Dachdecker/Dachdeckerin Ausbildung nach Schwerpunkt – Reetdachtechnik
Wichtiger Hinweis
Für die verschiedenen Fachrichtungen „Dachdecker und Dachdeckerin“ wurden ein gemeinsames HGM, ein IP und eine FS erstellt. Verschiede Aspekte der berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen der verschiedenen Fachrichtungen wurden im IP behandelt.
Einleitung
Ziele der Projektagentur PA-BBNE
Das Ziel der „Projektagentur Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (PA-BBNE) ist die Entwicklung von Materialien, die die um Nachhaltigkeit erweiterte neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ mit Leben füllen soll. Mit „Leben zu füllen“ deshalb, weil „Nachhaltigkeit“ ein Ziel ist und wir uns den Weg suchen müssen. Wir wissen beispielsweise, dass die Energieversorgung künftig klimaneutral sein muss. Mit welchen Technologien wir dies erreichen wollen und wie unsere moderne Gesellschaft und Ökonomie diese integriert, wie diese mit Naturschutz und Sichtweisen der Gesellschaft auszugestalten sind, ist noch offen.
Um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, entwickelt die PA-BBNE Materialien, die von unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
- Zum einen widmen wir uns der beruflichen Ausbildung, denn die nachhaltige Entwicklung der nächsten Jahrzehnte wird durch die jungen Generationen bestimmt werden. Die duale berufliche Ausbildung orientiert sich spezifisch für jedes Berufsbild an den Ausbildungsordnungen (betrieblicher Teil der Ausbildung) und den Rahmenlehrplänen (schulischer Teil der Ausbildung). Hierzu haben wir dieses Impulspapier erstellt, das die Bezüge zur wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion praxisnah aufzeigt.
- Zum anderen orientieren wir uns an der Agenda 2030. Die Agenda 2030 wurde im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen und ist ein Fahrplan in die Zukunft (Bundesregierung o. J.). Sie umfasst die sogenannten 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die jeweils spezifische Herausforderungen der Nachhaltigkeit benennen (vgl. Destatis 2022). Hierzu haben wir ein Hintergrundmaterial (HGM) im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE, vgl. BMBF o. J.) erstellt, das spezifisch für unterschiedliche Berufe ist.
Die Materialien der Projektagentur
Die neue Standardberufsbildposition gibt aber nur den Rahmen vor. Selbst in novellierten Ausbildungsordnungen in Berufen mit großer Relevanz für wichtige Themen der Nachhaltigkeit wie z. B. dem Klimaschutz werden wichtige Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten in den berufsprofilgebenden Berufsbildpositionen nicht genannt – obwohl die Berufe deutliche Beiträge zum Klimaschutz leisten könnten. Deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, Ausbildenden und Lehrkräften Hinweise im Impulspapier zusammenzustellen im Sinne einer Operationalisierung der Nachhaltigkeit für die unterschiedlichen Berufsbilder. Zur Vertiefung der stichwortartigen Operationalisierung wird jedes Impulspapier ergänzt durch eine umfassende Beschreibung derjenigen Themen, die für die berufliche Bildung wichtig sind. Dieses sogenannte Hintergrundmaterial orientiert sich im Sinne von BNE an den 17 SDGs, ist faktenorientiert und wurde nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Ergänzt werden das Impulspapier und das Hintergrundmaterial durch einen Satz von Folien, die sich den Zielkonflikten widmen, da „Nachhaltigkeit das Ziel ist, für das wir den Weg gemeinsam suchen müssen“. Und dieser Weg ist nicht immer gleich für alle Branchen, Betriebe und beruflichen Handlungen, da unterschiedliche Rahmenbedingungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – gelten können. Wir haben deshalb die folgenden Materialien entwickelt:
- BBNE-Impulspapier (IP): Betrachtung der Schnittstellen von Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und den Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Anlehnung an die SDGs der Agenda 2030. Das Impulspapier ist spezifisch für einen Ausbildungsberuf erstellt, fasst aber teilweise spezifische Ausbildungsgänge zusammen (z. B. den Fachmann und die Fachfrau zusammen mit der Fachkraft sowie die verschiedenen Fachrichtungen)
- BBNE-Hintergrundmaterial (HGM): Betrachtung der SDGs unter einer wissenschaftlichen Perspektive der Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Tätigkeitsprofil eines Ausbildungsberufes bzw. auf eine Gruppe von Ausbildungsberufen, die ein ähnliches Tätigkeitsprofil aufweisen;
- BBNE-Foliensammlung (FS) und Handreichung (HR): Folien mit wichtigen Zielkonflikten – dargestellt mit Hilfe von Grafiken, Bildern und Smart Arts für das jeweilige Berufsbild, die Anlass zur Diskussion der spezifischen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bieten. Das Material liegt auch als Handreichung (HR) mit der Folie und Notizen vor.
Die Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit”
Seit August 2021 müssen auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bei einer Modernisierung von Ausbildungsordnungen die vier neuen Positionen „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, Digitalisierte Arbeitswelt“, Organisation des Ausbildungsbetriebs, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sowie „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ aufgenommen werden (BIBB 2021). Insbesondere die letzten beiden Positionen unterscheiden sich deutlich von den alten Standardberufsbildpositionen.
Diese Positionen begründet das BIBB wie folgt (BIBB o. J.a): „Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen“ (ebd.).
Die Standardberufsbildpositionen sind allerdings allgemein gehalten, damit sie für alle Berufsbilder gelten (vgl. BMBF 2022). Eine konkrete Operationalisierung erfolgt üblicherweise durch Arbeitshilfen, die für alle Berufsausbildungen, die modernisiert werden, erstellt werden. Die Materialien der PA-BBNE ergänzen diese Arbeitshilfen mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und geben entsprechende Anregungen (vgl. BIBB o. J.b). Das Impulspapier zeigt vor allem in tabellarischen Übersichten, welche Themen der Nachhaltigkeit an die Ausbildungsberufe anschlussfähig sind.
Die neue Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ist zentral für eine BBNE, sie umfasst die folgenden Positionen (BMBF 2022).
a) “Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b) bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
c) für den Ausbildungsbetrieb geltende Regelungen des Umweltschutzes einhalten
d) Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren”
Die Schnittstellen zwischen der neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit” werden in
fortlaufend aufgezeigt. Mit Ausnahme der Position c) werden in der Tabelle alle Positionen behandelt. Die Position c) wird nicht behandelt, da diese vor allem ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, die zwingend zu beachten sind. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit hingegen sind meist freiwillige Maßnahmen und können, müssen aber nicht durch das Ordnungsrecht geregelt bzw. umgesetzt werden. In der Tabelle werden die folgenden Bezüge hergestellt:
- Spalte A: Positionen der Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit”;
- Spalte B: Vorschläge für Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Sinne der nachhaltigen Entwicklung wichtig sind;
- Spalte C: Bezüge zur Nachhaltigkeit;
- Spalte D: Mögliche Aufgabenstellungen für die Ausbildung im Sinne der Position 3e) „Vorschläge für nachhaltiges Handeln entwickeln“;
- Spalte E: Zuordnung zu einem oder mehreren SDGs (Verweis auf das Hintergrundmaterial).
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) meint eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen (BMBF o. J.). BBNE ist somit nur ein Teil von BNE, der an alle Bürger*innen adressiert ist. Eine Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn Menschen weltweit, gegenwärtig und in Zukunft würdig leben und ihre Bedürfnisse und Talente unter Berücksichtigung planetarer Grenzen entfalten können. … BNE ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen (ebd.).
Grundlage für BNE ist heutzutage die Agenda 2030 mit ihren 17 SDG (Sustainable Development Goals). Die 17 Ziele bilden den Kern der Agenda und fassen zusammen, in welchen Bereichen nachhaltige Entwicklung gestärkt und verankert werden muss (ebd.). Die Materialien der Projektagentur sollen Lehrkräften an Berufsschulen und Ausbildende dabei helfen, die Ideen der SDG in die Bildungspraxis einzubringen. Sie sind somit ein wichtiges Element insbesondere für das Ziel vier “Hochwertige Bildung”: “Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, …” (ebd.).
Während die Grundlage in den Impulspapieren die Ausbildungsordnungen und die Rahmenlehrpläne der beruflichen Bildung waren, die mit den SDG vernetzt wurden, geht das Hintergrundpapier den umgekehrten Weg: Wir betrachten die SDG im Hinblick auf ihre Bedeutung für die berufliche Bildung und stellen uns der Frage, welche Anforderungen ergeben sich aufgrund der SDG und deren Unterziele an die Berufsbildung? Die folgenden Beschreibungen haben deshalb immer die gleiche Struktur:
- Es wird das SDG beschrieben.
- Es werden relevante Unterziele benannt.
- Es wird (wissenschaftlich) ausgeführt, was diese Unterziele für das jeweilige Berufsbild bedeuten.
Beitrag des Dachdeckerhandwerks zu den SDGs
Umwelt- und Klimaschutz ist ein zunehmend wichtiges Thema. 65 Prozent der Deutschen halten den Umwelt- und Klimaschutz für ein sehr wichtiges Thema – trotz Corona (UBA 2022). Besonders der Klimaschutz bleibt während der Pandemie für 70 Prozent weiterhin genauso wichtig, für 16 Prozent ist er sogar wichtiger geworden. In Deutschland entfallen von den gesamten jährlichen 11,2 Tonnen THG-Emissionen pro Person im Durchschnitt rund 24 Prozent der THG-Emissionen auf Wohnen und Strom, 19 Prozent auf Mobilität und 15 Prozent auf Ernährung (UBA 2021). Damit wird deutlich, wie wichtig es ist, dem Gebäudesektor in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit von Neubauten, vor allem aber im Bereich der energetischen Modernisierung des vorhandenen Gebäudebestandes, besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Der Dachdecker, die Dachdeckerin können auf verschiedenen Ebenen im Sinne der SDGs wirken, angefangen bei der Beratung von Kunden in Bezug auf einen Dachaufbau unter Berücksichtigung einer optimalen Wärmedämmung. Dabei spielt die Auswahl von möglichst umweltschonenden und nachhaltigen Produkten eine zentrale Rolle. Während der Bauausführung sind ein umweltschonendes Baustellenmanagement und eine langlebige handwerkliche Ausführung wichtig. Nicht zuletzt stellt sich die Frage, wie mit den anfallenden Restmaterialien umgegangen wird, ob diese z.B. im Sanierungsfall eines Daches ggf. weiterverwendet werden können (Stichwort: Baustoffbörse), oder einem Material Recycling oder einer Entsorgung zugeführt werden können.
Für Hauseigentümer*innen wird die Art einer Gebäudesanierung oder eines Gebäudeneubaues, auch vor dem Hintergrund steigender Energiepreise, ein immer wichtigerer Aspekt. Ca. 28 Prozent der Endenergie in Deutschland wird nur von Privathaushalten fürs Wohnen verbraucht (Destatis, 2020). Gerade der Dach- und Außenwandbereich eines Gebäudes spielt bei den möglichen Energiesparpotenzialen eine entscheidende Rolle. Der größte Energiefresser in privaten Haushalten ist die Heizung; rund 70 Prozent des Endenergieverbrauchs im Bereich Wohnen verbraucht das Heizen. Der Anteil des CO2-Ausstoßes für Heizen am Gesamtausstoß im Bereich Wohnen liegt bei knapp 60 Prozent. Und mehr als die Hälfte der fürs Heizen freigesetzten CO2-Emissionen stammt aus Energie, die für die Heizung bestimmt war, aber entweder nie dort ankam oder dem Gebäude zu schnell entwichen ist. Hier zeigt sich das Einsparpotenzial. Energetische Sanierungen wie Wärmedämmung von Fassaden, Dach und Keller helfen nicht nur, das Klima zu schützen, sondern entlasten auch die Haushaltskasse: Investitionen rechnen sich durch die geringeren Energiekosten (UBA 2016).
Die Zahl der 2020 erteilten Baugenehmigungen für Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern hat um 5 Prozent zugenommen. Insgesamt wurden im o. g. Zeitraum knapp 333.000 Wohnungen und damit fast 14.000 mehr genehmigt als im Vorjahreszeitraum genehmigt, was einem Plus von 4 Prozent entspricht. Aufgrund verschiedener Faktoren wie z.B. politischen Krisen, Problemen bei den internationalen Lieferketten von Rohstoffen oder Produkten sind Konjunkturentwicklungen dynamisch und wirken sich teilweise massiv auf die Auftragslage der Bauwirtschaft aus. Das Dachdeckerhandwerk, der ZVDH, rechnet für 2020 mit einem Gesamtumsatz von 11,2 Mrd. Euro. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Zuwachs von 5,0 Prozent. Die tragende Säule dafür bildet weiterhin der Bereich der Sanierungen und Reparaturen im Wohnungsbau. Die Beschäftigtenzahlen haben um ca. 1 Prozent zugelegt und betragen nun gut 64.000 Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt. Das ist der höchste Wert seit dem Jahr 2001. Für 2021 rechnete das Dachdeckerhandwerk mit insgesamt stagnierenden Umsätzen und einem stabilen Beschäftigungsniveau. (Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks 2021). Die hohen Auftragsbestände lassen Raum für eine Umsatzsteigerung auf 151 Milliarden Euro in 2022, was einer Steigerung um nominal 5,5 Prozent entspricht Bei den Beschäftigten erwartet die Branche einen weiteren Aufbau um 10.000 auf 915.000 Beschäftigte (Das Deutsche Baugewerbe 2021).
Für das Dachdeckerhandwerk lassen sich bei einer Ausrichtung auf die Nachhaltigkeitsziele folgende zentrale Kriterien zusammenfassen:
- Beratung der Kundschaft in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte der Gewerke und deren Materialien
- Materialauswahl gemäß Nachhaltigkeitskriterien
- Ressourceneffizient Einkauf und Verarbeitung -> wenig Materialreste und -verschnitt sowie ggf. Demontierbarkeit des Materials
- Stoffliches Recycling von Werkstücken – weitere Verwendbarkeit des Materials
- Mögliche Vermeidung von Verbundwerkstoffen (Verklebungen unterschiedlicher Materialien), um eine sortenreine Trennung und Wiederverwendbarkeit der Materialien zu ermöglichen
- Erreichung einer sehr guten Luftdichtheit und Dämmwirkung
- Optimiertes Baustellenmanagement (u.a. Planung, Gewerke übergreifende Abstimmung), um fehlerhafte Ausführungen der Gewerke zu vermeiden
- Durchführung qualitätssichernder Maßnahmen
Ausgehend davon stellt sich nun für den Dachdecker, die Dachdeckerin die Frage, welche der sich aus der bisherigen Darstellung ergebenden Kriterien für die innerbetrieblichen Entscheidungen sowie für die individuelle Entscheidung der Endkunden bei einer Beauftragung von Belang sind.
Alle in einem Dachdeckerbetrieb Tätigen, einschließlich der Auszubildenden, sollten sich nicht nur wichtige Informationen über die genannten Aspekte der Nachhaltigkeit in Bezug auf ihre handwerkliche Arbeit aneignen, sondern auch gegenüber der Kundschaft bewerten und vermitteln können.
Glossar
AO Ausbildungsordnung
Äq Äquivalent
BHKW Blockheizkraftwerk
BIBB Bundesinstitut für Berufliche Bildung
BImSchV Bundes Immissionsschutz-Verordnung
CO2-Äq Kohlendioxid-Äquivalente
DFSZ Deutsche Forstservice-Zertifikat
EE Erneuerbare Energien
EnVKV Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung
EPD Environmental Product Declarations
FCEV Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge
FSC Forest Stuardship Council
FS Foliensammlung mit Beispielen für Zielkonflikte
HGM Hintergrundmaterial (wissenschaftliches Begleitmaterial)
IP Impulspapier (didaktisches Begleitmaterial)
KMU Kleine und mittlere Unternehmen
KUQS Kompetenznachweis in Umwelt-, Qualitäts- und Sicherheitsmanagement
PEFC Programme for the Endorsement of Forest Certification
PV Photovoltaik
RLP Rahmenlehrplan
SBBP Standardberufsbildposition
SDG Sustainable Development Goals
THG Treibhausgase bzw. CO2-Äquivalente (CO2-Äq)
ZVDH Zentralverband des Deutsches Dachdeckerhandwerks
Quellenverzeichnis
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2021): Vier sind die Zukunft. Online: www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/17281
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.): FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Online: https://www.bibb.de/de/137874.php
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.): Ausbildung gestalten. Online: BIBB / Reihen / Ausbildung gestalten
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (o. J.): Was ist BNE? Online: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html
Bundesregierung (o. J.): Globale Nachhaltigkeitsstrategie – Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174
Destatis Statistisches Bundesamt (2020): Umweltökonomische Gesamtrechnung. Online:
Destatis Statistisches Bundesamt (2022): Indikatoren der UN-Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
Das Deutsche Baugewerbe (2021): Konjunkturprognose. Online: https://www.zdb.de/baukonjunktur/konjunkturprognose-2021
UBA Umweltbundesamt (2016): Wärmedämmung – Fragen und Antworten. Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/waermedaemmung_fragen_und_antworten_web.pdf
UBA Umweltbundesamt (2022): Umweltbewusstsein in Deutschland. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeit-strategien-internationales/umweltbewusstsein-in-deutschland
UBA Umweltbundesamt (2021): Konsum und Umwelt: Zentrale Handlungsfelder. Online: www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/konsum-umwelt-zentrale-handlungsfelder#bedarfsfelder
Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerkes (2021): Konjunkturdaten. Online: https://dachdecker.org/download/a3u41f75fqgoojqaujtc3n7p220/210311-Konjunktur_Mitgliedsverbaende.pdf
SDG 4 Hochwertige Bildung
“Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern”
Das SDG zielt primär auf die globale Entwicklung von guten Bildungssystemen ab. Im Berufsbildungssystem ist Deutschland weltweit führend – trotz einiger Defizite wie Personalausstattung, Digitalisierung oder knappe Investitionsbudgets – viele Länder versuchen ein ähnliches Berufsbildungssystem wie in Deutschland aufzubauen. Insofern ist vor allem das Unterziel 4.7 relevant:
Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung
Das SDG 4 spiegelt sich in der fachlichen Unterrichtung der Stichpunkte der anderen SDG wieder, mündet aber in den Positionen e und f der neuen Standardberufsbildposition (BMBF 2022):
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
10 “Goldene Handlungsregeln” für eine BBNE
Die Nachhaltigkeitsforschung und die Bildungswissenschaften haben inzwischen umfassende Erkenntnisse gesammelt, wie eine berufliche Bildung für Nachhaltigkeit gefördert werden kann (vgl. u. a. vgl. Schütt-Sayed u.a. 2021; Kastrup u. a. 2012; Melzig u. a. 2021). Das Ergebnis sind die folgenden 10 didaktischen Handlungsregeln, die das Berufsbildungspersonal dabei unterstützen, Lehr-/Lernprozesse zielgruppengerecht und angemessen zu gestalten. Diese insgesamt 10 Handlungsregeln lassen sich in vier Schritten zuordnen.
Schritt 1 – Richtig anfangen:
Identifizierung von Anknüpfungspunkten für BBNE
1) Ansatzpunkte: Fordern Sie die Verantwortung im eigenen Wirkungsraum heraus, ohne die Berufsschüler und Berufsschülerinnen mit „Megaproblemen“ zu überfordern!
2) Anknüpfungspunkte: Die Curricula sind Grundlage der Lehr-/Lernprozesse – es kommt darauf an, sie im Sinne der Nachhaltigkeit neu zu interpretieren!
3) Operationalisierung: Nachhaltigkeit ist kein „Extra- Thema“, sondern ein integraler Bestandteil des beruflichen Handelns!
Um nachhaltigkeitsorientierte Lehr-/Lernarrangements zu entwickeln, sind zunächst Anknüpfungspunkte für Nachhaltigkeit in den betrieblichen Abläufen zu identifizieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausbildungsordnungen und Lehrpläne die rechtliche Grundlage der beruflichen Bildung sind. Es gilt diese im Sinne der Nachhaltigkeit zu interpretieren, sofern nicht bereits konkrete Nachhaltigkeitsbezüge enthalten sind.
Wichtig ist dabei, dass Auszubildende nicht mit den „Megaproblemen“ unserer Zeit überfordert werden, sondern zur Verantwortung im eigenen Wirkungsraum herausgefordert werden – sowohl im Betrieb als auch im Privaten. Denn Auszubildende sind selbst Konsument/-innen, die durch eine angeleitete Reflexion des eigenen Konsumverhaltens die Gelegenheit erhalten, ihre „Wirkungsmacht“ im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in ihrer eigenen Branche zu verstehen.
Schritt 2 – Selbstwirksamkeit schaffen:
Eröffnung von Nachhaltigkeitsorientierten Perspektiven
4) Handlungsfolgen: Berufliches Handeln ist nie folgenlos: Machen Sie weitreichende und langfristige Wirkungen erkennbar!
5) Selbstwirksamkeit: Bleiben Sie nicht beim „business as usual“, sondern unterstützen Sie Schüler*innen dabei, Alternativen und Innovationen zu entdecken!
6) Zielkonflikte: Verstecken Sie Widersprüche nicht hinter vermeintlich einfachen Lösungen, sondern nutzen Sie sie als Lern- und Entwicklungschancen!!
7) Kompetenzen: Bildung für nachhaltige Entwicklung verbindet Wahrnehmen, Wissen, Werten und Wirken!
Im nächsten Schritt sind nachhaltigkeitsorientierte berufliche Perspektiven für die Auszubildenden zu eröffnen. Diese sollten an einer positiven Zukunftsvision und an Lösungen orientiert sein. Auszubildenden sind dabei die weitreichenden Wirkungen ihres Handelns vor Augen zu führen. Sie sollen verstehen können, warum ihr Handeln nicht folgenlos ist. Das bedeutet gleichzeitig, Auszubildenden die positiven Folgen eines nachhaltigen Handelns vor Augen zu führen. In diesem Zusammenhang ist die Selbstwirksamkeitserfahrung von großer Bedeutung. Sie ist eine der Voraussetzungen, um motiviert zu handeln. Auszubildende dabei zu unterstützen, Alternativen zum nicht-nachhaltigen Handeln zu erkennen und Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung zu entdecken, sollte dabei für Lehrpersonen selbstverständlich sein. Dabei ist immer die individuelle Motivation der Auszubildenden entscheidend, denn zum nachhaltigen Handeln braucht es nicht nur Wissen (Kopf), sondern auch authentisches Wollen (Herz). Wesentlich ist hierbei die Gestaltung ganzheitlicher Lernprozesse, die sowohl den kognitiven als auch den affektiven und psychomotorischen Bereich einbeziehen (vgl. Költze, S.206).
Schritt 3 – Ganzheitlichkeit:
Gestaltung transformativer Lernprozesse
8) Lebendigkeit: Ermöglichen Sie lebendiges Lernen mit kreativen und erfahrungsbasierten Methoden!
9) Beispiele: Nutzen Sie motivierende Beispiele: Sprechen Sie über Erfolgsgeschichten, positive Zukunftsvisionen und inspirierende Vorbilder!
Aber wie können Lernsituationen in der Praxis so gestaltet werden, dass sie ganzheitlich aktivierend für die Auszubildenden sind? Es sollte ein lebendiges Lernen mit Hilfe kreativer, erfahrungsbasierter Methoden ermöglicht werden. Dies ist ein grundlegender (kein neuer) didaktischer Ansatz für die Förderung einer nachhaltigkeitsorientierten Handlungskompetenz. Im Kern bedeutet dies: Lernen mit Lebensweltbezug, welches ausgerichtet ist auf individuelle Lebensentwürfe und das eigene (auch künftige) berufliche Handlungsfeld, z. B. indem Recherchen im eigenen Unternehmen zu Möglichkeiten der Energieeinsparung durchgeführt werden. Lernen soll vor diesem Hintergrund vor allem unter Berücksichtigung der Sinne stattfinden, d. h. mit Körper und Geist erfahrbar sowie sinnlich-stimulierend sein. Die Auszubildenden sollen sich dabei zudem als Teil einer gestalterischen Erfahrungsgemeinschaft erleben. Dies kann durch gemeinsame Reflexionen über das eigene Verhalten und persönliche Erfahrungen gefördert werden, beispielsweise durch die Entwicklung und Verkostung eigener Lebensmittelkreationen unter Nachhaltigkeitsaspekten. Hierfür muss unbestritten immer auch der „Raum“ zur Verfügung stehen (siehe z.B. Hantke 2018 „‘Resonanzräume des Subpolitischen‘ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen“). Ebenso können motivierende Beispiele helfen – wie z. B. Erfolgsgeschichten und inspirierende Vorbilder.
Schritt 4 – Lernort Betrieb:
Entwicklung nachhaltiger Lernorte
10) Lernende Organisationen: Auch Organisationen können „Nachhaltigkeit lernen“: Entwickeln Sie Ihre Institution Schritt für Schritt zum nachhaltigen Lernort!
Schließlich geht es im vierten Schritt darum, den Lernort in den Blick zu nehmen und diesen als nachhaltigen Lernort zu gestalten. Den gesamten Betrieb nachhaltig auszurichten ist u. a. deshalb entscheidend, da andernfalls die an Nachhaltigkeit orientierten Inhalte der Ausbildung wenig glaubwürdig für Auszubildende sind. Der Betrieb als Institution sollte dafür an einem gemeinschaftlichen Leitbild ausgerichtet sein, welches neben den üblichen ökonomischen auch soziale und ökologische Ziele beinhaltet. So kann BBNE überzeugend in die Organisation integriert und vom betrieblichen Ausbildungspersonal umgesetzt werden.
Weiterführende Bildungs- und Unterstützungsangebote
Für alle Berufsschulen und Unternehmen sowie deren Mitarbeiter*innen und Auszubildenden gibt es viele Möglichkeiten, sich über die in diesem Dokument gegebenen Anregungen hinaus zu informieren und in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung aktiv zu werden. Im Folgenden sind beispielhafte Beratungs- und Unterstützungsangebote aufgeführt, die motivieren und aufzeigen sollen, wie Unternehmen sich in eine nachhaltige Richtung entwickeln können. Entsprechende Beratungs- und Unterstützungsangebote gibt es auf unterschiedlichen Ebenen:
- Unternehmensverbände wie B.A.U.M e. V., klima-allianz, die sich für ein nachhaltiges Unternehmensmanagement einsetzen.
- Darüber hinaus gibt es in verschiedenen Bundesländern eigene Initiativen, die ihren Mitgliedsunternehmen Foren und Qualifizierungsangebote anbieten. Stellvertretend seien hier z.B. das Netzwerk Umweltunternehmen in Bremen umwelt-unternehmen.bremen oder die Transformationsberatung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der Klimaschutz- und Energieagentur in Niedersachsen genannt klimaschutz-niedersachsen, die von einer Kooperation zwischen niedersächsischen Landesregierung, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und Kammern unterstützt wird.
- Auch die Handwerkskammern sowie Industrie- und Handelskammern bieten konkrete Maßnahmenkataloge für Unternehmen an, so z.B. die IHK Berlin mit konkreten Checklisten für eine Analyse des Unternehmens ihk.de/berlin
- Konkrete kostenpflichtige Beratungsangebote zur Begleitung von KMUs in Richtung Nachhaltigkeit gibt es z. B. von ÖKOPROFIT oekoprofit oder auch staatlich unterstützt wie in NRW mit der Transformationsberatung für KMU greendealnrw.
- Leitfäden und Broschüren helfen Unternehmen dabei, Strategien und Maßnahmen auf dem Weg hin zur Nachhaltigkeit zu entwickeln renn-netzwerk.
Die hier vorgestellten Tipps erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, mögen Sie als Leser*in jedoch anregen, sich eigenverantwortlich und im Sinne einer zukunftsfähigen Entwicklung eines Unternehmens auf den Weg zu machen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg dabei!
Quellenverzeichnis
Handke, Harald (2018): „Resonanzräume des Subpolitischen“ als wirtschaftsdidaktische Antwort auf ökonomisierte (wirtschafts-)betriebliche Lebenssituationen – eine Forschungsheuristik vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsidee. In: bwp@Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online (Nr. 35), 2018, S. 1-23.
Kastrup, Julia; Kuhlmeyer, Werner; Nölle-Krug, Marie (2022): Aus- und Weiterbildung des betrieblichen Bildungspersonals zur Verankerung einer Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: MICHAELIS, Christian; BERDING, Florian (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Umsetzungsbarrieren und interdisziplinäre Forschungsfragen. Bielefeld 2022, S. 173-189
Kearney (2019): Was hilft wirklich – Persönliche Klimaschutzmaßnahmen und ihre Wirkung. Repräsentative Befragung von erwachsenen Deutschen. Online: www.de.kearney.com/documents/1117166/5477168/CO2+Aufklärung.pdf/d5fba425-3aec-6a4e-fb2d-9b537c7dd20b?t=1583241728000
Költze, Horst (1993): Lehrerbildung im Wandel. Vom technokratischen zum humanen Ausbildungskonzept. In Cohn, Ruth C.; Terfurth, Christina (Hrsg.): Lebendiges Lehren und Lernen. TZI macht Schule. Klett-Cotta. S. 192 – 212
Melzig, Christian; Kuhlmeyer, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg. 2021): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. Bonn 2021. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
Schütt-Sayed, Sören; Casper, Marc; Vollmer, Thomas (2021): Mitgestaltung lernbar machen – Didaktik der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. In: Melzig, Christian; Kuhlmeier, Werner; Kretschmer, Susanne (Hrsg.): Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung. Die Modellversuche 2015–2019 auf dem Weg vom Projekt zur Struktur. S. 200-227. Online: https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16974
Statista; Pawlik, V. (2022): Interesse der Bevölkerung in Deutschland an gesunder Ernährung und gesunder Lebensweise von 2018 bis 2022. Online; https://de.statista.com/statistik/daten/studie/170913/umfrage/interesse-an-gesunder-ernaehrung-und-lebensweise/
UBA Umweltbundesamt (2022): Umweltbewusstsein in Deutschland. Online: https://www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeit-strategien-internationales/umweltbewusstsein-in-deutschland
SDG 7 Bezahlbare und saubere Energie
“Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern”
Das SDG 7 “Bezahlbare und saubere Energie” beinhaltet soziale und ökologische Anforderungen an den Klimaschutz. Für die Systemgastronomie sind vor allem zwei Unterziele wichtig (Destatis o. J.):
7.2 Bis 2030 die weltweite Steigerungsrate der Energieeffizienz verdoppeln
7.3 Bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energie am globalen Energiemix deutlich erhöhen
Im wesentlichen geht es um im SDG 7 um einen Umbau des bisherigen Energiesystems hin zu mehr Erneuerbare Energien und eine Verbesserung der Effizienz der Energienutzung, da ökologische und das Klima schützende Anforderungen schon durch andere SDGs (insbesondere 13, 14 und 15) abgedeckt werden.
