichbarer Tätigkeit und Qualifikation im Jahr 2018 pro Stunde 6 % weniger als Männer. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Unterschiede geringer ausfallen würden, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analysen zur Verfügung stünden (zum Beispiel Angaben zu Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, Geburt von Kindern oder Pflege von Angehörigen). Der bereinigte Gender Pay Gap ist daher als Obergrenze für Verdienstdiskriminierung zu verstehen (Destatis 2022).
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 16.02.2023 müssen Frauen bei gleicher Arbeit auch gleich bezahlt werden, eine individuelle Aushandlung der Lohn- oder Gehaltshöhe ist damit nicht wirksam (Zeit Online 2023).
Deutsches Sorgfaltspflichtengesetz
Um ihrer Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte gerecht zu werden, setzt die Bundesregierung die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen mit dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte von 2016 (Nationaler Aktionsplan, Bundesregierung 2017; 2021; 2022) in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Gesetz um. Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten ist besser unter dem Namen Lieferkettengesetz oder auch Sorgfaltspflichtengesetz bekannt (BMAS 2022, o.a. “Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz”). Dort ist die Erwartung an Unternehmen formuliert, mit Bezug auf ihre Größe, Branche und Position in der Lieferkette in angemessener Weise die menschenrechtlichen Risiken in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten zu ermitteln, ihnen zu begegnen, darüber zu berichten und Beschwerdeverfahren zu ermöglichen.
Das Lieferkettengesetz tritt 2023 in Kraft und gilt dann zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000, ab 2024 mit mehr als 1.000 Angestellten. Es verpflichtet die Unternehmen, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Kleine und mittlere Unternehmen werden nicht direkt belastet. Allerdings können diese dann betroffen sein, wenn sie Teil der Lieferkette großer Unternehmen sind.
Unabhängig ob betroffen oder nicht: Es lohnt sich auch für kleinere Unternehmen, sich mit dem Gesetz adressierten Nachhaltigkeitsthemen auseinanderzusetzen, um das eigene Handeln entlang dieser Leitplanken zu überprüfen. Der Nachhaltigkeitsbezug ist unter anderem durch den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) gegeben, er gab einen wichtigen Impuls für das Gesetz. Der NAP wurde gemeinsam von Politik und Unternehmen verabschiedet, um zu einer sozial gerechteren Globalisierung beizutragen (Bundesregierung 2017). Ergebnisse einer 2020 im Rahmen des Nationalen Aktionsplans durchgeführten repräsentativen Untersuchungen zeigten jedoch, dass lediglich zwischen 13 und 17 Prozent der befragten Unternehmen die Anforderungen des Nationalen Aktionsplans erfüllen (VENRO 2021). Der gesetzgeberische Impuls war also erforderlich, um die Einhaltung der Menschenrechte zu fördern und damit auch zu einem fairen Wettbewerb zwischen konkurrierenden Unternehmen beizutragen.
Das Lieferkettengesetz rückt internationale Menschenrechtsabkommen und lieferkettentypische Risiken in den Blick: Dazu zählen bspw. das Verbot von Kinderarbeit, der Schutz vor Sklaverei und Zwangsarbeit, die Vorenthaltung eines gerechten Lohns, der Schutz vor widerrechtlichem Landentzug oder der Arbeitsschutz und damit zusammenhängende Gesundheitsgefahren. Es werden zudem internationale Umweltabkommen benannt. Sie adressieren die Problembereiche Quecksilber, persistente organische Schadstoffe und die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung. Zu den jetzt gesetzlich geregelten Sorgfaltspflichten der Unternehmen gehören Aufgaben wie die Durchführung einer Risikoanalyse, die Verankerung von Präventionsmaßnahmen und das sofortige Ergreifen von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Rechtsverstößen. Die neuen Pflichten der Unternehmen sind nach den tatsächlichen Einflussmöglichkeiten abgestuft, je nachdem, ob es sich um den eigenen Geschäftsbereich, einen direkten Vertragspartner oder einen mittelbaren Zulieferer handelt. Bei Verstößen kann die zuständige Aufsichtsbehörde Bußgelder verhängen. Unternehmen können von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.
Quellenverzeichnis
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BGBl Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 46, ausgegeben zu Bonn am 22. Juli 2021, Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten. Online: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl121s2959.pdf
BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2022): Sorgfaltspflichtengesetz – Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten. Online: https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/gesetz-unternehmerische-sorgfaltspflichten-lieferketten.html
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SDG 9 Industrie, Innovation und Infrastruktur
“Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen”
Das Nachhaltigkeitsziel 9 hat den Kurztitel “Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Infrastruktur fördern und Innovationen unterstützen”. Vor allem zielt dies im Kern darauf ab, für alle Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu einer hochwertigen und verlässlichen Infrastruktur zu gewährleisten. Für den Werkzeugbau als eine wesentliche Voraussetzung industrieller Entwicklung und Innovation sind vor allem die folgenden Unterziele von Relevanz:
● SDG 9.1: “Eine hochwertige, verlässliche, nachhaltige und widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, einschließlich regionaler und grenzüberschreitender Infrastruktur, um die wirtschaftliche Entwicklung und das menschliche Wohlergehen zu unterstützen, und dabei den Schwerpunkt auf einen erschwinglichen und gleichberechtigten Zugang für alle legen”
● SDG 9.4: “Bis 2030 die Infrastruktur modernisieren und die Industrien nachrüsten, um sie nachhaltig zu machen, mit effizienteren Ressourceneinsatz und unter vermehrter Nutzung sauberer und umweltverträglicher Technologien und Industrieprozesse, wobei alle Länder Maßnahmen entsprechend ihren jeweiligen Kapazitäten ergreifen”
● Unterziel 9.c: „Den Zugang zur Informations- und Kommunikationstechnologie erheblich erweitern sowie anstreben, in den am wenigsten entwickelten Ländern bis 2020 einen allgemeinen und erschwinglichen Zugang zum Internet bereitzustellen“
Ein wesentliches Grundelement einer widerstandsfähigen Infrastruktur ist die Energieversorgung, und für den Metallbereich vor allem ein zuverlässiges Stromsystem. Hier hat sich in den letzten Jahrzehnten ein spürbarer Wandel ergeben. Während die konventionelle Stromerzeugung der Nachfrage folgte, muss das Stromsystem nun zunehmend die wetterabhängige Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen integrieren. Die erforderliche Flexibilisierung des Gesamtsystems wird über den Ausbau und die bessere Auslastung der Stromnetze sowie den Wettbewerb von flexiblen Erzeugern, Verbrauchern und Speichern am Strommarkt erreicht. Für einen großräumigen Ausgleich von Erzeugung und Nachfrage wird der Ausbau der Stromnetze vorangetrieben. Dadurch und durch die verstärkte Anbindung an die Netze der europäischen Nachbarn können die kostengünstigsten Erzeugungsorte erschlossen werden. Damit wird auch die Klimaanpassung des Stromversorgungsystems unterstützt, z. B. wenn es zukünftig zu stärkeren zeitlichen und regionalen Ungleichgewichten von Stromangebot und -nachfrage kommt. Treten Engpässe im Netzbetrieb auf, müssen die Netzbetreiber das jeweils effizienteste Mittel zur Behebung ergreifen und können dazu z. B. auf Erzeuger und Speicher (im Rahmen des Redispatch) und flexible Lasten (im Rahmen der Verordnung zu abschaltbaren Lasten) zugreifen.
Zur Deckung der Stromnachfrage treten flexible Erzeuger, Lasten und Speicher am Strommarkt in den Wettbewerb. Indem technologie-offen möglichst viele Anbieter am Strommarkt um die Deckung einer bestimmten Nachfrage oder ggf. die Verwertung von Überschüssen konkurrieren, verteilt sich auch das Risiko einzelner Ausfälle, und es kommt der jeweils kostengünstigste Anbieter zum Zug.
Speichertechnologien können durch den Strombezug, d. h. den zur Befüllung von Speichern notwendigen Stromverbrauch und die spätere Wiedereinspeisung in das Stromsystem dazu beitragen, eine zunehmende Fluktuation der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien abzufedern. Neben Batteriespeichern können z.B. Power-to-Gas-Anlagen (PtG) zur Flexibilität des Stromsystems beitragen. Der dort erzeugte Wasserstoff kann zu einem geringen Anteil, Methan zu einem hohen Anteil in das bereits vorhandene Erdgasnetz eingespeist und dort gespeichert werden. Die eingespeisten Gase können bei Bedarf auch rückverstromt werden. Im Vergleich zur Stromdirektnutzung ist PtG jedoch aufgrund der Wirkungsgradverluste teurer und erfordert einen erhöhten Zubau von erneuerbaren Energien, der aber durch fehlende Flächen bzw. fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung beschränkt wird.
Pumpspeicherkraftwerke sind derzeit die wichtigste Technologie, um in Deutschland Energie in großtechnischem Maßstab zu speichern. Für die Erzeugung von Strom ist in diesen Kraftwerken eine installierte Turbinenleistung von ca. 9 Gigawatt verfügbar; um die Speicher zu befüllen, sind Pumpen mit einer Gesamtleistung von ca. 8 Gigawatt installiert (UBA 2019).
Ein Beispiel für ein Energiesystem der Zukunft ist im sogenannten „Sonnenbogen Süddeutschlands“ begonnen worden: das Forschungs- und Demonstrationsprojekt C/sells (c/sells o.J.). Die drei Eigenschaften zukünftiger Energienetze bilden die Leitidee von C/sells: Zellularität, Partizipation und Vielfältigkeit. Als zentrale Prinzipien sind sie die Leitplanken für die verschiedenen Maßnahmen und Elemente, mit denen das Projekt C/sells zur Energiewende beitragen soll. Konkret sind die drei Leitideen ausgerichtet:
● Autonom/Zellularität: Die „Zelle“ ist die grundlegende Einheit von C/sells. Sie kann geografischer Natur, wie z.B. eine Stadt oder ein Stadtteil sein oder auch ein einzelnes Objekt, wie etwa ein Unternehmen, Flughafen oder auch eine einzelne Liegenschaft sein. Die Zellen können vielfältige Funktionen und Aufgaben übernehmen. Der Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch von Energie innerhalb einer Zelle wird ebenso geregelt wie die netzdienliche Bereitstellung von Flexibilität. Somit wird auch regionalisierter Handel ermöglicht.
● Dezentral/Partizipation: Das Projekt C/sells möchte eine breite Bewegung in der Bevölkerung erzeugen. Bisher war die Energieversorgung zentral orientiert und von wenigen Akteuren gesteuert. Das Projekt möchte die Energiewende unter aktiver Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger realisieren. Dazu werden zum einen Demonstrationsprojekte gestartet; zum anderen gibt es Partizipationszellen, in denen die Bürgerinnen und Bürger zur aktiven Teilnahme motiviert werden.
● Komplett/Vielfältigkeit: Die C/sells-Bewegung besteht aus vielen einzelnen Zellen, die sich sowohl inhaltlich als auch organisatorisch unterscheiden. Diese Vielfalt der Lösungen mit technischer, wirtschaftlicher oder organisatorischer Struktur soll es ermöglichen, allen Bedürfnissen weitgehend gerecht zu werden. Es wird nicht die eine umfassende Lösung für alle geben. Vielmehr ist es die Masse der Einzellösungen, die ein großes, funktionierendes Ganzes bildet.
Das Projekt C/sells fordert konsequentes Systemdenken und die Belohnung von Flexibilitätsverhalten. Flexibilität ist ein zentraler Baustein für das komplexe Zusammenspiel einer Vielzahl verschiedenartiger Technikkomponenten und Akteure. Daher geht es auch darum, Anreize zu schaffen, die die Nutzung von Flexibilität sowohl auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite attraktiv machen. Auch die damit verbundenen Anstrengungen z.B. auf Netzbetreiberseite sollten entsprechend angereizt werden. Im Sinne der Systemintegration sieht C/sells Energienetze und digitale Netze stets als Einheit und entwickelt einen hoch automatisierten Prozess zum Datenaustausch zwischen den Netzbetreibern aller Ebenen, den relevanten Marktakteuren und den Einsatzverantwortlichen (c/sells o.J.).
C/sells ist ein Demonstrationsprojekt im Rahmen des SINTEG-Programmes. Das Förderprogramm „Schaufenster intelligente Energie — Digitale Agenda für die Energiewende“ (SINTEG) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie will skalierbare Musterlösungen für eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung bei hohen Anteilen fluktuierender Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie entwickeln und demonstrieren. Die gefundenen Lösungen sollen als Modell für eine breite Umsetzung dienen.
Nach dem ersten Projektjahr wurden die Grundkonzeption des zellulär-verbundenen Energiesystems entwickelt, das Leitbild im Konsens der 58 Partner vereinbart und die Grundbausteine der drei Basisinstrumente Infrastruktur Informationssystem (IIS), Abstimmungskaskade und regionalisierter Handel erstellt. Der damit verbundene Umbau der technischen Infrastruktur und der Wandel der Geschäftsmodelle kann nur mit der Bündelung aller gesellschaftlichen und politischen Kräfte gelingen (c/sells o.J.).
Dezentrales Energiemanagement
Ein weiteres Konzept für eine nachhaltige und sichere Energieversorgung ist das Dezentrale Energiemanagement System (DEMS). In solchen Systemen werden unterschiedliche Großkraftwerke – z.B. eine Gas-und Dampfturbine, betriebliche Blockheizkraftwerke, eine Müllverbrennungsanlage – ferngesteuert, um die maximale Effizienz zu gewährleisten, und mit sogenannten dezentralen Mikrokraftwerken – also PV auf Hausdächern, Mini-Blockheizkraftwerken BHKWs in Kellern usw. – kombiniert. Die Technik stimmt den Strombedarf eines Quartiers mit dem Angebot ab.
Das System berücksichtigt künftige Situationen. So berechnet es anhand von Wetterprognosen einige Stunden im Voraus eine Einsatzplanung. Die Planer können bspw. berücksichtigen, dass der Wind an der Nordsee abnimmt und die Windkraftwerke weniger Strom liefern. Gekoppelte Netzwerke von Kleinkraftwerken, Brennstoffzellen lassen sich so rechtzeitig hochfahren, um den Bedarf zu decken. Sogar der Verbrauch lässt sich abschätzen. Ist etwa ein Gewitter im Anzug, das den Himmel verdunkelt, werden tausende Stromkunden das Licht einschalten. Das System kann in solchen Fällen selbständig entscheiden, ob es per Fernsteuerung die Klimaanlagen größerer Firmen kurzzeitig drosselt oder ob das Biomassekraftwerk seine Leistung steigern muss.
Virtuelles grünes Kraftwerk
Ein weiteres Konzept für nachhaltige Energieversorgung stellt die Vernetzung der Gebäude und Gewerbeeinheiten von separaten Energieabnehmern zu einem selbstverwalteten, autarken, ökologischen Energiepool, ‚Virtuelles grünes Kraftwerk‘ dar. Hier bieten sich folgende Vorteile für beteiligte Betriebe:
● Energie-Plus-Ansatz – die einzelnen Mitglieder bzw. der Gesamtpool erzeugt mehr Energie, als die Beteiligten verbrauchen
● Energieüberschuss zur Bestückung von E-Tankstelle, zur Netzeinspeisung
● Beitrag zur Erhöhung der nachbarschaftlichen Beziehungen
● Vom Konsument zum Prosument, vom abhängigen Energieverbraucher zum Erzeuger
● Nutzung der Synergien durch gemeinsame Energiegewinnung, Verteilung und Logistik innerhalb des Netzwerkes
● Langfristig Energiewende herbeiführen
● Verzicht auf fossile und atomare Brennstoffe
● Abhängigkeit von steigenden Energiepreisen auflösen
● Nutzung von regenerativen Energiequellen wie Sonne, Wind, Wasser, Biomasse
● Energieeffizienzmassnahmen führen langfristig zu Einspareffekten
● Energie-Plus-Ansatz erzielt höchste Förderung durch KFW, BAFA etc.