“Saubere Energie”, wie dies in SDG 7 genannt wird, bedeutet heute für den Klimaschutz grundsätzlich der Umstieg auf erneuerbare Energien (EE) sowie eine höhere Energieeffizienz. Weitere Probleme der Energieerzeugung mit der Nachhaltigkeit betreffen
- Umweltschutz und Arbeitsbedingungen bei der Rohstoffgewinnung
- Ökologische und Gesundheitsfolgen der Energienutzung, insbesondere bei der Verbrennung
- Flächenkonkurrenzen bei dem Anbau von Energiepflanzen (Mais, Zuckerrohr u. a.)
Die Schnittmenge für das SDG 7 ergibt sich aus den Nummern a und b der Standardberufsbildposition (BMBF 2022):
- Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
- bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Der Beruf des Dachdeckers und der Dachdeckerin ist grundsätzlich ein auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Beruf:
- Ein Dachdeckerbetrieb braucht eher wenig Energie für die Produktion von Werkstoffen, das Holz z. B. für eine Dachunterkonstruktion oder die Dacheindeckung wird auf die Baustelle geliefert und dort handwerklich weiterverarbeitet
- die Bearbeitung erfolgt vor Ort meist manuell und
- die Betriebe brauchen keine beheizten Lagerflächen.
Energieverbräuche für den Dachdeckerbetrieb ergeben sich
- für die Heizung und den Strom der Geschäfts- und Betriebsräume,
- Treibstoffe für die Fahrzeuge sowie
- Strom für Elektrogeräte auf der Baustelle.
Dieses Kapitel beschreibt die Grundlagen der verwendeten Energieformen und eingesetzten Verfahren. Es ist ein Basiswissen über Energie und Energieverbrauch, welches grundlegend vermittelt werden sollte.
Erneuerbare Energien (EE)
Für die Entwicklung hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung spielt der Einsatz erneuerbarer Energien, auch in Dachdeckerbetrieben eine zentrale Rolle. Die einfachste Maßnahme zum Umstieg auf EE ist dabei der Bezug von Ökostrom für den Einsatz der elektrisch betriebenen Geräte, Maschinen und der Beleuchtung . Dafür brauchen keine weiteren technischen Maßnahmen umgesetzt werden. Für die Produktion von EE-Strom werden in der Regel Wind, Sonne, Biomasse und Wasserkraft eingesetzt. Im ersten Halbjahr 2022 lag der Anteil der EE bei 51,6 Prozent. Da die Stromproduktion aus den verschiedenen Quellen schwankend ist, zeigt erst die Jahresendbilanz wie die Verteilung sein wird. In 2021 stammten 23 Prozent der gesamten Stromproduktion aus Windkraft, 9,8 Prozent aus der Photovoltaik, 8,8 Prozent aus Biomasse und 4 Prozent aus Wasserkraft. Braun- und Steinkohle lieferten 20,7 Prozent des Stroms, Erdgas 10,5 Prozent und die Kernenergie gut 13,3 Prozent (Stromreport 2022). Aus heutiger Sicht ist in Deutschland der weitere Ausbau nur bei Sonnen- und Windenergie nachhaltig. Wasserkraft ist im Wesentlichen erschöpft, weitere Stauseen sollten aus Landschaftsschutzgründen nicht angelegt werden. Allerdings bedingt die Fluktuation der Erneuerbaren Energien auch die Herausforderung, Energiespeicher zu bauen für Zeiten, wo die Sonne nicht ausreichend scheint oder der Wind zu schwach ist. Die kostengünstigste Möglichkeit wären Pumpspeicherkraftwerke. Die Verbrennung von Holz (z. B. Restholz) als nachwachsendem Rohstoff z. B. zur Wärmeerzeugung in Betriebsräumen ist aufgrund der dadurch entstehenden Gesundheits- und Umweltbelastungen (Entstehung von Methan, Lachgas und Ruß) nur unter bestimmten Bedingungen akzeptabel. Die Verbrennung von Holz ist nicht Treibhausgas neutral (UBA 2020). Wenn der Bezug von EE-Strom besonders nachhaltig sein soll, ist daher darauf zu achten, dass er aus möglichst aktuell neuen effizienten Wind- oder Solaranlagen stammt. Dieser Strom wird von verschiedenen Einrichtungen wie dem TÜV oder dem Grünen Strom Label e.V. zertifiziert (Ökostromanbieter o. J.).
Wichtig sind hinsichtlich des Ziel “bezahlbarer Energie” vor allem die Kosten von Strom und Wärme. Die Stromgestehungskosten waren in 2021 wie folgt (ISE 2021, gerundet): Dachkleinanlagen 6-11 Cent/kWh, große Dachanlagen 5-10 Cent/kWh, Freiflächenanlagen 3-6 Cent/kWh. Die Stromgestehungskosten fossiler Stromerzeugung lagen in 2021 zwischen 8-13 Cent/kWh für Gas- und Dampfkraftwerke, zwischen 11-28 Cent/kWh bei Gaskraftwerken, 10-15 Cent/kWh Braunkohlekraftwerke sowie 11-20 Cent/kWh bei Steinkohlekraftwerken. Für Kernkraft, mit Rückbau und Endlagerung werden die Stromgestehungskosten auf 50 bis 100 Cent/kWh geschätzt (Siemens-Stiftung 2015). Die konkreten Stromgestehungskosten sind von einer Reihe von Faktoren abhängig. Dazu zählen der Standort (z. B. Entfernung zwischen Kraftwerk und Abbaugebiet), Größe und Alter der Anlagen, Subventionen, Wartung, Abschreibungen sowie die verbaute Erzeugungstechnologien.
Im folgenden werden hier kurz die verschiedenen Energieträger vorgestellt:
- Solarstrom: Solarenergie mit gut 21 Prozent der EE-Stromproduktion (Stromreport 2022) ist seit 2007 stark ausgebaut worden und damit die jüngste breit genutzte Stromquelle (vgl. die Graphik auf Wikimedia 2020). Ab 2013 stagnierte der Zuwachs von Solarenergie, weil die Konditionen der Einspeisung verschlechtert wurden. Insbesondere die Energiekrise im Zuge des Ukraine Krieges zeigt, dass der Ausbau jetzt stark beschleunigt werden muss. Das Dachdeckerhandwerk spielt hier eine zentrale Rolle: Es montiert die Solarstromanlagen auf die Dachflächen, entweder als Aufdachmontage oder als Indachmontage, die gleichzeitig die entsprechende Fläche an Eindeckmaterial einspart. Es werden auch Solarstrom-Dachpfannen angeboten, die beide Funktionen vereinen.
- Windenergie: 50 Prozent des EE-Stromes in Deutschland wurden 2021 aus Windenergie erzeugt (Stromreport 2022). Der Ausbau hat wesentlich in den Jahren von 2000 bis 2017 stattgefunden. Seitdem ist der Zuwachs geringer, weil sich lokal viele Menschen gegen Windkraftanlagen wehren. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges in 2022 und dem damit verbundenen Gaslieferstopp Rußlands, sowie seit den deutlichen Auswirkungen der Klimakrise (Waldbrände, Überschwemmungen), werden wieder höhere Ausbauziele der Windenergie genannt. Kleinwindkraftanlagen, die auf Dächern von Wohngebäuden montiert werden, spielen aktuell keine entscheidende Rolle. Hier ist die weitere technische Entwicklung abzuwarten. Schon interessanter sind Windkraftanlagen mit vertikaler Achse (Savonius-Prinzip), die z. B. auf Flachdächer von Büro- oder Gewerbegebäuden montiert werden können.
- Wärmeerzeugung: Das Dachdeckerhandwerk spielt wie bei den Solarstromanlagen auch bei den Solarthermieanlagen eine zentrale Rolle: Es montiert die Anlagen auf die Dachflächen, entweder als Aufdachmontage oder als Indachmontage, die gleichzeitig die entsprechende Fläche an Eindeckmaterial einsparte. Eine weitere Form der Wärmeerzeugung wird durch Bioenergie (insbesondere Festbrennstoffe wie Holz) und Umgebungs- bzw. bodennahe Erdwärme abgedeckt. Für die Verbrennung von Biomasse gibt es kein Wachstumspotenzial mehr, es muss auf “ein naturverträgliches Maß begrenzt” werden (UBA 2021a). Im Gegensatz dazu setzt die Bundesregierung auf den Ausbau der Nutzung von Umgebungswärme, wozu auch die bodennahe Erdwärme gehört (Tagesschau 2022). Die Nutzung erfolgt wie bei einem Kühlschrank oder einer Klimaanlage mittels einer Wärmepumpe. Hier wird die “warme Seite” der Wärmepumpe benutzt. Die Pumpe entzieht der Umgebung (z. B. dem Erdreich) mit einem Kältemittel Wärme und kühlt sie dabei ab. Ein Kompressor verdichtet das Kühlgas und erhöht dabei dessen Temperatur, sodass die Heizung versorgt werden kann. Das Kältemittel kondensiert dabei und gibt die Wärme frei. In einem Ventil verdampft das Kühlmittel wieder, kühlt sich dabei stark ab und kann aufs neue der Umgebung Wärme entziehen. Für diesen Prozess wird elektrischer Strom benötigt. Dieser muss aus Klimaschutzgründen sinnvollerweise aus Sonnen- oder Windenergie gewonnen werden. Beim Einsatz einer Wärmepumpentechnik ist darauf zu achten, dass die sog. “Arbeitszahl”, das ist das Verhältnis der gewonnenen Wärmeenergie zur eingesetzten elektrischen Energie, möglichst optimal ist (energie experten o. J.).
Photovoltaik
Photovoltaik ist die Umwandlung von Sonnenlicht in Strom. Dies geschieht mit Hilfe von PV-Modulen, in denen die Solarstrahlung Strom erzeugt. Der Strom wird über Leitungen zu einem Wechselrichter geführt, der den Gleichstrom aus den PV-Modulen in Wechselstrom umwandelt. Die Kosten der PV-Technologie sind bei höherer Leistung – trotz Preissteigerungen aufgrund des Krieges – deutlich günstiger als vor 20 Jahren. Für den Betrieb von Photovoltaik-Anlagen gibt es drei Betriebsmodelle:
- Dachverpachtung: Die einfachste Möglichkeit, von einem geeigneten Dach zu profitieren, ist die Verpachtung der Dachfläche an Dritte. Diese sind dann Betreiber der Anlage. Stadtwerke, Energieversorgungsunternehmen und Projektentwickler bieten bereits „schlüsselfertige“ Dachpacht Lösungen an. Dabei baut der Betreiber auf seine Kosten die Anlage, bewirtschaftet sie und übernimmt das unternehmerische Risiko.
- Eigenverbrauch mit Überschusseinspeisung: Besonders attraktiv ist die Gestaltung des Eigenverbrauchs. Der Eigentümer errichtet die Anlage auf eigene Kosten und versucht, seine Stromnutzung so zu gestalten, dass bei Sonnenschein Strom entweder verbraucht oder in Batterien gespeichert wird.
- Volleinspeisung: In diesem Fall ist der Dach Eigentümer auch Betreiber der PV-Anlage. Der gesamte erzeugte Strom wird in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist und der Anlagenbetreiber erhält für jede eingespeiste kWh die sog. Einspeisevergütung.
Im Folgenden werden kurz die wichtigsten Technologien zur Solarstromerzeugung vorgestellt:
- Solarzellen aus kristallinem Silizium: Solarzellen aus kristallinem Silizium werden mit über 90 Prozent am häufigsten verbaut. Als Ausgangsmaterial für ihre Herstellung dient Siliziumdioxid (SiO2), das als Quarzsand oder Quarzkristall abgebaut wird. Aus SiO2 wird in einem mehrstufigen und sehr energieaufwendigen Verfahren hochreines polykristallines Silizium (poly-Si) mit einer Reinheit von 99,99999 Prozent hergestellt. Die Herstellung erfolgt in einem Lichtbogenofen bei Temperaturen von etwa 2.000 °C. Anschließend werden Silizium-Einkristalle (mono-Si) gezogen. Die gewonnenen Einkristalle werden in etwa 0,2 mm dicke Scheiben («Wafer») gesägt und in einer Abfolge von mehreren Prozessschritten zu Solarzellen und dann zu PV-Modulen weiterverarbeitet.
- Dünnschicht-Solarmodule: Die Module bestehen wie die obigen PV-Module ebenfalls aus elektrischen Kontakten und einem absorbierenden Material, allerdings werden auf dem Trägermaterial verschiedene Schichten von Metallen aufgetragen. Die Dicke der lichtabsorbierenden Schicht liegt in der Regel bei 1-3 µm, also etwa hundertmal weniger als bei den Solarzellen aus kristallinem Silizium. Als Trägermaterial können, je nach Technologie, Glas, Metall- oder Kunststofffolien eingesetzt werden. Als Schichtmaterialien kommen insbesondere Halbleitermaterialien wie Galiumarsenid (GaAs), Cadmiumtellurid (CdTe) oder Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) zum Einsatz. Vorteile der Dünnschichtzellen sind ihr geringes Gewicht, ihre guten Erträge bei diffusem Sonnenlicht und schlechtem Wetter sowie die schnelle energetische Amortisation aufgrund des geringen Energieeinsatzes bei ihrer Herstellung.
Hauptsächlich gibt es drei Arten für Photovoltaikanlagen:
- Aufdachmontage: Aufdach-Photovoltaikanlagen sind eine weit verbreitete Möglichkeit für Eigenheime, Unternehmen und öffentliche Gebäude um ihren eigenen Strom zu erzeugen. Vorteile sind: Das vorhandene Dach kann optimal genutzt werden; das Dach wird vor eventuellen Umwelteinwirkungen zusätzlich geschützt; aufdach-montierte Anlagen sind meist schnell und einfach sowie mit geringem Wartungsaufwand zu installieren. . Nachteile sind höhere Kosten der Montage, mögliche Probleme bei der Befestigung und Tragfähigkeit, Platz Beschränkungen durch die Dachfläche sowie der unveränderliche Winkel des Daches (der nicht immer optimal zur Nutzung der Solarstrahlung ist).
- Eine Indachmontage bietet sich bei einer Neueindeckung des Daches an, da bei dieser dann die für diese Fläche sonst notwendigen Eindeckmaterialien eingespart werden können. Das ist ggf. optisch attraktiver und kostengünstiger.
- Bodenmontage (Freiflächenmontage): Bodenmontierte Photovoltaikanlagen sind inzwischen ebenfalls weit verbreitet, werden aber vorwiegend von großen Unternehmen, professionellen Investoren bzw. Energieanbietern genutzt. Vorteile sind: Aufgrund ihrer Größe ist auch eine größer dimensionierte Stromerzeugung möglich; bodenmontierte Anlagen haben die Möglichkeit die festen Winkelbeschränkungen zu umgehen und sie haben einfache Wartungsmöglichkeiten. Nachteilig sind die Flächenbedarfe (“ganze Äcker”) und ihre optische Auffälligkeit (Landschaftsbild).
Solarwärme
Solarthermie erzeugt warmes oder heißes Wasser, zusammen mit einem Wärmespeicher kann dann insbesondere in den Sommermonaten ein erheblicher Teil des Wärmebedarfs mit Solarenergie CO2-frei bereitgestellt werden. Das Prinzip ist ganz einfach: Das Sonnenlicht erwärmt die Solarflüssigkeit (Wasser-Glykol-Gemisch) und über einen Wärmtauscher erwärmt die heiße Solarflüssigkeit Wasser. Im folgenden werden die beiden wichtigsten Kollektortypen sowie die Wärmespeicherung und die Einbindung der Solarwärme vorgestellt:
- Flachkollektoren: Bei Flachkollektoren ist der metallische Solarabsorber zwischen einer transparenten Abdeckung und einer Wärmedämmung eingefasst. Dies minimiert die Wärmeverluste des Kollektors, wodurch in Abhängigkeit der Bauart Nutztemperaturen bis 100 °C effizient bereitgestellt werden können. Das Spektrum reicht von kompakten Kollektormodulen mit ca. 2 m² bis hin zu Großflächenkollektoren mit 10 bis 12 m²
- Vakuumröhrenkollektoren: Bei Vakuumröhrenkollektoren können die Wärmeverluste durch Konvektion und Wärmeleitung deutlich reduziert und somit mehr Wärme erzeugt werden. Der sinnvolle Einsatzbereich dieser Kollektoren bei 80 bis 130 °C, der höhere Wert wird mit Spiegeln auf der Rückseite erzeugt.
- Speicherung: In der Regel ist ein Pufferspeicher zentraler Bestandteil einer solaren Prozesswärmeanlage, da das Solarangebot nicht immer mit dem Wärmebedarf der zu versorgenden Verbrauchsstellen zeitlich übereinstimmt. Zur Einbindung des Speichers gibt es mehrere Möglichkeiten: Typischerweise wird der mit einem Wasser-Glykol-Gemisch betriebene Solarkreis durch einen Wärmeübertrager vom Speicherkreis getrennt.
Einbindung von Solarwärme: Bei der Einbindung von Solarwärme lässt sich grundsätzlich die Versorgungs- von der Prozessebene unterscheiden. Viele Industrie- oder Gewerbebetriebe haben ein zentrales Kesselhaus zur Erzeugung von Wärme und ein Rohrnetz zur Verteilung der Wärme an die Verbrauchsstellen. Je nach Nutztemperatur wird die Wärme über Dampf (140-200 °C), Heißwasser (90-160 °C) oder Warmwasser (<100 °C) verteilt und direkt oder indirekt über einen Wärmeüberträger an die Wärmesenke abgegeben.
Bioenergie
Unter Bioenergie wird die energetische Nutzung biogener Energieträger verstanden. Biogene Energieträger sind pflanzlicher oder tierischer Herkunft. Zu den typischen biogenen Energieträgern zählen Holz und Stroh sowie ihre Derivate wie Holzschnitzel- oder -pellets. Aber auch Biogas aus der Vergärung von Bioabfällen, Ernterückständen oder von tierischen Abfällen wie Mist und Gülle-Exkremente. Obwohl bei der Verbrennung von Biomasse oder Biogas Kohlendioxid freigesetzt wird, wird die Erzeugung und Nutzung von Bioenergie als klimaneutral angesehen, denn das freigesetzte CO2 wurde während des Pflanzenwachstums der Atmosphäre entzogen. Allerdings verursacht die Verbrennung von Biomasse weitere Luftschadstoffe wie NOX und insbesondere Feinstaub (Kamine im Eigenheim Bereich).
Der typische Einsatz von Biogas zur Energieerzeugung erfolgt über Blockheizkraftwerke (BHKW), die sowohl Wärme als auch Strom erzeugen. Problematisch ist der Anbau von Energiepflanzen wie z. B. Mais, Raps, Futterrüben, Hanf, Chinaschilf, schnellwachsende Bäume (Pappeln, Weiden), Zuckerrohr und Algen. In der Regel erfolgt deren Anbau in schnell wachsenden Monokulturen und haben damit einen erheblichen Einfluss auf Landschaft und Boden. Zudem kann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zum Verlust von Biodiversität, die Düngung zur Belastung des Grundwassers und der Verbrauch von Trinkwasser zur regionalen Verknappung von Wasser führen (vgl. BUND o. J. sowie UBA 2021b). Des Weiteren ist der energetische Wirkungsgrad der Biomassenproduktion mit 0,5 – 1,5 Prozent (Pflanzenforschung 2020) wesentlich geringer als der von Photovoltaik , der in der Regel 15 – 22 Prozent beträgt (Eigensonne o. J.). Zudem gibt es eine Flächenkonkurrenz – anstelle von Energiepflanzen könnten auch Feldfrüchte oder Getreide angebaut werden – im Sinne des SDG 2 “Kein Hunger”.
Erd- und Umgebungswärme
Eine Möglichkeit der Wärmeerzeugung ist die Nutzung von Temperaturunterschieden zwischen Gebäuden und ihrer Umgebung oder dem Erdreich mit Wärmepumpen. Eine Wärmepumpe funktioniert wie ein Kühlschrank oder eine Klimaanlage (Tagesschau 2022). Die Pumpe entzieht der Umgebung (z. B. dem Erdreich) mit einem Kältemittel Wärme und kühlt sie dabei ab. Ein Kompressor verdichtet das Kältemittel und erhöht dabei dessen Temperatur, die dann zur Raumheizung genutzt wird. Das Kältemittel kondensiert und gibt die Wärme frei. In einem Ventil verdampft das Kühlmittel wieder, kühlt sich dabei stark ab und kann aufs Neue der Umgebung Wärme entziehen. Zum Antrieb einer Wärmepumpe wird elektrischer Strom benötigt, der allerdings aus erneuerbaren Quellen stammen sollte. Bei der Nutzung von Erdwärme wird zwischen Tiefengeothermie und oberflächennaher Geothermie unterschieden.
Die oberflächennahe Geothermie nutzt den Untergrund bis zu einer Tiefe von ca. 400 m und Temperaturen von bis zu 25 °C für das Beheizen und Kühlen von Gebäuden, technischen Anlagen oder Infrastruktureinrichtungen. Hierzu wird die Wärme oder Kühlenergie aus den oberen Erd- und Gesteinsschichten oder aus dem Grundwasser gewonnen. Als Tiefengeothermie bezeichnet man die Nutzung der Erdwärme in Tiefen zwischen 400 und 5.000 Metern. Im Vergleich zur oberflächennahen Geothermie sind dort die Temperaturen weitaus höher. Der Vorteil der Geothermie ist ihre ständige Verfügbarkeit. Die geothermische Stromerzeugung in Deutschland steht noch am Anfang und ist noch ausbaufähig
Beleuchtung
Beleuchtung ist in allen Berufen ein Handlungsfeld, bei dem viel Energie eingespart werden kann. Der Standard für Energieeffizienz in der Beleuchtung sind LED-Lampen und LED-Röhren. In 2009 wurde die “Glühbirne” aus Initiative der EU vom Markt genommen, anstelle dessen wurde im breiten Umfange die Energiesparlampe bzw. Leuchtstofflampe (Fachbegriff:Kompaktleuchtstofflampen) verwendet, die bei gleicher Lichtstärke wie eine 75 Watt Glühbirne nur rund 10 Watt verbrauchte. Die technische Entwicklung ging jedoch weiter hin zu LED-Lampen, die wiederum im Vergleich zur Glühbirne rund 70 Prozent bis 90 Prozent der Energie einsparen (enterga o. J., energieexperten o. J.). In Haushalten und kleinen Gewerbebetrieben ohne eigene Produktion fallen rund 10 Prozent des Stromverbrauchs für die Beleuchtung an – dies sind zwischen 350 und 600 kWh/a.
Die Bedeutung des technischen Wandel weg von der Glühbirne (und auch der Halogenbirne) hin zu LED-Technik lässt sich im Rückblick zeigen. In 2003 wurden ca. 71 TWh/a (Terawattstunden pro Jahr) Strom für die Beleuchtung verwendet. Dies waren 71.000 Gigawattstunden. Ein Atomkraftwerk erzeugt zwischen 9.000 und 13.000 GWh Strom, rein rechnerisch mussten fast 9 Atomkraftwerke nur die Beleuchtung laufen (in 2003, stromrechner.com o. J.).
Für Gewerbetreibende mit Büro und Werkstatt sind die LED-Leuchtstoffröhren besonders interessant, da bisher immer Leuchtstofflampen installiert wurden. Heutzutage gibt es LED-Röhren, die ohne Umbau in die vorhandenen Lichtkästen eingebaut werden können. Nur das Vorschaltgerät muss ggf. ausgewechselt werden. Die Einsparung liegt bei 50 Prozent des bisher genutzten Stroms (LEDONLINE o. J.). Die Vorteile neben der Energieeinsparung sind offensichtlich: Die Röhren zerbrechen nicht, sie enthalten kein Quecksilber, sie flimmern nicht und haben einen hohen Leistungsfaktor (ebd.)
Eine weitere mögliche Stellschraube bei der Beleuchtung ist die Verwendung von Strom aus regenerativen Energiequellen. Eine eigene PV-Anlage auf dem Bürogebäude oder auf dem Betriebsgelände in Verbindung mit einem Batteriespeicher kann erheblich Strom aus Sonnenlicht bereitstellen. Allerdings ist die Solarstrahlung in den Wintermonaten – gerade dann, wenn die Anzucht stattfindet, nur gering. In diesem Falle sollte zumindest der Strom aus erneuerbaren Energien – im Winter fast ausschließlich aus Windenergie – bezogen werden.
Rationelle Energienutzung und Energiesparen
Neben dem Einsatz erneuerbarer Energien zählt auch die rationelle Energienutzung zu den Maßnahmen, um das Energiesystem in Richtung Nachhaltigkeit zu transformieren. Typische Handlungsfelder der rationellen Energienutzung sind die Energieeffizienz und das Energiesparen, die beide eng miteinander verknüpft sind.
- Energieeffizienz: Bei der Energieeffizienz geht es darum, Geräte und Maschinen zu nutzen, die bei gleicher Funktionserfüllung einen geringeren Energiebedarf haben. Effizienz ist dabei eine relationale Größe, die sich auf mindestens zwei vergleichbare Arten bezieht, Energie zu nutzen. Durch optimierte Prozesse sollen die quantitativen und qualitativen Verluste, die im Einzelnen bei der Umwandlung, dem Transport und der Speicherung von Energie entstehen, minimiert werden, um einen vorgegebenen (energetischen) Nutzen bei sinkendem Primär- bzw. Endenergieeinsatz zu erreichen.
- Energieeffizienzkennzeichnung: In der EU gibt die Energieeffizienzkennzeichnung gemäß Verordnung (EU) 2017/1369 Auskunft über die Energieeffizienz von Elektrogeräten und weiteren Energieverbrauchern. Die Kennzeichnung erfolgt für verschiedene Gerätegruppen in Form von Etiketten auf den Geräten und in Werbematerialien. Ab dem Jahr 2021 erfolgt die Kennzeichnung der Energieeffizienz in Form von Effizienzklassen. Deren Skala reicht von „A“ bis „G“, wobei Geräte mit der höchsten Effizienz mit der Kennzeichnung “A” ausgezeichnet werden. Daneben gibt es zahlreiche weitere Kennzeichen. Bekannt ist der amerikanische Energy Star für energiesparende Geräte, Baustoffe, öffentliche/gewerbliche Gebäude oder Wohnbauten. Der Energy Star bescheinigt die jeweiligen Stromspar Kriterien der US-Umweltschutzbehörde EPA und des US-Energieministeriums (www.energy star.gov). Auch nationale Umweltzeichen wie der Blaue Engel können, je nach ausgezeichnetem Produkt, aufgrund vergleichsweise hoher Energieeffizienz vergeben werden (www.blauer-engel.de). Für Pkws gibt es ein eigenes Kennzeichen, welches die Bewertung und Kennzeichnung der Energieeffizienz neuer Personenkraftwagen hinsichtlich Kraftstoff- und Stromverbrauch regelt (Pkw-EnVKV 2020).
Stromsparen: Die Abgrenzung des Energiesparens zur Energieeffizienz ist allerdings nicht immer eindeutig, denn die Nutzung eines energieeffizienten Gerätes stellt immer auch eine Energieeinsparung gegenüber einem weniger effizienten Gerät dar. Die wichtigsten Stromsparmaßnahmen im Haushalt sind energieeffiziente Geräte (Kühl- und Gefriergeräte, Bildschirme u. a.m.) sowie LED-Beleuchtung. Eine Vielzahl von Energiespartipps sind z. B. bei CO2-Online zu finden (ebd. o. J.). Selbst kleine Maßnahmen wie Reduzierung des Standby-Verbrauchs summieren sich im Großen (UBA 2015). EU-weit werden die Leerlaufverluste auf jährlich 51 Mrd. Kilowattstunden geschätzt. Dies entspricht einer Energiemenge, die etwa 14 Großkraftwerke mit jeweils 800 Megawatt Leistung pro Jahr erzeugt und dabei etwa 20 Mio. t CO2 in die Atmosphäre emittieren (ebd.).
Mobilität
Im Rahmen der sogenannten Verkehrswende spielt die Dekarbonisierung der Antriebe eine zentrale Rolle, denn die Treibhausgasemissionen der Mobilität sind, mit rund 149 Mio. t CO2-Äq bzw. fast 20 Prozent aller CO2-Emissionen allein in Deutschland im Jahr 2021, maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich. Differenziert nach verschiedenen Verkehrsarten zeigt sich, dass der Straßengüterverkehr 2020 rund 46 Mio. t CO2-Äq bzw. 30 Prozent der Verkehrsemissionen verursacht (UBA 2022) hat. Es sind somit zwei Trends wirksam: Zum einen eine Minderung der Emissionen (insbesondere der Schadstoffe), die aber bei Lkws deutlich größer sind (-32%) als bei Pkws (-5%). Zum anderen stieg für beide die Zahl der gefahrenen Kilometer – die Pkw-Fahrleistung hat sich seit 1995 verdoppelt, die des Güterverkehrs per Lkw ist um 74 Prozent gestiegen (ebd.).