● Erzeugungskosten liegen bei 20% der Beschaffungskosten, weil Bestandteile der Logistik, Netznutzung entfallen
Abfallwirtschaft und Kreislaufwirtschaft
Bei der vorgesehenen Transformation von einer linearen Wirtschaft hin zu einer zirkulär organisierten Kreislaufwirtschaft spielt die Infrastruktur der Abfallwirtschaft eine entscheidende Rolle. Das zentrale Ziel einer zirkulär organisierten Kreislaufwirtschaft ist es möglichst viele Abfälle zu vermeiden, indem Altprodukte wieder- oder weiterverwendet, repariert oder aufgearbeitet werden. Dies wird in der Abbildung weiter unten grafisch dargestellt und die möglichen Verwertungsoptionen aufgelistet. Sie sind hier im englischen Original wiedergegeben, und eine genauere Beschreibung kann in der Publikation nachgeschlagen und übersetzt werden. Nicht alle sind im Werkzeugbau unmittelbar relevant, aber dies gilt es in der jeweiligen Aufgabenstellung und Arbeitssituation konkret festzustellen. Um mittels dieser Optionen weitgehende Abfallvermeidung zu realisieren kommt den Entsorgungsbetrieben eine zentrale Rolle zu, indem sie z.B. wiederverwendbare Altprodukte aus der gängigen Abfallbehandlung wie der thermischen Verwertung ausschleusen und als Gebrauchsgüter anbieten.
Allerdings ist auch in einer kreislauforientierten Gesellschaft die Entstehung von Reststoffen und Abfall nicht in Gänze vermeidbar. Kreislauffähiges Wirtschaften zielt dabei darauf ab, mittels Recycling unvermeidbarer Abfälle anfallende Reststoffe optimal zu nutzen und Abfallströme ressourceneffizient zu Sekundärrohstoffen aufzubereiten und anschließend in den Produktionskreislauf zurückzuführen. Dabei versteht man unter Recycling die Rückführung von Produktions- und Konsumabfällen in den Wirtschaftskreislauf. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Infrastruktur, die über Prozesse und Verfahren verfügt, die in der Lage ist, verschiedenste Materialien sortenrein zu trennen und in unterschiedliche Fraktionen aufzuteilen. Besonders digitale Technologien bergen durch intelligente Datenanalyse, Robotik, Sensorik und Automatisation großes Potenzial, hochwertige Fraktionen zu gewinnen. Mit ihrer Hilfe lassen sich potenzieller Sekundärrohstoffe effektiv und effizient erkennen, abtrennen und fraktionieren.
Mit einer zukunftsorientierten Perspektive kann in Bezug auf dieses Nachhaltigkeitsziel noch zusätzlich in Abhängigkeit von den betrieblichen Gegebenheiten die Digitalisierung im Metallbereich (neue Trends in den Bereichen NCN und CAD sowie 3-D-Druck insb. im Formenbau) genauer betrachtet und vertieft werden. Auch durch die ständig steigenden Leistungsanforderungen an Bauteile, Prozesse und die Fertigungsumgebung ist der Begriff “Industrie 4.0” in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus der Unternehmen gerückt und dürfte künftig noch wichtiger in den Betrieben werden.
Die technologischen Treiber („Enabler Technologien“) von Industrie 4.0 lassen sich vier Kategorien zuordnen:
● Cyber-Physische (Produktions-)Systeme, also Systeme aus miteinander vernetzten Geräten, Maschinen und beweglichen Gegenständen, die mittels IT und kontinuierlichem Datenaustausch – zum Beispiel über das Internet – gesteuert werden. Maschinen, Geräte und sogar Werkstücke sind umfassend mit Sensoren ausgestattet, die fortwährend Daten über Zustand, Standort, Prozessfortschritt, aber auch Nutzungsverhalten produzieren. Durch die Vernetzung können Planung und Steuerung von Fertigungs- und Logistik-Prozessen automatisiert und autonomisiert werden. Robotik und Automatisierung wirken dabei zusammen. In Cyber-Physischen Produktions-Systemen, kurz CPPS, wird das Produkt als intelligentes Werkstück zum aktiven Element des Produktionsprozesses. Smarte Produkte erwachsen aus smarten Produktionsprozessen (BMWI, 2015).
● Integrierte Daten, Datenströme und Big Data entstehen durch die Vernetzung von Maschinen und Objekten zum Beispiel während der Produktion oder während der Nutzung eines Produkts und allgemein durch die große Anzahl an Transaktionen, die permanent über das Internet laufen, in einem nie dagewesenen Ausmaß. Zum Erfolgsfaktor wird künftig, dass im Sinne einer horizontalen und vertikalen Integration alle verfügbaren Daten miteinander verknüpft werden – über die verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette (horizontal) hinweg und zwischen den Akteuren der Lieferkette (vertikal). Die Kombination und die Auswertung dieser Daten durch innovative Analysetools sind die Basis für ein optimales und ganzheitliches Management des Produktlebenszyklus von der Entwicklung und Produktion über den Betrieb bis hin zur Demontage und dem Recycling. Die smarte Produktion schließt dabei Logistik mit ein (ebd.).
● Cloud-Technologien erlauben es, über das Internet von jedem Ort aus auf zentral gespeicherte Daten eines Prozesses zuzugreifen und diese Daten auch mittels bereitgestellter Verarbeitungs- und Analysesoftware zu bearbeiten. Erst durch Cloud-Technologien ist es möglich, die Menge an Daten, die von Cyber-Physischen Systemen permanent produziert werden, optimal zu bewältigen und produktiv zu nutzen (ebd.).
● Additive Fertigungsverfahren wie 3D-Visualisierung und vor allem 3D-Druckverfahren spielen eine wichtige Rolle für den Wandel zur Industrie 4.0. Sie erlauben die vollständige Individualisierung von Produkten. Der Kunde mit seinen individuellen Wünschen rückt in den Mittelpunkt, Produkte werden für seine Bedürfnisse maßgeschneidert. Außerdem werden Formen möglich, die in anderen Produktionsverfahren, wie beispielsweise dem Zerspanen, nur sehr aufwändig und mit hohem Materialverbrauch gefertigt werden können. (BMWI, 2015).
Basierend auf der zunehmenden Implementierung und Nutzung digital gestützter Technologien wurden die industriellen Metall- und Elektroberufe (M+E-Berufe) sowie der/die Mechatroniker/-in in Deutschland im Jahr 2018 teil-novelliert, um sie an den digitalen Wandel anzupassen. Die drei wesentlichen Neuerungen umfassen eine neue integrative Berufsbildposition „Digitalisierung der Arbeit, Datenschutz und Informationssicherheit“ (Berufsbildposition Nr. 5 in der Ausbildungsordnung), eine moderate Aktualisierung der betrieblichen Lerninhalte von zwei weiteren Berufsbildpositionen zu Industrie 4.0-relevanten Herausforderungen sowie sieben optional wählbare kodifizierte Zusatzqualifikationen (EVA M+E-Studie, 2022).
Berufsspezifische Besonderheiten
Die Herausforderung, für die vier Metallberufe die Ausbildung im Sinne der Nachhaltigkeit auf den Aufbau einer widerstandsfähigen Infrastruktur auszurichten, die zudem inklusive sein soll und Innovationen zu unterstützen in der Lage ist, ist oben in prinzipiellen, groben Zügen beschrieben worden. Hier soll dies kurz konkretisiert werden. Vor allem geht es um das Erkennen von Zusammenhängen und den angemessenen Umgang damit. Hierzu gehören neben den unmittelbaren fachlichen Kenntnissen auch das Wissen um die derzeitigen, aber auch die absehbaren Rahmenbedingungen für die Produktionsprozesse im Betrieb.
Um “Resilienz” aufzubauen, also widerstandsfähige Infrastrukturen, gilt es in den vier Metallberufen die dort tätig werdenden mit der Herkunft der verwendeten Energie und Rohstoffe sowie deren jeweiligen Risiken vertraut zu machen und zu sensibilisieren. Das bezieht sich auf Knappheiten, die sich teilweise an der Entwicklung der Marktpreise abschätzen lassen, wie z.B. den sogenannten “kritischen Rohstoffen” vor allem im Metallbereich inklusive “seltene Erden”. Hierzu gehört auch die Abschätzung von deren ökologischen, sozialen sowie ökonomischen Folgen, und allgemein die unerwünschten, unintendierten Negativeffekte des gesamten Herstellungsprozesses (Bezugnahme auf die Regelungen zum Lieferketten Gesetz). Für die Stärkung widerstandsfähiger Infrastruktur bietet sich vor allem das Konzept der Kreislaufwirtschaft an, das auf betrieblicher, regionaler und Branchenebene sehr gut dargestellt und mit Beispielen anschaulich gemacht werden kann – möglichst angepasst an lokale Verhältnisse und Teilbranche. Darüber hinaus ist künftig noch Cyber-Security von Relevanz und sollte angemessen beachtet werden, um “resilienter” zu werden.
Wie weiter oben erwähnt, sind viele dieser eher überbetrieblichen Aspekte im direkten Aufgabenbereich der Vorgesetzten und leitenden Kolleginnen und Kollegen. Gleichwohl können von den unmittelbar befassten Facharbeiterinnen und Facharbeitern sachdienliche und konstruktive Hinweise gegeben werden, und entsprechende Gespräche bzw. Schulungen durchgeführt werden. Derartige Hinweise können sich auf Konstruktionsaspekte beziehen (Einsparung von Energie und Material, Reduzierung von Abfall oder Ausschuss) oder alternative Materialien und Energiequellen für den Produktionsbetrieb und das Gebäude.
Quellenverzeichnis
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SDG 12 Nachhaltige/r Konsum und Produktion
“Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen”
Die für die Metallbranche relevanten Unterziele sind die folgenden:
Unterziel 12.2: Bis 2030 die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen erreichen
Unterziel 12.4: Bis 2020 einen umweltverträglichen Umgang mit Chemikalien und allen Abfällen während ihres gesamten Lebenszyklus in Übereinstimmung mit den vereinbarten internationalen Rahmenregelungen erreichen und ihre Freisetzung in Luft, Wasser und Boden erheblich verringern, um ihre nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt auf ein Mindestmaß zu beschränken
Unterziel 12.5: Bis 2030 das Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung deutlich verringern
Unterziel 12.6: Die Unternehmen, insbesondere große und transnationale Unternehmen, dazu ermutigen, nachhaltige Verfahren einzuführen und in ihre Berichterstattung Nachhaltigkeitsinformationen aufzunehmen
Mit anderen Worten, zielt SDG 12 auf die dringend notwendige Veränderung unserer Lebensstile und Wirtschaftsweise ab (dem „American Way of Life“). Konsumieren und Produzieren muss innerhalb der planetaren ökologischen Grenzen stattfinden. Um dies zu erreichen, sind Konsum- und Produktionsaktivitäten weitgehend vom Ressourcenverbrauch sowie von der Emission von Treibhausgasen und weiteren Umweltzerstörungen zu entkoppeln. SDG 12 bezieht sich sowohl auf den individuellen Konsum als auch auf die Umgestaltung der Unternehmensabläufe und der Wertschöpfungsmuster, die unserer Produktion zugrunde liegen.
Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lieferketten sind dabei ebenso angesprochen wie die Vermeidung beziehungsweise die verantwortungsvolle Entsorgung von Abfällen.
Die Erreichung der Ziele von SDG 12 leisten einen positiven Beitrag zu weiteren Nachhaltigkeitszielen, wie beispielsweise Gesundheit (SDG 3), menschenwürdige Beschäftigung (SDG 8) und Klimaschutz (SDG 12). Darüber hinaus kann bspw. die Kreislaufwirtschaft auch noch zu weiteren Nachhaltigkeitszielen, wie sauberes Wasser (SDG 6), Industrie, Innovation und Infrastruktur (SDG 9, Leben an Land (SDG 15) sowie nachhaltige Städte und Gemeinden (SDG11) führen. SDG 12 wird daher auch als Querschnittsziel bezeichnet.
SDG 12 zielt im Kern auf die nachhaltige und effiziente Nutzung der Ressourcen ab. Ressourcen sind alle Stoffe der Natur (Mineralien und Metalle, biotische Ressourcen wie Holz oder Baumwolle), aber auch Luft, Wasser und Boden (vgl. ProgRess 2016). Abfälle sollen vermieden oder recycelt und gefährliche Abfälle sicher entsorgt werden. Das SDG 12 betrifft daher im Prinzip alle Fähigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Standardberufsbildposition.
Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft
Nachhaltiges Konsumieren und Wirtschaften beinhaltet eine verantwortungsbewusste Ressourcennutzung (das bereits im Konstruktionsprozess berücksichtigt werden sollte: Stichwort „Ökodesign“), die Vermeidung von Abfällen, ein effizientes Recycling und schließlich die sichere Ausschleusung von Schadstoffen. So kann ein möglichst geschlossener Kreislauf geschaffen werden.
In diesem Kontext geben Gesetze, Verordnungen und Programme den rechtlichen Rahmen vor:
● das im Jahr 2019 unter Federführung des BMU geänderte Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)
● das im Jahr 2015 novellierte Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG)
● das Abfallvermeidungsprogramm (Fortschreibung AbVP) des Bundes und der Länder für den bewussteren Umgang mit Produkten, die Abfall werden können, Dialogprozess zu unterschiedlichen Konzepten der Abfallvermeidung
● das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm, das im Jahr 2012 erstmals von der Bundesregierung beschlossen wurde. Das Programm fördert Innovation im Bereich Ressourceneffizienz, der globalen Verantwortung für die Nutzung von knappen Ressourcen und eine konsequente Kreislaufwirtschaft und wird alle vier Jahre unter Berücksichtigung aktueller umweltpolitischer Herausforderungen unter Federführung des BMU fortgeschrieben (ProgRess III)
Das Spektrum von Aufgaben und möglichen Maßnahmen
● Anstieg weltweiter Ressourcen-, Energieverbrauch und Abfallaufkommen
● Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen führt zu Treibhausgasemissionen, enormen Umweltbelastungen und Biodiversitätsverlusten
● Wirtschaftswachstum mit der Begrenztheit der Ressourcen in Einklang zu bringen
● Bevölkerungswachstum, steigende Ansprüche, ungleiche Verteilung und zunehmende Abfallmenge
● Transformation von linearen hin zu einem zirkulären Wirtschaftssystem
● Abfälle zu vermeiden spart Geld
● Marktvorteile durch Effizienzsteigerung und nachhaltige Produktion
● Verbesserung bestehender Technologien, Systeme und Prozesse
● Beschaffung und Nutzung recycelbarer, unbedenklicher und möglichst biobasierter Materialien
● Herstellerverantwortung, Obhutspflicht
● Aspekte des Designs (Materialauswahl, Zerlegbarkeit, Reparierbarkeit, Re-Use)
● ressourceneffiziente und emissionsarme Herstellung wiederverwendbarer Produkte
● Ressourceneffizienz durch Remanufacturing – Industrielle Aufarbeitung von Altteilen
● Rohstoffrückgewinnung (Aufbereitung) und sämtliche Aspekte des Recyclings
● Verhalten der Verbraucher und Verbraucherinnen wie Leasing, Sharing, Re-Use, Refurbishment und Repair
● durchgängige Erfassung, Nutzung und Bereitstellung von Daten über den gesamten Lebenszyklus
Abfallvermeidungsprogramm
Gegenwärtig steigen sowohl der weltweite Ressourcenverbrauch als auch das globale Abfallaufkommen unvermindert an, insbesondere auch in Deutschland. Die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen führen dabei zu hohen Treibhausgasemissionen sowie zu enormen Umweltbelastungen und Biodiversitätsverlusten. Laut Schätzungen des International Ressource Panels der Vereinten Nationen gehen etwa 50 % der globalen Treibhausgasemissionen direkt oder indirekt auf die Gewinnung und Verarbeitung von fossilen Rohstoffen, Biomasse, Erzen und Mineralien zurück. Deshalb ist es dringend geboten, den Ressourcenverbrauch auf ein zukunftsverträgliches Ausmaß zu reduzieren und das Wirtschaftswachstum mit der Begrenztheit der Ressourcen in Einklang zu bringen. Das erfordert eine Abkehr vom derzeit dominierenden linearen hin zu einem zirkulären Wirtschaftssystem. Auch Deutschland muss sich dieser Herausforderung stellen und den entsprechenden Transformationsprozess durchlaufen (Global Resources Outlook 2019).