Nutzungsverhalten
Neben der Umrüstung der Dienstwagen auf elektrische Antriebe sollte auch der individuelle Umgang mit Mobilität überdacht werden. Es können beispielsweise THG-Emissionen eingespart werden, wenn die Mitarbeitenden zu Fuß oder mit dem Rad zum Arbeitsplatz im Handel kommen, sofern aus gesundheitlichen Gründen oder einer zu großen Distanz zum Arbeitsort nichts dagegen spricht. Zudem kann der Betrieb die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel z. B. durch ein Jobticket attraktiver gestalten. Auch die Förderung von Dienstfahrrädern ist in einigen Städten und Kommunen möglich. Zusätzlich ist die Bildung von Fahrgemeinschaften denkbar, wenn es sich von den Arbeitszeiten und den Wegen anbietet. Strecken, die mit dem Auto gefahren werden müssen, sollten optimiert werden (Routenoptimierung), insbesondere gilt dies für den Transport von Waren. Außerdem hat die Fahrgeschwindigkeit einen erheblichen Einfluss auf die ausgestoßenen THG-Emissionen. Laut Umweltbundesamt verursachten im Jahr 2020 Pkw und leichte Nutzfahrzeuge auf Bundesautobahnen in Deutschland THG-Emissionen in Höhe von rund 30,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Durch die Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf Bundesautobahnen würden die Emissionen um jährlich 2,0 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente reduziert und ein Tempolimit von 100 km/h würde sie um 4,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr mindern (UBA 2023). Auch ohne generelles Tempolimit kann jede*r die Fahrgeschwindigkeit reduzieren, das spart nicht nur THG-Emissionen sondern auch Kosten ein (mobile.de 2020). Denn bei hohen Geschwindigkeiten verbrauchen Fahrzeuge überdurchschnittlich viel Kraftstoff. Nach Angaben des ADAC verbraucht ein Mittelklasseauto um bis zu zwei Drittel mehr Kraftstoff, wenn es statt 100 km/h mit 160 km/h fährt (ebd.).
Logistik
Die Wahl der Verkehrsmittel entlang der Wertschöpfungskette ist sehr relevant für die CO2-Emissionen. Die Emissionen aus der Logistik können leicht mit Hilfe kostenloser Online Tools ermittelt werden wie z. B. mit carboncare ( o. J.), die die Emissionen nach EN 16258-Standard berechnet. Darin ist auch der Emissionsanteil für die Erzeugung und Bereitstellung des Kraftstoffes enthalten. Die folgende Tabelle stellt beispielhaft die CO2– Emissionen unterschiedlicher Transportmittel dar, die bei einem Transport von einer Tonne Gewicht von Shanghai nach Berlin freigesetzt werden. Die Datenauswertung zeigt deutlich, dass Ferntransporte per Schiff zu den energieeffizientesten Transporten gehören. Bereits 1.000 km per Lkw emittieren genauso viel CO2 wie bei 20.000 km Schiffstransport. Die Daten zeigen auch, dass selbst bei einem Transport von Elektronikbauteilen mit geringem Gewicht per Flugzeug, um ein Vielfaches mehr CO2 freigesetzt wird als ein Transport mit anderen Verkehrsmitteln.
Tabelle: Emissionen für einen Langstreckentransport – Shanghai nach Berlin.
Transportmittel | Strecke (km, gerundet) | WTW-CO2-Äq |
Schiff Lkw | 19.900 km (Schiff) 200 km (Lkw) 20.100 km (gesamt) | 73 kg (nur Schiff) 15 kg (Lkw) 88 kg (gesamt) |
Bahn (im Bau) | 10.400 km | 120 kg |
Flugzeug | 8.500 km | 6.900 kg |
Quelle: Eigene Berechnungen mit carboncare (ebd. o. J.).
Geschäftsreisen
Bei Geschäftsreisen besteht vielfach die Wahl zwischen Bahn und Pkw-Nutzung, wobei die Pkw-Nutzung im Mittel zum Vier- bis Fünffachen an CO2-Emissionen führt (Mein Klimaschutz o. J.). Bei innerdeutschen Flügen ist man oder Frau aufgrund der langen Check-In-Zeiten im Prinzip kaum schneller als mit der Bahn. Hier kann der UmweltMobilCheck der Deutschen Bahn eine Orientierung geben (DB o. J.). Eine Fahrt von Berlin nach Hamburg führt bei Pkw-Nutzung zu etwa 54 kg CO2-Äq, bei Bahnnutzung zu 0,03 kg CO2-Äq.
Sollten Geschäftsreisen mit dem Flugzeug gelegentlich unvermeidbar sein, bieten sich Kompensationsmodelle zum Ausgleich der Klimawirkung an, bei denen eine Klimakompensation erfolgt. Hierbei wird ein Geldbetrag entsprechend der verursachten Emissionen überwiesen und dieser wird in Klimaschutzprojekte investiert z. B. in den Moorschutz oder Wiederaufforstung (vgl. atmosfair o. J.). Bei einem Hin-und Rückflug von Berlin nach Shanghai entstehen ca. 4.800 kg CO2 Emissionen. Diese können durch 111 € Ausgleichszahlung kompensiert werden.
Nutzfahrzeuge: Elektrisch oder mit Brennstoffzellen?
In der gewerblichen Wirtschaft sind die mit fossilen Treibstoffen wie Diesel betriebenen Verbrennungsmotoren ab 3,5 t bis hin zu den üblichen 40 Tonnen und auch die schweren Nutzfahrzeuge (z. B. Abfall-Sammelfahrzeuge, Schwertransporter, Zementmischer) von besonderer Relevanz. Maßgeblich angeschoben wird die Verkehrswende im Schwerlastverkehr durch die EU-Klimaziele, den CO2-Ausstoß von neuen Pkw’s bis 2030 um 37,5 Prozent zu senken und dies bereits in fünf Jahren auch auf schwere Nutzfahrzeuge auszudehnen. Während es im Pkw-Bereich fast ausschließlich batteriebetriebene Konzepte sind, kommen im Bereich der Nutzfahrzeuge möglicherweise neben Batterie-angetriebenen Fahrzeugen auch Brennstoffzellen in Betracht. Wie sich dies entwickeln wird, ist noch nicht klar.
Batteriefahrzeuge haben zwei Nachteile. Zum einen den schweren und teils voluminösen Elektrostrang. Zum anderen fehlt bisher gänzlich eine Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw’s, so dass diese Langstreckenfahrzeuge nur zwischen zwei definierten Stationen pendeln können, um z. B. beim Abladen erneut geladen zu werden. Alternativ sind jedoch die kleineren Modelle (“7,5-Tonner”), die besonders gut für den innerstädtischen Lieferverkehr geeignet sind. Volvo z. B. bietet seit Mitte 2022 Elektro-Lkws unterschiedlicher Größe an (vgl. Volvo o. J.). Die Volvo-Modelle sind alle für den regionalen Verkehr konstruiert. Der FM Electric hat ein Gesamtzuggewicht von 44 t, eine Leistung von 490 kW, eine Batterieleistung von bis zu 540 kWh (zum Vergleich: Der Hyundai Kona / Midi-SUV hat eine Leistung von 64 kWh) und eine Reichweite von bis zu 390 km (im Sommer). Die Zuladung des Volvo-Lkws beträgt 23 t. Die Vorteile sind der niedrige Geräuschpegel (Anlieferung auch in Nachtstunden) und die Emissionsfreiheit (keine Fahreinschränkungen in städtischen Gebieten mit Emissionsbeschränkungen). Bei Gleichstromladung mit 250 kW ist eine Vollladung in 2,5 h möglich.
Alternativ zum E-Lkw gibt es viele Hersteller von Nutzfahrzeugen mit Brennstoffzellen. Um bis zum Jahr 2025 bei schweren Nutzfahrzeugen 15 Prozent CO2-Emissionen und bis 2030 sogar 30 Prozent einzusparen, erscheint die Brennstoffzellentechnologie daher besonders vielversprechend. Denn einerseits sind konventionelle Lkw-Antriebsstränge mit Dieselaggregaten bereits in hohem Maße optimiert und bieten daher nur noch wenig Einsparpotenzial. Andererseits lassen sich bestehende Lösungen zum batterieelektrischen Antrieb von Pkw nicht direkt von Pkw´s auf Lkw´s übertragen, da die benötigte Batterie zu schwer und die Ladezeiten zu lang wären.
Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sind leiser, wartungsärmer und – bei Herstellung des Wasserstoffs aus regenerativen Quellen – CO2-neutral. Umweltzonen und emissions bedingte Durchfahrtsverbote stellen keine Probleme mehr dar. Zwar sind erste Fahrzeuge bereits auf dem Markt verfügbar, jedoch muss die Brennstoffzellenentwicklung bei einer Einführung bis 2025 deutlich beschleunigt werden (KIT 2020).
Gleichwohl ist die Entwicklung von Lkw-Antrieben auf Wasserstoffbasis branchenweit auf einem nie dagewesenen Höchststand. Etablierte Unternehmen, darunter Hersteller wie Hyundai oder Daimler Trucks, aber auch völlig neue Anbieter wie die US-amerikanische Firma Nikola, die in Kooperation mit IVECO und Bosch an der Marktreife von Brennstoffzellen-Lkws feilt, überbieten sich im Rennen um Effizienz, Reichweite und Fortschrittlichkeit. Verwunderlich ist diese Entwicklung angesichts der Vorteile von grünem Wasserstoff nicht: Große Tanks ermöglichen hohe Reichweiten mit einer Tankfüllung. Verschiedene Hersteller arbeiten mit Konzepten, die Reichweiten zwischen 400 und über 1000 Kilometern versprechen. Der Tankprozess ähnelt dabei dem bisherigen Ablauf. Ein Umstellen ganzer Prozesse auf längere Lade- und Standzeiten ist daher nicht nötig. Und Innenstädte, die Lärm- und Feinstaub belastet sind, können schon in wenigen Jahren deutlich entlastet werden.
Zwischen Pkw und schweren Nutzfahrzeugen liegen leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 t. Genau die nehmen immer mehr Hersteller als Versuchsballon für den Wasserstoffantrieb mit Brennstoffzelle, meist in Verbindung mit einer Plug-in-Ladelösung. So lässt Stellantis, der Mutterkonzern von Opel, Peugeot und Citroën, in den kommenden zwei Jahren in Rüsselsheim eine Kleinflotte von 2000 Fahrzeugen von Elektro auf Wasserstoff, jeweils mit einer Reichweite von 400 Kilometern (bfp 2022) umrüsten. Die Brennstoffzellentechnologie wird sich vermutlich nicht im Pkw-Segment durchsetzen. Eine Studie des österreichischen Umweltbundesamtes kam schon 2014 mit einer Ökobilanz zum Schluss, dass Elektroantriebe die klimafreundlichsten Antriebe noch vor der Brennstoffzellentechnologie sind (Umweltbundesamt 2014). Neuere Untersuchungen zeigen aber, dass die Brennstoffzellentechnologie mit zunehmender Verbesserung der Herstellung von Wasserstoff sich durchaus im Lastverkehr durchsetzen könnte (Reichweite, Tankzeiten, Temperaturstabilität u. a., vgl. Unwerth 2020).
Geschäftsfahrzeuge und Antriebskonzepte
Darüber hinaus stellt sich die Frage nach den “Kraftstoffen” für die Mobilität der Zukunft. In der Diskussion stehen Elektrofahrzeuge mit unterschiedlichen Antriebskonzepten, Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzellen sowie biogene Kraftstoffe.
Hybrid-Fahrzeuge: Es gibt verschiedene Typen wie Mild-Hybrid, Voll-Hybrid, Plug-in-Hybrid oder Range Extender, die einen mehr oder weniger starken Verbrenner mit einem Elektroantrieb kombinieren. Solange die Reichweite reiner E-Autos noch begrenzt ist, wird es auch diese Fahrzeuge geben.
Elektroauto mit Batterie: Ein vollelektrisches Fahrzeug (BEV) wird ausschließlich von einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben. Der wird über das Stromnetz aufgeladen, das heißt: er benötigt keinen fossilen Kraftstoff. Dadurch fährt das Fahrzeug zu 100 Prozent emissionsfrei. Allerdings ist hier der Strommix von Bedeutung: Der Anteil von Gas und Kohle führt zu Emissionen bei der Stromerzeugung.
Elektroauto mit Brennstoffzelle: Ein Brennstoffzellenauto (FCEV) wird ausschließlich von einem Elektromotor angetrieben. Der Strom wird in einer Wasserstoff-Brennstoffzelle erzeugt. Bei der Nutzung von Wasserstoff in Fahrzeugen ist von entscheidender Bedeutung, dass dieser mit elektrischem Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, ein sogenannter grüner Wasserstoff – denn nur dann ist sein Einsatz in Fahrzeugen CO2-frei und damit klimaneutral. Die Herstellung von grünem Wasserstoff erfolgt mittels Elektrolyse von Wasser.
Biogene Kraftstoffe: Hier wird der Kraftstoff aus Pflanzen erzeugt. Dies können Öl-Pflanzen wie Raps sein, aus denen Biodiesel, oder Zuckerrohr, aus dem Ethanol erzeugt wird. Letzteres ist z. B. in Brasilien eine wichtige Kraftstoffquelle. Die Antriebstechnik ist vergleichbar mit konventionellen Verbrennungsmotoren mit der Ausnahme, dass das bei der Verbrennung entstehende CO2 klimaneutral ist, denn die bei der Verbrennung freigesetzte CO2-Menge entspricht in etwa derjenigen Menge, die die Pflanze während ihres Wachstums mittels Photosynthese der Atmosphäre entzogen hatte.
Wie wird sich die individuelle und die gewerbliche Mobilität der Zukunft gestalten? Vermutlich wird es die Elektromobilität mit Batterien für Pkw und kleine Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen sein. Von entscheidender Bedeutung ist, dass der elektrische Strom zur Ladung der Fahrzeugbatterie mit erneuerbaren Energien erzeugt wird. Bei Lkw in der Klasse ab 7,5 t ist die Frage noch nicht beantwortet – hier konkurrieren Elektromobilität mit Batterien und Fahrzeuge mit Brennstoffzellen noch miteinander.
Energiespeicherung
Eine zentrale Herausforderung bei der Nutzung erneuerbarer Energien ist ihre Fluktuation, denn Solarstrahlung steht nachts nicht zur Verfügung und auch der Wind weht nicht kontinuierlich. Eine ausgeglichene Balance von Stromerzeugung und Stromnachfrage ist aber unabdingbar für die Versorgungssicherheit sowie die Netzstabilität. Um eine gleichmäßige Frequenz im Stromnetz aufrechtzuerhalten, müssen Erzeugung und Nutzung aufeinander abgestimmt werden. Andernfalls muss die Differenz und mögliche Frequenzschwankungen durch die sogenannte Regelenergie ausgeglichen werden. Möglichkeiten dazu sind:
Abschaltung von EE-Anlagen (geringere Einspeisung)
Zuschaltung von Speicherkraftwerken (höhere Einspeisung)
Abschaltung großer Verbraucher (geringere Entnahme)
Die Abschaltung ist aber unökologisch und unwirtschaftlich. Um dies zu vermeiden, bieten sich Energiespeicher an, die bei Bedarf zugeschaltet werden. Diese sind:
Pumpspeicherkraftwerke: Kostengünstig, nur für gebirgige dünn besiedelte Regionen (z. B. Norwegen, Öst. Alpen), benötigen einen Netzanschluss z. B. durch sehr lange und teure DC-Leitungen z. B. durch die Ost- und Nordsee bei norwegischen Speichern.
Druckluft: Einfache Technologie, gut nutzbar bei Anbindung an Windkraftanlagen, aber nur begrenztes Speicherpotential und bisher eher ein Forschungsgegenstand.
Schwungräder: Einfache Technologie, aber hohe Masse des Rades und noch in der Entwicklung.
Chemisch als Wasserstoff: Elektrolyse von Wasser zur Stromerzeugung, gut erforscht für Kleinanlagen, derzeit erfolgt ein großtechnischer Aufbau, wichtiger Zielkonflikt: Wasserstoff ist auch relevant für die Stahl-, Zement- und chemische Industrie sowie zum Antrieb von Lkws (evt. Flugzeuge), teure Technologie.
Chemisch als Methan: Elektrolyse von Wasser zur Stromerzeugung, dann Reduktion von CO2 zu Methan (CH4), relevant für Gebäudeheizungen, teure Technologie.
Allen obigen Technologien ist gemeinsam, dass die Umwandlung von Kraft oder innerer Energie immer mit hohen Verlusten aufgrund der Thermodynamik (Wärmeverluste) verbunden ist. Die wichtigste Batterie ist derzeit die Lithium-Ionen-Batterie. (GRS o. J., ISE 2021): Dieser Batterietyp dient sowohl für die Versorgung von Kleingeräten (Mobiltelefone, Tablet, Notebooks, Werkzeuge) als auch für Fahrzeuge und Fahrräder sowie als Hausspeicher (s.a.u.). Batterien im Kleinstbereich und für die Elektromobilität müssen ein geringes Gewicht beim höchsten Energiegehalt haben. Weitere Faktoren sind die Kosten, die Brandsicherheit, die Ladefähigkeit und die Lebensdauer. Die Kathode enthält Kobalt-Oxid (CoO), die Anode besteht aus Graphit. Als Elektrolyt dienen Li-organische Verbindungen. Die Vorteile sind die höchste Energiedichte aller im großen Maßstab produzierten Batterien, kein Memory Effekt und eine gute Zyklenfestigkeit. Die Nachteile sind ein hoher Preis, ein aufwändiges Zellmanagement aufgrund der geringen Größe und damit verbunden mit einer hohen Anzahl von Zellen. Aus Sicht der Nachhaltigkeit ist insbesondere die Gewinnung von Cobalt in Sambia und der Demokratischen Republik Kongo, dem wichtigsten aller Lieferländer, sehr gewichtig, da hier u. a. ein illegaler und umweltzerstörender Abbaus stattfindet (FAZ-net 2022, Save the Children 2022). Lithium ist ein Salz, das in verschiedenen Ländern in Salzseen vorkommt. Der größte Produzent ist Australien (51.000 t) vor Chile (13.000 t; VW o. J.). Hierbei spielt insbesondere die Bereitstellung von Wasser und die Abwasserbehandlung eine wichtige Rolle, da die Gewinnung meist in ariden Regionen stattfindet. Die bekannten Reserven übersteigen derzeit die Bedarfe um ein Vielfaches, weshalb diskutiert wird, ob Lithium ein “knappes” Metall ist oder nicht (ebd.).
Quellenverzeichnis
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EU 2017/1369 zur Festlegung eines Rahmens für die Energieverbrauchskennzeichnung und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/30/EU. Online: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R1369&from=EL#:~:text=(1)%20Die%20Union%20hat%20sich,der%20Energienachfrage%20von%20zentraler%20Bedeutung.
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Weinhold, Nicole (2021): Redox-Flow-Batterie Größte Batterie ohne Lithium. In: Erneuerbare Energie. TFV Technischer Fachverlag GmbH Stuttgart 07.10.2021. Online: https://www.erneuerbareenergien.de/transformation/speicher/redox-flow-batterie-groesste-batterie-ohne-lithium
Wikimedia (2020): Installierte PV-Leistung in Deutschland. online: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=90477752
SDG 8 Menschenwürdige Arbeit
“Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern”
In der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wird zum SDG 8 auf das Leitbild „Soziale Marktwirtschaft“ verwiesen (Bundesregierung 2021: 2214):
„Soziales Ziel ist es, unternehmerische Freiheit und funktionierenden Wettbewerb mit sozialem Ausgleich und sozialer Sicherheit zu verbinden. Mit Hilfe der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, wie fairer Wettbewerb, Unternehmerverantwortung, Sozialpartnerschaft, Mitbestimmung und gerechte Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir auch in Zukunft noch Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung haben.“
Hinsichtlich des SDG 8 sind zwei Ebenen zu betrachten: Eine nationale Ebene und die globale Ebene.
Auf der nationalen Ebene steht Deutschland laut der „European Working Survey” hinsichtlich der Arbeitsbedingungen sehr gut da – 89 Prozent der Befragten geben an, mit ihrem Job zufrieden zu sein und 91 Prozent bestätigen einen fairen Umgang mit ihnen als Arbeitnehmer*innen (Eurofond 2021). Jedoch zeigt der Index “Gute Arbeit” des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB 2022) detailliert, dass es in manchen Branchen, wie dem Gesundheitssektor und bei Beschäftigten in Leiharbeitsverhältnissen noch große Defizite gibt (DGB 2022). Besonders negativ sind hierbei die Kriterien “Arbeitsintensität” und “Einkommen” aufgefallen, die notwendigen Handlungsbedarf in Berufsbildern aufzeigen.
Auch wenn Kinderarbeit und Sklaverei in Deutschland keine Rolle spielen, so ist die Umsetzung der verschiedenen Unterziele des SDG 8 eine dauerhafte Aufgabe im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Noch ein zweites gilt: Aufgrund der komplexen Lieferketten müssen Unternehmen Verantwortung für ihre Produkte auch in den Ländern, wo diese hergestellt werden, übernehmen. Da das Dachdeckerhandwerk z. B. auch mit metallischen Werkstoffen arbeitet (wie bei der Eindeckung von Bogen- oder Kuppeldächern z. B. mit Kupferblech), spielt auch hier die Frage des Materialeinkaufes mit hinein, da die Rohstoffe z. B. aus Kupferminen meist aus den Länder des globalen Südens importiert werden, in denen die Beschäftigungsverhältnisse teilweise prekär sind.
An dieser Stelle sollen folgende Unterziele betrachtet werden:
SDG 8.5 Bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle Frauen und Männer, einschließlich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen, sowie gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit erreichen
SDG 8.6 Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern
SDG 8.b Bis 2020 eine globale Strategie für Jugendbeschäftigung erarbeiten und auf den Weg bringen und den GLOBALEN BESCHÄFTIGUNGSPAKT DER INTERNATIONALEN ARBEITSORGANISATION umsetzen (ILO o. J.; Destatis o. J.)
SDG 8.7 Sofortige und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Zwangsarbeit abzuschaffen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden und das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, einschließlich der Einziehung und des Einsatzes von Kindersoldaten, sicherstellen und bis 2025 jede Form von Kinderarbeit ein Ende setzen
SDG 8.8 Die Arbeitsrechte schützen und sichere Arbeitsumgebungen für alle Arbeitnehmer, einschließlich der Wanderarbeitnehmer, insbesondere der Wanderarbeitnehmerinnen, und der Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, fördern.
Die Schnittstellen zur neuen Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ ergibt sich über die Beachtung der gesellschaftlichen Folgen des beruflichen sowie der zu entwickelnden Beiträge für ein nachhaltiges Handeln (BMBF 2022):
a. Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
b. bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
e. Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f. unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Wie bei den meisten Handwerksleistungen spielt für die Endkunden auch bei den angeboten Dachdeckerleistungen das Preis-Leistungs-Verhältnis ein zentrales Entscheidungskriterium für eine Beauftragung. Die Kundschaft sollte vor diesem Hintergrund vor allem auf die langfristigen positiven Effekte einer energetisch optimierten und unter Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten ausgeführten Dachkonstruktion hingewiesen werden. Damit relativieren sich die Kosten für möglicherweise höhere Materialkosten sowie Handwerksleistungen. Die Lebensdauer eines Daches beträgt in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, zwischen 30 Jahren bis ca. 100 Jahre (Hausjournal o. J.). Je langlebiger und energetisch optimierter die Konstruktion ausgeführt wird, desto unabhängiger wird man von Preisschwankungen bei den Energiepreisen. Mögliche höhere Investitionskosten amortisieren sich dabei, die laufenden Folgekosten sind geringer und lassen sich besser abschätzen (Energie-Preisschwankungen).
Menschenwürdige Arbeit
Menschenwürdige Arbeit in Deutschland bedeutet vor allem Arbeit, die sich zumindest an internationalen Standards orientiert. Formuliert sind diese in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Vereinte Nationen 1948; UN-Charta, Artikel 23 und 24). Als “menschenunwürdige Arbeit” werden Kinderarbeit, Sklavenarbeit und teilweise Leiharbeit bezeichnet sowie Merkmale bei den Beschäftigungsverhältnissen, die sich nicht an den o.g. Regelwerken orientieren, wie “fehlende soziale Sicherheit”, “mangelnder Arbeitsschutz”, “Ausnutzung von Scheinselbstständigen” und “Ungleichbehandlung von Frauen”.
Fachkräftemangel und ungelernte Kräfte
In Deutschland fehlten in 2021 im Handwerk knapp 65.000 Fachkräfte, davon allein 54.000 Gesellinnen und Gesellen (KOFA 2021). Die Beschäftigungsstruktur im Handwerk ist abhängig von allgemeinen politischen wie ökonomischen Dynamiken. Eine statistische Erhebung des ZVDH hat 3.352 Betriebe erfasst, die keine Mitarbeiter beschäftigten. Damit liegt der Anteil der Solo-Selbstständigen bei mittlerweile 22,2 Prozent. In den letzten drei Jahren ist hier ein starker Anstieg zu verzeichnen (ZVDH 2022).
Diese Betriebsstruktur fördert die Beschäftigung von ggf. ungelernten oder nur angelernten Arbeitskräften, die bei der Ausführung der Gewerke je nach Auftragslage aushelfen und die ggf. in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten.
DGB Index Gute Arbeit
Die Qualität von Arbeitsbedingungen wird seit 2012 aufgrund von 42 standardisierten Fragen in einer bundesweiten repräsentativen Erhebung ermittelt. Elf Kriterien der Arbeitsqualität werden abgefragt. Die Werte liegen zwischen 0 und 100 Punkten, wobei 0 Punkte die denkbar schlechteste Arbeitsqualität und 100 Punkte die bestmöglichen Arbeitsbedingungen ausdrücken. Wie schon in den vorangegangenen Jahren gibt es zu den Kriterien „Arbeitsintensität“ und „Einkommen“ erheblich kritische Bewertungen.
Der Index 2022 zeigt für das „Baugewerbe“ eine Indexwert von 66 von 100, das zeigt, dass die Arbeitsbedingungen noch weit entfernt sind von dem Anspruch „Gute Arbeit“. In der ausführlichen Debatte über die Detailergebnisse für 2022 sticht hervor, dass Beschäftigte in Leiharbeitsverhältnissen ihre Situation auffällig schlecht bewerten (ebd.). Darüber hinaus zeigt der Blick in einzelne Branchen und Berufsgruppen, dass noch immer körperliche Belastungen in vielen Bereichen sehr verbreitet sind (ebd.:S. 19).
Einen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung der eigenen Arbeitsbedingungen haben die Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten im Arbeitskontext. Im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung ist das Kriterium „Sinn der Arbeit“ eine wesentliche Ressource zur Beurteilung der eigenen Arbeitsbedingungen. Dazu führt der Bericht „Index Gute Arbeit 2022“ aus: „Der Sinngehalt von Arbeit ist eine Ressource, die sich aus unterschiedlichen Quellen speisen kann. Dazu gehört, dass die Produkte bzw. Dienstleistungen, die produziert oder erbracht werden, als nützlich erachtet werden. Häufig ist dies mit der Einschätzung verbunden, ob die Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugt. Sinnhaftigkeit kann dadurch entstehen, dass die Arbeit einen Nutzen für Andere hat. Und wichtig für Sinnempfinden ist auch, dass die eigenen, ganz konkreten Arbeitsaufgaben und -merkmale nicht sinnlos erscheinen. Wird Arbeit als sinnvoll empfunden, wirkt sich das positiv auf die Motivation und das Wohlbefinden der Beschäftigten aus. Dauerhaft einer als sinnlos erachteten Arbeit nachzugehen, stellt dagegen eine mögliche psychische Belastung und damit ein gesundheitliches Risiko dar.
BDA - Die Arbeitgeber
Die Arbeitgeber argumentieren mit positiven Statistiken, dass die Arbeitsbedingungen in Deutschland sehr gut sind (BDA o. J.). So sind laut der European Working survey 89Prozent der in Deutschland Beschäftigten mit ihrem Job zufrieden, 74 Prozent gaben in der Befragung an, dass ihnen ihr Job Spaß macht und 91 Prozent bestätigen einen fairen Umgang am Arbeitsplatz (Eurofond 2021, BDA o. J.). Auch hinsichtlich der Arbeitssicherheit ist die Entwicklung positiv: Sowohl die Arbeitsunfälle, als auch die Unfallquote hat sich seit 1991 halbiert (BDA o. J.). Diese befinden sich seit 2004 unter 1 Mio. und bewegen sich seitdem zwischen 954.000 und 760.000 gemeldeten Fällen (Statista 2021).
Außerdem wird auf die Prävention und den Gesundheitsschutz hingewiesen, für den 2016 ca. 5 Mrd. € ausgegeben wurden, was 40 Prozent der gesamten Ausgaben von 11,7 Mrd. € ausmacht (BDA o. J.). Die betriebliche Gesundheitsförderung, wie Stressmanagement, gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung oder Reduktion der körperlichen Belastung kommt dabei sowohl den Beschäftigten als auch den Arbeitgebern zugute. Zuletzt wird noch auf die Eigenverantwortung hingewiesen, die aus selbstverantwortlichen Entscheidungen und flexibleren Arbeitszeiten resultiert.
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse
Menschen arbeiten auch in Deutschland teilweise in prekären Beschäftigungsverhältnissen und die “Bedeutung des sogenannten Normalarbeitsverhältnisses nimmt ab, während atypische Formen von Arbeit an Bedeutung zunehmen” (Jakob 2016). Dazu zählen befristete Arbeitsverträge, geringfügige Beschäftigung, Zeitarbeit, (Ketten-)Werkverträge und verschiedene Formen der (Schein-)Selbstständigkeit oder auch Praktika. Durch die Agenda 2010 wurde das Sicherungsniveau für von Arbeitslosigkeit Betroffene deutlich gesenkt (Arbeitslosengeld I in der Regel nur für ein Jahr, danach Arbeitslosengeld II). Menschen sehen sich eher gezwungen, “jede Arbeit zu fast jedem Preis und zu jeder Bedingung anzunehmen. Das hat dazu geführt, dass die Löhne im unteren Einkommensbereich stark gesunken sind” (Jakob 2016). 2015 wurde mit der Einführung des Mindestlohns dagegen gesteuert.