Ziel dieser Transformation ist es, durch Innovation, Technologie und die Beachtung des gesamten Systems die Basis für eine zirkuläre Wirtschaftsweise bereitzustellen. Das erfordert die Entwicklung neuer und die Verbesserung bestehender Technologien, Systeme und Prozesse – und die entsprechenden Lernprozesse der Auszubildenden und Arbeitnehmer_innen. Im Fokus stehen dabei die Beschaffung und Nutzung recycelbarer, unbedenklicher und möglichst biobasierter Materialien, sämtliche Aspekte des Designs (Materialauswahl, Zerlegbarkeit, Reparierbarkeit, Re-Use) sowie die ressourceneffiziente und emissionsarme Herstellung wiederverwendbarer Produkte (Circular Futures o.J.).
Weitere zentrale Handlungsfelder sind die Rohstoffrückgewinnung (Aufbereitung) und sämtliche Aspekte des Recyclings. Überlegungen zu einem entsprechend angepassten Verhalten der Verbraucher und Verbraucherinnen wie Leasing, Sharing, Re-Use, Refurbishment und Repair sind dabei ebenso von entscheidender Bedeutung wie eine durchgängige Erfassung, Nutzung und Bereitstellung von Daten über den gesamten Lebenszyklus (BMWK 2022).
Beispiel Aluminium - ein problematischer Rohstoff
Der weltweite Rohstoffhunger zum Beispiel nach Aluminium steigt kontinuierlich an. Dieses Leichtmetall kommt vor allem in der Automobilindustrie, in Baustoffen und Elektronikgeräten zum Einsatz. Der Abbau und die Produktion verursachen jedoch enorme Umweltschäden. Aluminiumrecycling hingegen gilt als deutlich bessere Alternative. Doch auch die Wiederverwertung ist problematisch.
Aluminium ist zwar nach Sauerstoff und Silicium das dritthäufigste Element der Erdkruste, kommt aber wie andere Metalle nie in Reinform vor. Die höchste Konzentration an Aluminiumverbindungen findet sich im Bauxit, einem oberflächennah lagernden Erz. Allerdings ist der Abbau der Aluminiumerze durch den Tagebau sehr flächenintensiv und zerstört Natur und Boden. Ein Großteil der weltweiten Bauxitvorkommen lagert unter Ur- und Regenwäldern, die der Förderung des aluminiumhaltigen Gesteins zum Opfer fallen. Auch nach Wiederaufforstung erreicht die Fläche keinesfalls die zuvor herrschende ökologische Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt (Umweltbundesamt).
Neben der Zerstörung der Landschaft durch mechanische Abtragung entstehen weitere Schäden durch die Verarbeitung der Aluminiumverbindungen. Das Herauslösen des Aluminiumoxids aus dem Gestein erfordert ätzende Natronlauge. Zurück bleibt Rotschlamm – eine mit Schwermetallen versetzte Lauge, die in Deponien gelagert oder schlimmstenfalls in die örtlichen Flüsse eingeleitet wird. Gerade in Ländern des globalen Südens fehlen Umweltstandards und deren Durchsetzung, die die Bevölkerung und die Natur vor den zerstörerischen Folgen schützen.
Die Weiterverarbeitung des gelösten Aluminiums erfolgt unter enormem Energieaufwand. Durch Schmelzelektrolyse gewonnenes Primäraluminium erfordert pro Tonne durchschnittlich 15 Megawattstunden Strom. Das entspricht in etwa dem Stromverbrauch eines Zwei-Personen-Haushalts von fünf Jahren.
Aluminiumrecycling
Das Recycling des Leichtmetalls benötigt im Vergleich zur Herstellung von Primäraluminium lediglich fünf Prozent der Energie. Außerdem entfällt der aufwändige und problematische Abbau des Bauxits. Die Recyclingquote ist bei Aluminium im Vergleich zu anderen recyclebaren Stoffen hoch. Doch ist das Recycling mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden.
Verbundstoffe lassen sich nicht oder nur mit hohem Aufwand recyceln. Getränkekartons beispielsweise bestehen häufig aus schwer trennbaren Schichten aus Polyethylen, Aluminium und Papier. In Deutschland gibt es nur wenige Recyclinganlagen, die diese Laminate verwerten können. Auch kommt von den drei Komponenten nur das Papier in die Wiederverwertung. Der Aluminium- und Plastikanteil geht der thermischen Verwertung zu und wird verbrannt. Dieses Vorgehen ist also keine echte Kreislaufwirtschaft.
Reines Aluminium existiert nicht auf dem Markt. Denn nur der Zusatz unterschiedlicher anderer Metalle und Halbmetalle wie Chrom, Kupfer, Eisen, Zink u.a. erzeugt Produkteigenschaften, die für die Nutzung erforderlich sind und mit reinem Aluminium nicht möglich sind. Beispielsweise verleihen Metallgemische aus Aluminium und Mangan dem Material Hitzebeständigkeit, Silizium dagegen erhöht die Korrosionsbeständigkeit. Diese Legierungen, gefertigt für verschiedene Einsatzgebiete, landen allerdings meist alle auf dem gleichen Schrotthaufen. Denn eine sortenreine Sammlung der Gemische ist sehr aufwendig. Werden unterschiedliche Aluminium-Legierungen bei der Wiederverwertung miteinander verschmolzen, bedeutet das einen Qualitätsverlust – ein Downcycling. Dann bleibt nur die Beimischung von reinem Primäraluminium oder die Nutzung in wenig anspruchsvollen Anwendungsbereichen Quarks (2019).
Die Einsparung von Rohstoffen sollte an erster Stelle stehen. Die sogenannte Abfallhierarchie Deutschlands wurde bereits 2012 im Kreislaufwirtschaftsgesetz festgehalten. Hier kommt der Vermeidung von Abfällen die größte Bedeutung zu. (Siehe hierzu die Abbildung in SDG 9 weiter oben). Erst wenn sich Materialien nicht wiederverwenden lassen, sollte das Recycling und die Entsorgung erfolgen.
Nachhaltigkeits- und Gütesiegel
Im Ausbildungsbetrieb kann auf unterschiedlichen Ebenen angesetzt werden, um die negativen ökologischen Auswirkungen der industriellen Produktion zu reduzieren. Hierzu zählen die Konstruktion und Produktion von Erzeugnissen mit langer Lebensdauer und Dekonstruierbarkeit, die Nutzung alternativer Energiequellen wie auch der Einsatz nachwachsender Rohstoffe.
Als Orientierung für nachhaltige Industrie können Gütezeichen und Siegel dienen. Maßnahmen zur Verbesserung der Verbraucherinformationen (z.B. ökologische Vorteile von langlebigen Produkten) und Erhöhung der Informationspflichten der Hersteller (z.B. eindeutige Deklaration von Verschleißteilen) sind weitere wichtige Instrumente, um die Kaufentscheidung zu Gunsten von langlebigen Produkten zu beeinflussen (BMUV 2016).