Das Thema betrifft auch das SDG 10 “Ungleichheit”, denn jeder Mensch hat das Recht auf faire und gute Arbeitsverhältnisse, dies ist vielen Menschen jedoch verwehrt. Prekäre Beschäftigung widerspricht dem Leitbild von ”Guter Arbeit“, verbaut Entwicklungsmöglichkeiten von Beschäftigten und verstärkt nachweislich den Trend zu psychischen Belastungen und Erkrankungen sowie deren Folgewirkungen (Jakob 2016) (siehe auch SDG “Gesundheit”).
Kinderarbeit entlang der Lieferkette
Zur Definition und Umsetzung von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen sind global große Unterschiede zu verzeichnen. Ein Beispiel hierfür ist die Kinderarbeit, die weltweit noch immer verbreitet ist. 79 Millionen Kinder arbeiten unter ausbeuterischen Bedingungen, vor allem in Fabriken, die wenig qualifiziertes Personal benötigen oder in der Landwirtschaft sowie im Bergbau (BMZ 2021 und 2022). Nach Angaben der ILO müssen weltweit rund 152 Millionen Kinder zwischen fünf und siebzehn Jahren arbeiten, vor allem in der Landwirtschaft, als Hausangestellte oder in Minen. Viele dieser Tätigkeiten sind gesundheitsgefährdend. Die ILO setzt sich schon lange für die Abschaffung von Kinderarbeit ein, sie ist Partnerorganisation in der „Allianz 8.7“, einer globalen Partnerschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, Zwangsarbeit, moderne Sklaverei, Menschenhandel und Kinderarbeit weltweit zu beseitigen, wie es in den Zielen für nachhaltige Entwicklung 2030 formuliert wurde (ILO 2021). Unter Mitwirkung der deutschen Bundesregierung wird seit 1992 ein von der ILO betriebenes Internationales Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit umgesetzt (International Programme on the Elimination of Child Labour, IPEC, BMZ 2022).
Arbeitsschutz, Gesundheit und Gute Arbeit
Im Bereich “Gesundheit” und “Gute Arbeit” sind durch die Folgen des Klimawandels wesentliche neue Herausforderungen sowohl für die Arbeitskräfte als auch für die Gesellschaft festzustellen. Bei Bauarbeiten im Freien sind alle Arbeitenden durch Extremwetterereignisse wie hohe Temperaturen und lang anhaltende Hitzewellen, oder auch Starkregenereignisse, mit diesen neuen Herausforderungen direkt konfrontiert.
Gender (pay) Gap
Im Jahr 2022 gab es rund 8.734 Auszubildende im Dachdeckerhandwerk in Deutschland. Es wurden 212 weibliche Azubis gemeldet, das macht einen Anteil von ca. 2,4 Prozent aus (ZVDH 2022). Eine der Ursachen liegt in der unterschiedlichen Entlohnung für vergleichbare Tätigkeiten und Qualifikation für Frauen und Männer, sie lässt sich durch die statistischen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes aufzeigen. In einer Pressemitteilung vom März 2022 wird betont, dass Frauen pro Stunde noch immer weniger verdienen als Männer: „Frauen haben im Jahr 2021 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer. Damit blieb der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern – der unbereinigte Gender Pay Gap– im Vergleich zum Vorjahr unverändert”. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 7. März 2022 weiter mitteilte, erhielten Frauen mit durchschnittlich 19,12 Euro einen um 4,08 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (23,20 Euro). Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2023 müssen Frauen bei gleicher Arbeit auch gleich bezahlt werden, eine individuelle Aushandlung der Lohn- oder Gehaltshöhe ist damit nicht wirksam (Zeit Online 2023).
Deutsches Sorgfaltspflichtengesetz
Um ihrer Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte gerecht zu werden, setzt die Bundesregierung die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen mit dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte von 2016 (Nationaler Aktionsplan, Bundesregierung 2017; 2021; 2022) in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Gesetz um. Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten ist besser unter dem Namen Lieferkettengesetz oder auch Sorgfaltspflichtengesetz bekannt (BMAS 2022, o. ä. “Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz”). Dort ist die Erwartung an Unternehmen formuliert, mit Bezug auf ihre Größe, Branche und Position in der Lieferkette in angemessener Weise die menschenrechtlichen Risiken in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten zu ermitteln, ihnen zu begegnen, darüber zu berichten und Beschwerdeverfahren zu ermöglichen.
Das Lieferkettengesetz tritt 2023 in Kraft und gilt dann zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000, ab 2024 mit mehr als 1.000 Angestellten. Es verpflichtet die Unternehmen, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Kleine und mittlere Unternehmen werden nicht direkt belastet. Allerdings können diese dann betroffen sein, wenn sie Teil der Lieferkette großer Unternehmen sind.
Unabhängig ob betroffen oder nicht: Es lohnt sich auch für kleinere Unternehmen, sich mit dem Gesetz adressierten Nachhaltigkeitsthemen auseinanderzusetzen, um das eigene Handeln entlang dieser Leitplanken zu überprüfen. Der Nachhaltigkeitsbezug ist unter anderem durch den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) gegeben, er gab einen wichtigen Impuls für das Gesetz. Der NAP wurde gemeinsam von Politik und Unternehmen verabschiedet, um zu einer sozial gerechteren Globalisierung beizutragen (Bundesregierung 2017). Ergebnisse einer 2020 im Rahmen des Nationalen Aktionsplans durchgeführten repräsentativen Untersuchungen zeigten jedoch, dass lediglich zwischen 13 und 17 Prozent der befragten Unternehmen die Anforderungen des Nationalen Aktionsplans erfüllen (VENRO 2021). Der gesetzgeberische Impuls war also erforderlich, um die Einhaltung der Menschenrechte zu fördern und damit auch zu einem fairen Wettbewerb zwischen konkurrierenden Unternehmen beizutragen.
Das Lieferkettengesetz rückt internationale Menschenrechtsabkommen und lieferkettentypische Risiken in den Blick: Dazu zählen bspw. das Verbot von Kinderarbeit, der Schutz vor Sklaverei und Zwangsarbeit, die Vorenthaltung eines gerechten Lohns, der Schutz vor widerrechtlichem Landentzug oder der Arbeitsschutz und damit zusammenhängende Gesundheitsgefahren. Es werden zudem internationale Umweltabkommen benannt. Sie adressieren die Problembereiche Quecksilber, persistente organische Schadstoffe und die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung. Zu den jetzt gesetzlich geregelten Sorgfaltspflichten der Unternehmen gehören Aufgaben wie die Durchführung einer Risikoanalyse, die Verankerung von Präventionsmaßnahmen und das sofortige Ergreifen von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Rechtsverstößen. Die neuen Pflichten der Unternehmen sind nach den tatsächlichen Einflussmöglichkeiten abgestuft, je nachdem, ob es sich um den eigenen Geschäftsbereich, einen direkten Vertragspartner oder einen mittelbaren Zulieferer handelt. Bei Verstößen kann die zuständige Aufsichtsbehörde Bußgelder verhängen. Unternehmen können von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.
Quellenverzeichnis
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Jakob, Johannes (2016) in: Forum Menschenrechte et al.(2019): Bericht Deutschland und die UN-Nachhaltigkeitsagenda 2016. Noch lange nicht nachhaltig, II.11. Gute und menschenwürdige Arbeit auch in Deutschland. Online: www.2030report.de/de/bericht/317/kapitel/ii11-gute-und-menschenwuerdige-arbeit-auch-deutschland
KOFA (2021): Fachkräfte Handwerk. Online: https://www.kofa.de/media/Publikationen/Studien/Handwerk_01_2021.pdf
Öko-Institut (o. J.): Nachhaltige Unternehmensführung: Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt. Online: www.oeko.de/forschung-beratung/themen/konsum-und-unternehmen/nachhaltige-unternehmensfuehrung-verantwortung-fuer-gesellschaft-und-umwelt
Schulten, Thorsten; Specht, Johannes (2021): Ein Jahr Arbeitsschutzkontrollgesetz – Grundlegender Wandel in der Fleischindustrie? Online: www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/fleisch-2021/344835/ein-jahr-arbeitsschutzkontrollgesetz/
Springer Gabler (o. J.): Gabler Wirtschaftslexikon: Definition Nachhaltiges Nachhaltigkeit im Personalmanagement. Online: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/nachhaltiges-personalmanagement-53887
statista (2021): Arbeitsunfälle in Deutschland. Online: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/6051/umfrage/gemeldete-arbeitsunfaelle-in-deutschland-seit-1986/
VENRO Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (2021): Vier Jahre Nationaler Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Online: https://venro.org/publikationen/detail/vier-jahre-nationaler-aktionsplan-wirtschaft-und-menschenrechte-nap
Vereinte Nationen (1948): Resolution der Generalversammlung 217 A (III). Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Online: https://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf
Vereinte Nationen 2015: Resolution der Generalversammlung „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Online: https://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf
Welthungerhilfe (2020): Indien hält bei der Kinderarbeit den traurigen Spitzenplatz. Online: www.welthungerhilfe.de/welternaehrung/rubriken/wirtschaft-menschenrechte/indien-haelt-bei-kinderarbeit-den-traurigen-spitzenplatz
Zeit Online (2023): Lohnunterschiede bei gleicher Arbeit rechtswidrig. Online: https://www.zeit.de/arbeit/2023-02/lohngleichheit-bundesarbeitsgericht-frauen-urteil-diskriminierung?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.ecosia.org%2F
Zoll 2022: Verpflegung und Unterkunft für Saisonarbeitskräfte. Online: https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Mindestarbeitsbedingungen/Mindestlohn-Mindestlohngesetz/Berechnung-Zahlung-Mindestlohns/Verpflegung-Unterkunft-Saisonarbeitskraefte/verpflegung-unterkunft-saisonarbeitskraefte_node.html
ZVDH Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (2022): Das Dachdeckerhandwerk in Zahlen. Online: https://dachdecker.org/download/a7ec1cv1j8b5658fb3ri2va9ni6/zvdh_Steckbrief_Update_April_2022-bue.pdf
SDG 12 Nachhaltige/r Konsum und Produktion
“Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen”
Das SDG 12 umfasst den wichtigen Bereich der Herstellung von Produkten, geht aber auch auf die Ebene der Information und das Bewusstsein aller Beteiligten in diesen Prozessen ein bis hin zu dem sich daraus ableitenden individuellen Verhalten. Folgende 4 Unterziele sind hier vor allem wichtig (Destatis o. J.):
SDG 12.2 “Bis 2030 die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen erreichen.”
SDG 12.4 “Bis 2020 einen umweltverträglichen Umgang mit Chemikalien und allen Abfällen während ihres gesamten Lebenszyklus in Übereinstimmung mit den vereinbarten internationalen Rahmenregelungen erreichen und ihre Freisetzung in Luft, Wasser und Boden erheblich verringern, um ihre nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt auf ein Mindestmaß zu beschränken.”
SDG 12.5 “Bis 2030 das Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung deutlich verringern.”
SDG 12.8 “Bis 2030 sicherstellen, dass die Menschen überall über einschlägige Informationen und das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung und eine Lebensweise in Harmonie mit der Natur verfügen.”
Das SDG 12 berührt im Prinzip alle Kenntnisse und Fähigkeiten der Standardberufsbildposition, besonders aber die Nummern b, d, e und f (BIBB 2020):
bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Abfälle vermeiden sowie Stoffe und Materialien einer umweltschonenden Wiederverwertung oder Entsorgung zuführen
Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Im Durchschnitt entfallen von den gesamten jährlichen 11,2 Tonnen THG-Emissionen eines Deutschen rund 24 Prozent der THG-Emissionen auf Wohnen und Strom, 19 Prozent auf Mobilität und 15 Prozent auf Ernährung (UBA 2021b). Vor diesem Hintergrund zielt das SDG 12 u. a. auf die nachhaltige und effiziente Nutzung der Ressourcen ab. Ressourcen sind alle Stoffe der Natur (Mineralien und Metalle, biotische Ressourcen wie Holz oder Baumwolle), aber auch Luft, Wasser und Boden. Abfälle sollen vermieden oder recycelt und gefährliche Abfälle sicher entsorgt werden. Die Verschwendung von Baustoffen im Dachdeckerberuf soll verringert werden. Weitere Themen sind die nachhaltige Entwicklung von Unternehmen, eine bessere Verbraucher*innen-Bildung, nachhaltige Beschaffung und der umweltverträgliche Umgang mit Chemikalien. Wichtig ist die Unterscheidung der Perspektive des SDG 12 zu der von SDG 8 “Menschenwürdige Arbeit” unter Unterpunkt 8.4 genannten Perspektive: Die Unterziele in SDG 12 sind über die reine Optimierung bestehender Produktions- und Konsumkreisläufe hinaus auf eine mittel- und langfristige Nachhaltigkeit ausgerichtet.
Die mit den Aspekten des SDG 12 einhergehenden Emissionen werden im nachfolgenden Kapitel SDG 13 “Maßnahmen zum Klimaschutz” beschrieben, da die Art der Nutzung verschiedener Materialien ein wichtiger Schlüssel für mehr Nachhaltigkeit ist.
Für den Dachdeckerbetrieb ist es sinnvoll, die betriebsbedingten Emissionen durch die Bestelllisten für die benötigten Materialien (inkl. der Lieferwege), die Auswertungen der Energierechnungen (Strom/ Gas etc.) und die Tankrechnungen zu ermitteln.
Allerdings stellt sich die Ermittlung der umweltbelastenden Emissionen vor dem Hintergrund der oft globalen Lieferketten und aufgrund der Nutzung bestimmter Materialien als schwierig dar. Eine Bestimmung der Nachhaltigkeit der eingekauften Produkte, deren Verpackungen und von den Verbrauchsmaterialien für die handwerklichen Tätigkeiten ist ebenfalls nicht einfach.
Üblicherweise bilden Ökobilanzen vor allem die Umweltwirkungen sehr breit ab, aber diese Breite macht sie auch gleichzeitig unverständlich und somit für die Praxis nicht unbedingt handhabbar. Aus diesem Grund braucht man einfachere Orientierungshilfen, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Nachhaltiges Bauen
Für ein ganzheitlich geplantes Gebäude sind Konzepte erforderlich, mit denen verschiedene geeignete Maßnahmen von der planerischen bis zur Ausführungsebene ausgewählt werden. Im Zentrum eines umweltschonenden und energieeffizienten Entwurfs stehen folgende Planungskonzepte mit den jeweiligen wesentlichen Punkten (BMWSB o. J.):
Energiekonzept
Minimierung des Energiebedarfs durch angemessene Nutzervorgaben
bauliche Maßnahmen (z. B. Wärmeschutz und Lüftung)
effiziente Energiesysteme und Betrieb (z. B. Wärmerückgewinnung und Nutzung regenerierbarer Kühlquellen)
Nutzung erneuerbarer Energie, die idealerweise vorwiegend am Gebäude erzeugt wird
Baustoffkonzept
Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit der Baustoffe und der Konstruktion
Ökobilanz / Wirkungen für die globale Umwelt
Wirkungen für die lokale Umwelt (u. a. Schadstoffarmut)
Rückbau-, Trennungs- und Verwertungsmöglichkeiten der verwendeten Bauprodukte
Wasserkonzept
Vermeidung von Trinkwasserverbrauch
Verwendung von Regenwasser und Grauwasser
Regenrückhaltung und -versickerung
Leistungen Dachdecker*innen
In allen folgenden Ausführungen wird auf die Betrachtung von kleinen und mittelständischen Dachdeckerbetrieben eingegangen. Diese zeichnen sich durch eine hohe Flexibilität und starke Kundennähe aus. Damit können sie kundenorientierte Lösungen entwickeln und haben großen Einfluss auf die Wahl der Materialien und die mit ihnen verbundenen Einflüsse auf die Wohngesundheit der Kund*innen und die Umwelt. Folgende Leistungen bilden die Grundlage der weiteren Betrachtungen:
Eindecken verschiedener Dacharten
Fassadenbekleidungen erstellen
Dämmmaterial einbringen
Anbringen von Dachrinnen und Abschlüssen
Reparaturen am Schornstein
Warte und Reparieren von Dachflächen
Wandverkleidungen mit Schindeln, Dachziegeln oder Steinen
Abdichtungstechnik mit unterschiedlichen Materialien
Installation von Dachfenstern, Schneefanggittern und Abflüssen
Vorbereitung für Blitzschutzanlagen
Einbau von Sonnenkollektoren und Photovoltaik-Elementen
Planen und Kalkulieren
Arten der Dacheindeckung
In 2021 wurden in Deutschland insgesamt 81,19 Mio m² Dacheindeckungen abgesetzt. Dabei machten die Dachziegel mit 42,01 Mio m² mit Abstand die größte Fläche aus, gefolgt von Beton-Dachsteinen mit 15,80 Mio m², Metalleindeckungen machten 8,63 Mio m² aus, Faserzement wurde für 4,39 Mio m² eingesetzt. Alle weiteren Materialien ergaben einen Umfang von 10,36 Mio m² (statista 2022).
Gerade auch vor dem Hintergrund der in Zukunft steigenden energetischen Sanierungsrate im Gebäudebestand sind die Faktoren Rohstoffe, Material, Lebensdauer und Entsorgung wichtig. Es gibt unterschiedliche Dachformen, für die jeweils spezifische Eindeckmaterialien eingesetzt werden. In Deutschland sind über 90 Prozent der Wohngebäude als Steildächer ausgeführt (FIW 2018).
Ökologisches Bauen wird in Deutschland immer wichtiger. Endkunden nehmen einen etwas höheren Preis gerne in Kauf, wenn das verwendete Material besonders umweltfreundlich und nachhaltig ist und eine gute Ökobilanz aufweist. Im konkreten Fall heißt es bei der Wahl des Bedachungsmaterials: Zum Einen ist auf die Vorgaben des Bebauungsplanes Ihrer Kommune zu achten, zum Anderen ist eine gute Beratung entscheidend dafür, die optimale Eindeckungsart zu finden.
Ökobilanzierung Dacheindeckung/ Fassadenbekleidung
Im Folgenden wird auf die verschiedenen Materialien mit Schwerpunkt auf ihre Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte eingegangen sowie auf deren Einsatzbereiche verwiesen (Effizienzhaus-online o. J.). Die Ökobilanz eines Werkstoffes, also auch von Bedachungsmaterialien, hängt dabei von mehreren Faktoren ab (dach24 online o. J.):
Rohstoffgewinnung: Wie und wo werden die Rohstoffe abgebaut? Hierbei geht es darum, ob die Rohstoffe über weite Strecken transportiert werden müssen, bevor sie – unter welchen Bedingungen – verarbeitet und schließlich auf der Baustelle verwendet werden (ebd.).
Verarbeitung: Wie hoch ist der Energieaufwand für die Verarbeitung der Rohstoffe? Welche zusätzlichen Materialien, die gegebenenfalls eine negative Ökobilanz aufweisen, werden im Rahmen des Verarbeitungsprozesses verwendet? Welche Neben- und Abfallprodukte fallen bei der Herstellung an (ebd.)?
Verpackung: Welche Materialien werden benötigt, um das Bedachungsmaterial für den Transport zu verpacken? Wie groß ist die Verpackungsmenge (ebd.)?
Lebensdauer: Eine wesentliche Frage ist auch die Lebensdauer des Bedachungsmaterials. Nach welchem Zeitraum müssen Sie die Dacheindeckung erneuern? In welcher Form wird das Material dann entsorgt oder wiederverwendet? Die Wiederverwertung von Materialien hat in der Baubranche in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen (ebd.). Die für die Dacheindeckung benötigten Materialien und Konstruktionen haben eine unterschiedliche Lebensdauer. Das spielt nicht nur in Bezug auf die Kosten eine Rolle, entscheidend ist damit auch der Rohstoff- und Materialeinsatz und die damit verbundene Höhe der THG Emissionen: Während Bitumenbahnen von Flachdachkonstruktionen mit leichter Schutzschicht und deren Abdichtungsmassen nur ca. 20 Jahre dicht halten, haben Dacheindeckungen aus Schiefer, Tonziegel, Betonsteinen, Faserzementplatten nichtrostende Metalle sowie Holzschindeln auf Steildächern (oder an Fassaden) eine Mindestlebensdauer von 50 Jahren (nachhaltigesbauen 2017).
Sonstige Aspekte: Wie hoch ist das Risiko einer Versauerung oder Überdüngung von Böden durch den Anbau und Abbau der Rohstoffe? Wie groß ist die Auswirkung auf die Feinstaubbelastung sowie den Sommersmog (Dach24 o. J.)?
Umweltzertifikate/ Testlabel
Aufgrund des vielfältigen Produktangebotes ist es als Handwerksbetrieb wie als Kundin und Kunde nicht einfach, Produkte und ihre Inhaltsstoffe zu recherchieren und auszuwählen, die die verschiedenen relevanten Aspekte der Nachhaltigkeit wie Gesundheit, Umwelt- und Klimaschutz berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund und als Grundlage für eine Produktauswahl werden die relevantesten Zertifizierungssysteme und auch Testzertifikate vorgestellt. Neben unabhängigen Systemen gibt es auch solche, die von Herstellergruppen entwickelt wurden.
Umwelt- und Nachhaltigkeitszertifizierungen für Holz
Holz ist ein zentraler Werkstoff für den Dachdecker und die Dachdeckerin. Auch bei den meisten Verbundwerkstoffen ist Holz ein wesentlicher Bestandteil. Vor diesem Hintergrund werden hier die Zertifizierungssiegel explizit für Holz vorgestellt. Die Holzwirtschaft ist wie viele andere Produktionen inzwischen globalisiert. Deutschland importiert einen großen Teil seines Holzbedarfes für den Bausektor aus dem Ausland. Im Jahr 2018 wurden ca. 7,1 Millionen Kubikmeter Rohholz nach Deutschland importiert. Damit hat sich die Menge innerhalb von 15 Jahren verdreifacht. Der Export in 2018 lag bei 3,5 Mio. Kubikmetern Rohholz und hat sich damit in den letzten Jahren deutlich verringert (statista 2021). Der Holzeinschlag in Deutschland lag in 2021 bei insgesamt ca. 83 Mio Kubikmeter (BMEL 2022).
Um zwischen “guten”, “besseren” oder “schlechten” Produkten zu entscheiden, kann man auf Zertifizierungssiegel achten. Es gibt jedoch inzwischen eine kaum überschaubare Vielfalt an Siegeln – bedingt ist dies durch die Gründung von Organisationen, die ihren Betrieb mit dem Vertrieb von Siegeln finanzieren. Der natürliche, nachwachsende Rohstoff Holz bietet sich für verschiedene Anwendungsgebiete an und ist bei einer entsprechenden Holzbewirtschaftung und den Lieferketten gemäß anerkannter Zertifizierungen als nachhaltig zu bewerten. Im Folgenden wird im Überblick auf die verschiedenen eingeführten Zertifizierungen eingegangen. Die Zertifizierung ist eine freiwillige Selbstverpflichtung der Forstbetriebe, über die gesetzlichen Mindestanforderungen der Wald- und Naturschutzgesetze hinaus weitere Mindestnormen im ökologischen, ökonomischen und sozialen Bereich einzuhalten. Mit einer Zertifizierung nach einem anspruchsvollen Zertifizierungssystem dokumentieren die Waldbesitzer ihre Bereitschaft, bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen Erfordernisse der Nachhaltigkeit sowie des Natur- und Artenschutzes über den gesetzlich vorgegebenen Standard hinaus zu berücksichtigen (UBA 2021).
Im folgenden wird ein Vergleich forstlicher Zertifizierungssysteme vorgestellt (Fraunhofer-Institut 2015):
Beim FSC (Forest Stewardship Council) werden Entscheidungen durch ein 3-Kammern-System (Sozial-,Umwelt-, Wirtschaftskammer) getroffen. In diesen Kammern sind neben weiteren Akteur*innen hauptsächlich Vertreter der Umweltverbände aktiv
Beim PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) werden Entscheidungen durch den Forstzertifizierungsrat, der neben weiteren Akteur*innen hauptsächlich durch Vertreter verschiedener Waldeigentumsarten besetzt ist getroffen
Bei den Systemen DFSZ (Deutschen Forst-Service-Zertifikat), KFP (Kompetente Forst Partner) erfolgt die Entwicklung (erstmalige Ausarbeitung des Standards) mit einer sog. Stakeholderbeteiligung, d.h. unter Einbeziehung verschiedener Interessenvertreter*innen der Branche. Weiterentwicklungen des Standards und der Systembeschreibung werden bei diesen Systemen ausschließlich vom Systemträger selbst und unter Einbeziehung der Zertifizierungsstelle und der Auditor*innen vorgenommen
Entscheidungen zur weiteren Entwicklung des KUQS-Systems (Kompetenznachweis in Umwelt-, Qualitäts- und Sicherheitsmanagement) trifft ein Zertifizierungsbeirat, in dem neben Vertreter*innen weiterer Interessengruppen hauptsächlich (Forst-) Unternehmer*innen ihre Belange einbringen
Beim RAL (Reichsausschuss für Lieferbedingungen) Gütezeichen werden Entscheidungen durch einen Güteausschuss getroffen, in dem neben Vertreter*innen weiterer Interessengruppen hauptsächlich Vertreter*innen der Wissenschaft und Waldeigentümer*innen ihre Anforderungen einbringen
Weitere anerkannte Zertifizierungssysteme:
natureplus-Umweltzeichen: Es bestätigt die Einhaltung hoher Qualitätsnormen auf allen für die Nachhaltigkeit relevanten Gebieten. Das natureplus- Qualitätszeichen wurde bislang an über 600 Bauprodukte in Europa vergeben und verfügt über eine europaweite Anerkennung bei Baufachleuten, Verbraucher*innen, Umweltverbänden, Regierungsorganisationen und Systemen zur Gebäudebewertung. Die Prüfungen zur Verifikation dieser Anforderungen werden von akkreditierten Laboren und Gutachter*innen nach anerkannten internationalen Standards durchgeführt. Damit ist das natureplus-Qualitätszeichen für Bauprodukte das einzige europäische Umweltlabel, dem strenge wissenschaftliche Kriterien zu Grunde liegen (natureplus 2022).
Naturland: Die Naturland Richtlinien zur Ökologischen Waldnutzung regeln Aspekte einer nachhaltigen und naturverträglichen Waldbewirtschaftung. Da die Richtlinie die FSC-Anforderungen übertrifft, kann gleichzeitig ein Naturland und ein FSC-Zertifikat ausgestellt werden. Darüber hinaus hat Naturland mit den „Verarbeitungsrichtlinien für Holz aus ökologischer Waldnutzung“ die Grundlagen für die Zertifizierung verarbeiteter Holzprodukte geschaffen. Diese Richtlinie umfasst neben der Rückverfolgbarkeit auch Aspekte einer ökologischen und gesundheitsverträglichen Produktion (Naturland 2022).
Die Bundesregierung geht bei der Beschaffung mit gutem Beispiel voran: Der Beschaffungserlass fördert eine zertifizierte Forstwirtschaft: Seit 2007 beschaffen die Dienststellen des Bundes nur noch Produkte aus Holz, die nach PEFC, FSC oder vergleichbaren Systemen zertifiziert sind oder denen per Einzelnachweis die Erfüllung entsprechender Standards nachgewiesen wurde (FNR o. J.).
Umweltzertifizierungen für weitere Produkte
Umwelt Engel
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist Zeicheninhaber und informiert regelmäßig über die Entscheidungen der Jury Umweltzeichen. Das Umweltbundesamt fungiert mit dem Fachgebiet „Ökodesign, Umweltkennzeichnung, Umweltfreundliche Beschaffung“ als Geschäftsstelle der Jury Umweltzeichen und entwickelt die fachlichen Kriterien der Vergabekriterien des Blauen Engel. Die Jury Umweltzeichen ist das unabhängige Beschlussgremium des Blauen Engel mit Vertretern aus Umwelt- und Verbraucherverbänden, Gewerkschaften, Industrie, Handel, Handwerk, Kommunen, Wissenschaft, Medien, Kirchen, Jugend und Bundesländern. Die RAL gGmbH ist die Zeichenvergabestelle. Sie organisiert im Prozess der Kriterienentwicklung die unabhängigen Expertenanhörungen, d.h. die Einbindung der interessierten Kreise (BMU 2023).
RAL-Gütezeichen
Mit dem RAL Gütezeichen können Produkte und Dienstleistungen gekennzeichnet werden. Es zeigt öffentlichen Auftragnehmern, Unternehmen und Verbraucher*innen, dass die geprüften Produkte und Dienstleistungen genauen Qualitätskriterien entsprechen. Für das jeweilige Produktgruppen- und leistungsspezifische Anerkennungsverfahren werden Behörden, Prüfinstitute, Hersteller und Anbieter sowie Handel und Verbraucher einbezogen. Die Kriterien sind öffentlich zugänglich. Die Vergabe des RAL-Gütesiegels geht mit einer regelmäßigen, unabhängigen Überprüfung einher. In der folgenden Tabelle sind die für den Innenbereich wichtigen Produktgruppen mit ihrem jeweiligen RAL -Zeichen für „emissionsarm“. Die Produkte werden mit dem Zeichen “Der Blaue Engel – weil emissionsarm” versehen.