Nachfolgend sind einige relevante Siegel und Normen aufgeführt:
● VDA COSAX: Dies steht für Corporate Sustainability Assessment Exchange, ist der Name des geplanten standardisierten Prüf- und Austauschmechanismus zur Evaluierung von Nachhaltigkeitsanforderungen und Gesellschaftsverantwortung in der automobilen Lieferkette. Vorbild ist das TISAX®-Verfahren, der von der Automobilindustrie definierte Standard für Informationssicherheit. Ethische, soziale und ökologische Aspekte sollen bei COSAX gleichberechtigt nebeneinander stehen – dazu zählen die Bereiche Unternehmensethik, Umweltstandards, Arbeitsbedingungen und Menschenrechte, Löhne und Sozialleistungen sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz.
● SMETA, das Audit für Nachhaltigkeit in der Lieferkette nach SEDEX: „SEDEX ist die Abkürzung für Supplier Ethical Data Exchange“. Das Audit dient dazu, die Arbeitsbedingungen und die Umweltleistungen in einem Unternehmen zu verbessern. Zudem wird die Lieferkette untersucht und es werden Möglichkeiten zur Verbesserung aufgezeigt (Sedex o.J.).
● Die DIN ISO 26000 „Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung von Organisationen”: Der Leitfaden ist eine Einführung für alle Arten von Organisation, um die Institutionen mit der Struktur DIN ISO 26000 vertraut zu machen. Hierbei geht es um eine gesellschaftliche Verantwortung, die Unternehmen übernehmen müssen (BMUV o.J.).
● ISO 14001 (Quentic o.J.): Die weltweit angewendete und akzeptierte ISO 14001 legt als Standard die Anforderungen an ein UMS fest. Sie wurde 1996 von der internationalen Organisation für Normen veröffentlicht und ist Teil einer Normenfamilie, die zahlreiche weitere Normen zu verschiedenen Bereichen des Umweltmanagements beinhaltet. Hierzu zählt u.a. das Energiemanagementsystem nach ISO 50001.
● Blauer Engel (ebd. o.J.): Der Blaue Engel hat eine Vielzahl von Produkten zertifiziert. Ein Beispiel sind biologisch abbaubare Schmierstoffe und Hydraulikflüssigkeiten (DE-UZ 178). Das Umweltzeichen für biologisch abbaubare Schmierstoffe und Hydraulikflüssigkeiten gibt dem Anwender die Möglichkeit, diejenigen Produkte auszuwählen, die z. B. überwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen (pflanzliche oder tierische Öle) bestehen und die sich insbesondere durch eine gute biologische Abbaubarkeit auszeichnen.
Zur Recherche nach Siegeln für Konsument*innen empfiehlt sich die Webseite „Siegelklarheit“, eine Initiative der deutschen Bundesregierung, die eine Orientierung zu einer Vielzahl von Gütezeichen gibt (Siegelklarheit o.J.). Auf der Webseite kann nach kann Gütesiegeln für Computer-Hardware und für Mobiltelefone gesucht und recherchiert werden, welche Phasen des Produktlebensweges vom Siegel abgedeckt werden, wobei Rohstoffproduktion, Herstellung, Transportwege, Nutzungsphase und End-of-Life unterschieden werden.
Die Herausforderungen für die vier Metallberufe liegen also vor allem darin, einen nachhaltigen Einkauf zu organisieren, bei der Beschaffung auf nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien zu orientieren, bei der Weiterbildung des Personals neben Fachkenntnissen auch Kenntnisse und Fähigkeiten zur nachhaltigen Entwicklung zu vermitteln sowie das Verhalten von Endnutzer*innen und die organisatorischen Abläufe im Betrieb kennen.
Berufsspezifische Besonderheiten
Die Herausforderung, für die vier Metallberufe die Ausbildung auf nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicher auszurichten, ist oben in prinzipiellen, groben Zügen beschrieben worden. Hier soll dies kurz konkretisiert werden. Vor allem geht es auch hier um das Erkennen von größeren Zusammenhängen und den angemessenen Umgang damit. Hierzu gehören neben den unmittelbaren fachlichen Kenntnissen auch das Wissen um die derzeitigen, aber auch die absehbaren Rahmenbedingungen für die Produktionsprozesse im Betrieb.
Nachhaltige Konsummuster beziehen sich zum Einen um den privaten Konsum, aber zum Anderen auf den betrieblichen Konsum, also auf das Beschaffungswesen in seinen unterschiedlichen Facetten. Die Herkunft der verwendeten Energie und Rohstoffe sowie deren jeweilige Risiken und die Kenntnis bzw. Abschätzung von deren ökologischen, sozialen sowie ökonomischen Folgen sind zu berücksichtigen. Für eine gewisse Transparenz wird künftig noch stärker als bisher gesorgt werden, indem z.B. das sogenannte Lieferkettengesetz in der Praxis angewendet wird. Auch für den betrieblichen Produktionsablauf gilt aber, wo immer möglich, nachhaltige Lösungen für das Design von Werkstücken, Bauteilen oder Anlagen zu finden und umzusetzen, um Input einzusparen und um Ausschuss und Abfall weitestmöglich zu minimieren. Dies wird wohl am sinnvollsten und effektivsten auf der Basis intensiven Austauschs zwischen den Kolleginnen und Kollegen erfolgen. Das gilt auch für die daran anknüpfenden einzelnen Arbeits- und Produktionsschritte. Hier wäre detailliert zu prüfen, ob und wie nachhaltiger produziert werden kann. Für den gesamten Produktionsprozess böte auch hier das Konzept der Kreislaufwirtschaft eine maßgebliche Orientierung. Dies könnte an einem betriebs- und praxisnahen Beispiel exemplarisch durchgespielt werden.
Wie weiter oben bereits erwähnt, sind viele der eher überbetrieblichen Aspekte im direkten Aufgabenbereich der Vorgesetzten und leitenden Kolleginnen und Kollegen angesiedelt. Gleichwohl können von den unmittelbar befassten Facharbeiterinnen und Facharbeitern sachdienliche und konstruktive Hinweise gegeben werden, und entsprechende Gespräche bzw. Schulungen durchgeführt werden. Derartige Hinweise können sich auf Konstruktionsaspekte beziehen (Einsparung von Energie und Material, Reduzierung von Abfall oder Ausschuss) oder alternative Materialien und Energiequellen für den Produktionsbetrieb und das Gebäude.