Bauprodukte für Innenräume mit dem Umweltzeichen Blauer Engel | |
Emissions- und schadstoffarme Lacke | RAL-UZ 12a |
Emissionsarme Holzwerkstoffplatten | RAL-UZ 76 |
Emissionsarme Wandfarben | RAL-UZ 102 |
Emissionsarme Bodenbelagsklebstoffe und andere Verlegewerkstoffe | RAL-UZ 113 |
Elastische Fußbodenbeläge | RAL-UZ 120 |
Emissionsarme Dichtstoffe für den Innenraum | RAL-UZ 123 |
Emissionsarme textile Bodenbeläge | RAL-UZ 128 |
Emissionsarme Wärmedämmstoffe und Unterdecken für die Anwendung in Gebäuden | RAL-UZ 132 |
Emissionsarme Verlegeunterlagen für Bodenbeläge | RAL-UZ 156 |
Emissionsarme Bodenbeläge, Paneele und Türen aus Holz u. Holzwerkstoffen für Innenräume | RAL-UZ 176 |
Emissionsarme Innenputze | RAL-UZ 198 |
Quelle: Umweltbundesamt. Umwelt- und gesundheitsverträglich Baustoffe; Ratgeber für Architekten, Bauherren und Planer, 2015
Emicode
Die Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte e.V. (GEV) vergibt das Emicode Label. Es werden Anforderungen formuliert, die eine Bewertung von Verlegewerkstoffen, Klebstoffen und Bauprodukten nach GABW 31-Kriterien, Umwelt, Hygiene und Gesundheit zulassen und eine Einstufung in Bezug auf Langzeitemissionen ermöglichen. Verantwortlich für die Festlegung der GEV-Einstufungskriterien ist der Technische Beirat der GEV. In 2018 gehörten 154 Hersteller der Gemeinschaft an, der Verein sowie der technische Beirat besteht aus Vertreter*innen der Mitgliedsunternehmen (Baustoffmarkt 2020).
Das Label kann für Produkte aus folgenden Produktgruppen vergeben werden (Emicode 2019):
- Flüssige Produkte (Vorstriche, Grundierungen, Anti-Rutsch-Beschichtungen, Dicht- oder Sperrgrundierungen),
- Pastöse Produkte und solche mit hohem organischem Bindemittelanteil (Bodenbelags-, Parkett- und Fliesenklebstoffe, Fixierungen, Flächen- und
- Fugendichtstoffe auf Dispersions- oder Reaktionsharzbasis, Dispersions- und reaktive Spachtelmassen),
- Mineralische Produkte mit überwiegend anorganischem Bindemittel (Zement- und Gipsspachtelmassen, Fliesenklebe- und Fugenmörtel, mineralische Dichtschlämmen),
- Produkte, die keiner chemischen Reaktion oder physikalischen Trocknung bedürfen (Unterlagen, Dämmunterlagen, haftklebstoffbeschichtete Unterlagen, Klebebänder, Verlegeplatten),
- Bei der Anwendung expandierender Fugendämmstoffe (Montage, Orts- und Dämmschäume) sowie imprägnierter Dichtungsbänder aus Schaumkunststoff gemäß DIN 18542
Testlabel
Stiftung Warentest
1964 wurde die Stiftung Warentest vom Deutschen Bundestag gegründet, sie ist eine unabhängige Stiftung bürgerlichen Rechts. Jährlich werden mehr als 30.000 Produkte und Dienstleistungen unabhängig voneinander ausgewählt und geprüft. Die Tests der anonym eingekauften Produkte erfolgen in unabhängigen Laboren, Dienstleistungen werden ebenfalls unabhängig überprüft. Die Ergebnisse werden in Publikationen veröffentlicht (Stiftung Warentest 2023).
Ökotest
Seit 1985 wurden über 100.000 Produkte und Dienstleistungen von Ökotest untersucht. Ziel ist es, ökologisch unbedenkliche Produkte zu befördern, die dabei sozialverträglich und nachhaltig produziert werden. Das Grundprinzip ist ein unabhängiger Umweltschutz und vorbeugender Verbraucherschutz. Produkte werden anonym am Markt eingekauft und durch unabhängige Labore getestet, diese Tests dienen dann zur Einordnung in eine Bewertungsskala, die veröffentlicht wird (Ökotest 2023).
Mineralische Grundstoffe/ Materialien
Ton- und Beton-(Dachziegel/Steine)
Einsatzbereiche: Dacheindeckungen, Fassadenelemente
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland rund 563 Millionen Dachziegel produziert (Statista 2023). Der Anteil der in 2021 in Deutschland abgesetzten Tondachziegel und Betondachsteine betrug ca. 71 Prozent aller Dacheindeckungen und Fassadenelemente.
Bestandteile:
Tondachziegel werden aus Ton, Sand, Steinmehl und Pigmenten gebrannt und in einer Vielzahl an Formen, Formaten und Färbungen angeboten. Betondachsteine werden aus Zement, Sand und Pigmenten hergestellt. Sie sind sehr witterungsbeständig und haben eine lange Lebensdauer. Betondachsteine sind durch den Inhaltsstoff Zement nicht völlig frei von Schadstoffen und in der Herstellung nur eingeschränkt umweltverträglich. Aus ökologischen Gründen sollte auch bei ihnen auf eine Glasur verzichtet werden (Baunetzwissen o. J.).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Bei der im folgenden vorgestellten vergleichenden Ökobilanz zwischen Tondachziegeln und Betondachsteinen werden folgende Prozessketten betrachtet: Die Rohstoffbereitstellung, die Produktion, die Verpackung und die Distribution. Bei den absoluten Werten wird von einer Dachfläche von 160 m² ausgegangen. Die aufgeführten prozentualen Werte gehen von 100 Prozent des kumulierten Energieaufwandes aus (Ökoinstitut 2008).
Die Rohstoffbereitstellung macht bei Dachziegeln aufgrund der natürlichen Rohstoffe einen Anteil von 4,5 Prozent aus, während der Wert der aus Beton hergestellten Dachsteine hier bei 67,2 Prozent liegt.
Bei der Produktion liegen die Werte bei Dachziegeln bei 88,2 Prozent, bei Dachsteinen bei 22,2 Prozent. Das liegt primär an dem hohen Energieaufwand durch den Brennvorgang von Tonziegeln.
Die Verpackung macht bei Dachziegeln einen Anteil von 0,4 Prozent aus, bei Dachsteinen von 4,1 Prozent.
Bei der Distribution liegen die Werte fast gleichauf, mit 6,9 Prozent bei Dachziegeln und 6,5 Prozent bei Dachsteinen.
Betrachtet man die absoluten Werte des kumulierten Energieaufwandes bezogen auf die 160m² Dachfläche, so ergeben sich für Dachziegel 55.964 MJ, für die Dachsteine ein Wert von 16.090 MJ. Damit liegt der kumulierte Energieaufwand von Dachsteinen bei ca. 3o Prozent im Vergleich zu Dachziegeln. Diese Werte spiegeln sich auch in der Betrachtung des TGH-Potentials, die bei Dachziegeln bei 3.404 kg und bei Dachsteinen bei 1.542 kg CO2-Äquivalent liegen (ebd.).
Auch bei der Betrachtung anderer bilanzierter Indikatoren, dem Versauerungspotential, dem Eutrophierungspotential, sowie dem Feinstaubpotential liegen die Werte von Dachsteinen jeweils bei ca. 45 Prozent im Vergleich zu den Werten von Dachziegeln. Bei dem Photooxidantien Potential liegen die Werte bei Dachsteinen gegenüber Dachziegeln bei 85 Prozent (ebd.).
Das Humantoxizität Potential von atmosphärischen Quecksilberemissionen liegt bei Dachsteinen um den Faktor 4 schlechter als bei Dachziegeln. Dafür verantwortlich sind maßgeblich Emissionen bei der Zementherstellung, die sich aus Verunreinigungen in den Brennstoffen und den Bestandteile der Rohstoffe ergeben.
Im direkten Vergleich der beiden Materialien Dachziegel und Dachstein braucht die Herstellung von Dachstein über 70 Prozent weniger Energie und verursacht 55 Prozent weniger klimaschädliche CO2-Emissionen. Dies liegt vor allem daran, dass energieintensives Brennen nur für den Zementanteil erforderlich ist, der fertige Dachstein benötigt dann nur noch eine Trocknungsphase. Dachziegel hingegen müssen als Ganzes gebrannt werden. Den Rohstoff Sand gibt es in unbegrenzter Menge und in guter Qualität. Für seinen Abbau sind auf technischer wie logistischer Ebene keine besonders aufwändigen Prozesse nötig. Der Transportweg fällt kurz und damit ökologisch vorteilhaft aus – die Herstellungsstätten liegen häufig in unmittelbarer Nachbarschaft von Sandvorkommen. In den Produktionsprozessen wird vorrangig aufgefangenes Oberflächenwasser verwendet. Die Grundwasserschicht wird so geschont. Den Zement gewinnt man aus Kalkmergel – einer natürlichen Mischung aus Ton und Kalkstein, der ebenfalls als nicht ressourcenkritisch gilt (dach.de o. J.).
Schiefer
Einsatzbereiche: Dacheindeckungen, Fassadenelemente
Pro Jahr werden etwa 5 Mio. Quadratmeter Schiefer auf Dächern in Deutschland verlegt (Bauredakteur 2022).
Bestandteile:
Die Bestandteile des Schiefers sind 30-60 Prozent Sericit, ein feinkörniger Hellglimmer (Muskovit), wichtig für die Spaltfähigkeit und die geschmeidige Bearbeitbarkeit des Schiefers. Die 10 – 30 Prozent Chlorit, ebenfalls wichtig für die Spaltfähigkeit und außerdem für die Farbe des Schiefers. Diese beiden Bestandteile sind sogenannte Blattsilikate, d. h. Minerale, die in sehr feiner Korngröße plättchenförmig und in Lagen angeordnet sind. Die Festigkeit und Härte ergibt sich aus dem Anteil von 20-40 Prozent Quarz. Weitere Bestandteile sind 0-5 Prozent Kalkspat oder andere Carbonate sowie sonstige 0-3Prozent Minerale wie Feldspäte, Rutil, Erze und Kohle, die dem Schiefer ebenfalls eine charakteristische Farbe geben (BMI group o. J.).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Schiefer zählt neben Reet (s.a. Nachwachsende Grundstoffe/ Materialien) zu den gängigsten natürlichen Bedachungsmaterialien. Schiefer punktet durch seine sehr gute Öko- und Umweltbilanz. Schiefer ist ein zu 100Prozent reines Naturprodukt, durch seine sehr lange Lebensdauer und seinen geringen Wartungsaufwand ist es eine der nachhaltigsten Dacheindeckungen (Dach24 2020).
Der Schieferstein wird in Bergwerken abgebaut. Hierbei sind keine Bindemittel erforderlich. Auch der Energieaufwand beim Abbau ist sehr gering. Schiefervorkommen gibt es auf fast allen Kontinenten und in den meisten europäischen Ländern, weshalb die Transportwege kurz sind. Zudem sind keine Zwischenschritte bei der Verarbeitung erforderlich, sodass auch hier keine zusätzlichen Transportwege entstehen. Schiefer hat eine lange Lebensdauer: Ein Schieferdach kann bis zu 100 Jahre und länger überdauern. Als Naturstoff ist auch die Entsorgung von Schiefer ökologisch unproblematisch. Zudem lassen sich Schieferschindeln als Schiefersplitt oder Schiefermehl stofflich weiterverwenden (ebd.).
Die Gewinnung von Schiefer erfolgt in Deutschland meist übertägig, in einzelnen Regionen auch untertägig (Schieferlexikon o. J.).
Der untertägige Abbau ist mit Eingriffen in die lokalen Ökosysteme verbunden, die entsprechenden Böden und Pflanzen werden abgetragen. Wie bei der Gewinnung von anderen mineralischen Rohstoffen muss hier auf die Einhaltung der Umweltgesetzgebungen geachtet werden. Darüber hinaus ist ggf. bei einem Import aus Ländern des globalen Südens auf die dortigen Arbeitsbedingungen, unter denen das Schiefergestein abgebaut wird, zu achten (s.a. Kinderarbeit entlang der Lieferkette).
Schiefer wird nach seiner Gewinnung nur be- und nicht verarbeitet. Es sind also weder chemische noch andere umweltrelevante Prozesse nötig, um aus dem Gestein ein haltbares Deckmaterial für Fassaden und Dächer herzustellen. Diamantsägen, Laser und computergesteuerte Maschinen bringen den Schiefer in die gewünschte Form. Da es sich bei Schiefer um ein ursprüngliches, reines Naturprodukt handelt und er sich nicht mit industriellen Verfahren herstellen lässt, sprechen Experten nur von „Schiefer“, nicht von “Naturschiefer”. Zu beachten: Der vor allem für Fassaden angebotene sogenannte Kunstschiefer ist kein massives Naturgestein, sondern eine Imitation aus Kunststoff oder Faserzement (s.a. Faserzement) (Baunetzwissen o. J.).
Verbundwerkstoffe (Faserzement, Hart- / Weichkunststoffe)
Faserzement (-schindel/ -platte/ -wellplatte)
Einsatzbereiche: Dacheindeckungen, Fassadenelemente
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland insgesamt rund 35,5 Millionen Tonnen des Baustoffs Zement produziert(Statista 2022). Der Anteil von Faserzementprodukten an der Gesamtheit der Dacheindeckungen/ Fassadenelementen betrug in 2021 ca. 5,4Prozent (UBA 2022). Der Anteil der in Deutschland 2021 eingesetzten Dachfläche lag bei Faserzement bei 4,39 Mio m² (Statista 2022).
Bestandteile:
Faserzement besteht aus einer Mischung von Zement, synthetischen und organischen Fasern aus alkalibeständigen Glas-, Kohlenstoff- wasserunlöslichem Polyvinylalkohol- und Homopolyacrylnitrilfasern sowie Wasser. Faserzement ist nicht brennbar, fäulnis-, korrosions- und witterungsbeständig sowie stoßfest. Zur Färbung werden teilweise auch Eisenoxidpigmente zugesetzt (dach.de o. J.). Die einzelnen Bestandteile von Faserzement haben unterschiedliche Umweltauswirkungen:
Die Glasfaserherstellung macht ca. 9Prozent der gesamten Glasproduktion aus. Glasfasern werden mit einem hohen Energieaufwand bei 1.200°C hergestellt (Compositesworld 2020). Kohlenstoff- oder Carbonfasern werden aus organischen Stoffen mit einem hohen Energieaufwand bei bis zu 1.000°C hergestellt (Citizensustainable 2022). Diese hohen Temperaturen erfordern einen hohen Energieaufwand mit entsprechenden THG-Emissionen. Bei der Herstellung von einer Tonne Carbon werden ca. 20 Tonnen CO2 ausgestoßen. Das entspricht dem jährlichen CO2-Ausstoß von ca. 2.500 Bundesbürgern. Es wird davon ausgegangen, dass 10–30 Prozent des Carbons durch Fehlproduktion verloren gehen, also entweder recycelt oder entsorgt werden müssen. Ca. 3.000 Tonnen CFK-Abfälle fallen jedes Jahr in Deutschland an – mit steigender Tendenz. Demgegenüber stehen 870 Tonnen Carbonfaser-Abfälle, die ohne weitere Aufbereitung wieder verwendet werden können (Citizensustainable 2022).
Polyvinylalkohol wird in vielen Alltagsprodukten bis hin zu Hygieneartikeln verwendet. Auf die weiteren chemischen Eigenschaften wird hier nicht eingegangen (vgl. chemie.de o. J.). Homopolyacrylnitrilfasern bestehen aus nahezu 100 Prozent Acrylnitril und wurden ursprünglich als Asbestersatz für die Faserzement (…) entwickelt (Mühlmeier o. J.). Auf die weiteren chemischen Eigenschaften wird hier nicht eingegangen (vgl. chemie.de o. J.). In der Chemieforschung werden biomasse basierte Verfahren zur Herstellung von Acrylnitril entwickelt. (Chemie.de 2017).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Aus ökologischer Sicht ist wichtig, dass Materialien möglichst zu 100 Prozent recycelt werden und nicht als Abfall in die Ökosysteme gelangen, da Glas- und Carbonfasern äußerst langlebig sind. Bei dem Verbundwerkstoff Faserzement ist es schwierig, diesen wieder in seine einzelnen Materialfraktionen zu zerlegen. Insofern ist es sinnvoll, demontierte Schindeln und Platten zu erhalten und z. B. über Baustoffbörsen wiederzuverwenden (cradle to cradle).
Alle Faserzementplatten, die vor dem Verbot von asbesthaltigen Baumaterialien im Jahre 1993 hergestellt und verbaut wurden, müssen generell als asbesthaltige Werkstoffe beurteilt werden. Asbestfasern wurden bis in die 90ger Jahre in mehr als 3.000 Produkten verwendet (UBA 2022c). Bei der Sanierung von Gebäuden können Stoffe anfallen (Eindeckung/ Dämmstoffe etc.), die besonders beachtet werden müssen, da sie als gesundheitsgefährdend eingestuft werden.
Festgebundene Asbestplatten enthalten 10 – 15 Prozent Asbestfasern, eine unmittelbare Gefahr geht von diesen Platten nicht aus (ebd.). Bei der Demontage, bei Materialbruch und anderen Arbeiten können allerdings die gefährlichen Asbestfasern freigesetzt werden. Daher dürfen alte Faserzementplatten nicht gesägt, abgeschliffen oder angebohrt werden (GEO o. J.).
Über die Demontage, den Umgang und die Entsorgung älterer Faserzementplatten informiert der örtliche Wertstoffhof. In den Platten darf seit Beginn der 1990er Jahre keine Asbestfasern als Armierung mehr verwendet werden, diese gelten mittlerweile als gesundheitlich weitgehend unbedenklich. Die Herstellung ist im Vergleich zu Tonziegeln und Betondachsteinen weniger umweltverträglich (Baunetzwissen o. J.).
Hart-PVC
Einsatzbereiche: Entwässerungssysteme, Dachanschlüsse, Dacheindeckungen, Fassadenelemente
Es gibt eine Vielzahl von Kunststoffen, die im Baubereich eingesetzt werden. Der größte Einsatzbereich für Kunststoffe bleiben Verpackungen. Hinter der Herstellung von Verpackungen belegte der Bausektor in 2021 mit 25,2 Prozent den zweiten Rang (UBA 2022).
Die Verwendung der aus Hart-Kunststoffen hergestellten Produkte richtet sich hauptsächlich an Dächer ohne regelrechten Dachaufbau, wie das bei Vordächern, Gartenhäusern oder Carports der Fall ist (Hausjournal o. J.).
PVC ist neben Polyethylen (PE) der weltweit am häufigsten hergestellte Kunststoff. In Deutschland wurden im Jahr 2021 rund 1,6 Millionen Tonnen PVC hergestellt. Die Produktion ist damit im Vergleich zu 2019 leicht gestiegen (Statista 2022).
PVC wird zu zahllosen Konsumartikeln verarbeitet, auch in der Baustoffbranche ist das Material weit verbreitet. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Hart- und Weich-PVC (Baustoffwissen 2014).
Aus Hart-Kunststoffen können alle gewünschten Bauteile für das Dachdeckerhandwerk geformt werden. Das synthetisch hergestellte Material besitzt ein geringes Gewicht, ist robust und witterungsbeständig. Kunststoffplatten oder -ziegel lassen sich problemlos bearbeiten und auf der Unterkonstruktion montieren. Zudem wird es durch transparente Lichtplatten möglich, die direkt unter der Dacheindeckung liegenden Räume ganz ohne Fenster mit Tageslicht zu erhellen (Dachdecker 2011).
Bestandteile:
Dachziegel oder Dachplatten aus Kunststoff bestehen überwiegend aus Hart-PVC (Polyvinylchlorid) und werden als Alternative zu klassischen Tondachziegeln oder Betondachziegeln angeboten. PVC ist ein Kunststoff aus der Gruppe der Thermoplaste.
Nachhaltigkeitsaspekte:
Hart-PVC muss mit Stabilisatoren gegen einen Langzeitabbau durch UV-Licht geschützt werden. Hierfür wurden in der Vergangenheit giftige Cadmium- und Bleiverbindungen eingesetzt, heute werden fast ausschließlich die weniger problematischen Calcium-/Zinkverbindungen (Ca/Zn-Stabilisatoren) verwendet. Der Aufwand an Grauer Energie bei PVC-Elementen ist höher als bei Holz-, aber geringer als bei Alu-Elementen (Nachhaltiges Bauen o. J.).
Ausgedientes PVC kann verbrannt oder recycelt werden. Bei einer Verbrennung entstehen Sonderabfälle, der energetische Gewinn ist aufgrund des Chloranteils gering. Auch wenn es eine Sammellogistik für PVC-Fenster mit darauf folgenden Aufbereitungsbetrieben gibt, so sorgten die damit einhergehenden Kosten zu einer bisher geringen PVC-Recyclingquote (ebd.).
Hochdrucklaminatplatten (HPL)
In 2021 setzten die Mitgliedsunternehmen des Verbands der Europäischen Laminatfußbodenhersteller rund 483 Millionen Quadratmeter Laminat weltweit aus europäischer Produktion ab. Für die anderen Einsatzbereiche liegen in 2022 keine statistischen Daten vor (Statista 2022).
Einsatzbereiche: Fassadenbekleidungen (hinterlüftete Fassaden), Balkonbrüstungen, Wandelemente, Fußböden, Möbel etc.
Bestandteile:
HPL-Platten setzen sich aus mehreren Schichten Papier mit hitzebeständiger Harzbeschichtung zusammen, die unter hohem Druck sowie hoher Temperatur zusammengepresst und laminiert werden. Dabei umfassen die Holzfaser, und somit der Anteil des Papierkerns (mit Phenolharz und Melamin, getränkt), etwa 70 Prozent. Diese Schicht wird von zwei Deckschichten ummantelt (Holzwelten 2019).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Aufgrund ihrer guten Eigenschaften wurden in den vergangenen Jahren viele Projekte mit Hochdrucklaminatplatten (HPL = High Pressure Laminates) als Fassadenbekleidung realisiert. HPL verfügt über eine harte, bruch- und schlagfeste Oberfläche, eine hohe Biegesteifigkeit, eine gute Witterungsbeständigkeit und Langlebigkeit (Baunetzwissen o. J.).
Unter Umwelt- und Gesundheitsaspekten sind die Eigenschaften der Phenole und des Melamin zu beachten, die als Bestandteile im Kapitel “Holzprodukte” beschrieben sind.
Aufgrund ihrer Eigenschaften bieten sich HPL-Platten für ein stoffliches Recycling an (cradle to cradle). Aufgrund des Laminataufbaus ist ansonsten nur eine thermische Verwertung möglich, diese sollte aber möglichst vermieden werden.
Flexible Abdichtungsmaterialien
Einsatzbereiche: Dachanschlüsse, Dacheindeckungen, Dach- u. Dichtungsbahnen
Weichkunststoff Bahnen können aus verschiedenen Materialien mit jeweils unterschiedlichen spezifischen Eigenschaften bestehen, entweder aus Bitumenbahnen mit Trägereinlage und Deckschicht, aus Kunststoffbahnen oder aus Elastomerbahnen (synthetischer Kautschuk).
Im Folgenden wird auf die bisher im Bausektor relevantesten Materialien und ihre Eigenschaften, stellvertretend für die jeweilige Materialgruppe, eingegangen: Bitumen (PYE/ PYP), Kunststoff (FPO/ TPO/ PVC) sowie Kautschuk (EPDM).
Bitumen (-schindeln/-bahnen)
Die gesamten Inlandsablieferungen von Bitumen in Deutschland lagen im Jahr 2021 bei über 2 Mio. Tonnen (Statista 2022).
Bestandteile:
Bitumendachbahnen/-schindeln gibt es in unterschiedlichen Ausführungen, als reine Bitumenbahn oder mit Einlagen aus Geweben oder Einstreuungen mineralischer Stoffe (z. B. Schiefersplitt). Mit Trägereinlagen aus Metallbändern sind Bitumenbahnen nur für die Abdichtung von befahrbaren oder begrünten Dachflächen zulässig. Als Wasserabdichtungsbahnen finden hauptsächlich Oxidationsbitumen sowie Polymerbitumen Verwendung. Das in Raffinerien hergestellte Oxidationsbitumen wird als deckende Masse für Bitumenbahnen verwendet. Zur Herstellung von Polymerbitumenbahnen wird Destillationsbitumen eingesetzt. Es wird mit bestimmten Polymer-Arten modifiziert (Elastomerbitumen). Es weist ein gummiartiges, elastisches Verhalten auf, ist bei tiefen Temperaturen flexibel und hat auch eine hohe Alterungsbeständigkeit.
Mit geklebter bituminöser Abdichtung bieten Flachdächer wegen der mehrlagigen Ausführung auch während der Bauzeit eine hohe Sicherheit gegen Undichtigkeiten. Zudem sind Bitumenbahnen so haltbarer, elastischer, formstabiler, perforationssicher und gut verklebbar. Unter Einwirkung von Wasser, aggressiven Abwässern und vielen chemischen Substanzen wie Salzen, Laugen und Säuren zeichnet sich Bitumen durch seine hohe Beständigkeit aus. Auf Bitumen wirken Chemikalien aufgrund der Temperatur, der Zeit und der vorliegenden Konzentration. In flüssiger Form ist die Konzentration stärker als in gasförmigen oder festen Zustand. Es ist nicht beständig gegenüber artverwandten, mineralöl stämmigen Fetten, Ölen, Kraftstoffen und einigen organischen Lösemitteln, die es je nach Art mehr oder weniger leicht lösen. Die Arbeitsgänge sind mit großer Sorgfalt und bei trockener Witterung auszuführen (Baunetzwissen 2004).
Bei Polymerbitumen ist ein durch die Zugabe von Kunststoffen (Polymere) modifizierter Bitumen, der dadurch unter anderem weniger temperaturempfindlich ist. Bei Elastomerbitumenbahnen (PYE) werden dem Bitumen bis zu 20 Prozent Elastomere beigemischt. Das macht sie widerstandsfähiger gegen Hitze, aber auch gegen große Kälte. Die Bahnen werden damit noch elastischer, denn Elastomere haben gummiartige Eigenschaften. Noch widerstandsfähiger gegen Hitze sind Plastomerbitumenbahnen (PYP). Bei ihnen wird das Bitumen durch Thermoplaste modifiziert. Deren Anteil kann bis zu 40 Prozent betragen. PYP-Bahnen sind formstabiler, aber weniger elastisch als die PYE-Variante. Sie sind auch nicht ganz so beständig bei Kälteeinwirkung. Polymerbitumenbahnen sind heute als obere Lage der Flachdachabdichtung Standard. Für darunter liegende Lagen werden weiterhin auch einfache Bitumenbahnen eingesetzt, die nicht mit Polymeren modifiziert wurden (Baustoffwissen 2016).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Bitumen steht im Verdacht krebserzeugend zu sein. Im Jahr 2013 wurden die Expositionen von oxidiertem Bitumen von der internationalen Krebsforschungsagentur IARC als wahrscheinlich krebserzeugend eingestuft, während „Straight-Run-Bitumina“ und „Hartbitumina“ aufgrund ihrer Emissionen Emissionen bei Gussasphaltarbeiten als möglicherweise krebserzeugend bewertet wurde (ASU 2020).
Kautschuk; EPDM-Elastomer
Kautschuk ist natürlicher oder synthetisch hergestellter Rohstoff, der seine Gummielastizität durch Vulkanisation oder ionische Vernetzung erhält. Aus Kautschuk werden auch Abdichtungsbahnen hergestellt (Baunetzwissen o. J.).
Bestandteile:
Aufgrund ihres Basismaterials Kautschuk werden Elastomerbahnen oftmals auch Kautschukbahnen genannt. Sie werden schon langjährig als Dachbahnen aus sehr unterschiedlichen Materialien im Einsatz: Isobutylen-Isopren-Kautschuk (IIR), Ethylen-Propylen-Dien-Monomere (EPDM), Nitrilkautschuk (NBR), Chlorsulfonyl-Polyethylen-Kautschuk (CSM) und thermoplastische Elastomere (TPE) (Baunetzwissen 2003).
Nachhaltigkeitsaspekte:
EPDM enthält keine flüchtigen Weichmacher oder Schadstoffe und belastet die Umwelt im Vergleich zu Materialien für den gleichen Einsatzzweck gering. Kautschuk – und Kunststoffbahnen haben eine längere Lebensdauer als Bitumen aufgrund ihrer Beständigkeit gegen Witterungsverhältnisse und UV-Strahlung. Ihre Lebensdauer beträgt mindestens 50 Jahre, sie sind elastisch und robust gegen Riss- und Lochbildung. Abgedeckt werden sie oftmals durch eine Schutzschicht aus z. B. Kies, die sie zusätzlich gegen UV-Strahlung schützt (Dachdecker-Experte o. J.).
Kunststoff (FPO/ TPO/ PVC)
Flachdachabdichtungen werden meist mit flexiblen Kunststoffbahnen durchgeführt. Gemäß Schätzungen sind etwa 30 – 40 Prozent der Flachdächer in Deutschland mit Kunststoff-Dichtungsbahnen abgedeckt [Drefahl 2008]. Eine Umfrage beim deutschen Dachdeckerhandwerk aus dem Jahre 2006 [Oswald 2008] ergab, dass PVC-P-Bahnen am häufigsten eingesetzt wurden, gefolgt von FPO, EPDM und EVA. [Ernst 2009, Drefahl 2008] (Wecobis 2013).
Bestandteile:
Kunststoff-Dichtungsbahnen sind meist mehrschichtig aufgebaut, wobei die innere Tragschicht beidseitig von Deckschichten bedeckt wird. Die Tragschichten bestehen aus Polyester- oder Glasvlies, für die Deckschichten werden verschiedene Kunststoffe eingesetzt. Es gibt verschiedene Varianten von Deckschichten. Sie können aus: flexiblen Polyolefinen (FPO), homogene Kunststoff-Dichtungsbahnen aus einer einschichtigen Folie, Dachbahnen aus thermoplastischen Polyolefinen (TPO) und aus Legierungen unterschiedlicher Kunststoffe wie Polyethylen, Polypropylen und Polybutylen sowie einer integrierten Armierung bestehen. FPO Dichtungsbahnen sind nicht mit PVC verträglich, jedoch mit Bitumen und Polystyrol Hartschaum (Baunetzwissen 2003).
PVC-Abdichtungsbahnen bestehen hauptsächlich aus Polyvinylchlorid (PVC), das durch Zugabe von Weichmachern und Stabilisatoren formbar wird. Ca. 30 Prozent der europäischen Flachdächer sind mit diesem ältesten Kunststoff Abdichtungsmaterial eingedeckt. Sie können je nach Zusammensetzung sehr unterschiedliche Materialeigenschaften aufweisen. PVC-Abdichtungsbahnen sind feuchtigkeits- und alterungsbeständig, aber wärmeempfindlich, nicht beständig gegen organische Lösemittel und nur vereinzelt bitumenverträglich (ebd.).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Der Grundbaustein von PVC, das gasförmige Vinylchlorid, gilt als gefährliche Substanz, die beim Menschen Krebs erzeugen kann. Für die Produktion gelten daher strenge Arbeitsschutzvorschriften. Das Gefahrenpotenzial geht bei PVC von den Weichmachern aus. Sie können sich lösen und in den Körper geraten und gelten als krebserregend als auch leber- und nierenschädigend (Baustoffwissen 2014).
Eine Verbrennung von PVC ist aufgrund der Freisetzung giftiger Brandgase und Salzsäuredämpfe (FCKW, Chlor, Dioxine) gesundheits- und umweltschädlich (Baunetzwissen 2003).
Da viele PVC-Produkte in Asien (z. B. in China) hergestellt werden, sind die dortigen Umwelt- und Gesundheitsstandards bei der Bewertung entsprechender Produkte zu beachten (s.a. Deutsches Sorgfaltspflichtengesetz).
Drei aquatische Ökotoxizitätstest sowie ein Gentoxizitätstest von Dachbahnen gem. CEN/TR 17105 ergaben für die drei Produkte PVC, FPO sowie EPDM keine Auswaschungen von gentoxischen Stoffen. Bei den PVC Dachbahnen waren alle Ökotoxizitätstests unauffällig, bei den FPO-Eluaten zeigten sich ebenfalls keine Effekte auf Daphnien und Leuchtbakterien, bei Algentests hingegen sehr klar messbare Effekte. Bei den EPDM-Eluaten traten bei allen Tests starke Effekte auf (UBA 2019).
Metallische Grundstoffe
Zink/ Titanzink (-blechplatten/-dachrinnen/-regenrohre)
Einsatzbereiche: Entwässerungssysteme, Dachanschlüsse, Dacheindeckungen, Fassadenelemente
Der Anteil aller metallischen Eindeckungen in Deutschland machte in 2021 insgesamt 8,63 Mio m² Dachfläche aus , eine weitere statistische Spezifizierung bzgl. einzelner hier betrachteten Metalle liegt nicht vor. Alle weiteren, statistisch nicht differenzierten, Materialien zusammen ergaben einen Umfang von 10,36 Mio m² (Statista 2022).
Titanzink findet aufgrund seiner Korrosionsbeständigkeit vielfältige Anwendungen bis hin zur Eindeckung ganzer Dachflächen unterschiedlichster Formen und Wölbungen (dach.de o. J.).
Bestandteile:
Zink wird für den Bausektor als Titanzink verwendet: Diese Legierung besteht hauptsächlich aus Zink und zu einem geringeren Anteil aus Kupfer und Titan, es wird industriell produziert (Dach.de o. J.).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Im Laufe der letzten Jahre hat die Bedeutung von Zink zum Eindecken von Dachteilen und für Fassadenelemente zugenommen. Zink zeichnet sich durch hohe Dauerhaftigkeit sowie Korrosionsfestigkeit aus, die sich u. a. durch die Bildung einer Oxidschicht ergibt. Diese Oxidschicht wird bei abnehmendem pH-Wert des Regens (saurer Regen) löslich. Verstärkend wirken erhöhte SO2-Gehalte der Luft, Chloride in Meeresnähe und erhöhte Konzentrationen von Luftschadstoffen wie NOx, NH4, und O3, die den Korrosionsprozess beschleunigen. Die Schwermetalle sind in jeweils unterschiedlichem Maße giftig für Lebewesen. Bei einer bewitterten Anwendung werden Gewässer erheblich belastet, Einträge in die Umwelt müssen reduziert werden. Das Bauwesen trägt neben der Verrohrung der Trinkwasserversorgung maßgeblich zur Umweltbelastung bei. Aufgrund der vielfältigen Anwendungsbereiche ist es schwierig, die Belastungen zu reduzieren (UBA 2005). Überschreitungen der Umweltqualitätsnorm in Schwebstoffen ergaben sich zwischen 2016-2018 (UBA 2020). Aufgrund der hohen Metall Verluste ist ein großflächiger Einsatz von Zink besonders im Dachbereich bedenklich. Bei kleinflächigen Anwendungen wie z. B. Ablaufrohre oder Dachrinnen ist Chromnickelstahl dem Zink vorzuziehen (vgl. Kupferblech) (ebd.).
Nicht zuletzt sollten Metallbleche auch aus Gründen der Baustoff Bilanz möglichst sparsam eingesetzt werden, da die Gesamtherstellungsbilanz von Gebäuden maßgeblich durch die hohe Graue Energie belastet wird (Forum Nachhaltiges Bauen 2023).
Blei (-platten/-streifen)
Einsatzbereiche: Dacheindeckungen, Bauteilanschlüsse, Einfassungen
Im Jahr 2021 wurden nach Angaben der International Lead and Zinc Study Group weltweit rund 12,2 Millionen Tonnen Blei nachgefragt (Statista 2022). Für das Jahr 2022 wurde eine Steigerung der globalen Bleinachfrage um rund 1,7 Prozent gegenüber dem Jahr 2021 prognostiziert (Statista 2022).
Für die Primär-Bleierzeugung wurden meist Rohstoffe aus sulfidischen Erzen verwendet. Bei den abbauwürdigen Lagestetten liegt der Bleigehalt bei 5-10 Prozent, die größten Förderländer sind die VR China sowie die USA (Statista 2022).
Bestandteile:
Bleiblech besteht aus 99,94 Prozent Kupferhüttenblei mit genormten Beimengungen weiterer Zusätze. Beim Verbrauch von Nichteisen-Metallen nimmt Blei nach Aluminium, Kupfer und Zink den vierten Rang ein.
Heute wird versucht, Blei durch ungiftige Elemente oder Legierungen zu ersetzen. Aufgrund seiner Korrosionsbeständigkeit und hohen Dichte, seiner einfachen Herstellung sowie Verarbeitung hat Blei seinen Stellenwert in der Industrie. 2017 wurden weltweit 11,5 Mio. Tonnen Blei verbraucht (Statista 2018).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Blei ist ein toxisches Schwermetall. Aufgrund seiner Giftigkeit und der Eigenschaft, sich im Organismus anzureichern, wird die Verwendung von Blei zunehmend eingeschränkt. (UBA 2019).
Blei ist als Staub, Pulver, Dampf sowie Salze umweltgefährdend und hochgiftig. Es wirkt je nach Dosis und Zeit als systematisches Zellgift und wirkt schädlich auf Organe. So treten chronische Schädigungen auf, die das zentrale Nervensystem betreffen, die Fortpflanzungsfähigkeit sowie das Blut (Wecobis 2006).
Während der Nutzung von Blei entstehen z. B. aufgrund von Korrosionsvorgängen durch die Bewitterung im Dachbereich Abschwemmungen und damit ein starkes Belastungspotential für Gewässer und Böden. Blei ist ein starkes Umweltgift, da es sich in Lebewesen, Böden und Sedimenten akkumuliert. Auch bei kleinflächigen Dachabdichtungen ist auf Blei zu verzichten. Bei Einsatz von Sekundärrohstoffen lassen sich bei der 40 Prozent Energie einsparen. Bei der Verhüttung im Direktreduktionsverfahren (QSL-Verfahren) ist im hohem Maße der Einsatz von sekundären Rohstoffen erlaubt. Die Graue Energie für die Bleiblech Erzeugung beträgt ca. 34 MJ/kg, bei Einsatz von 50 Prozent Sekundärblei ca. 18 MJ/kg (Wecobis o. J.).
Bei Maßnahmen zum Korrosionsschutz von Stahlbauten können die Bodenbelastungen durch Blei vermieden werden, wenn beim Farbspritzen und Sandstrahlen Stäube und Farbnebel abgeschieden werden. Zu ersetzen sind Bleimennige durch chromat- und bleiarme Korrosionsbeschichtungen (BG Bau o. J.). Bei einem Recycling weist Blei keine Qualitätseinbußen auf. Über die Sammlung von Altprodukten und deren mengenmäßige Einspeisung in den Recyclingprozess liegen nur wenige Informationen vor (ebd.).
Blei ist als Sondermüll einzustufen und dementsprechend zu entsorgen (Entsorgen o. J.).
Aluminium (-blechplatten)
Einsatzbereiche: Dachanschlüsse, Dacheindeckung, Fassadenelemente
Die globale Produktion von Aluminium wird von einigen großen Unternehmen dominiert. Der größte Produzent weltweit ist China, gefolgt von Russland (vgl. Statista 2022).
Die Produktion von Primäraluminium in Hütten belief sich 2020 in Deutschland auf etwa 529.000 Tonnen sowie ca.548.000 Tonnen Sekundäraluminium. Die globale Produktion belief sich im Jahr 2021 auf ca. 67 Mio. Tonnen, allein China hatte 39 Mio. Tonnen produziert. Im Jahr 2020 wurden 15 Prozent des im Inland verwendeten Aluminiums im Bauwesen eingesetzt (Statista 2022).
Bestandteile:
Aluminium ist das dritthäufigste Element in der Erdkruste und das Metall, das am häufigsten vorkommt. Es tritt in gebundener Form auf, vorwiegend als Alumosilikate, in Ton, Gneis und Granit. Bauxit ist mit einem 60 Prozent Anteil Aluminiumhydroxid das wirtschaftlich relevanteste Ausgangsmaterial.
Es ist zwischen dem aus Bauxit gewonnenen Primäraluminium und dem Sekundäraluminium aus Aluminiumschrott zu unterscheiden. Um das Primäraluminium zu gewinnen, wird das Bauxit in einem chemischen Prozess um seine Fremdbestandteile gereinigt, um dann zu Aluminiumoxid gebrannt zu werden (Statista 2022).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Aluminiumdächer sind unter ökologischen Aspekten kritisch zu sehen. Zwar sind die baulichen Qualitäten von Aluminium sehr gut, bei einer umfassenden Betrachtung ergeben sich aber schwerwiegende Nachteile: Meist erfolgt der Rohstoffabbau durch vorheriges Abholzen von Ur- und Regenwäldern. Zudem sind die Arbeitsbedingungen bei dem Erzabbau zumindest fragwürdig. Es wird in Minen abgebaut, auch in Ländern des globalen Südens. Wie bei allen Rohstoffen für die Metallproduktion belasten der Abbau- und Herstellungsprozess die dortigen Arbeitsbedingungen und die Umwelt massiv (s.a. Deutsches Sorgfaltspflichtengesetz). Bei den Verarbeitungsprozessen entsteht Rotschlamm, der giftige Chemikalien wie Schwermetalle und Blei enthält. Hinzu kommt, dass bei der Gewinnung von Aluminium das Elektrolyseverfahren eingesetzt wird, das sehr energieaufwändig ist (Dach24 2020). Rein theoretisch kann Aluminium ohne Qualitätsverlust recycelt werden, in der Realität ist das aufgrund der ca. 450 verschiedenen Legierungen (Gemische aus Aluminium und anderen Metallen) eher selten (Quarks 2022). Dieser Qualitätsverlust führt zu einem Downcycling und mit jedem Recycling Schritt zu einer Verschlechterung der Qualität – und damit zu eingeschränkten Anwendungsmöglichkeiten. Einige Legierungen können für 95 Prozent der Aluminium Anwendungen nicht mehr genutzt werden (ebd.).
Kupfer (-blechplatten)
Einsatzbereiche: Dachanschlüsse, Entwässerungssysteme, Dacheindeckungen, Fassadenelemente
Fast 9 Mio. Tonnen dieses Metalls werden von den 20 größten Erzeugern der Welt pro Jahr produziert, das sind rund 40 Prozent der gesamten Kupferminenkapaziät der Welt. Allein Chile und Peru machen etwa die Hälfte der Kupferminen auf dieser Liste aus (Brictly o. J.). Die weltweite Kupfernachfrage stieg kontinuierlich von ca. 21 Mio. Tonnen in 2012 auf ca. 25 Mio. Tonnen in 2021 (Statista 2023). Das ist für diesen Zeitraum eine Steigerung um über 21 Prozent.
In den letzten Jahrzehnten hat die Bedeutung von Kupfer beim Decken von Dachteilen und ganzen Dächern sowie als Fassadenelemente erheblich zugenommen. Kupfererze werden weltweit in Kupferminen abgebaut, hauptsächlich in Ländern des globalen Südens. Wie bei Aluminium belastet der Abbau- und Herstellungsprozess von Kupfer die Arbeitsbedingungen und die Umwelt massiv (s.a. Deutsches Sorgfaltspflichtengesetz).
Bestandteile:
Kupfer als Baustoff von Fassaden oder Dächern besteht zu 100 Prozent aus Cu-DHP, einem desoxidierten Kupfer mit Restphosphorgehalt. Kupferbänder können bezüglich ihrer Oberfläche und Farbe in unterschiedlicher Weise vorbehandelt werden und nehmen damit den natürlichen Korrosionsprozess von Kupfer an der Atmosphäre vorweg: Kupferbänder voroxidiert (bräunlich), Kupferbänder vorpatiniert (typisches Patina grün) und Kupferbänder verzinnt (matt grau) (Baunetzwissen o. J.).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Wie bei vergleichbaren Metallbaustoffen ist die Herstellung von Kupfer mit einem hohen Primärenergieaufwand verbunden. Besonders kennzeichnend für die Kupferproduktion ist die hohe Materialintensität, die sich bereits auf die Produktionsvorstufe mit bedeutenden, z. T. giftigen Reststoffen aus Abraum und Abfällen auswirkt. (Forum Nachhaltiges Bauen 1995).
Kupfer wirkt als toxisches Schwermetall, wenn es gelöst in die Umwelt eingetragen wird. Aus Kupferblech auf Dächern kann sich aufgrund von Korrosion ein hohes Belastungspotential für die Umwelt ergeben. Kupferrohre für Trinkwasserleitungen können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Durch Feuchtigkeit bildet sich zunächst eine Oxidschicht, die vor Korrosion schützt. Diese Oxidschicht wird bei abnehmendem pH-Wert des Regens (saurer Regen) löslich. Verstärkend wirken erhöhte SO2-Gehalte der Luft, Chloride in Meeresnähe und erhöhte Konzentrationen von Luftschadstoffen wie NOx, NH4, und O3, die den Korrosionsprozess beschleunigen. Gelöste Schwermetall-Ionen und verschiedene Verbindungen sind giftig für Organismen und belasten die Böden und Gewässer erheblich (UBA 2005).
Nachwachsende Grundstoffe/ Materialien
Holzschindeln
Einsatzbereiche: Dacheindeckungen, Fassadenelemente
Schindeln bestehen zumeist aus Hölzern aus Kanada. Sie sind aufgrund ihres hohen Harzanteils robust gegen die Einflüsse durch Bewitterung. Der Harzanteil sorgt für den hohen Härtegrad des Holzes und wirkt sich positiv auf die Lebensdauer der Schindeln aus. Bei einer qualitativ hochwertigen und aufwendigen Eindeckung mit den Schindeln und der Verwendung hochwertiger, langlebiger und robuster Holzarten erreicht das Schindeldach eine Lebensdauer von bis zu 50 Jahren (Dachdecker o. J.).
Bestandteile:
Für Holzschindeln wird das harte Kernholz genutzt, das vom Splintholz getrennt wird. Die wichtigsten Holzarten für Schindeln sind:
Einheimische Holzarten:
Lärche ist eines der härtesten Nadelhölzer. Es hat eine Dauerhaftigkeitsklasse (DKL) von 3 bis 4, die sibirische Lärche (s.u.) ist mit DKL 3 noch etwas dauerhafter.
Eiche ist durch ihre Gerbstoffe sehr robust. Weißeiche ist aufgrund dessen das dauerhafteste einheimische Schindelholz.
Fichte wird im geschützten Wandbereich (großes Vordach) eingesetzt
Weißtanne hat ähnliche Eigenschaften und Einsatzbereiche wie die Fichte.
Importierte Holzarten:
Die Sibirische Lärche ist eines der härtesten Nadelhölzer. Die sibirische Lärche hat eine Dauerhaftigkeitsklasse (DKL) von 3 und ist damit noch dauerhafter als die heimische Lärche.
Western Red Cedar (WRC) oder amerikanische Rotzeder ist leicht, zäh und ist widerstandsfähig gegen Fäulnis Pilze. Das Holz verzieht sich kaum.
Yellow Cedar oder Alaska-Cedar sind besonders widerstandsfähig gegen Fäulnis. Es kommt nur in geringen Mengen vor.
(vgl. HolzvomFach o. J.)
Nachhaltigkeitsaspekte:
Holz ist als nachwachsender Rohstoff grundsätzlich ökologisch unbedenklich. Gleichwohl muss auch beim Einkauf von Holzschindeln auf den ökologischen Fußabdruck geachtet werden. Es sollte möglichst einheimisches, möglichst regionales Holz verwendet werden, die zunehmende Nutzung von sibirischer Lärche und nordamerikanischen Hölzern zur Produktion von Schindeln ist vor dem Hintergrund der langen Transportwege zu hinterfragen. Darüber hinaus sollten die Kriterien einer entsprechenden Holzzertifizierung beachtet werden (s.a. Holz-Zertifizierungssysteme).
Aufgrund ihrer verschiedenen Umweltauswirkungen kann die Ökobilanz verschiedener Verkehrsträger nicht pauschal beantwortet werden. So ist der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) bei einem großen Schiff deutlich geringer als bei Lkws oder Flugzeugen, bei den Emissionen wie Ruß oder Schwefeldioxid dagegen deutlich höher. Die Schifffahrt ist auch mitverantwortlich für die Belastung der Meere, den Müllteppichen auf den Ozeanen, Ölverschmutzungen an den Küsten und das Einschleppen invasiver Tier und Pflanzenarten (UBA 2016).
Reet (Riedgras)
Einsatzbereiche: Dacheindeckungen
Bei dem Bedachungsmaterial Reet handelt es sich um Schilf, das in Deutschland oder auch in Südosteuropa wächst. Als Naturmaterial hat Reet grundsätzlich eine sehr gute Ökobilanz.
Bestandteile:
Ausgangsmaterial ist Schilfrohr, welches getrocknet und gebündelt wird.
Nachhaltigkeitsaspekte:
Bei Reet (Schilf) handelt es sich um natürlichen, nachwachsenden Rohstoff. Bei der Schilfauswahl sollte auch auf die Bedingungen geachtet werden, unter denen es angebaut wurde und wird. Während des Wachstums der Pflanze sind grundsätzlich keine Stoffe notwendig, daraus ergibt sich eine gute Ökobilanz. Es sollte allerdings auch darauf geachtet werden, dass keine Düngemittel eingesetzt werden. Schilfrohr wächst nicht nur in allen Regionen in Deutschland, es wird aufgrund der hohen Nachfrage inzwischen auch aus anderen europäischen Regionen, z. B. Südosteuropa, importiert. Der lange Transport wirkt sich dann negativ auf die Ökobilanz aus (Dach24 2020).
Aufgrund ihrer verschiedenen Umweltauswirkungen kann die Ökobilanz verschiedener Verkehrsträger nicht pauschal beantwortet werden. So ist der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) bei einem großen Schiff deutlich geringer als bei Lkws oder Flugzeugen, bei den Emissionen wie Ruß oder Schwefeldioxid dagegen deutlich höher. Die Schifffahrt ist auch mitverantwortlich für die Belastung der Meere, den Müllteppichen auf den Ozeanen, Ölverschmutzungen an den Küsten und das Einschleppen invasiver Tier und Pflanzenarten (UBA 2016). Die Entsorgung von Reet hingegen ist unproblematisch.
Gründach
Einsatzbereiche: Dacheindeckungen
In 2020 wurden in Deutschland etwa 100 Mio. m² Flachdächer errichtet, von denen rund 8 Prozent begrünt wurden (BUGG 2022).
Zwischen 2008 und 2021 wurden 74.862.593 m² Gründach Flächen angelegt. Davon wurden ca. 84 Prozent extensiv begrünt während 16Prozent intensiv begrünt wurden . Der Gründach-Markt wächst im Durchschnitt jährlich um ca. 7,5 Prozent. Der Gründach-Markt ist von 2008 bis 2021 um 141 Prozent gewachsen (ebd.).
Bestandteile:
Ein Gründach benötigt einen speziellen vertikalen Dachaufbau von innen nach außen, um bauphysikalische Schäden zu vermeiden. Auf den Untergrund, auf dem eine Dampfsperre montiert wird, folgt die Wärmedämmung (s.a. Dämmmaterial). Auf die dann folgende durchwurzelungsfeste Abdichtungsoberlage folgt die Schutz, Drän und Filterschicht, auf der dann die Vegetationsschicht und die Begrünung aufliegen. Ein Gründachaufbau erfolgt geschichtet. Sie ist bei einer extensiven Dachbegrünung am einfachsten zu realisieren. Sie hat eine relativ dünne, sechs bis zwölf Zentimeter starke Substratschicht aus Kräutern, Moos oder Gräsern (Dach24 2019). Der Aufbau einer intensiven Dachbegrünung ist wesentlich aufwendiger. So muss die Dachunterkonstruktion dem Gründachaufbau mit bis zu 500 kg/ m² Last neben der bis zu 40 cm starken Substratschicht auch den Stauden, Sträucher, Rasen oder kleinen Bäumen standhalten(ebd.).
Nachhaltigkeitsaspekte:
Durch eine Dachbegrünung wird der Umwelt- und Klimaschutz gefördert: Bei Starkregen fließt das Wasser langsamer ab, es vergrößert den Grünflächenanteil vor allem in Städten, schafft damit Raum für Insekten und steigert nicht zuletzt die Energieeffizienz eines Hauses. Ein qualitativ hochwertiger Aufbau einer Dachbegrünung erhöht die Lebensdauer eines Daches (ebd.).
Holzwerkstoff- und Naturfaser-Technologie
Neben den Vollholzmaterialien gibt es eine ganze Reihe von Verbundwerkstoffen aus Holz, die umweltfreundlich, abbaubar und funktional sind. Hierzu gehören Span-, Faser- und Dämmplatten, OSB-Platten, Sperrholz, LVL, wenn sie denn in Bezug auf ihre Rohstoffe und Bindemittel die Nachhaltigkeitsaspekte (s. Zertifizierungen) berücksichtigen. Hinzu kommen sogenannte “hybride” Werkstoffe bis hin zu Biokomposite, Werkstoffverbünden und 3D-Formteilen. Die technologische Entwicklung geht stetig voran, bis hin zu formaldehydfreien Bindemitteln, Verklebungs- und Modifikationsverfahren (Fraunhofer-Institut 2016). Hinzu kommen neue Sortierverfahren und Nutzungswege, um Altholz effizienter zu verwerten.
Hilfsstoffe für Holzprodukte
Grundsätzlich dient Holz als Ausgangsstoff für verschiedene Anwendungsbereiche: Stofflich kann es als Bau-, Garten- und Möbelholz und für diverse Papierprodukte verwendet werden, energetisch als Feuerholz, wobei eine energetische Verwertung aus ökologischen und gesundheitlichen Gründen nur unter bestimmten technischen Rahmenbedingungen akzeptabel ist (s.a. Kapitel: Erneuerbare Energien EE).
Kritisch hinsichtlich der Nutzung wird heutzutage das Verbrennen von Holz gesehen. In Deutschland gab es 2018 rund 0,7 Millionen Heizkessel für feste Brennstoffe und etwa 11,7 Millionen so genannter Einzelraumfeuerungsanlagen wie Kamine oder Kachelöfen, die vor allem mit Holz befeuert werden (UBA 2018).
Früher wurde die Verbrennung von Holz als umweltfreundliche Alternative zur Öl- und Gasheizung angesehen, aber inzwischen hat sich die wissenschaftliche Meinung durchgesetzt, dass Holz vor dem Hintergrund des Klimawandels besser stofflich als CO2-Speicher als thermisch zur Energieerzeugung zu nutzen ist (ebd.). Zudem ist die energetische Nutzung von Feuerholz aus ökologischen (Monokulturen) und gesundheitlichen Gründen (Feinstaub) nur unter bestimmten technischen Rahmenbedingungen akzeptabel (ebd.).
Jeder der im weiteren Verlauf vorgestellten Holzwerkstoffe hat seine spezifischen Anwendungsbereiche im Bausektor. Für eine Nachhaltigkeitsbetrachtung spielt hier vor allem die Verwendung von Harzen und Leimen eine zentrale Rolle. Diese Stoffe sind in vielen Holzprodukten in Bestandsgebäuden verbaut und werden auch in Holzneubauten weiter verwendet. Hier muss bei einer stofflichen Entsorgung oder bei einer thermischen Verwertung auf die aktuell gültigen gesetzlichen Grundlagen des Gesundheitsschutzes und des Umweltschutzes geachtet werden. Vor diesem Hintergrund sind besonders die folgenden Klebstoffe zu betrachten:
Melaminformaldehydharz
Phenolformaldehydharz
Harnstoff Formaldehydharz
Polyharnstoff
MUPF und Polyharnstoff Mischung
Polyurethanklebstoffe
Im folgenden werden die einzelnen chemischen Grundstoffe für Klebstoffe hinsichtlich ihrer Gesundheitsrisiken beschrieben, anschließend folgt eine Beschreibung der Holzmaterialien, die diese Klebebestandteile enthalten.
Formaldehyd
Der Stoff Formaldehyd diente als Konservierungsmittel früher der Haltbarmachung von Produkten. Die Verwendung nahm mit seinem Einsatz als Klebstoffbestandteil in Holzwerkstoffen, z. B. im Innenausbau, der Fertigbauweise und für Möbel massiv zu. Die Kategorisierung des Umweltbundesamtes von Formaldehyd lautet seit 2014 “kann Krebs erzeugen” (UBA 2015).
Melamin
Melamin ist eine chemische Verbindung, die großtechnisch als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Kunststoffen sowie speziellen Harzen und Klebstoffen verwendet wird. Melaminharze entstehen durch die Umsetzung von Melamin mit Formaldehyd, sie werden aufgrund ihrer Feuchtebeständigkeit für die Fertigung von Arbeitsplatten in Küchen oder bei Fassadenelementen eingesetzt. Außerdem werden sie in Lacken und Farben sowie als Komponenten für Flammschutzmittel eingesetzt. Melamin hat eine geringe Toxizität, es reizt aber Schleimhäute, Haut und Augen (Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 2009).
Phenole
Phenol kommt in der Natur selten vor und wird meist synthetisch hergestellt. Es wird u. a. zur Synthetisierung von Kunstharzen verwendet. Phenol-Formaldehydharz (PF) wird als Bindemittel für Holzwerkstoffe und in einer Vielzahl von Beschichtungen genutzt. Es wird u. a. eingesetzt für Hartfaser-, OSB- und Spanplatten sowie für Produkte wie Holzlacke, Kitt, Gießharz (Wecobis 2021). Es verursacht Verätzungen und ist ein Nerven-/Zellgift. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die verfügbaren Daten in Bezug auf gesundheitliche Risiken darauf hindeuten, dass ein potenzielles Risiko für Arbeitnehmer durch die Exposition gegenüber Phenol besteht (echa 2021).
Harnstoff
Die wichtigsten Bindemittel für Holzwerkstoffe sind Harnstoff-Formaldehyd-Harze (UF-Harz). Aufgrund ihrer Eigenschaften und ihres geringen Preises werden in Europa mehr als 90 Prozent aller Spanplatten mit Harnstoffharzen hergestellt. Harnstoff ist eine wasserlösliche Substanz, die in der Leber aus dem Zellgift Ammoniak als relativ ungiftiges Endprodukt des Proteinstoffwechsels aufgebaut wird. Die Gefahr einer Freisetzung von Formaldehyd durch den Einfluss normaler Luftfeuchte besteht und kann zu gesundheitlichen Belastungen führen. Diese Gesundheitsbelastung kann durch eine Beigabe von Melamin und Phenol und eine damit einhergehende Senkung des Formaldehyd-Anteils gesenkt werden (UBA 2021).
Polyharnstoff
Polyharnstoffe werden in reiner Form nur für Spezialanwendungen genutzt. Harnstoffgruppen sind in fast allen technischen Polyurethanen (Hart- und Weichschaumstoffen, PU-Elastomerfasern und Polyurethane aus feuchtigkeitshärtenden Ein- oder Mehrkomponenten-Systemen) enthalten. Aus diesem Grund sind Polyurethane und Polyharnstoffe meist nicht voneinander zu trennen. Viele als Polyurethan bezeichnete Materialien sind Polyurethanpolyharnstoffe. Eingesetzt werden sie als weiche oder harte Schaumstoffe sowie für abriebfeste Beschichtungen. Polyharnstoff hat neben der Stoßbeständigkeit die Eigenschaft, als Isolierstoff Risse sehr gut zu überbrücken (chemgapedia o. J.).