Quellenverzeichnis
BMUV Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2016): Einfluss der Nutzungsdauer von Produkten auf ihre Umweltwirkung: Schaffung einer Informationsgrundlage und Entwicklung von Strategien gegen „Obsoleszenz“: Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_11_2016_einfluss_der_nutzungsdauer_von_produkten_obsoleszenz.pdf
BMUV Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2016): Die DIN ISO 26000 „Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung von Organisationen“. Online: https://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/Broschueren/a395-csr-din-26000.html
BMWK (2022): Österreichisches Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMWK): FTI-Initiative Kreislaufwirtschaft – Österreich auf dem Weg zu einer nachhaltigen und zirkulären Gesellschaft. Online: https://fdoc.ffg.at/s/vdb/public/node/content/8nKEL-hcRnqkwYOL8MHgxg/1.0?a=true
BMUV (o.J.): „Statistiken zur allgemeinen Abfallwirtschaft“: https://www.bmuv.de/themen/wasser-ressourcen-abfall/kreislaufwirtschaft/statistiken/statistiken-zur-allgemeinen-abfallwirtschaft
BMUV (o.J.): „Daten zu Elektro- und Elektronikgeräten“: https://www.bmuv.de/themen/wasser-ressourcen-abfall/kreislaufwirtschaft/statistiken/elektro-und-elektronikaltgeraete
Circular Futures (o.J): – Plattform Kreislaufwirtschaft Österreich: SDGs & Kreislaufwirtschaft. Online: https://www.circularfutures.at/themen/kreislaufwirtschaftspolitik/sdgs-and-kreislaufwirtschaft/
Global Resources Outlook (2019): UN-Ressourcenrat (International Resource Panel): Online: https://resourcepanel.org/rGlobal E-waste Statistics Partnership (globalewaste.org)reports/global-resources-outlook
ISO (o.J.): SO-14025:2006 Umweltzeichen und -deklarationen. Online: https://www.iso.org/standard/38131.html
KMK Kultusministerkonferenz (2016): Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung. Online: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2015/2015_06_00-Orientierungsrahmen-Globale-Entwicklung.pdf
Quarks (2019) Quarks- Andreas Schneider (2019): Recycling- Darum ist Aluminium nicht gut für die Umwelt. Quarks- Westdeutscher Rundfunk Köln 13. September 2019. Online: https://www.quarks.de/umwelt/muell/darum-ist-aluminium-nicht-gut-fuer-die-umwelt/
Quentic (o.J.): Schritt für Schritt zur ISO 14001 Zertifizierung. Online: https://www.quentic.de/whitepaper/iso-14001/
Quentic (o.J.): Whitepaper ISO 50001. Online: https://www.quentic.de/whitepaper/iso-50001/
Sedex (o.J.): SMETA, das weltweit führende Audit. Online: https://www.sedex.com/solutions/smeta-audit/
Siegelklarheit (o.J.): Gezielt informieren Bewusst einkaufen. Nachhaltig handeln. Online: https://www.siegelklarheit.de/
TÜV Sustainability Studie 2022 https://www.tuev-verband.de/studien/sustainability-studie-2022
UBA Umweltbundesamt (2018): Die Nutzung natürlicher Ressourcen. Online: www.umweltbundesamt.de/publikationen/die-nutzung-natuerlicher-ressourcen-bericht-fuer
VDI Zentrum Ressourceneffizienz (2017): Ressourceneffizienz durch Remanufacturing – Industrielle Aufarbeitung von Altteilen. Online: https://www.ressource-deutschland.de/fileadmin/user_upload/1_Themen/h_Publikationen/Kurzanalysen/VDI_ZRE_Kurzanalyse_18_Remanufacturing_bf.pdf
VDI ZRE (2021): Kunststoffrecycling 4.0: Künstliche Intelligenz und digitaler Zwilling spart Ressourcen. Online: https://www.youtube.com/watch?v=LxafPcpqOf4
worldsteel (o.J.): Anerkennung für herausragende Leistungen im Bereich Sicherheit und Gesundheit 2022. Online: https://worldsteel.org/safety-and-health-excellence-recognition/
SDG 13 Maßnahmen zum Klimaschutz
“Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen”
Der Kurztitel des SDG 13 lautet: “Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen”. Dies ist für die Bundesrepublik und die EU ein zentrales Nachhaltigkeitsziel und fokussiert auf die Klimaerhitzung als globale Bedrohung, die bereits heute jedes Land auf allen Kontinenten betrifft und sich nachweislich negativ auf die Volkswirtschaften, alle Unternehmen und das Leben jedes Einzelnen auswirkt.
Für die Ausbildung in den Metallberufen ist insbesondere das folgende Unterziel von Relevanz:
● SDG 13.3: “Die Aufklärung und Sensibilisierung sowie die personellen und institutionellen Kapazitäten im Bereich der Abschwächung des Klimawandels, der Klimaanpassung, der Reduzierung der Klimaauswirkungen sowie der Frühwarnung verbessern”
Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits heute Realität: Die Wetterverhältnisse ändern sich, der Meeresspiegel steigt, die Wetterereignisse werden immer extremer und die Treibhausgasemissionen erreichen heute die höchsten Werte in der Geschichte. Ohne entsprechende Maßnahmen dürfte die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Welt in diesem Jahrhundert 3 Grad Celsius überschreiten und die Lebensverhältnisse und Wirtschaftsstrukturen in sehr negativer Weise beeinträchtigen, was zu immer häufigeren Katastrophen führt. Am stärksten betroffen werden erfahrungsgemäß die Ärmsten und die Schwächsten in unserer Gesellschaft und im globalen Süden der Erde sein. Doch erschwingliche und ausbaufähige Lösungen sind bereits jetzt verfügbar, denn immer mehr Menschen und Unternehmen greifen auf erneuerbare Energien und eine Reihe anderer Maßnahmen zurück, welche die Emissionen von Treibhausgasen reduzieren und die Anpassung an den Klimawandel stärken. Der Klimawandel ist jedoch eine globale Herausforderung, die keine nationalen Grenzen kennt. Für die Lösung dieses globalen Problems ist daher eine Koordination und Kooperation auf internationaler Ebene unverzichtbar (UNRIC o. J.)
Der Klimawandel wird durch die Emission von Treibhausgasen verursacht. Zahlreiche Gase sind verantwortlich für den Klimawandel. Ihnen gemeinsam ist ihre Undurchlässigkeit für die (Infrarot-)Wärmestrahlung der Erde. Jedes dieser Gase trägt in unterschiedlichem Maße zum Klimawandel bei. Die Stoffe bleiben zudem unterschiedlich lange in der Atmosphäre. Das IPCC (International Panel for Climate Change) definiert deshalb ein Global Warming Potential (GWP, Erwärmungswirkung für den Klimawandel) eines Stoffes in hundert Jahren im Vergleich zu Kohlendioxid CO2 wie folgt (vgl. My Climate, o.J.):
● Kohlendioxid CO2: 1 (Bezugswert)
● Methan CH4: 28
● Stickstoffdioxid N2O: 265
● FCKW (verboten) > 12.000
Mobilität
Der Transport von Rohstoffen, Bauteilen, Werkzeugen und Produkten des Werkzeugbaus zieht negative Effekte nach sich. Die Mobilität durch Straßenverkehr ist für einen wesentlichen Teil des Klimawandels verantwortlich – in Deutschland für rund 20% der Emissionen (UBA 2022). Der Verkehrssektor ist damit nach der Energiewirtschaft und der Industrie mit je rund 20 % CO2-Ausstoß der drittgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen. Den weitaus größten Teil der Verkehrsemissionen verursacht der Straßenverkehr (96 %, Stand 2019). Für etwa 61 % davon sind Benzin- und Diesel-Pkw und für 36 % entsprechende Lkw verantwortlich. Der Güterverkehr auf der Straße nahm erheblich zu: 2019 legten Lkw, Last- und Sattelzüge das Doppelte an Tonnenkilometern zurück, verglichen mit 1991. Um die Klimaziele zu erreichen, muss der Anteil der Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zunehmen. Im Jahresverlauf 2020 stiegen die Neuzulassungen von Elektroautos deutlich: von Januar 2020 mit drei % auf 14 % Ende des Jahres. Zum 01.01.2022 waren lediglich 4,7% aller knapp 60 Mio. Fahrzeuge im Bestand mit alternativen Antrieben ausgestattet (KBA 2022).
Fahrzeuge mit emissionsfreien Antrieben gewinnen immer mehr Beachtung. Elektroantriebe sind eine vieldiskutierte Alternative zu fossil betriebenen Antrieben. Während es im PKw-Bereich eher batteriebetriebene Konzepte sind, kommen diese im Bereich der Nutzfahrzeuge aufgrund des schweren und teils voluminösen Elektrostrang mit Batterie weniger in Betracht. Stattdessen bieten immer mehr Hersteller von Nutzfahrzeugen Brennstoffzellen an. Maßgeblich angeschoben wird dies durch die EU-Klimaziele den CO2-Ausstoß von neuen Pkw bis 2030 um 37,5 Prozent zu senken und dies bereits in fünf Jahren auch auf schwere Nutzfahrzeuge auszudehnen. Um bis zum Jahr 2025 bei schweren Nutzfahrzeugen 15 Prozent CO2-Emissionen und bis 2030 sogar 30 Prozent einzusparen, erscheint die Brennstoffzellentechnologie daher besonders vielversprechend. Die Entwicklung von LKW-Antrieben auf Wasserstoffbasis ist branchenweit auf einem Höchststand. Etablierte Unternehmen, darunter Hersteller wie Hyundai oder Daimler Trucks, aber auch völlig neue Anbieter wie die US-amerikanische Firma Nikola, die in Kooperation mit IVECO und Bosch an der Marktreife von Brennstoffzellen-LKW feilt, überbieten sich im Rennen um Effizienz, Reichweite und Fortschrittlichkeit.