MUPF
MUPF-Leim (Melamin-Urea-Phenol-Formaldehyd-Leim) ist ein Leimgemisch, das zur Herstellung von Holzwerkstoffen wie Span- und Grobspanplatten und für die Deckschicht der Werkstoffe eingesetzt wird. Er besteht aus einer Mischung aus Melamin, Harnstoff, Phenol und Formaldehyd; ohne Phenolbeimischung wird er als MUF-Leim genutzt. Gegenüber dem PMDI-Leim (Polymeres Diphenylmethandiisocyanat), der vor allem in der Mittelschicht eingesetzt wird, ist er kostengünstiger (UBA 2022).
Polyurethan
Bei den Polyurethanen (PUR) handelt es sich um eine Gruppe von Kunststoffen mit unterschiedlichen Ausgangsverbindungen. Dadurch können sie vielfältige Eigenschaften aufweisen. PUR-Klebstoffe können bei der Verarbeitung Augen, Atmungsorgane und Haut reizen sowie eine allergische Reaktion durch Einatmen auslösen (Sensibilisierung). Bei sensibilisierten Personen kann eine Exposition bereits in sehr geringen Konzentrationen zu allergischen Reaktionen führen. Eine Alternative zu Polyurethan-Klebstoffen sind lösemittelfreie oder -arme Dispersions-Klebstoffe. Diese sind in der Verarbeitung einfacher und weisen auch geringere ökologische Risiken auf. Aerosole (feinste Partikel in der Luft) der PUR-Klebstoffe stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Diese Gefährdung ist bei Spritz- oder Sprühvorgängen relevant und erfordert zusätzliche Arbeitsschutzmaßnahmen (UBA 2022).
Vollholz (Massivholz)
Das Gefüge des Massivholzes wird, im Gegensatz zu den unten beschriebenen Holzwerkstoffen, weder mechanisch noch chemisch verändert und es erfolgt kein Einsatz von Klebern. Je nach Holzart und damit verbundenem Gehalt an Terpenen unterscheidet sich bei Massivholz (Nadelholz) die Abgabe von Geruchsstoffen und flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) an die Innenraumluft. Kiefern- und Zirbenholz emittieren z. B. deutlich mehr Terpene als andere Nadelhölzer. Laubholz emittiert zum Teil geruchsintensive Substanzen (wie z. B. Eiche durch Gerbstoffe) und andere VOC wie organische Säuren, jedoch keine relevanten Mengen an Terpenen.
Holzwerkstoffe
Neben Vollholzprodukten gibt es eine ganze Reihe von Werkstoffen, die auch im Dachdeckerhandwerk eingesetzt werden. Sie werden im folgenden mit ihren umwelt- und gesundheitsrelevanten Eigenschaften vorgestellt:
Brettsperr- und Brettschichtholz
Brettsperrholz findet zunehmend Verwendung als Wand- und Deckenbaustoff. An offenen Schnittkanten und bei Bohrungen ergeben sich dabei deutlich erhöhte Emissionen von Terpenkohlenwasserstoffen und weiteren geruchsintensiven Terpenen. Für Verklebungen von Brettsperrholz und Brettschichtholz werden vorwiegend PU-Leimsysteme verwendet. In einem geringen Umfang werden auch Melamin-oder Phenol-Formaldehydharze eingesetzt. Je nach Art des Leims sind unterschiedliche Emissionen von Formaldehyd zu erwarten. Stabile Klebstoffe wie Melamin- oder Phenol Formaldehydharz haben ähnlich niedrige Emissionsraten wie Rohholz. Bei sogenannten „formaldehydfreien“ Platten werden PU-Harze für die Verleimung verwendet, eine Abgabe von Formaldehyd ist nicht gegeben (BMWSB 2018).
Plattenwerkstoffe aus Massivholz
Diese Werkstoffe werden primär bei statischer Beanspruchung verwendet. Kostengünstige Harnstoff-Formaldehydharze weisen höhere Emissionsraten auf. Bei der Verleimung von Massivholzplatten im Innenbereich kann Weißleim eingesetzt werden, der formaldehydfrei ist (BMWSB 2018).
Sperrholz
Die europaweite Sperrholzproduktion der European Panel Federation (EPF)-Mitglieder belief sich in 2019 auf 2,9 Mio. m3 (Holzkurier 2020). Bei Brettsperrholz werden die Sperrholzlagen mit Harnstoff-Formaldehydharz verleimt, beim Furniersperrholz mit Phenol- oder Melamin Formaldehydharzen. Hier spielt die Leimqualität wie auch bei anderen Holzwerkstoffplatten eine entscheidende Rolle für die Emission von Formaldehyd (BMWSB o. J.).
Spanplatten
Die europaweite Produktion von Spanplatten belief sich auf 34,3 Mio m³ in 2021 (Holzkurier 2022). Für in Feuchtbereichen eingesetzte Spanplatten werden primär Melaminharnstoff- oder Phenolformaldehydharzen verwendet, in Trockenbereichen Harnstoff Formaldehydharze oder Melaminharnstoff-Formaldeydharze. Im Wohnungsbau werden zur Aussteifung und zum Schallschutz zementgebundene Spanplatten verwendet. Die Emission von Formaldehyden aus Spanplatten hat im Laufe der Weiterentwicklung stark nachgelassen. Es gibt Spanplattenmaterial, dessen Formaldehydemission im Bereich von natürlichem Holz liegt. Bezeichnungen für diese Qualitäten sind z. B. E05, ULEF (Ultra Low Emitting Formaldehyde), E Null, NAF (No added Formaldehyde). Stabil aushärtende Phenolharze sowie pMDi werden für formaldehydfreie Platten verwendet, die dann auch kaum Formaldehyd in die Raumluft abgeben. Zementgebundene Spanplatten emittieren keine relevanten Mengen an Formaldehyd in die Raumluft. Problematisch ist, dass ältere Spanplatten auch nach Jahrzehnten noch hohe Konzentrationen an Formaldehyd ausgasen können, das ist besonders bei Sanierungsarbeiten zu berücksichtigen (BMWSB o. J.).
OSB-Platten
Die europäische Produktionsmenge von OSB belief sich in 2021 auf 7,2 Mio. m3 (Holzkurier 2022) OSB-Platten werden als aussteifende und auch als tragende Elemente in Baukonstruktionen (Holzrahmenbau) verwendet. Sie werden aus Holzspänen (Restholz) verschiedener Holzarten (vorwiegend Nadelholz) zusammengeklebt und mit Phenolformaldehydharz oder Gemischen aus Melamin-Urea-Phenol-Formaldehyd-Leim (MUPF) und Polyharnstoff verleimt. Aufgrund des geringeren Leimanteils als bei Spanplatten sind auch die Formaldehyd-Emissionen niedriger. Wahrnehmbare Gerüche entstehen durch Emission von Aldehyden (BMWSB o. J.).
Holzfaserplatten
Die europaweite Produktionsmenge von Holzfaserplatten belief sich in 2021 auf 12,9 Mio. m³ (Holzkurier 2022). Sie werden aus Ligno Zellulose-Fasern von Durchforstungsholz und Sägerestholz unterschiedlicher Baumarten im Trockenverfahren (MDF) oder in energieaufwändigen Nassverfahren (Hartfaserplatten) hergestellt. MDF-Platten und Hartfaserplatten werden zur Aussteifung für Baukonstruktionen, für Schalungen, als Dämmstoff und Windbremse, für Innenausbau, Türen, Möbel und Verpackungen verwendet. Aufgrund des nur geringen Anteils an Bindemitteln sind kaum Emissionen an Formaldehyd gegeben. Bei MDF-Platten sind auch Qualitäten am Markt, deren Formaldehyd-Abgabe so gering ist wie bei natürlichem Holz. Bezeichnungen hierfür sind z. B. “E-Null” oder “NAF” (BMWSB o. J.).
Holzschutz
Konstruktiver Holzschutz
Der konstruktive Holzschutz ist ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung zum Dachdecker und zur Dachdeckerin. Er ist die nachhaltigste Form des Holzschutzes, da kein Einsatz chemischer Holzschutzmittel nötig ist und damit sowohl Umwelt- wie Gesundheitsaspekte in Bezug auf eine mögliche Raumluftbelastung (durch z. B. Pilz- und Fäulnisbefall) berücksichtigt werden. Schon bei der Planung von Konstruktionsdetails können dabei Umwelteinflüsse wie Vermeidung von Bewitterung des Materials, geringe Feuchtekonzentration im Material oder Vermeidung von Schadinsektenbefall berücksichtigt werden, um eine Holzkonstruktion langlebig zu gestalten.
Holzschutz ohne Biozide
Heißluftverfahren
Holzzerstörende Insekten können mit dieser biozidfreien Methode bekämpft werden. Es kann für Holz im Innenausbau verwendet werden und ist mit dem Blauen Engel Umweltzeichen ausgezeichnet (UBA o. J.). Dieses Verfahren setzt eine Mindesttemperatur des behandelten Holzes voraus, um die Schadinsekten zu töten.
Hochfrequenztechnik
Bei dieser Methode werden Elektroden an das zu behandelnde Holz gelegt und hochfrequente Ströme durch das Holz geleitet. Sie wirkt wie die Heißluftmethode, ist aber unverträglich mit Metallen und benötigt einen hohen Energieaufwand (ebd.).
Mikrowellenverfahren
Bei diesem Verfahren erhitzt Energie das Wasser im Holz und tötet Schadinsekten sowie Pilze ab. Es wird vor allem in der Sanierung von Fachwerk sowie zur Austrocknung von Balkenköpfen eingesetzt. Allerdings ist der Einsatz bei Dachstühlen technisch sehr aufwändig, sodass dieses Verfahren eher für kleinräumige Anwendungen geeignet ist (ebd.).
Chemischer Holzschutz
Neben den oben genannten Holzschutzmöglichkeiten gibt es den chemischen Holzschutz, der in bestimmten Bereichen Anwendung findet. Bevor der Einsatz chemischer Holzschutzmittel aber in Betracht gezogen wird, sollte der Einsatz der oben genannten Alternativen geprüft werden. Chemische Holzschutzmittel enthalten immer noch – nach dem heutigen Stand der Forschung (2022) – gesundheitsgefährdende biozide Wirkstoffe. Daher sollte ein chemischer Holzschutz nur dort durchgeführt werden, wo er unbedingt erforderlich ist (Holzschutz o. J.).
Holzmaterial für Dachkonstruktionen wird meist mit Salzimprägnierungen (Borsalze) gegen Pilz- und Bakterienbefall behandelt (Holzschutz-Holzbearbeitung o. J.). Auf der Baustelle müssen diese Hölzer vor Auswaschungen durch Regen geschützt werden. Während des Arbeitsprozesses entstehende Schnittflächen sind ebenfalls damit zu imprägnieren. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur Standfestigkeit des Holzes vor Schäden und Alterungsprozessen geleistet. Borsalze sind in gebundener Form und ohne Kontakt zu Innenräumen nicht gesundheitsschädlich, bei Rückbau von Baukonstruktionen muss verhindert werden, dass die dabei entstehenden Salzstäube eingeatmet werden. Das gilt auch für den Rückbau von älteren Fertighäusern aus den 1970-80er Jahren oder in diesen Jahren sanierten Gebäuden, deren Konstruktion ggf. sogar mit hoch toxischen Stoffen wie Lindan, Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) oder Pentachlorphenol (PCP), imprägniert wurden. Holz, das mit diesen Mittel imprägniert wurde, ist als Sondermüll zu entsorgen. Alle im Handel angebotenen Holzschutzmittel müssen durch das Institut für Bautechnik zugelassen und gekennzeichnet sein und Hinweise zur Verarbeitung tragen (Baunetzwissen o. J.).
Altholznutzung
Im Jahr 2016 fielen in Deutschland ca. 10 Millionen Tonnen Altholz an, davon ca. 2,6 Millionen Tonnen als Industrierestholz und ca. 0,9 Millionen Tonnen als Gebrauchtholz in Haus- und Sperrmüll. Von den in Deutschland 2016 angefallenen Altholz wurden ca. 1,7 Millionen Tonnen stofflich verwertet (davon 0,2 Millionen Tonnen im Ausland). Im Vergleich dazu wurden ca. 7,7 Millionen Tonnen energetisch verwertet. Die stoffliche Verwertung erfolgt ganz überwiegend bei der Produktion von Spanplatten. Die energetische Verwertung erfolgt in rund 80 Altholzkraftwerken mit einer installierten Leistung von rund 800 Megawatt (BMUV o. J.). Der Anteil der stofflichen Verwertung von Altholz z. B. für die Spanplattenproduktion steigt sukzessive. Um eine möglichst umweltschonende Nutzung von Altholz zu erreichen, sollten Holzreststoffe und -abfälle auf der Baustelle möglichst Sorten rein getrennt werden, um sie einer weitergehenden stofflichen Verwertung zuführen zu können. Altholz ist prädestiniert für eine sogenannte stofflich-energetischen “Kaskadennutzung”. In der Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) ist die stoffliche Verwertung höherwertiger als die energetische (BMUV o. J.).
Bei Sanierungen von Altbauten mit konstruktiven Holzelementen (z. B. Fachwerk), bei einer Entkernung von Altbauten zur architektonischen Neugestaltung von Innenräumen, bei Neubau eines Dachstuhls sowie bei dem Rückbau von Holzvorhangfassaden fallen Holzmaterialien an, die auf unterschiedlicher Ebene weiterverwendet werden können:
Stoffliche Weiterverwendung als Baustoff
konstruktiver Holzwerkstoff
Brettholz z. B. für Holz Vorhangfassaden (unbewitterte Rückseite nach außen drehen)
Stoffliche Weiterverwendung als
Holzhackschnitzel sowie Holzspäne (z. B. zu OSB-Platten)
Holzhackschnitzel für z. B. Gartengestaltung
Gewinnung von Synthesegas zur weiteren chemischen Nutzung und
Herstellung von Aktivkohle/Industrieholzkohle;
Thermische Verwertung
Verbrennung in hocheffizienten Feststofföfen/ Holzvergaseröfen oder Altholzkraftwerken
Für Altholz, welches nicht mit Holzschutzmitteln behandelt wurde, wird der Punkt der vollständigen Abfallbehandlung wie folgt erreicht:
Verwendung für bestimmte Zwecke : Altholz wird nach der Altholzverordnung (ALTHOLZV 2002) vier verschiedenen Kategorien (A I bis A IV) zugeordnet. Des Weiteren legt sie u. a. Grenzwerte für Verunreinigungen von Altholz fest und leitet aus unterschiedlichen Verwendungsbereichen von Holz die daraus resultierenden Altholzkategorien ab. In dieser Untersuchung wurde davon ausgegangen, dass das aus den Holzprodukten resultierende Altholz entsprechend stofflich oder energetisch genutzt werden kann.
Bestehen eines Marktes: Altholz, welches in aufbereiteter Form in den Kategorien A I bis A III vorliegt, wird mit einem positiven Marktwert gehandelt
Erfüllung technischer Anforderungen, Rechtsvorschriften und Normen: Altholz erfüllt die in der AltholzV genannten Anforderungen (Sortierung und Grenzwerte).
Verwendung führt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen: Grundsätzlich richtet sich die Verwendung von Altholz nach den Vorgaben der Altholzverordnung. Es ist davon auszugehen, dass mit der Verwendung von Altholz in Verbindung stehende gesetzliche Auflagen in Bezug auf mögliche Umwelt- und Gesundheitsfolgen eingehalten werden. Nach AltholzV ist für die Klassifizierung in A I ausschließlich „naturbelassenes oder lediglich mechanisch bearbeitetes Altholz, das bei seiner Verwendung nicht mehr als unerheblich mit holzfremden Stoffen verunreinigt wurde“ zugelassen (ALTHOLZV 2002 nach IPA). Dieses wird in der vorliegenden Untersuchung für die stoffliche Wiederverwendung unterstellt. Des Weiteren werden in dieser Studie keine Produkte betrachtet, die mit Holzschutzmitteln behandelt wurden und demzufolge unter die Kategorie A IV fallen würden.
Ökobilanzierung von Holz
Die Ökobilanz ermöglicht eine grundlegende Bewertung der Holznutzung und -anwendung. Im Folgenden wird auf die einzelnen Phasen der Holznutzung und auf die entsprechenden Studien hierzu verwiesen. Die Betrachtung der Einzelschritte für eine Ökobilanz umfassen folgende Punkte:
Holzeinschlagsregion
Holzernte
Entrindung im Wald
Transport von Rundholz
Herstellung von Holzprodukten
Einsatz von Betriebsmitteln
Einsatz von Bindemitteln und weiterer Zusätze
Emissionen bei der Holztrocknung und bei Pressvorgängen
Wiederverwendung
Verbrennung von Holz
Diese Haupteinflussfaktoren ergeben ein Gesamtbild der Nutzung des Holzmaterials, wobei jeder einzelne Punkt ggf. unterschiedliche Wichtigkeit bekommt. So macht es z. B. einen großen Unterschied, ob man Holzressourcen aus dem europäischen Ausland nutzt oder ob das Holz mit einem hohen Transportaufwand verbunden ist, wenn Holz z. B. aus Kanada oder Sibirien kommt.
Energetische Gebäudesanierung
Allein der Wohngebäudebestand in Deutschland umfasst in 2021 ca. 19,4 Mio. Einheiten, unabhängig von der Anzahl der jeweiligen Wohnungen (Destatis 2021). Aufgrund der Altersstruktur dieser Gebäude liegt in der energetischen Sanierung der Gebäudehülle ein großes Potenzial an Treibhausgaseinsparung. Bei den Ein- und Zweifamilienhäusern, die knapp zwei Drittel der Wohngebäude abdecken, verfügen vier Millionen Dächer nur über den Mindestwärmeschutz oder sind ganz ungedämmt. Das entspricht circa 600 Millionen Quadratmeter Dachfläche. Weitere 6,5 Millionen Dächer genügen nur den energetischen Anforderungen der Wärmeschutzverordnung von 1977 bzw. 1984, was circa einer Milliarde Quadratmeter Dachfläche entspricht. Insgesamt weist jedes zweite Wohngebäude in Deutschland einen unzureichenden Wärmeschutz auf. Der Fokus der Sanierung müsste sich dabei vor allem auf das Steildach konzentrieren: Neun von zehn Wohngebäuden in Deutschland haben ein geneigtes Dach (FIW 2018).
Anzahl der Dächer auf Ein- und Zweifamilienhäusern und resultierende Dachfläche in Abhängigkeit vom energetischen Zustand (FIW 2018):
Energetischer Zustand | Anzahl Dächer in Mio. | Dachfläche in Mio m² |
Mindestwärmeschutz | 4.072.091 | 595 |
WSchV.´77/ ´84 | 6.492.805 | 948 |
WSchV. ´95 / EnEV | 5.086.726 | 743 |
Gesamt | 15.651.622 | 2.286 |
Quelle: FIW 2018
Dämmmaterial
Bei einer Sanierung oder Modernisierung eines Gebäudes sowie bei einem Neubau sind Dämmmaßnahmen heutzutage wichtige Bestandteile, um zukunftssicher zu werden. Jede durch eine gute Dämmmaßnahme eingesparte Kilowattstunde Heizenergie reduziert die Treibhausgasemissionen und trägt damit zur Umsetzung der vorgegebenen Ziele hin zur Klimaneutralität bei. Hinzu kommt eine Steigerung des Komforts und die Einsparung von Geld für den Energieeinkauf. Je besser die Ökobilanz des verwendeten Dämmstoffes, desto mehr profitieren auch Klima und Umwelt. Dazu gehören der Energie- und Rohstoffaufwand bei der Herstellung und beim Einbau ebenso wie eine spätere stoffliche Verwertungsmöglichkeit oder Entsorgung. Die Nachhaltigkeit der Dämmstoffe gelangt immer mehr in den Fokus bei der Materialauswahl (effizienzhaus online o. J.).
In Deutschland wurden 2021 ca. 824.000 t Dämmstoff produziert (Statista 2022). Dieser war vor allem erdölbasiert, circa 160.000 t waren Mineralwolle. Ca. 50 Prozent der in Deutschland verwendeten Dämmstoffe sind mineralischen Ursprungs wie Stein- und Glaswolle (Stand: 2022). Neben der sogenannten Mineralwolle finden Polystyrol (EPS), Polyurethan und Dämmschäume Verwendung, die als synthetische Dämmstoffe meist aus Erdöl produziert werden. Diese konventionellen Dämmstoffe haben insgesamt einen Marktanteil von ca. 90 Prozent. Alternative Dämmstoffe wie Schafwolle, Hanf, Zellulose/ Papier oder Holzwolle-Dämmplatten kommen auf einen Marktanteil von weniger als 10 Prozent. Konventionelle Dämmstoffe sind auch aufgrund ihres Produktionsvolumens meist kostengünstiger als ökologische aus nachwachsenden Rohstoffen. Betrachtet man den Kosten-Nutzen-Effekt, so ergeben sich bei Dämmstoffen schon nach mehreren Monaten erhebliche Einsparungen von Ressourcen (Energie) sowie eine Verringerung der THG-Emissionen (z. B. CO2). In diesem Punkt unterscheiden sich alle gängigen Dämmstoffe nicht. Bei Dämmung von Holzkonstruktionen (z. B. Zwischensparrendämmung) sind flexible Dämmmaterialien (Klemmfilze, Einblasdämmungen, Stopfmaterial für Fugen) zu verwenden, da diese die auftretenden Verformungen der Holzkonstruktion gut ausgleichen können.
Zertifizierungen Dämmstoffe
Wie schon bei Zertifizierungen für Holz gibt es auch für Dämmmaterial entsprechende Siegel. Das hat u. a. mit dem Rohstoff Holz zu tun, der auch für Dämmmaterialien eingesetzt wird und die damit ebenfalls den Zertifizierungssystemen (z. B. Blauer Engel, FSC, PEFC, RAL, nature plus) unterliegen (UBA 2022).
Rohstoffe Dämmmaterial
Dämmstoffe werden aus verschiedenen Rohstoffen wie Erdöl, Gestein, Glas, Holz, pflanzlichen und tierischen Fasern hergestellt. Sie werden weiterverarbeitet z. B. zu Flocken, Matten, Platten oder Schüttungen und enthalten meistens Zusatzstoffe wie Armierungen, Bindemittel, Biozide, Flammschutzmittel und Hydrophobierungsmittel. (IBU 2007).
Die wichtigsten Eigenschaften in Bezug auf die Nutzung konventioneller, d.h. mineralischer und synthetischer Dämmstoffe (CO2online o. J.):
Sie verfügen über gute bis sehr gute Dämmeigenschaften
Sie sind in der Regel preiswerter als ökologische Dämmstoffe
Sie verbrauchen endliche fossile (Öl) und mineralische Ressourcen
An Recycling / Wiederverwendung wird noch geforscht
Deponierung / thermische Verwertung teuer
Dämmstoffe auf organischer (natürlicher) Basis besitzen demgegenüber folgende Eigenschaften (CO2online o. J.):
ökologische Dämmstoffe sind gut für Umwelt
besonders guter Schutz vor sommerlicher Hitze
sehr gutes Wohnklima durch Naturdämmstoffe
Schonung fossiler und mineralischer Ressourcen
Herstellung und Recycling meist mit wenig Energieaufwand
natürliche Dämmstoffe sind meist teurer als konventionelle Dämmstoffe
Im folgenden wird auf die einzelnen Rohstoffe zur Herstellung von Dämmstoffen und ihre spezifischen Umwelt- und Gesundheitsaspekte eingegangen:
Mineralische Dämmstoffe
Blähton, Caliumsilikat, Glaswolle, Mineralschaum, Perlit, Schaumglas, Steinwolle bestehen aus anorganischen Stoffen wie Stein, Sand oder Kalk. Diese können sowohl synthetischen als auch natürlichen Ursprungs sein. Neben einem guten Wärmeschutz zeichnen sich die Dämmstoffe durch einen natürlichen Brandschutz aus, sodass diesbezüglich keine weitere Behandlung des Stoffs notwendig ist. Darüber hinaus verfügen mineralische Dämmstoffe über eine ausgezeichnete Feuchtigkeitsregulierung (Energieheld o. J.).
Synthetische Dämmstoffe
Harnstoff-F-Ortsschaum, Melaminharz-Hartschaum, Polyesterfaser, Polystyrol, Polyurethan, Polyisocyanurat Hartschaum und Resol-Hartschaum (Phenolharz) sind aufgrund ihrer Erdölbasis in der Produktion weniger nachhaltig als organische oder mineralische Stoffe, allerdings sind synthetische Dämmstoffe besonders resistent und damit langlebig (ebd.).
Organische Dämmstoffe
Flachs, Getreidegranulat, Hanf, Holzfaser, Holzspäne, Holzfaser, Jute, Kokosfaser, Kork, Schafwolle, Schilfrohr, Seegras, Stroh, Wiesengras, Zellulose bestehen in der Regel aus natürlichen, nachwachsenden Rohstoffen von Tieren oder Pflanzen. Für eine stärkere Bindung sowie einen erhöhten Brandschutz werden sie imprägniert oder mit künstlichen Fasern versehen. Das hat letztendlich auch zur Folge, dass organische Dämmstoffe nicht per se vollkommen nachhaltig und naturbelassen sind – trotzdem sind sie in der Regel umweltfreundlicher als mineralische oder synthetische Materialien (ebd.).
Lebenszyklusbetrachtung
Wichtiger scheint die Betrachtung des Herstellungsprozesses und der Rohstoffe, aus denen der Dämmstoff hergestellt wird, sowie deren Möglichkeit zu einer weiteren stofflichen (Wieder-)Verwertung (Recyclingfähigkeit) bei einem Rückbau oder einer Sanierung. Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen können hier punkten, da sie praktisch unbegrenzt zur Verfügung stehen und weiterverwendet werden können (Effizienzhaus-online o. J.). Hierzu zählen z. B. Holzfaser, Hanf, Flachs, Kokosfaser, Stroh und Schafwolle. Der Vorteil dieser Dämmstoffe liegt auch darin, dass sie zu ihrer Herstellung keine fossilen Rohstoffe (wie z. B. Erdöl für Polystyrol) und keinen energieintensiver Produktionsprozess benötigen (wie z. B. bei Mineralfasern) und häufig ohne chemische Behandlung auskommen. Ein weiterer nachhaltiger Dämmstoff, der Zellulosedämmstoff, entspringt einer Nachnutzungskaskade: Zellulosedämmstoff wird aus vorhandenem Altpapier (gehäckseltem Zeitungspapier) hergestellt.
Die Ergebnisse einer Studie zur ganzheitlichen Bewertung verschiedener Dämmstoffalternativen belegen die grundsätzliche Sinnhaftigkeit von Dämmmaßnahmen von Gebäuden auch aus ökologischer Sicht. Es gibt aber auch bei der Dämmstoffproduktion noch viel Potenzial hin zu mehr Nachhaltigkeit (ifeu 2019). Zentrale Erkenntnisse dieser Studie bei einer übergreifenden Betrachtung:
Die Dämmstoffauswahl für den Einsatz in den unterschiedlichen Bauteilen sollte zukünftig auch unter dem Aspekt der Umweltfreundlichkeit erfolgen (ebd.).
Die Dämmstoffproduktion muss umweltfreundlicher werden. Es gilt den spezifischen Betriebsmittel- und Energieeinsatz sowie die Emissionen zu minimieren (ebd.).
Spezifische Umweltlasten lassen sich bei allen Dämmstoffen durch eine Optimierung der stofflichen Verwertung (Weiterverwendung) stark vermindern. Daher sind alle Beteiligten im Rahmen des Verarbeitungsprozesses aufgerufen, den Materialkreislauf zu fördern und die Abfallmengen weiter zu verringern (ebd.).
Bei einer Bewertung von Dämmmaterialien sollten daher vor allem folgende Kriterien beachtet werden:
Eine Lebenszyklusbetrachtung des Materials (Nachhaltigkeitsaspekte)
die spezifischen Einsatzbereiche unterschiedlicher Materialien
die bauphysikalischen Eigenschaften bezogen auf den Einsatzzweck
mögliche Dämmstärken aufgrund konstruktiver Vorgaben (in Abhängigkeit von der Dämmwirkung) sowie
die Demontierbarkeit und die Weiterverwendbarkeit bzw. die Entsorgung
Die verschiedenen Dämmstoffe haben bei gleicher Dämmstärke unterschiedliche Dämmwirkungen und Kosten. Aufgrund der jeweiligen Marktsituation des Bausektors können nicht nur die Baustoffpreise, sondern auch die Dämmstoffpreise stark schwanken. Grundsätzlich sind Dämmstoffe auf mineralischer und fossiler Rohstoffbasis jedoch kostengünstiger als Dämmstoffe auf Naturbasis.
Im Gebäude-Energie-Gesetz ist festgelegt, wie viel Wärmeenergie die jeweiligen Gebäudeteile nach einer Dämmmaßnahme noch durchlassen dürfen. Das bedeutet, dass der vorgesehene Dämmstoff, der eingesetzt werden soll, die gesetzlichen Vorgaben erfüllen muss und in einer entsprechenden Dämmstärke eingesetzt werden muss. (EnEV-online o. J.) Wie stark sollte z. B. eine Zwischensparrendämmung sein?
Bei der Planung mit den Kunden sind grundsätzlich immer auch die baulichen Rahmenbedingungen zu beachten – vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, eine Energieberatung durchführen zu lassen, um optimal angepasste Lösungen zu finden (ebd.).
Treibhauspotenzial Dämmstoffe
Eine CO2-freie Bauwirtschaft muss das Ziel verfolgen, das Treibhausgas möglichst lange zu binden und zu „lagern“. Im Baubereich tragen einerseits der Baustoff Holz selber dazu bei, aber auch der Einsatz entsprechender Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen. Das CO2-Äquivalent eines Dämmstoffs gibt an, wie viel CO2 in 1 m³ Dämmstoff enthalten und chemisch gebunden ist. Für eine ökologische Bewertung von Dämmstoffen sollte daher auch folgende Kategorisierung berücksichtigt werden (Deutsche Bauzeitung, 2019):
Mineralische Dämmstoffe bestehen aus verschiedenen Mineralien oder Gesteinen, werden mit hohen Temperaturen hergestellt und können nach der Nutzungsphase nur deponiert werden (ebd.).
Alle organischen Materialien (synthetisch-organisch und nachwachsend-organisch) können nach der Nutzungsphase entweder thermisch verwertet oder aber stofflich wiederverwendet werden. So wurde zur Wiederverwertung von Polystyrol das CreaSolv-Verfahren entwickelt, das allerdings zurzeit mangels Ausgangsmaterial nicht zur Anwendung kommt (ebd.).
Chemisch-synthetisch hergestellte Dämmstoffe werden auf Basis von Erdöl hergestellt, einem fossilen Rohstoff (ebd.).
Für die nachwachsenden Dämmstoffe gilt, dass sie – wie Holz und alle Pflanzen auch – in der Wachstumsphase CO2 aufnehmen, mithin chemisch binden und der Erdatmosphäre entziehen, solange die Nutzungsphase dauert. Pro kg Biomasse gleich welcher Herkunft werden in den pflanzlichen Zellen 1,83 kg CO2 chemisch gebunden. Die Unterschiede sind den unterschiedlichen Dichten der Dämmstoffe geschuldet: Holzfaserplatten haben z. B. eine Dichte von bis zu 160 kg/m³, Holzfaser-Einblasdämmstoff nur 35 kg/m³. Pro kg Dämmstoff ist der gebundene CO2-Wert jedoch derselbe (ebd.).
Primärenergetische Amortisationszeit
Die gebräuchlichsten Dämmstoffe amortisieren ihre Herstellungsenergie in einem Zeitraum von drei Tagen bis sieben Monaten, mithin in einer Heizperiode. Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sparen in ihrer Nutzungsphase durch ihre Dämmwirkung nicht nur Heizenergie, sondern binden dieses chemisch und stellen somit eine „CO2-Senke“ dar (ebd.).
In der folgenden Tabelle wird die primärenergetische Amortisationszeit verschiedener Dämmstoffe in Monaten dargestellt. Es wird von einem U-Wert von 0,13 W/m²K (Wärmedurchgangskoeffizient) ausgegangen, entsprechend einer Dämmdicke von 24,6 cm bei z. B. Polystyrol (ebd.):
Dämmstoff
| Primärenergetische Amortisationszeit Monate | Dämmstoff | Primärenergetische Amortisationszeit Monat | ||
Zellulose | 040 | 0,3 | Blähperlit Schüttdämmung | 050 | 7,4 |
Stroh-Einblas- dämmung | 043 | 0,4 | Holzfasermatte | 038 | 7,6 |
PUR-Recycling Granulat | 036 | 0,6 | Expandierter Kork | 045 | 9,8 |
Grasfaser | 042 | 0,7 | Mineralschaumplatte | 042 | 9,9 |
Seegras | 045 | 0,7 | Schaumglas | 036 | 12,0 |
Seegrasfaser Einblasdämmung | 045 | 1,8 | Polyurethanplatte alukaschiert | 023 | 12,3 |
Holzfaser Einblasdämmung | 040 | 2,0 | Phenolharzplatte | 021 | 13,2 |
Jutematte | 038 | 2,2 | Steinwollplatte hart | 035 | 14,8 |
Hanffasermatte | 040 | 2,3 | Polyurethan Gießschaum | 027 | 16,3 |
Kokosfaser | 042 | 3,3 | Polystyrol Einblasdämmung | 033 | 17,2 |
Glaswollmatte | 032 | 3,8 | Polyurethan Sprühschaum | 030 | 18,1 |
Steinwolle Einblasdämmung | 035 | 4,3 | Holzweichfaserplatte trocken | 040 | 18,2 |
Steinwolle weich | 035 | 4,3 | Holzweichfaserplatte nass | 040 | 18,6 |
Glaswolle Einblasdämmung | 035 | 4,6 | Polystyrol Hartschaumplatte | 036 | 23,1 |
EPS-Platte | 032 | 6,3 | Polyurethan-Calcium -silikat Verbundplatte | 031 | 34,2 |
Polyesterplatte | 038 | 6,6 | Holzwolleleichtbau- platte | 090 | 46,1 |
Silikatleichtschaum Einblasdämmung | 035 | 6,6 | Calciumsilikatplatte | 062 | 81,4 |
Quelle: IpeG-Institut / Deutsche Bauzeitung 2019
Die Grafik verdeutlicht, dass organische und auch recycelte Dämmstoffe in der Regel einen sehr geringen energetischen Aufwand für ihre Herstellung benötigen. Damit können in der Produktion benötigte fossile Brennstoffe und damit verbundene Emissionen massiv eingespart werden.
Fugendichtungen
Bei der Montage von Fenstern in eine Holzkonstruktion müssen die Anschlüsse zwischen Fensterrahmen und anschließender Hauswand oder Dachkonstruktion mit dauerhaft flexiblen Fugendichtungen (Fugendichtband/ Kompriband/ Acryl-/ Silikondichtmasse) und Dämmfilzen versehen werden, um das immer auftretenden Schwinden und Quellen sowie Verformungen der Holzkonstruktionen ausgleichen zu können. Bei den Dämmfilzen bieten sich neben mineralischen und synthetischen Dämmfilzen vor allem organische Materialien an. Eine bauphysikalisch korrekte Ausführung der Dichtung vermeidet nicht nur Wärmeverluste des Gebäudes, sondern verhindert Schimmelbildung in der Konstruktion und gesundheitliche Risiken der Nutzer:innen. Die Belastung der Dichtstoffe im Innenbereich mit Schadstoffen muss möglichst gering sein, um aus Umwelt- und Gesundheitssicht möglichst geringe Emissionen aus diesen Produkten zu gewährleisten. Acryl-Dichtungsmassen sind lösungsmittelfrei und mit dem Umweltzeichen “Blauer Engel” zertifiziert und damit umweltschonend (UBA o. J.).
Dampfbremsen
Eine Dampfbremse soll das Eindringen von Wasserdampf in die Dämmschicht verhindern und somit die Bildung von Kondenswasser in der Wandkonstruktion unterbinden, da dies die Baukonstruktion angreifen und zerstören kann. Damit einher gingen eine verringerte Lebensdauer der Holzkonstruktion wie auch mögliche gesundheitliche Nebenwirkungen (Schimmelbildung). Neben einfachen Dampfbremsen gibt es “intelligente” Klimamembranen, die sich unterschiedlichen Feuchtigkeitsbelastungen anpassen können. Hergestellt werden diese Dampfbremsen aus Kunststoffen (Polyethylen, Polypropylen) oder aus speziell verarbeiteten Pappen (Hausjournal o. J.). Einige Produzenten verwenden recycelte Kunststoffe zur Herstellung von Dampfbremsen, die mit dem Umweltzeichen “Blauer Engel” zertifiziert und damit wesentlich umweltschonender sind. (UBA o. J.).
Substitution von fossilen Schmierstoffen und Ölen
In Produktionsprozessen von Holzprodukten bis hin zu Demontage- und Abrissarbeiten werden Schmierstoffe und ggf. Hydrauliköle eingesetzt. Hier können mineralölbasierte bzw. fossile Schmierstoffe und Öle durch biobasierte ersetzt werden. Die Einteilung der verschiedenen Grundölqualitäten orientiert sich u. a. am Viskositätsindex (VI). Die am meisten verbreitete Klassifizierung ist die vom API (American Petroleum Institute). Grundsätzlich können alle Qualitätsklassen auch durch biobasierte Rohstoffe hergestellt werden. Entscheidend ist, dass (ggf. durch spezifisches Processing) am Ende die erforderlichen Spezifikationen erfüllt werden (UBA 2019).
Nachhaltige Baustelle
Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen hat 2021 ein Zertifizierungssystem für nachhaltige Baustellen entwickelt (DGNB 2021). Es versteht sich als Planungs- und Management Tool und die Zertifizierung soll bei der Qualitätssicherung und Risikominimierung auf der Baustelle helfen. Zertifiziert werden Ressourcenschutz, Gesundheit und Soziales sowie die Kommunikation mit der lokalen Öffentlichkeit. Einsetzbar ist das Zertifikat für Hoch- und Tiefbauprojekte. Es wird prozessbegleitend während der gesamten Baustellenabwicklung angewandt (ebd.). Über fünf Kriterien werden die wesentlichen Indikatoren abgebildet, die zu einer möglichst hohen Nachhaltigkeitsqualität einer Baustelle beitragen (ebd.):
Das Kriterium „Baustellenorganisation“ definiert Vorgaben zur Baustellenplanung sowie zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz. Hinzu kommen Maßnahmen zur Vermeidung der Belastung der lokalen Umwelt. Dabei geht es um Konzepte für eine lärm-, staub- und abfallarme Baustelle, den Boden- und Grundwasserschutz sowie eine umwelt- und anwohnerorientierte Logistik.
Das Kriterium „Ressourcenschutz“ bezieht sich auf die Ressourceneinsparung und Emissionsminderung in Bezug auf die genutzte Energie. Insbesondere zum Einsatz erneuerbarer Energie und umweltgerechte Transportmittel. Ferner werden die Wiederverwendung und -verwertung von Baumaterialien, die aktive Beeinflussung der Verwertungs- und Entsorgungswege sowie der Wasserverbrauch adressiert.
Im Kriterium „Gesundheit und Soziales“ steht die Gesundheitsprävention arbeitender Personen auf der Baustelle im Mittelpunkt. Ein Arbeits- und Sicherheitsplan für das Bauhauptgewerbe sowie eine Gefährdungsbeurteilung durch die beauftragten Unternehmen sind weitere Indikatoren. Hinzu kommen Aspekte wie die Arbeitsplatzqualität oder die Absicherung der Sozialleistungen für alle Beteiligten.
Das Kriterium „Kommunikation mit der lokalen Öffentlichkeit“ beurteilt die prozessbegleitende Kommunikation und das Erscheinungsbild der Baustelle für die Öffentlichkeit.
Im Kriterium „Qualität der Bauausführung“ werden Plan Verwaltungsmanagement, eine Schnittstellenkoordination oder ein Verbesserungsmanagement bewertet. Auch der Einsatz von Apps auf der Baustelle und eine intelligente Maschinensteuerung fließen in das Zertifizierungsergebnis ein.
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SDG 13 Maßnahmen zum Klimaschutz
“Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen”
Die Schnittmengen mit der Standardberufsbildposition liegen vor allem in der Reduzierung der direkten und indirekten Emissionen (Belastung der Umwelt) sowie der nachhaltigen Nutzung von Energie (vgl. BMBF 2022):
- Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
- bei Arbeitsprozessen und im Hinblick auf Produkte, Waren oder Dienstleistungen Materialien und Energie unter wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozialen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit nutzen
Der Klimawandel wird durch die Emission von Treibhausgasen verursacht. Ihnen gemeinsam ist ihre Undurchlässigkeit für die (Infrarot-)Wärmestrahlung der Erde. Dies führt bekanntlichermaßen zum Klimawandel. Jedes dieser Gase trägt in unterschiedlichem Maße zum Klimawandel bei. Das IPCC (International Panel for Climate Change) definiert deshalb ein GWP Global Warming Potential (Erwärmungswirkung für den Klimawandel) eines Stoffes in hundert Jahren im Vergleich zu Kohlendioxid CO2 wie folgt (vgl. My Climate o. J.):
- Kohlendioxid CO2: 1 (Bezugswert)
- Methan CH4: 28
- Stickstoffdioxid N2O: 265
- FCKW (verboten) > 12.000
Die Stoffe bleiben zudem unterschiedlich lange in der Atmosphäre, weshalb ihre langfristige Wirkung sich zusätzlich unterscheidet
Treibhausgaspotenzial
Der Wald kann als CO₂-Speicher dazu beitragen, die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu verringern. Diese Speicherfunktion hängt von der Intensität der Waldbewirtschaftung ab. Werden mehr Bäume aus dem Wald entnommen als nachwachsen, reduziert sich die CO₂-Speicherleistung, wachsen mehr Bäume nach als entnommen werden, so steigt die CO₂-Speicherleistung. Die Nutzung von Holz für den Bau von Gebäuden ist damit auch ein Teil der Gesamtrechnung im Rahmen einer Treibhausgasbilanz. Studien belegen, dass ein Gebäude aus Holz gegenüber anderen Materialien gerade vor dem Hintergrund einer Lebenszyklusbetrachtung wesentlich besser abschneidet als andere Bauweisen. Ohne eine Berücksichtigung der Form der Heizenergie beträgt das CO₂-Einsparungspotenzial von Holzbauvarianten gegenüber einem Massivbau 64 Prozent bis 78 Prozent. Erweitert man die Betrachtung und berücksichtigt mögliche Gutschriften durch das Recycling, wird im Falle der Holzbauvarianten mehr CO₂ eingespart, als während der Bauteilherstellung an CO₂ verursacht wird. Im Vergleich zu den Massivbauweisen ergibt sich dadurch sogar eine Verringerung von 165 Prozent bis 244 Prozent (UBA 2020).
Holznutzung
Vor dem Hintergrund der biologischen Bedeutung von Bäumen und Wäldern als “grünen Lungen” für die Lebenswelt durch die Kohlenstoffbindung und die Sauerstoffproduktion ist mit dem “Rohstoff” Holz sehr sorgsam umzugehen. Die schonungslose Rodung borealer Wälder (in der arktischen Zone), in Südosteuropa (z. B. Rumänien) sowie im Bereich der Tropen (Äquatorialzone) für Holzbauprojekte z. B. in Europa führt zu einer spürbaren Belastung des Klimas. Hier können Dachdeckerbetriebe folgende Punkte beachten:
Marketing: Explizite Bewerbung eigener Nachhaltigkeitsbemühungen z. B. durch Nutzung ausschließlich zertifizierter Hölzer (s. SDG 12 – Nachhaltigkeitssiegel für Holz).
Beratung der Endkunden über die Nutzung bestimmter Holzarten und den damit verbundenen Konsequenzen (s. SDG 12 – Nachhaltigkeitssiegel)
Hinzu kommen die schon unter SDG 4 genannten Punkte, die zu einer umweltschonenden Nutzung von Holzprodukten beitragen
Ressourcen und Energieeffizienz
In Anlehnung an eine Studie des Fraunhofer-Gesellschaft seien hier die zentralen Eckpfeiler genannt, die im Arbeitsprozess zu effizientem, sparsamem Einsatz von Energie und Ressourcen beitragen:
Energie- und Materialeffizienz durch Prozessstabilität und Steuerungsmaßnahmen. Materialverluste sollten vermieden werden. Maschinen- und anlagenseitig lassen sich durch Grundlastreduzierung und Spitzenlastvermeidung, z. B. durch steuerungsgeregelte Motoren, partielle Systemabschaltungen und Ähnliches, hohe Einsparungen erzielen.
Geschlossene Ressourcenkreisläufe/ Ressourcenvernetzung in Prozessketten und Produktionsgemeinschaften sollten angestrebt werden.
Der Einsatz von Recyclingmaterial aus Produktionsabfällen leistet einen signifikanten Beitrag zur Verbesserung der Energieeffizienz. Dieser Beitrag resultiert vorrangig aus dem deutlich geringeren Energieeinsatz, der zur Erzeugung von Sekundärmaterial erforderlich ist.
Methodenentwicklung für eine nachhaltige Energie- und Materialwirtschaft
Hierzu ist eine präzise Erfassung von Energieverbräuchen und Stoffströmen nötig. Dabei kann digitale Unterstützung wertvolle Dienste leisten.
Die Steigerung der Energieeffizienz in der Produktion kann nur von den Mitarbeiter*innen des Betriebes selbst vorangetrieben und umgesetzt werden. Für diesen Prozess sind drei Einflussfaktoren entscheidend: Wille, Kompetenz und förderliche organisatorische Rahmenbedingungen (Fraunhofer o. J.).
Möglichkeiten der Substitution von fossilen Rohstoffen
Die Verwendung von biobasierten Schmierstoffen und Hydraulikölen bedeutet in der Regel eine direkte Substitution der fossilen bzw. mineralölbasierten Analogons.
Die ersetzten fossilen Basisöle entstammen zumeist der iso-Paraffin-reichen Fraktion der Wachsdestillate aus der Vakuumdestillation. Diese Fraktion bedarf einer mehrstufigen Raffination (Extraktion von Aromaten, Abscheidung von n-Paraffinen und Hydrierung), weswegen die Herstellung insgesamt vergleichsweise aufwändig ist.
Höhere Qualitäten an Schmierstoffen werden heutzutage auf der Basis halb- bis voll synthetischer Basisöle hergestellt, wie z. B. Hydrocrack-Öle oder Poly-alpha-Olefine (PAO). Die Einteilung der verschiedenen Grundölqualitäten orientiert sich u. a. am Viskositätsindex (VI). Die am meisten verbreitete Klassifizierung ist die vom API (American Petroleum Institute). Grundsätzlich können alle Qualitätsklassen auch durch biobasierte Rohstoffe hergestellt werden. Entscheidend ist, dass (ggf. durch spezifisches Processing) am Ende die erforderlichen Spezifikationen erfüllt werden (Umweltbundesamt 2019).
Nutzerverhalten
Auch energiesparendes Nutzerverhalten ist für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen von entscheidender Bedeutung. Das bezieht sich auf alle Bereiche der für einen Dachdeckerbetrieb wichtigen Aspekte – vom kundenorientierten Marketing über den Materialeinkauf, die Verarbeitungsprozesse der Produkte – bis hin zu Ver- und Entsorgungseinrichtungen des Betriebes.
Schutz des Waldes
Heute verstehen wir unter nachhaltiger Waldwirtschaft weit mehr als die Sicherstellung der Holzmengen. Die Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (FOREST EUROPE) hat 1993 in der Helsinki-Deklaration eine nachhaltige Waldbewirtschaftung definiert als „die Betreuung und Nutzung von Wäldern und Waldflächen auf eine Weise und in einem Ausmaß, welche deren biologische Vielfalt, Produktivität, Regenerationsfähigkeit und Vitalität erhält und ihre Fähigkeit, gegenwärtig und in Zukunft wichtige ökologische, wirtschaftliche und soziale Funktionen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu erfüllen, gewährleistet, ohne dass dies zu Schäden an anderen Ökosystemen führt“. FOREST EUROPE hat in diesem Zusammenhang sechs übergreifende Kriterien einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung erarbeitet (UBA 2022e):
Erhaltung und angemessene Verbesserung der forstlichen Ressourcen und Sicherung ihres Beitrags zu den globalen Kohlenstoffkreisläufen,
Erhaltung der Gesundheit und Vitalität von Waldökosystemen,
Erhaltung und Förderung der Produktionsfunktion der Wälder, sowohl für Holz als auch für Nicht-Holzprodukte,
Erhaltung, Schutz und adäquate Verbesserung der biologischen Vielfalt in Waldökosystemen,
Erhaltung, Schutz und angemessene Verbesserung der Schutzfunktion bei der Waldbewirtschaftung, vor allem in den Bereichen Boden und Wasser,
Erhaltung sonstiger sozio-ökonomischer Funktionen und Konditionen.
Dies wird aus Sicht des Umweltbundesamtes (UBA) nur durch eine umweltverträgliche, naturnahe und multifunktionale Waldbewirtschaftung ermöglicht.
Quellenverzeichnis
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2017): Forest Resolution H1, 1993: Online: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Wald/ForestEuropeResolution.pdf?__blob=publicationFile&v=3
Fraunhofer-Institut IUK-Technologie (o. J.): Einsatz mit voller Energie. Online: https://www.fraunhofer-innovisions.de/energie-und-nachhaltigkeit/einsatz-mit-voller-energie/
MyClimate (o. J.): Global Warming Potential. Online: https://www.myclimate.org/de/27/?tx_kesearch_pi1%5Bsword%5D=GWP+Global+Warming+Potential
UBA Umweltbundesamt (2019): Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien für die stoffliche Nutzung von Biomasse im Rahmen des Blauen Engel. Online: 2https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-08-19_texte_89-2019_be_biomassenutzung_schmierstoffe.pdf
UBA Umweltbundesamt (2020b): Potenziale von Bauen mit Holz. Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/5750/publikationen/2020_10_29_texte_192_2020_potenziale_von_bauen_mit_holz_aktualisiert.pdf#page=57&zoom=100,90,158
UBA Umweltbundesamt (2022e): Nachhaltige Waldwirtschaft. Online: https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/nachhaltige-waldwirtschaft#die-vielfältigen-funktionen-des-waldes
SDG 15 Leben an Land
“Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen
Vielfalt ein Ende setzen”
Die Schnittmengen mit der Standardberufsbildposition “Umweltschutz und Nachhaltigkeit” sind nicht unmittelbar offensichtlich, über die in den vormaligen SDGs dargestellten Bezüge kann ein Einfluss auf die Nachhaltigkeit genommen werden. Die Bezüge zur Standardberufsbildposition wären dann gem. Kapitel 3 “Umweltschutz und Nachhaltigkeit (vgl. BMBF 2022):
a) Möglichkeiten zur Vermeidung betriebsbedingter Belastungen für Umwelt und Gesellschaft im eigenen Aufgabenbereich erkennen und zu deren Weiterentwicklung beitragen
e) Vorschläge für nachhaltiges Handeln für den eigenen Arbeitsbereich entwickeln
f) unter Einhaltung betrieblicher Regelungen im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Entwicklung zusammenarbeiten und adressatengerecht kommunizieren
Ökosysteme
Wald hat eine große Bedeutung für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung. Wald bedeckt fast ein Drittel der Fläche Deutschlands (vgl. destatis o. J.)
Das SDG 15 zielt auf den Schutz der Ökosysteme ab und ist eng mit der Nutzung des Waldes in verschiedenen Erdteilen verknüpft. So werden in einigen Ländern viele Flächen systematisch und großflächig abgeholzt. Der Raubbau in Rumänien, Südamerika und im asiatischen Raum, das oft illegal geschlagene Holz, das als legales Holz deklariert und nach Deutschland verschifft wird, richtet immense Schäden am örtlichen Ökosystem an (Forsterklärt 2022).
Damit einher geht die Bedrohung der Biodiversität durch Monokulturen und Pestizideinsatz, von gesunden Böden mit vielfältiger Flora und Fauna sowie der Fähigkeit Wasser zu speichern, der Regeneration des Grundwassers und Vermeidung seiner Verschmutzung durch Überdüngung, die Schadwirkungen großer Monokulturen und den hohen Wasserbedarf der Landwirtschaft. Nach Studien des Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) könnten die borealen Wälder in diesem Jahrhundert an einen Wendepunkt gelangen, von einem Netto-CO2-Speicher zu einer bedeutenden Quelle des Treibhausgases werden. Die borealen Nadelwälder in Skandinavien, Kanada, Alaska und Russland nehmen enorme Mengen CO2 aus der Atmosphäre auf. Sie speichern mindestens 32 Prozent des weltweit vorhandenen Kohlenstoffes in den Bäumen und in den Permafrostböden. Sollten die dortigen Wälder abgeholzt und der Boden aufgrund des Klimawandels auftauen, würde eine große Menge Methan freigesetzt, das rund 25-mal klimaschädlicher ist als CO2 (UBA 2021c).
Holzhandel
Für den Dachdeckerbetrieb ist der Einkauf des “Rohstoffes” Holz ein Element seines Handwerks. Die Frage der Herkunft des Holzes mag auf den ersten Blick weniger relevant sein, unter Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten ist sie relevant. Für Importe aus dem europäischen Ausland liegt der Einfluss des Transports auf die Ökobilanz von Gebäuden lediglich im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Länder wie Kanada und die USA, die zwar große zertifizierte Waldflächen aufweisen (ca. 35 Prozent der weltweiten FSC-zertifizierten Waldfläche und ca. 55 Prozent der weltweiten PEFC-zertifizierten Fläche), kommen durch die hohen Transportdistanzen und damit verbundenen negativen Umweltauswirkungen für einen Holzimport nicht in Betracht. Bei Russland wären die Transportwege wegen der großen räumlichen Ausdehnung genau zu untersuchen (UBA 2020b).
Dabei ist auch die Globalisierung der Wertschöpfungsketten zu betrachten. Die hiesige Holzindustrie profitiert beim Holzexport von Schnittholz vor allem von Abnehmern in China und den USA, während große Mengen Rohholz überwiegend nach China verschifft wurden: Im Zeitraum zwischen 2015 und 2020 hat sich die Menge der Holzexporte von Rohholz mehr als verdreifacht. Im gleichen Zeitraum gingen die Holzimporte um ein Drittel zurück (destatis o. J.)
Grundsätzlich gibt es in Deutschland genug nachwachsenden Wald, der den inländischen Bedarf an Bauholz decken könnte. Grund für den Holzhandel ist auch die weiterverarbeitende Industrie im Ausland. Absurderweise schickt man z. B. Holzstämme nach Indien, verarbeitet sie dort weiter und sendet sie dann als Fertigprodukt nach Deutschland zurück. So hat der sonst klimaneutrale Rohstoff Holz schnell einen sehr großen CO2-”Fußabdruck”. Deutschland importiert also auch eine große Menge an Holz. Nicht nur als verarbeitetes Holzprodukt, sondern auch als Rohholz. Die Herkunft ist aber häufig nicht eindeutig zu bestimmen. Die Bewirtschaftung der Wälder läuft fast nirgendwo auf der Welt so nachhaltig und einzelstammweise ab wie in Deutschland. Die Auswirkungen des Klimawandels führen dazu, dass z. B. durch Borkenkäfer befallene Waldbereiche aktuell auch in Deutschland gerodet und neu aufgeforstet werden müssen. Im Vergleich dazu werden für die Holzernte in einzelnen europäischen Ländern wie z. B. in Russland und Rumänien grundsätzlich größere Flächen abgeholzt und das Holz von dort importiert (Forsterklärt 2022). In den borealen Wäldern (im Norden) hat diese Form der Holzernte, wie beschrieben, fatale ökologische (s. a. Ökosysteme) und auch sozial-kulturelle Auswirkungen auf die z. B. in Finnland lebenden Sami (IBO 2007).
Laut Bundeswaldgesetz ist es das Ziel der Forstpolitik, die vielfältigen Funktionen und Leistungen des Waldes sowie seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern. Dadurch wird der Wald beispielsweise vor Rodung geschützt, indem Waldbesitzer verpflichtet sind, kahle Waldflächen wieder aufzuforsten. Das alleine würde schon gewährleisten, dass dieses Handlungsprinzip auch umgesetzt wird. Doch der Gedanke der Transparenz und eine erweiterte Definition der Nachhaltigkeit – mittlerweile werden neben ökonomischen auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt – schuf eine Nachfrage nach Zertifizierung in der Forstwirtschaft (FNR o. J.).
Im Jahr 2021 hat die Bundesregierung mit dem Klimaschutzgesetz konkrete Ziele zur Kohlenstoffspeicherung in den Bereichen Forstwirtschaft, Landnutzung und Landnutzungsänderungen festgelegt, eine zentrale Rolle spielt dabei der Wald. Die Waldstrategie 2050, die Charta für Holz 2.0 sowie die Bioökonomie Strategie sieht gleichzeitig eine Steigerung der Holznutzung für den Baubereich vor. Die Waldgesamtrechnung des Statistischen Bundesamtes verdeutlicht, dass bereits seit 2002 die Holzentnahme erkennbar angestiegen ist und bereits ein Großteil des nutzbaren Holzzuwachses auch eingeschlagen wird (UBA 2022).
Hiervon ausgehend lässt sich abschließend feststellen, dass eine qualitative Bewertung des Einkaufes von Holzmaterialien nach Kriterien erfolgen sollte, die die Nachhaltigkeitsziele unterstützen:
Einkauf von Holz mit anerkannten Zertifizierungen
möglichst ortsnahes, europäisches Holz nutzen
Holzwerkstoffe nutzen einkaufen, die eine grundsätzliche stoffliche Weiterverwendung ermöglichen
Mit der Umsetzung dieser Schritte werden die Ziele der Nachhaltigkeit entscheidend unterstützt.
Quellenverzeichnis
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022): Digitalisierung und Nachhaltigkeit – was müssen alle Auszubildenden lernen? Online: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/berufliche-bildung/rahmenbedingungen-und-gesetzliche-grundlagen/gestaltung-von-aus-und-fortbildungsordnungen/digitalisierung-und-nachhaltigkeit/digitalisierung-und-nachhaltigkeit
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (2020): Empfehlung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung vom 17. November 2020 zur „Anwendung der Standardberufsbildpositionen in der Ausbildungspraxis“. BAnz AT 22.12.2020 S4. Online: https://www.bibb.de/dokumente/pdf/HA172.pdf
Destatis (o. J.): Indikatoren der UN- Nachhaltigkeitsziele. Online: http://sdg-indikatoren.de/
FNR Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (o. J.): Forstwirtschaft in Deutschland ist nachhaltig und zertifiziert. Online: https://www.kiwuh.de/service/wissenswertes/wissenswertes/forstwirtschaft-in-deutschland-ist-nachhaltig-und-zertifiziert
Forsterklärt (2022): Der Deutsche Wald im Container – Holzimport und -export. Online: https://forsterklaert.de/holzexport
IBU Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie GmbH (2007): Planungsleitfaden: Ökologische Baustoffwahl. https://www.ibo.at/fileadmin/ibo/forschung/Planungsleitfaden_Interreg_IIIA.pdf
UBA Umweltbundesamt (2020b): Potenziale von Bauen mit Holz. Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/5750/publikationen/2020_10_29_texte_192_2020_potenziale_von_bauen_mit_holz_aktualisiert.pdf#page=57&zoom=100,90,158
UBA Umweltbundesamt (2021c): Umweltschutz, Wald und nachhaltige Holznutzung in Deutschland. Online: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/5750/publikationen/2021_hgp_umweltschutzwald_u_nachhaltigeholznutzung_bf.pdf