Erneuerbare Energie in der Verfahrens- und Anlagentechnik
Neben der Mobilität kommen in der Verfahrens- und Anlagentechnik stationäre Anlagen und Prozesse zum Einsatz für die Energie benötigt werden. Dies kann eine Vielzahl von unterschiedlichen Maschinen und Geräten umfassen. Die technischen Potenziale zur Dekarbonisierung der Industrie sind jedoch erheblich. So decken erneuerbare Energien mit knapp sechs Prozent nur marginal den Energiebedarf in der industriellen Prozesswärme und Prozesskälte ab, obwohl mehr als 20% des deutschen Endenergieverbrauchs auf industrielle Prozesse zum Wärmen und Kühlen entfallen. Trotz der hohen Bedeutung der Prozesswärme und –kälte für die Energiewende ist bisher keine ausreichende Entwicklung zur Dekarbonisierung und effizienteren Nutzung in industriellen Prozessen erkennbar, obwohl mit der Solarthermie, Geothermie, Biomasse, (Groß-)Wärmepumpen sowie anderen strombasierten Formen der Wärmeerzeugung verschiedene Technologien für die vollständige oder teilweise Dekarbonisierung vieler Industrieprozesse bereit stehen. Das wirtschaftlich zu hebende Effizienzpotenzial allein im Brennstoffbereich der Industrie beläuft sich auf ca. 10% des gesamten aktuellen Prozesswärmebedarfs. Mit steigenden CO2- oder Energiepreisen wächst dieses Potenzial. Folgende Handlungsmöglichkeiten zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energie in der Industrie stehen zur Verfügung (BEE u.a. 2018):
● Nicht in den Betrieben nutzbare Abwärme sollte für Dritte nutzbar gemacht werden, z.B. durch Einspeisung in Fernwärmenetze. Mit Großwärmepumpen können dabei auch die bislang zu wenig beachteten Potenziale der Niedertemperatur-Abwärme genutzt werden.
● Mit der Digitalisierung ergeben sich aus den neuen Möglichkeiten zur Messung, Steuerung und Vernetzung von Prozessen zusätzliche Effizienzpotenziale. Auf der Erzeugungsseite entstehen neue Märkte für die „klassischen“ erneuerbaren Technologien und neue Optionen an der Schnittstelle von Wärme- und Strommarkt.
● Bei Branchen mit mittleren Temperaturen wie der Grundstoffverarbeitung sollte zunächst auf eine Teil-Dekarbonisierung gezielt werden, bei der erneuerbare Energien in Kombination mit fossilen Energieträgern eingesetzt werden. Standorte der Metallverarbeitung verfügen fast immer über große Dachflächen von Anlagen oder für den Fuhrpark sowie über Freiflächen, die entweder direkt geeignet sind für eine Dach- oder Freiflächen-Fotovoltaik. Da sie immer in Gewerbegebieten gelegen sind, eignen sie sich auch für Kleinwindanlagen.
● Um auch Hochtemperatur-Anwendungen zu dekarbonisieren, sind noch verstärkte Forschungs- und Entwicklungsarbeiten nötig. Energieeffizienzmaßnahmen, verstärkte Abwärmenutzung können jedoch schon heute begonnen werden.
Berufsspezifische Besonderheiten
Die Herausforderung, für die vier Metallberufe die Ausbildung auf Maßnahmen zum Klimaschutz auszurichten, ist oben in prinzipiellen, groben Zügen beschrieben worden. Hier soll dies kurz konkretisiert werden. Vor allem geht es auch hier um das Erkennen von größeren Zusammenhängen und den angemessenen Umgang damit. Hierzu gehören neben den unmittelbaren fachlichen Kenntnissen auch das Wissen um die derzeitigen, aber auch die absehbaren Rahmenbedingungen für die Produktionsprozesse im Betrieb.
Nachhaltige Konsummuster beziehen sich zum Einen um den privaten Konsum, aber zum Anderen auf den betrieblichen Konsum, also auf das Beschaffungswesen in seinen unterschiedlichen Facetten. Die Herkunft der verwendeten Energie und Rohstoffe sowie deren jeweilige Risiken und die Kenntnis bzw. Abschätzung von deren ökologischen, sozialen sowie ökonomischen Folgen sind zu berücksichtigen. Für eine gewisse Transparenz wird künftig noch stärker als bisher gesorgt werden, indem z.B. das sogenannte Lieferkettengesetz in der Praxis angewendet werden wird. Auch für den betrieblichen Produktionsablauf gilt aber, wo immer möglich, nachhaltige Lösungen für das Design von Werkstücken, Bauteilen oder Anlagen zu finden und umzusetzen. Dies wird wohl am sinnvollsten und effektivsten auf der Basis intensiven Austauschs zwischen den Kolleginnen und Kollegen erfolgen. Das gilt auch für die daran anknüpfenden einzelnen Arbeits- und Produktionsschritte. Hier wäre detailliert zu prüfen, ob und wie nachhaltiger produziert werden kann. Für den gesamten Produktionsprozess böte auch hier das Konzept der Kreislaufwirtschaft eine maßgebliche Orientierung. Dies könnte an einem betriebs- und praxisnahen Beispiel exemplarisch durchgespielt werden. Hier bietet sich in Ergänzung der oben erwähnten Beispiele das Thema der zunehmenden Digitalisierung an: die Frage, inwiefern der Aufwand elektrischer Energie durch die digitale Ausstattung und entsprechende Nachbesserung geringere klimaschädliche Emissionen erzeugen könnte.
Wie weiter oben bereits erwähnt, sind viele der eher überbetrieblichen Aspekte im direkten Aufgabenbereich der Vorgesetzten und leitenden Kolleginnen und Kollegen angesiedelt. Gleichwohl können von den unmittelbar befassten Facharbeiterinnen und Facharbeitern sachdienliche und konstruktive Hinweise gegeben werden, und entsprechende Gespräche bzw. Schulungen durchgeführt werden. Derartige Hinweise können sich auf Konstruktionsaspekte beziehen (Einsparung von Energie und Material, Reduzierung von Abfall oder Ausschuss) oder alternative Materialien und Energiequellen für den Produktionsbetrieb und das Gebäude.
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/17281
BMZ Bundesministerium für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) 2022: Gemeinsam gegen Kinderarbeit. Online: https://www.bmz.de/de/themen/kinderarbeit
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
ILO Internationale Arbeitsorganisation 2021: UN startet Internationales Jahr zur Abschaffung der Kinderarbeit 2021. Online: https://www.ilo.org/berlin/presseinformationen/WCMS_766477/lang–de/index.htm
Mittelstandsinitiative, Energiewende und Klimaschutz- KFZ o.J Beratungswerkzeuge der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz https://www.mittelstand-energiewende.de/fileadmin/user_upload_mittelstand/MIE_vor_Ort/Handwerk_Abschlussbrosch%
My Climate (o.J.): Was sind CO₂-Äquivalente? Online: https://www.myclimate.org/de/informieren/faq/faq-detail/was-sind-co2-aequivalente/
UNRIC Regionales Informationszentrum der Vereinten Nationen: UN-Klimachefin Espinosa: Rasche Maßnahmen gegen Klimawandel nötig. Online: https://unric.org/de/klimakonferenz07062022/